Archiv für den Monat: November 2013

Braune Kackwolken

18.11. Letzte Woche wollte meine geistig behinderte Betreute gerne eine Karte für ein Andrea-Berg-Konzert kaufen. Ist 2014, aber die Karten gibt es wohl jetzt. Behinderungsbedingt steht mein Schützling auf Volksmusik und hat eine 96 Dauerkarte mit Begleitperson. Ich musste leider sagen, ist kein Geld für da. Die Fußpflege kostet wieder 2 Monatseinkommen von dem Salär in der Werkstatt und die ganzen anderen Extrawünsche haben das Budget aufgezehrt. Am Wochenende habe ich diese schlimme Frau im Fernsehen gesehen und seitdem habe ich dem festen Wunsch, meine unvorteilhafte Betreute, die neulich selber auf der Bühne stand, allerdings talentfrei, in die erste Reihe zu bugsieren. Da wo sie hingehört für so einen Event.

Während ein angetrunkener Gast auf der Feier am Samstag zu mir meinte, dass er in meinem Hütchen entweder einen friedlichen Elefanten oder einen wütenden Oktopus oder ein noch aggressiveres Huhn sehen würde, geht das Raten heute weiter. Affe? Oh nein, doch Bär. Hallo? Den habe ich aus einer Strumpfhose modelliert. Das sind Bildhauerqualitäten und nichts anderes. Auf das Ratespiel der Psychokollegin sage ich, es sei eine braune Kackwolke, das sollte heißen, man kann alles Mögliches darin sehen.

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Doch ein bisschen schwer so ein Bär auf dem Kopf, während man alleine im Büro am Schreibtisch sitzt.

Der Zauber ist vorbei. Gehe zur Post, weil ich Benachrichtigung habe, dass ich Nachporto entrichten soll. Ist von Frau S., die mir jahrelang unfrankierte Post erfolgreich geschickt hat. Ich bin nicht mehr Betreuerin, verweigere die Annahme und denke, irgendwie konsequent, dass die Post da mitmacht und die Briefe nicht mehr ohne weiteres an mich zustellt.

London wird noch mal umgepackt, was auch wieder Stunden dauert. Weniger zu packen, ist das wirklich schwierige. Ich werde willkürlich und will zur Sicherheit doch noch das und das mitnehmen doch so wenig wie möglich wegen der Kekse und Sport-BHs von Lonsdale.

19.11. Alte Betreuungsfälle werden aufgearbeitet, weil der Server zickt. Jeden Tag haben wir Totalausfall und können nicht weiterarbeiten. Das nervt. Ich mache Ablage und tauche in die Vergangenheit ein. Meine ersten Betreuungsfälle, die nach 10 Jahren entsorgt werden können und die Frist ist auch schon überschritten. Es sind eher fast 15 Jahre, wir schreiben das Jahr 2000. Das eine war eine Querulantin mit Schäferhund, den sie gerne auf Kinder gehetzt hat, der aber vom örtlichen Polizeihundeverein beste Noten bekommen hat. Der frühere Betreuer hatte ihr Geld geklaut und mit mir hat sie sich anfangs verstanden, aber irgendwann war ich auch fällig. Die hat Ordnerweise Briefe an Jugendämter, Vermieter, das Gericht und die Polizei geschrieben. Zum Schluss auch Strafanzeigen gegen mich, weil ich Pelze aus ihrer Wohnung geklaut habe. Ich habe heute einen an, aber den habe ich zufällig selber gekauft (Fairkaufhaus, 100 ,- €, toller Mantel).  Oxfam verkauft keine Pelze, nur Billigware aus der dritten Welt von h & m und verseuchte Kunstpelze. So hat jeder seine politischen Prinzipien. Tolle Karikatur. Peta aktivisten besprühen Pelzen und sagen, für die Kik-t-shirts lohnt sich das nicht. Da sei die Farbe zu teuer im Vergleich. Schweren Herzens schmeiße ich den Ordner weg bzw. gebe ich frei für den Reißwolf, aber zuvor mache ich noch mal eine Reise in die Vergangenheit und suche mir exemplarisch einige Briefe heraus, die ich als Andenken behalte. Einen dicken Ordner voll habe ich davon. Taugt das für einen Veröffentlichung? Ich finde den Schreibstil schon toll, aber wie sie Ich immer groß schreibt und die ganzen anderen Fehler sowie der Satzbau.

Ein noch größeres Lehrstück war meine andere Betreute, die ca. so alt wie ich und die hatte eine Messywohnung, so was habe ich davor und danach nie wieder gesehen. Sie hat gerne getrunken und hieß wie eine Biermarke. Das Badezimmer voll mit vor sich hin gammelnden, schimmelnden, rostenden Besteck, aber über 1 Meter fünfzig hoch. Es sah aus wie eine Kunstinstallation (Documenta oder so) und ich habe damals schon überlegt ob man das nicht zu Geld machen kann. So krass wie es da aussah. Filmkulisse, aber für einen richtig krassen Streifen. Die Küchenzeile war im Wohnzimmer und alles voller Viecher, Fliegen, Maden. Der Kammerjäger kam dann, damit wenigstens nichts mehr fliegt. Sie hat gerne getrunken und hatten einen älteren Verehrer, der ihr nachgestiegen ist (Stalker auf Neudeutsch). Der hat sie immer mit Süßigkeiten und Schnaps und Sektchen gelockt und dann den Geschlechtsverkehr mit ihr gepriesen in ganz skurrilen Briefen. Es gab mehrere Unterlassungsverfügungen. Briefe von dem Kerl im Original sind in der Akte sowie Schreiben der Mutter, die sich für meinen Einsatz bedankt. Die Betreuung wurde irgendwann aufgehoben, weil es andere Hilfsmöglichkeiten gab, niederschwelliger, z.B. ambulant betreutes Wohnen und der Typ hat sie tot in der Wohnung gefunden. Das hat mich noch geschockt, obwohl ich den Fall schon lange abgegeben hatte.

Ich wollte mal allen Betreuten von mir, die verstorben sind Kurzgeschichte widmen. Das mache ich vielleicht noch mal.

Erst mal zum Wochenmarkt. Hier quatscht mich ein Bekannter, der wohl Hausmann ist und sich dort auch immer herumtreibt von der Seite an. Welche Kartoffel meine Lieblingskartoffel sei. Ähhh, ich kenne keine Kartoffeln mit Namen, sorry. Der hat mich echt auf dem falschen Fuß erwischt. Ich will nichts von ihm und unterhalten will ich mich auch nicht.

In meinem Erbschaftsfall sind die Originalunterlagen bei der Versicherung nicht eingegangen. Ich schicke doch nicht alles per Einschreiben. Ärgerlich ohne Ende. Diese Vollpfosten oder doch Selbstvorwürfe. Darf ich wie ein Idiot zur Post dackeln und Nachforschungsantrag stellen und beim Nachlassgericht Zweitschriften anfordern. Wie überflüssig. Heute erst mal ärgern darüber.

Ich trage zufällig ein Embryo für meinen Frauenarzttermin. Embryo vom Pferd.

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Ich sage, das müsse doch die Gynäkologin erkennen, ob das menschlich sei. Wenn das in mir drin wäre, dann wäre ich von einem Einhorn schwanger. Hier ist kein Stuhl sage ich als ich das Zimmer betrete. Ähh, zum Sitzen schon, aber ich meine den Friseurstuhl. Das sei besser zum Unterhalten, meint sie, entspannter. Humm, o.k. Mir egal. In der Umkleide passend zum Friseurstuhl Haarspray. Ich frage nach dem Zweck. Wenn sie ältere Damen mit toupierten Frisuren hätte. Was macht sie denn mit denen? Pullover ausziehen reicht wohl. Mit Elnette hat sie auf alle Fälle die richtige Sorte bestätige ich.

Sie fängt mit der guten Nachricht an, dass meine Gebärmutter noch auf den Bildschirm passen würde. Ich sage, sie muss sich mal einen ordentlichen Flatscreen anschaffen. Ich bin ganz begeistert vom Ergebnis. Freude und Dankbarkeit, obwohl meine Gebärmutter kaum noch auf den Bildschirm passt. Die Eierstockzysten sind weg. Ich kann es nicht glauben. Die Frauenärztin sagt, das sei normal, die kommen und gehen. Ich sage ja, aber bei mir nicht. Da kommen die, gehen aber nicht wieder weg, sondern wachsen und dann soll ich Mal um Mal unters Messer. Ist das doch der TCM-Tee? Die Zunge, die ich jetzt auch auf Belag kontrolliere, wird auch besser. Oder ist es Buttermusch, die mich geheilt hat. Wie dem auch sei, ich kann das Ergebnis kaum glauben und natürlich ist es die chinesische Medizin. Die Ärztin hat versprochen, dass sie meine Zysten weg kriegt und ich habe da nicht mehr dran geglaubt. Jetzt ist es passiert. Womit habe ich das verdient? Positive Gedanken waren es sicher nicht. Habe nur Hiobsbotschaften erwartet von der Frauenärztin. Unterleibskrebs und so was. Stephan sagt auch als Reaktion auf die Nachricht, das Gerät von der ist wohl kaputt. Zur Belohnung kaufe ich mir 2 Unterhosen in der Kinderabteilung. Trotz der großen Gebärmutter passen die mir einfach am besten. Frau bei Kaufhof schaut mich von der Seite an. Das ignoriere ich immer und sie dann: das sei toll. Ich könne es wirklich tragen. Im Portemonnaie ein Foto was Herrn Wulf verblüffend ähnlich sieht. Das wird ihr Sohn sein. Sie kauft Barbie-Haus, wird also Enkel haben. Ich wundere mich immer, wer sich freut. Sind teilweise ältere Leute, die ich als konservativ einstufen würde. War neulich Diskussion auf dem Geburtstag. Darf einer CDU wählen in unserem Freundeskreis oder schließt sich das aus. Ich bin mir da nicht sicher und denke, je älter ich werde, dass das eigentlich keine Rolle spielt oder weniger als man denkt. Wichtiger ist es, einen ähnlichen Humor zu haben. Der Glaube sich wirklich nur mit Gleichgesinnten sich zu verstehen wird überbewertet. Nur Leute, die auch studiert haben und die gleichen Designermöbel zuhause stehen haben. Das wäre doch traurig und auch sehr einseitig.

Mein Paps schlägt angesichts des Frauenarztergebnisses eine halbe Flasche Sekt vor. Wir gehen ins Kino und schauen endlich Oh Boy. Schöner Film. Schöne Berlinszenen und Sekt trinke ich dort auch.

Zuhause schreibe ich dem Ritz in London eine email. Wir haben dort für High Tea reserviert und man darf nur mit Sakko und Krawatte als Mann in den Palmengarten. Ich frage per email an, ob man sich so was leihen oder mieten kann. Ich habe natürlich von nichts eine Ahnung und schreibe denen was von dinner jacket. Das ist offenbar noch formeller und das Ritz schreibt zurück, dass eine normale Anzugjacke genügt. Mein Mann soll sich in London ein Sakko kaufen, in dem tollen Second Hand Laden im Camden Market mit dem gutaussehenden, schwarzen Schwulen, der in Deutschland stationiert war und der großen Auswahl. Ich habe weiß Gott genug Zeug und finde nichts wieder. Anlässlich des Packens einen Alpaka-Wollrock, den ich mir Fair Trade in Wien teuer gekauft habe und jetzt wiederfinde. Die Motten haben mir ein Loch in den Hinten reingebissen bevor ich das Ding jemals anhatte. Bei mir ist Einkaufsstopp. Das reicht jetzt wohl. Das Maß ist voll. Messy-Dekadenz.

20.11. Wieder Systemausfall. Mache mittags zuhause Pfannkuchen. Mein Borderline-Betreuter macht sich Sorgen, dass ich angespannt sei. Fragt mich mehrfach, ob es mir gut gehen würde. Ich habe deutlich das Gefühl, dass ich aggressiver und launischer bin. Das spricht für eine Hormonumstellung. Die Frauen werden unregierbar, sagt meine TCM-Ärztin. Östrogen macht brav. Flippe aus, weil eine Ordnungsmamsell hier aus dem Büro (meine liebe Kollegin) mein Butterbrot was ich nachmittags essen wollte entsorgt hat. Vermutlich sah das Papier zu faltig aus. Ich bin in Rage und werde rausfinden wer das war und Ersatz verlangen und zwar nicht von dem Billigbäcker an der Ecke.

Wir machen High Tea im Ritz mit Mädchenchor. Stephan hat herausgefunden, dass es im Palmen (hier sitzt man besonders schön) einen Dresscode für Männer gibt. Sakko und Krawatte. Ich soll denen eine email schreiben, ob mein legerer Mann sich was leihen kann.  Das ist dekadent und Messy hoch zehn. Einkaufsstopp. Schön meinen Mann beraten, ein tolles, kariertes Retroteil. Das geht.

21.11. Wunstorf. Herr Maßregelvollzug in der Fixierung und außer Rand und Band. Er tritt, soweit er kann und schlägt sich selber und hat dolle Verkennungen. Die eine Mitarbeiterin sei Muslimen mit Kopftuch. Das ist eindrucksvoll. Dann meine Verfahrenspflegschaftssache mit dem Landgericht. Einwilligungsvorbehalt Vermögenssorge wird aufgehoben, aber Wohnung darf wohl gekündigt werden. Die Betroffene ist deutlich kritikgemindert und ihre neue Betreuerin ist aber auch nervig und spießig. Ich war lange in der Kälte und in Wunstorf bietet auch das Bahnhofsgebäude kaum Schutz. Ich fahre direkt weiter zu einer Hilfeplanung nach Empelde und treffe die ambulant Wohnbetreuer meiner Betreuten und kenne diese aus der Sturmglocke. Das ist lustig. Sie und ich, wir bekommen von der Betreuten Bestnoten. Als der Sozialarbeiter sagt, bei Frau C. würde es mir gut oder böse geben und keinen Grad dazwischen, denke ich, wie bei mir. Wenn sie jemanden mögen würde, könne sich das auch ändern und ich sage, aber nicht bei Frau X (der Wohnbetreuung) und mir, weil wir hätten „100 Prozent auf ewig“ von ihr bekommen. Ich bin durchgefroren als ich wieder im Büro ankomme.

Nachmittags kommt u.a. Elisabeth, die dem Amtsgericht geschrieben hat, dass sie ihre Bankkarte freiwillig mir gegeben hat und ich sie nicht wieder herausgeben würde und dazu soll ich Stellung beziehen. Ich frage sie was das soll. Ich gebe sie ihr sofort wieder. Das macht mir nur Arbeit. Nein, nein, dann hat sie wieder Stress mit den Bankmitarbeitern. Warum sie das erklärt hat, kann sie auch nicht sagen. Die hätten sie immer nach Betreuerwechsel gefragt und das wollte sie nicht, weil sie doch Vertrauen zu mir hat.

22.11. Herr W. ist gestorben. Das Heim ruft mich an. Sie hätten ihn morgens gegen 4 Uhr tot im Bett gefunden. Ich frage nach der Todesursache. Haben die ihm Tavor gegeben und ihn im Bett ersticken lassen? Schon ruft die Stadt Hannover – Stelle für Nachlässe an und will die Daten der Familienmitglieder. Ich blocke ab. Irgendwie bin ich geschockt von der Nachricht. Den neuen Fernseher hatte er keine Woche. So flüchtig ist das Leben manchmal. Ich habe Termin in der Reha-Abteilung der Agentur für Arbeit und gönne mir anschließend ein Panini bei Piu auf den Schreck. Schnell zu Piu eintauchen in die Welt der Frau mit den Vorderzahnlücken à la Madonna, die mit Liebe Panini gelegt. Mit einem Flügelschlag kann es vorbei sein. Also auf den Schreck erst mal mit was Leckerem trösten.

Anfang der nächsten Woche meldet sich der eine Sohn. Er ist selber Vater geworden im Oktober und mein Betreuter ist ein Fremder für ihn. Zu seinem Halbbruder hat er auch keinen Kontakt. Alles traurig, aber so ist es. Die Stadt Hannover möchte nicht, dass ich Angehörige berate wegen Ausschlagung des Erbes. Ich berate sie nicht, sage nur, welche Möglichkeiten es rechtlich gibt.

Ich habe keine Lust zu Sport, warum auch immer, traurig, müde, es ist dunkel und regnet. Ich fahre nach Hause, Stephan kocht Rouladen für Samstag und ich setze die dicken weißen Bohnen auf, d.h. bedecke sie mit Wasser. Die brauche ich für die Vorspeise und habe mir Tipps von Claudia aus Hamburg geholt, die auch notfallmäßig für Samstag ihre Hilfe. Telefonseelsorge in Sachen Kochen angeboten hat. Hilfe, die werden schrumpelig.  O.k. vielleicht ist das normal und sie werden wieder glatt. Die Nacht ist ja noch lang. Wir dann zu Rossini. Weinprobe mit einem befreundeten Pärchen aus Hagenburg. Der irre Hund, aber süße alte Hund ist mit dabei, der unseren in den Tod getrieben hat, wie Stephan immer sagt.

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Die Winzer aus Italien sind da und sehen aus wie Mafiosi. Rasierte Schädel und verpflegte Bärte.

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Der Chianti Classico schmeckt superlecker und auch der Reserva und die Trüffelgerichte. Gefüllte Wachtelravioli mit Wachtelei und Salbeibutter und Trüffel.

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Warmer Schokoladenkuchen mit flüssigem Kern und Eis mit Trüffelgeschmack. Ich trinke zu viel Rotwein. Ich habe extra kein Hütchen gewählt nur eine kleine und dezente Haarspange und alle sprechen mich darauf an. Männer passen mich auf dem Weg zur Toilette ab und wollen mit mir drüber reden! Da muss ich mich doch betrinken. Außerdem: die Vergangenheit holt mich ein. Der Kollege dazu ist auch da mit seiner Frau.

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Wir bringen die Freunde zum Zug und fahren mit dem Taxi zum Hanomagkreisel. Es ist dunkel. Die Vernissage ist wohl vorbei. Statt Kultur und Party, haben wir uns wieder für essen und trinken entschieden. Wir laufen nach Hause durch den Park. Irgendwie bin ich ins Bett gekommen. Ab 5 Uhr kann ich nicht mehr schlafen. Oh Gott, die Bohnen muss ich kontrollieren und tatsächlich haben sie das ganze Wasser aufgesogen und sitzen auf dem Trocknen. Mit Restalkohol und Schüttelfrost bastele ich den Bürokalender, der um 8:30 Uhr fertig ist. Dann koche ich die Bohnen und backe einen Kuchen. Mittagschlaf. Abends Besuch. Ich halte mich zurück mit dem Alkohol nach gestern. Alle Menschen, die in Hannover zur Schule gegangen sind kennen sich um 3 Ecken. Das beweist wieder der heutige Abend. Die Bohnen verursachen unglaubliche Darmgeräusche und auch –gerüche, aber ich liebe sie. Auch Montagabend mit Schafskäse und grünem Salat. Lecker. Ich könnte mich reinsetzen. Außerdem gewöhnt man Körper offenbar daran, so dass es auch mit der Verdauung am dritten Tag besser wird.

Sonntag erfahre ich Neues, dass man Echsen nicht einschläfern kann wie Säugetiere, sondern ihnen eine Nadel durch das Maul ins Gehirn stechen muss, auch als Tierarzt. Das ist fies. Ich bastele den ganzen Tag, eine Kette mit einer Pfote von einem Schneehuhn aus Frankfurt vom Flohmarkt und einen Kalender für London und freue mich. Am frühen Abend telefoniere ich mit Claudia aus Hamburg. Wir sprechen über, alte Freundschaft, neue Abenteuer und die Bedeutung von Geheimnissen und Anvertrauen von Dingen für eine Freundschaft. Eine Tierdoku läuft im Hintergrund ohne Ton und ein Mann hält ein großes Küken und hat eine Zange in der Hand und nimmt den Fuß des Tieres und ich denke, der wird ihm doch jetzt nicht bei lebendigem Leib abgeknipst vor meinen Augen!? Das ertrage ich nicht. Er hat aber nur einen Ring festgemacht (Quetschperle, quasi). Essen haben wir noch für Tage und das ist auch schön. Das ist himmlisch, ich darf basteln und es ist genug leckeres Essen im Haus. Herrlich!

Neuer Server als Geschlechtskrankheit

Von dem vergangenen Wochenende kann ich nicht sonderlich viel berichten. Samstagabend waren meine Schwiegereltern und meine Schwägerin zu Besuch und es gab Rösti mit geräuchertem Lachs und Meerettichquark. Ein angeheiratetes Familienmitglied, welches schwere Schuld auf sich geladen hat, ist wohl verstorben. Dadurch, dass man keinen Kontakt hat, erfährt man vom Todesfall durch die Dorfgemeinschaft und ist erleichtert über die Nachricht. In die Spätvorstellung Kino schaffen wir es nicht und gehen lieber ins Bett. Denn es ist wieder Bastelmarathon angesagt. Sonntag will ich doch mal raus und wir gehen ins Kino. Finsterworld im Koki um 16 Uhr. Was für eine geniale Uhrzeit, gerade in den Wintermonaten für einen Sonntagskinobesuch und das denken sich auch andere. Die Bude ist voll von Bildungsbürgern. Manche kenne ich aus Studienzeiten und sie sind längst in Amt und Würden und gehen mit der Gemahlin ins Kino. Vorher halten wir bei Urfa Sofrasi und essen Pide, Grillfleisch und Künefe in weniger als 30 Minuten. Die Bedienung hat den Auftrag verstanden und setzt ihn konsequent um. Der Film gefällt mir, jetzt nicht übermäßig, aber schon sehenswert. Die Schauspieler sind überwiegend sehr überzeugend und die Geschichte an sich auch gut und mal nicht so gradlinig, langweilig erzählt, wie sonst gerne im deutschen Kino, sondern so Parallelgeschichten und auch die Doppelseitigkeit der Charaktere gefällt mir, Täter und Opfer zugleich. So wie es halt auch ist.

Die Woche plätschert so dahin. Montag hält mich mein Eilverfahren auf Trab. Wie es ausschaut hat mein Betreuter, der Untersuchungshäftling, doch Anspruch auf 38,- € Taschengeld monatlich und nicht 28,- € und sie wollen 30,- € nachbezahlen. Für ihn ist das eine Erleichterung und ich wundere mich trotzdem über den Aufwand, den ich deswegen betreiben muss. Die waren der Meinung, dass sie ihm bis Jahresende nichts mehr zahlen müssen und es gar nicht sein könne, dass er finanziell auf dem Schlauch stehe, sonst habe er wahlweise die Betreuerin was falsch gemacht mit der Geldeinteilung. Ich sage, weltfremdes und arrogantes Geschwurbel. Seit 10.07. sitzt er und konnte das erste Mal am 18.09. einkaufen. Da will ich den Sachbearbeiter, der das schreibt sehen in solch einer Lage. Meiner ist Raucher und den Fernseher muss er sich vom Knast mieten für 5,- € pro Monat zzgl. 2,- € für Strom. Wenn wir dann schreiben von den 111,- € hat er Schulden zurück gezahlt, will das Gericht wissen, wie, wenn er doch nur einkaufen war. Mein Gott, auch denen muss man die Welt erklären. Er schnorrt sich Tabak und die Mithäftlinge wollen das dann wieder. Schulden in Naturalien, Mann, Mann, Mann. Die Betreuerin soll ihm sein Geld einteilen. Das lohnt gar nicht bei der lächerlichen Summe und dadurch würde es auch nicht reichen. Ich will wirklich mal so einen Futzi vom der Widerspruchsstelle in gleicher Lage erleben, ob er dann auch der Meinung ist, das reicht alles lange Meter. Ach ja und wenn er was ansparen würde von dem lächerlichen Betrag, dann wird ihm das im Folgemonat als Einkommen angerechnet. So bringt man den Leuten wirtschaften bei. Abends Doppelstunde Sport. Das tut gut. Da kann ich immer etwas ablassen von dem Beamtenmief, mit dem ich mich tagsüber beschäftigen muss.

12.11. Wir sind mit einer alten Studienfreundin und ihrem Kollegen zum Mittagstisch im Abendmahl verabredet. Stephan will vorher zur Blutentnahme wegen seiner Blutwerte und erscheint nicht. Wir bestellen schon mal. Eine halbe Stunde zu spät kommt er dann und musste sei Rad schieben und lange Pflaster in beiden Armbeugen und sieht aus als käme er frisch aus dem Krankenhaus bzw. irgendwie auch wie der gekreuzigte Jesus in leicht abgewandelt. Die Gefäße liegen zu tief unter dem festen Bindegewebe und wenn er dann verkrampft, kommt erst recht kein Tropfen Blut raus. Es tut mir leid, dass man sich in so was derart reinsteigern kann. Ist vielleicht wie ich mit Zahnarzt, wobei ich es mir zu Herzen genommen habe und seit der Zahnreinigung tatsächlich Zahnseide benutze, weil ich ein besserer Mensch werden will. Stephan weiß genauso, dass es Quatsch ist, aber aus der eigenen Psyche kommt man nicht raus. Er will ein Praktikum in der Arztpraxis machen, damit das mehr normal für ihn wird. Mittagstisch im Abendmahl für 7,50 € kann man durchaus empfehlen. Es gibt 2 Gänge. Wir nehmen italienische Vorspeisen und Putenroulade mit Pfeffersauce und Kartoffel und Gemüse. Ist jetzt nicht superlecker, aber preis-leistungsmäßig völlig in Ordnung. Wir werden von der Bedienung gefragt, ob wir vom NDR kommen würden, was derzeit bei der Staatsanwaltschaft Hannover leichte Paranoia auslöst. Nachmittags hole ich meine neuen Röcke von Andrea ab und die sind so was von schön geworden. Für den weiß-roten mit dem gestickten Motiv hat sie genau einen passenden Knopf mit Folkloremuster in rot und silber. Der Hammer. Die Frau achtet auf jedes Detail.

Es ist so ruhig, weil Herr MRV keinen Ausgang hat und teilweise fixiert ist und mich nicht täglich von morgens bis abends bombardieren kann. Ich weiß gar nicht, wie mir geschieht.

Die neuen Stifte wurden geliefert in einer monströsen Verpackung. Ich leere sie erst einmal aus in meine alte, kaputte, aber viel kleinere Packung.

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Mit dem vielen schwarzen Schaumstoff werde ich noch was anfangen. Ein bis zwei Hütchen lassen sich daraus basteln. Das erste Hütchen bastele ich am Sonntag. Es heißt „Schwäne auf dem Ihmezentrum“ und ist echt auffällig, also damit will ich wohl wirklich angesprochen werden… Ich kann es wohl leider kaum tragen, ist mein Fazit. Höchstens mal kurz abends auf eine Vernissage.

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Mittwoch habe ich mal wieder einen Traum über den ich mich sehr freue. So lang und mit so vielen schönen Verknüpfungen. Das Zentralthema ist, dass Stephan auf ein Konzert gegangen ist und ich unser Hotelzimmer nicht wieder finde. Alles sieht gleich aus und ich irre durch das Hotel und tue immer so, als sei alles in Ordnung. Schaue mir dann Kunst im Foyer an um mein Verlorensein zu überspielen. Dann treffe ich unser Zimmermädchen und lobe ihre Arbeit, gebe mir aber keine Blösse, sie nach der Zimmernummer zu fragen. Dann fällt mir ein, dass es ein Foto von mir gibt, auf dem die Zimmernummer zu erkennen sein müsste. Es ist 444 und dann finde ich es trotzdem nicht, obwohl ich die Nummer weiß und irre auf dem Stockwerk umher. Auf einmal bin ich in dem Restaurant und obwohl ich keinen Hunger habe, setze ich mich zu einem großen, schwarzen Amerikaner (wie ein Baskettballspieler), der auf einem Sofa sitzt. Seine Frau und Schwiegermutter sitzen auf Sesseln daneben. Ungewöhnliche Eindeckung zum Essen gehen, denke ich mir. Dem erkläre ich dann alles und überlege, dass ich einen Nachtisch oder Käsegang noch nehmen könnte. Lass mir die Karte geben und schaue, ob es viel Chesterkäse als Käseplatte gibt, wenn hier so viele Amerikaner als Gäste sind, aber ich will eh was Süßes essen. Jetzt muss ich nur noch das Zimmer finden um mein Portemonnaie zu holen. Ich glaube, dass ich dann einen Angestellten frage und auch wach werde und denke, warum bin ich im Traum noch desorientierter als in Echt. Das ist ungerecht. Im Traum ist man doch ein Superheld und kann fliegen und hat bessere Eigenschaften als in Wirklichkeit und nicht noch desolatere Handicaps. Na ja, bei mir eben nicht. Ich fand den Traum trotzdem lustig und so was würde mir nicht passieren, weil mein Blindenführhund Stephan mich vor dem Konzert aufs Hotelzimmer begleiten würde.

Ich bin sehr deprimiert, weil ich mit BM schon an der 4 Gigabite Speichergrenze angekommen bin. Ich ziehe meinen Kollegen zu Rat und er bestätigt mir 1117 Bilder seien sehr viel und ich müsse mich nach einem anderen Tarif mit mehr Speicher erkundigen. Ich bin niedergeschlagen, weil ich denke, auch der wird dann irgendwann voll sein und spamme ja wohl alles zu? Sollte es das schon gewesen sein mit Buttermusch nach 3 oder 4 Monaten ist jetzt Schluss. Ich habe keine Ambitionen mehr, was zu schreiben und überlege aufzuhören. Ja, so leicht kann man mich frustrieren.

Bei der Arbeit erfahre ich auch, dass Morgen der neue Server angeschaltet wird und man dann von 8 – 16 Uhr nicht an den Rechner kann. Und zwar so nebenbei von der Steuermitarbeiterin. Ich hatte den mit Fragezeichen eingegebenen Termin im Google-Kalender nicht ernst genommen. Praktisch freier Tag, unfreiwillig, aber man muss das Beste daraus machen. Morgens gleich ins Café, in die Bar? Ich plane schon mal ein paar Außentermine. Frau P. hat mich auf ihren Geburtstag aufmerksam gemacht und ob die Tochter wohl aus Hamburg kommt. Ich sage, sie soll sie selber anrufen und ihr sagen, dass sie sich freuen würde. Ich komme mir blöd vor, sie anzurufen  und ihr zu sagen, übrigens, ihre Mutter hat Morgen Geburtstag. Dann will sie wissen, was passieren wird. Ich rufe das Heim an. Von denen gibt es Blumen und ein Geschenk und ich frage, ob man Torte einkauft, wenn sie das will. Das wird bejaht. Dann rufe ich sie wieder an und sage nichts von den Geschenken wegen Überraschung, frage sie, ob sie nicht einen ausgeben will. Sie sagt, dass man an seinem Geburtstag doch Geschenke bekommen würde und ich sage, ja, aber man gibt auch einen aus, ob sie das nicht kennen würde und das ist wie ein Geschenk, weil die anderen mit einem feiern. Die Tochter kommt und wir wollen in die Wohnung wegen Fotoalben gucken und ich organisiere den Schlüssel von der Diakonie und organisiere, dass der Klostuhl aus 2008 endlich abgeholt wird.

Abends beim Yoga meditiere ich und der Fuß ist vorher schon eingeschlafen, aber es gelingt mir das zu ignorieren. Ich spüre meine Extremitäten nicht so und bin nur im oberen Bereich meines Körpers, d.h. Bauch oder Rumpf oder Kopf. Danach ist es natürlich ganz schmerzhaft, aber ich denke, toll, bald kann man mich operieren in dem Zustand. Die Yogalehrerin redet sehr viel, was ich als hinderlich empfinde. Die eigenen Gedanken kann ich ausschalten, aber dann kommen ihre Tipps, das Herz zu öffnen oder alles zu lieben, „ob bekannt oder unbekannt“ und ich denke: Klappe halten, aber anderen Schülern hilft die Anleitung. Es geht bei ihr immer um Wünsche und Dankbarkeit und ich denke, bei mir geht es in der Mediation um Auflösung des Ichs, Zustand der Wunschlosigkeit, den zu erreichen und auch Dankbarkeit hat wieder was mit Wünschen und Ego zu tun und darum geht es dabei gar nicht für mich. So koche ich hier mein eigenes Süppchen.

14.11.Schönes Wetter, erst Büro, etwas telefonieren. Der Mann im Flur, der mich am Arbeiten hindert nervt und ich sage zu meinem Kollegen bezogen auf den Server, dass Geld ausgeben doch Spaß machen müsse und das hier aber so gar nicht der Fall sei. Dann mit Stephan ins Wilhelm-Busch-Museum einen Kalender abgeben. Ich fahre zu meinem Klostuhltermin und er kauft für Herrn W. einen Fernseher. Der reißt sich derzeit fast täglich die Kanüle aus dem Hals und dabei hat er einen mit Gegengewicht, die tiefer sitzt, weil der Tumor immer größer wird. Er bekommt Luftnot und zieht die, dann Krankenhaus. Der Typ tut mir so leid und auf seinem Taschengeldkonto stapelt sich das Geld. Ich spreche die Tage mit einem Pfleger, mit was man ihm eine Freude machen könnte. Essen kann er nicht mehr, sprechen kann er auch nicht mehr. Ich sage, Blumenabo oder eine Stripperin, er solle mal kreativ sein. Die Stripperin auch mit Ganzkörperlatex wegen seines Orsa-Keimes. Dann kommen wir wieder auf Fernseher. Er hat einen, der gehört ihm aber nicht und ich denke, anderes Gerät kaufen, bringt ihm auch keinen Vorteil. Dann erzählt mir der Pfleger aber, dass seiner keine Fernbedienung hat und er immer bettlägerig wird und daher will ich Abhilfe schaffen. Stephan bringt den Fernseher direkt ins Heim, so dass weniger als 2 Stunden später einer da steht. Das ist wirklich eine gute Tat und die Betreuerin war mal wieder so schnell, dass die das gar nicht glauben können. Mein Termin läuft weniger erfolgreich, weil die Diakonie sich verguckt hat und doch keinen Schlüssel mehr für die Wohnung hat. Die neue Betreuerin der Herrn K., der nicht mehr zurück soll/kann in die Wohnung hat die Schlüssel. Tolle Wurst. Ich sage, jetzt dürfen sie sich um den Klostuhl und angeblich wollen sie das tun und ich bekomme dann die Abholquittung. Da bin ich mal sehr gespannt. Frau P. ist beim Mittagessen und ich werde gefragt, ob ich ihr helfen können beim Essen, wenn was nicht klappt, also wohl sie füttern. Wie machen die das, wenn ich nicht da bin? Es liegt ein Pamphlet aus mit einer Geschichte, die mir gefällt. Irgendwas in der Art, dass ein Rabbi Himmel und Hölle sehen will und erst wird er in einen Raum geführt mit einem Kochtopf in der Mitte mit leckerem Essen darin um den die Menschen sitzen. Sie sehen alle mager und elend aus und haben lange Stiele an den Löffeln, so dass sie das Essen nicht zum Mund führen können. In dem anderen Raum wieder derselbe Topf in der Mitte und Menschen darum versammelt, die lange Löffel in der Hand haben, aber alle lachen und sind wohl genährt, weil sie sich mit den langen Löffeln wechselseitig füttern. Ja, da steckt viel Weisheit drin. So einfach ist das. Die Tochter kommt verspätet an, aber auch und ist sehr befremdet im Umgang mit der eigenen Mutter. Sie weiß nicht so recht, wie mit ihr umgehen, da bin ich schon fast vertrauter. Das ist traurig. Dann kommt noch eine Frau vom Besuchsdienst, die meine Betreute wohl schon lange kennt und ich verabschiede mich langsam. Draußen ist die Kaffeetafel schon gedeckt und kleine Sektgläschen stehen auch schon bereit. Ich fahre Richtung Linden. Es ist 10 vor 1 und ca. 1 wollte ich Stephan nach seiner Saturn-Hansa-Mission treffen. Er ruft mich von der Telefonzelle an. Das Timing zwischen uns ist mal wieder perfekt. Bis gleich bei Pio. Es ist knallvoll und mein Mann kommt nicht. Habe ich ihn innerlich zu früh gelobt. Er war zu Mio Mio gefahren. Es gibt leckere, riesige gefüllte Nudeln mit Spinat und Ricotta, die bis abends knallsatt machen. Stephan ist beim Gericht Christian Wulff direkt in die Arme gelaufen oder umgekehrt, der mit 2 Leibwächtern zu einem Nebeneingang wollte an einer ganz schmalen Stelle, Flur des Landgerichts. Ich werde nach dem Essen auf mein Hütchen angesprochen, so welche gäbe es in New York in einem Atelier. Ah hah, sage ich. Ja, selbst gemacht. Nein, hat keinen Namen. Könnte ich aber sofort nachliefern denke ich mir dann. Die Babuschka auf den goldenen Bällen oder so. Nachmittags ist wieder Geldabholzeit. Ein Termin kommt, der andere nicht. Frau K. kommt und Elisabeth nicht. Bei Frau K. wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und sie hat ca. 220,- € zu viel auf dem Konto. Ich hoffe, der Insolvenzverwalter gibt das frei, sonst haben wir umsonst gespart. Sie wohnt in einem 4-Bett –Zimmer in der Frauenunterkunft und braucht das Geld für eine Mietkaution, schreibe ich ihm. Ich bin auf die Antwort gespannt. Die Pfändungsgrenze liegt bei 1.045, € pro Monat, aber ihre Einkünfte liegen weit darunter bei weniger als 700,- €. Der Überschuss ist hiervon angespart worden, weil sie von keinem Amt ein Darlehen für die Mietsicherheit bekommen wird. Wenn der Insolvenzverwalter das Geld für die Gläubiger vereinnahmt, würde das meinem Rechtsempfinden widersprechen, aber das wäre auch nicht das erste Mal.

Dann noch ins Autohaus und die 20 Essengutscheine abgeben. Das war der lustigste Vergleich meiner Karriere. Zur Abgeltung der Klagforderung gibt es Gutscheine für Eintopf. Ich rufe vorher an, wer zuständig ist und treffe den Chef des Autohauses. Ich sage, hier steht eine Waschmaschine, die können wir prima als Schreibunterlagen benutzen und Sie quittieren mir bitte den Empfang der liebevoll laminierten Gutscheine und dann sage ich ihm, dass ich im Showroom unten ganz alleine war mit den Autos und das war fast unheimlich und er fragt: „fahren Sie Auto?“. Guter Verkäufer, aber da kann ich nun wirklich beim besten Willen nicht aushelfen als Nichtführerscheininhaber und Überzeugungsradfahrerin. Ich glaube an die Abschaffung des Individualverkehrs, aber das musste ich ihm nun nicht auf die Nase binden. Ich verabschiede mich nur so und freue mich immer neue Räumlichkeiten einmal von innen gesehen zu haben an denen man jahrelang vorbei fährt. Es gibt einen anderen Blick auf die eigene Stadt.

Ich mache früh Feierabend.

Abends gehen wir auf die Vernissage einer Freundin, kommen aber zu spät und sehen die Performance kaum noch. Es sind so Bekannte da und ich merke, dass man etlichen Leuten auch echt nichts zu sagen hat. Bei einigen finde ich das fast schade. Eine Bekannte finde ich einfach unsympathisch und freue mich, wenn ich sie nicht mehr sehe, auch wenn es früher gemeinsame Abende gegeben hat. Vielleicht passen zwei egomane Frauen einfach nicht gut zusammen. Ich finde sie oberflächlich und harsch und will mir ihr nichts zu tun  haben. Anderer Lebensstil, anderer Geschmack in allen Bereichen des Lebens und auch einfach mal den Altersmut das zu erkennen und es nicht weiter zu versuchen.

15.11. Rechner ist noch nicht fertig installiert, obwohl mein Kollege mit dem teuren Arbeiter bis nachts um 23:30 Uhr in der Kanzlei war. Er tut mir leid. Er ist geduldig und ich wäre bei dem Typen schon ausgeflippt. Ich fahre zum Fachbereich Senioren und lass mich beraten, was es für Demenz und Seniorenbegleitdienste für meine Neue gibt, auch wenn sie am Telefon immer sagt: „jetzt lasst mich doch in Ruhe, Kinder, ich hab doch noch keinen Blödsinn gemacht, ich will doch nur in Ruhe gelassen werden“ und mehr oder weniger alles ablehnt, was ich ihr vorschlage. Auf dem Rückweg hole ich meine Buttonstanze wieder ab.  Mein Kollege schlägt dem PC-Fredi immer vor, eine Checkliste zu machen. Der ist aber auch beratungsresistent, weil er über die Hälfte der Sachen immer vergisst und das einfach nicht beherzigt und diesmal ist es genauso. Als er sich verabschiedet Freitagmittag sind meine Drucker nicht angeschlossen. Ich denke, wie geht so eine Installation in einem Großraumbüro mit 500 Mitarbeitern? Die Software-Updates machen mich schon immer fertig. Die Benutzeroberfläche ist wieder anders, alles neu. Die Schritte, die man gehen muss, leicht abgewandelt. Ob mir das bitte einer erklären kann, warum das immer so ist. Software Update und man muss alles neu lernen. Das ist hinderlich. Das ist wie Auto in die Werkstatt bringen und Gas und Bremse werden ausgetauscht. Das will doch keiner? Warum machen die das? Dann gibt es noch ein kleines Detail, dass wir alle von unterwegs und zuhause die Emails nicht abfragen können. Da muss man selber drauf stoßen und der Rechnertyp kommt nicht auf die Idee, dass dieses Detail stören könnte oder er es ansprechen sollte. Wie soll das gehen, wenn ich demnächst 6 Tage in London bin. Das ist meine Verbindung zur Arbeit. Hallo? Die Wut auf den Typen staut sich und alles muss mein armer Kollege aushalten. Ich sage zu der Steuermitarbeiterin. Neues Server kommt mir vor, als hätte mir einer eine Geschlechtskrankheit für teures Geld aufgequatscht so nach dem Motto: „wenn Se erst mal den Tripper haben, werden Se gar nicht wissen, wie sie ohne leben konnten“.

Sport und dann nach Hause und um 21 Uhr in die Weinbar (hier bekommen wir Einladungen für eine andere Vernissage kommenden Freitag, aber da sind wir schon verabredet, mal sehen) und nach langer Zeit mal wieder ins 11 A. Der Chef begrüßt uns mit Handkuß und es gibt außerhalb der Karte Gänsestopfleber und im Ganzen gebratenen Fisch. Beides sehr lecker. Ein sehr lauter Geburtstag feiert und beschallt alle mit Gröllliedern. Eine Frau bekommt einen Kicheranfall. Ein bisschen Kindergeburtstag. Vorne im Raucher ist der Stehtisch mit Männern besetzt. Einer sagt, wer so ein Hütchen trägt, wolle wohl angesprochen werden. Ich darauf, nö, es gefällt mir halt. Ob es von Astrid sei? Manchmal denke ich auch, die haben keine Augen im Kopf, die Männer und sage ihm das auch.

Das Emailfach ist kahl und leer und ich kann keine Emails abfragen das ganze lange Wochenende. Das ist ein Gefühl der Unvollständigkeit und Abgeschnittenheit, aber ich halte mich, wie immer mit Basteln beschäftigt, außerdem packe ich schon für London. Zu früh, zu viel, ich will doch Kekse einkaufen en masse. Immer wieder dasselbe. Ich habe ein Londonhütchen schon vor Monaten gebastelt. Thema: Movember. Spültuch aus Koppenhagen. Na, wenn ich da mal nicht wieder drauf angesprochen werden will….

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Samstag feiert ein lieber Freund seinen fünfzigsten Geburtstag nach. Das Büffet ist köstlich und die Wohnung total auf Feier umgebaut inklusive einer Cocktailbar an der seine Mitbewohnerin den ganzen Abend über hantiert und leckere Drinks macht. Gute Gespräche, Gäste waren vor einigen Jahren in Brasilien und erzählen davon und ich komme mit der Frau meines Kollegen, die ich sehr selten sehe ins Gespräch und sage ihr, dass ich mich auf die Büroweihnachtsfeier freue und ihr eine Tasche aus Paris schenken will, die ich nicht nutze und von der ich denke, dass sie besser zu ihr passt. Ich tanze ganz kurz. Das Geburtstagkind ist offen und umarmt die Gäste, auch mich und sagt persönliche Dinge und mir wird klar, dass ich zu dieser Clique noch nicht so lange dazu gehöre, aber sie jetzt eine große Rolle für mein Leben spielt. Viele kommen aus Hannover und kennen sich schon vor der Schule. Ein Fotobuch vom vierzigsten Geburtstag des Gastgebers macht die Runde und dort wurden die Gäste mit Zetteln, auf denen sie schreiben sollten, woher sie das Geburtstagskind kennen vor einer Mustertapete abgelichtet. Wir sind noch nicht dabei. Heute ist dieser Freund jedoch eine wichtige und sehr wertvolle Person für mich und unersetzlich in meinem Leben, so dass ich ihm am nächsten Tag schreibe, dass es nicht sei wie Knast bei einer Haftstrafe und nur auf die Dauer ankomme bei einer Freundschaft und ich mir einbilden kann mit ihm zur Schule gegangen zu sein so verbunden fühle ich mich und das nach weniger als 10 Jahren. Das ist beachtlich und ich fühle mich gesegnet durch diese Freundschaft, die mir schon so viel gegeben hat. Auch mein Kollege, der leider krank im Bett liegt ist nach meinem Mann vielleicht in männlicher Hinsicht das Beste, was mir im Leben passiert ist, weil meinen Vater nehme ich mal aus, weil dem bin ich ja passiert, den Kollege kenne ich auf einer Freundschaftsebene noch nicht so lange. Im Studium kannten wir uns nur vom Sehen und unter ferner liefen und heute kann ich von Glück sagen, dass er schwierige Frauen ab kann und sich mit Technik auskennt, weil die meisten Berufskollegen von uns sind ähnliche Analphabeten wie ich und dann wären wir richtig aufgeschmissen. Hinzu kommt die menschliche Komponente, das ich ihn schätze und gerne mit ihm zusammen bin, was das Arbeiten sehr angenehm macht. Das ist besser gar nicht vorstellbar. Ja, ich kann nur ein Loblied auf mein Umfeld singen. Meine Nähfreundin, die an diesem Abend auch dabei ist, zählt dazu. Die Annäherung war da und wurde auch ein paar Jahre unterbrochen und jetzt ist sie wieder da und ich genieße sie. Auch wenn ich nicht aus Hannover komme, bin ich hier doch angekommen nach 25 Jahren und das ist sehr schön und ich will nicht weg, nur immer wieder kurz zum Verreisen….

Abenteuer in Oberricklingen

04.11. Heute fahren alle weg. Steffi und Sabine nach New York und Jörg und Charlotte nach Spanien.

Es ist ein langweiliger Tag, an dem ich viel Schreibkram erledige. Morgens wird die Rampe von Herrn W. abgeholt von Brandes und Diesing, die ich seit dem 03.07. mein Arbeitszimmer dekoriert.

Andrea hat schon 2 Röcke fertig von meinen Auftragsarbeiten.

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So ein schnelles Mädchen und so gut. Morgens kommt das erste Foto, dann nachmittags das zweite. Die haut einen Rock nach dem anderen raus. Ich freue mich und kann es kaum erwarten meine neuen Lieblinge in Empfang zu nehmen. Ich meine, der schöne mit der Antik-Tristesse ist so was von herrlich (und es war einst ein Stoffrest vom Fairkaufhaus für 1,50 €) und der andere, da steht ja schon „Wien“ drauf.

Herr Maßregelvollzug ist wieder in die Einrichtung geflüchtet und wollte dort erst mal Essen und Schlafen und als er jetzt wieder Kräfte gesammelt hat, mischt er sie wohl richtig auf. Stationswechsel, Fixierung, alles was man sich vorstellen kann. Sozialamt droht mit Hausverbot. Es ist Chaos pur.

Abends als ich zum Sport gehe, habe ich heftige Unterleibskrämpfe (und zwar ohne erkennbaren Anlass). Da ich schon in der Umkleide bin und keinen Rückweg sehe, schlucke ich eine Schmerztablette und komme mir etwas pervers vor und ziehe dann schön durch. Ich glaube, keinen Sport zu machen, hilft auch nicht weiter. Wenn ich eines Tages aufgefunden werden und das Alien ist auch meinem Bauch ausgebrochen, dann können alle auf Buttermusch nachlesen, was Sache war.

Was ich an Hannover liebe ist, dass hier die Radwege kontinuierlich ausgebaut werden. Der reinste Luxus. Wenn man was gemacht wird, dass wird es schön aufgemotzt, knallrot wird ein breiter Streifen der normalen Fahrbahn entrissen und als Radfahrer kann man schön bequem und nebeneinander fahren oder auch mal überholt werden. Das ist herrlich.

05.11. Auf dem Weg ins Büro, wundere ich mich über die Marktständerbetreiber, die morgens um 8:30 Uhr schon Bier und auch Schnaps am Kiosk trinken. Für den Perser, der mir immer die Taz mitgibt, ein willkommenes Geschäft.

Der junge Richter, der neu im Amt ist fragt mich, ob ich eine Verfahrenspflegschaft im Friederikenstift übernehmen will, kurzfristig, heute Nachmittag. Es geht um eine 82-Jährigen und eine Unterbringung und dann auch Auflösung der Wohnung. Bevor mich wieder Herrn PM versetzt mit dem Wohnungsamt, sage ich zu. Das Ganze findet auf der 2 Süd statt, wo ich vor einigen Jahren fast drauf gegangen wäre. Gemischte Gefühle als ich die Station betrete. Ach ja, das war die Hepatitis-Toilette, wo man nicht drauf sollte und da war mein Zimmer. Ich frage nach Frau W. Das Personal sagt: sschhh.  Sie weiß von nichts. Ich stelle mich vor. Ihre Freundin mit den kleinen Füßen (sie erinnert mich an meine Schwiegermutter) ist zu Besuch. Dann kommt der Richter und wir erklären ihr, dass die Betreuerin, das ist offenbar die Schwiegertochter der langjährigen Freundin (beide kennen sich seit 30 Jahren) eine Heimunterbringung für sie beantragt hat, weil die Wohnung nicht mehr tragbar sei und sie nicht mehr alleine zu Recht kommen würde. Frau W. fällt aus allen Wolken. Wer ihr da was anhaben wolle, sie habe immer ihre Rechnungen bezahlt und ihr Leben gelebt und das komme nicht in Frage, dass andere über sie bestimmen. Ihr Vater war bei der Schutzpolizei und sie mussten früher „gerade gehen“. Sie könne jedem in die Augen schauen. Das sagt sie beides mehrfach. Sie habe 19 Jahre lang als Geschäftsführerin bei Edeka gearbeitet. Sie sei Drogistin und habe ihr Leben bisher gut gemeistert. Diese Betreuerin meine es nicht gut mit ihr. Natürlich, sie trinke mal ein Bierchen, das dürfe sie doch und sie gehe gerne am Platz frühstücken, weil was solle sie alleine in der Wohnung.  Ein Gutachter, den das Gericht beauftragt hat, war wohl in der Wohnung und spricht auch von Gefahrenquellen und dass es ein Wunder sei, dass noch nichts passiert ist. Der Richter will sie zur Kurzzeitpflege überreden, aber sie bleibt hart. Droht damit, sich was anzutun. Dann beschließen wir in die Wohnung zu fahren mit dem Taxi, zu viert mit der Freundin. Frau W. hakt sich bei mir ein, im Alter tue alles weh, daran müsse man sich gewöhnen sagt sie zu mir. Sehr süß. Ich helfe beiden Frauen mit den Gurten beim Anschnallen. Wir fahren nach Oberricklingen. Es stinkt nach Katzenurin, aber die Stubentür ist zu, so wie sie es uns gesagt hatte. Die Viecher haben irgendwo hingepisst, auf die Teppiche, aber sonst ist es eine ganz normale Wohnung, eher spartanisch eingerichtet, Wäsche hängt und ist nicht weggerämt, Klo braun, Kühlschrank auch, aber das kann ja nicht der Grund sein. Die Nachbarin schaut gleich, was sich in der Wohnung tut und kündigt an mit Frau W. morgen zu Edeka fahren zu wollen, wenn sie entlassen werden. Frau W. ist ganz aus dem Häuschen, ihre Püppies, das sind die beiden Katzen in der Wohnung, die Babies für sie sind. Wir fahren zurück ins Krankenhaus. Ich schlage Betreuerwechsel vor und Frau W. will das auch und die andere offenbar überfordert sei. Der Richter hat die Schnauze voll von den Ehrenamtlichen, denen man erklären müsse, dass sie nur wegen des Aufgabenkreises Aufenthaltsbestimmung hier trotzdem nicht schalten und walten können wie sie wollen. Und ich denke mir, Geld sparen durch ehrenamtliche Betreuung, so hatte das die jetzige Frau W. schmackhaft gemacht und die meldet einen dann im Heim an. Das spart nun auch kein Geld! Alle schauen auf mich und bitte, bitte, also sage ich ja und bin dann ab Morgen früh im Amt. Frau W. bedankt sich überschwänglich bei mir. Wie können sie mir danken, ich habe sie gerettet. Und ich denke, wenn ich mit Demenz (diagnostiziert 2009) und 82 Jahren noch solche Plädoyers halten kann, dann klopfe ich mir auch auf die Schulter und sage zu ihr, alles gut.

Sport muss ich heute sausen lassen. Ich rufe statt dessen meine Vorgänger an, wie wir das mit dem Schlüssel machen, weil Frau W. hat keinen und einen braucht , weil sie Morgen entlassen werden soll. Die zu mir: „Ich lege Beschwerde ein dagegen. Ich übernehme keine Verantwortung.“. Ich daraufhin. Da ist schon ihrem Wunsch entsprochen worden. (Sie ist abgelöst und hat keine Verantwortung mehr. Da braucht sie nicht Beschwerde einlegen). Erneut frage ich nach dem Schlüssel oder dem Namen der Nachbarin, die einen hat. Sie wieder: „Ich wirke bei gar nichts mit. Ich sage Ihnen den Namen der Nachbarin nicht. Ich gebe den Schlüssel nicht heraus. Ich bin enttäuscht von der Justiz und mache jetzt gar nichts mehr. Morgens heißt es, ich bekomme den Beschluss. Dann ist alles anders. Ich sehe das nicht ein…“. Ein echtes Schätzchen also.

06.11. Ich lasse mir morgens den Beschluss zufaxen und rufe bitte dann die Polizei um Mithilfe, dass sie es telefonisch mal versuchen, weil sie vielleicht überzeugender sind als ich. Die ist uneinsichtig. Da sei nichts zu machen, heißt es. Also auch der Polizist, der erst gar nichts machen und mich auf den Zivilrechtsweg verweisen will, beißt auf Granit. Ich erstatte Anzeige wegen Unterschlagung. Da wird nichts bei rumkommen, aber das muss ich schon tun, um meine eigenen Ärger Luft zu machen. Die blöde Kuh. Dann ruft der Polizist mich noch mal an, weil die Ex-Betreuerin ihm den Namen der Nachbarin gesagt hat. Ich recherchiere und finde eine Telefonnummer mit dem Namen 10 Hausnummern weiter. Das sind die Eltern der Nachbarin, die eine Geheimnummer hat, die nicht herausgegeben werden darf. Tochter arbeitet bis 15 Uhr. Dann bitte im Krankenhaus auf Station melden. Ich frage schon mal beim Schlüsseldienst was es kostet. Dann fahre ich um 13:20 in den Friederikenstift. Frau W. sitzt am Fenster und ist schon aufgelöst. Ich sage, alles gut. Sie kommt heute nach Hause, so oder so. Dann kommt der Anruf der Nachbarin. Dann Taxi und Transportschein. Ich soll mitfahren, habe aber einen Termin beim Gericht und muss sie alleine schicken.

Der Gerichtstermin, wieder eine Verlängerung dauert ca. 2 Minuten. Dann versuche ich das Scrabble-Spiel umzutauschen, weil da nur 4 mal der Buchstabe „H“ drin ist, dann 5 mal, wie in dem Buch beschrieben und daher nur 118 Steine, statt 119 und erfahre, dass die Frau von Oxfam mir nur anbieten kann, mir ein „H“ aus Pappe zu basteln. Das hätte ja irgendwann mal verloren gehen können nach dem Kauf am 01.11. Sie könne nichts machen. Ich raste aus und kündige an, nie wieder was in dem Laden zu kaufen, in dem ich schon viel Geld gelassen habe und Stammkundin bin seit der Eröffnung und sage, es ist anders: sie müssten beweisen, dass der Fehler nicht da war beim Kauf und nicht umgekehrt. Ich gehe schließlich und nehme das Spiel wieder mit und mir vor, daraus ein Mottohüttchen mit dem Scrabble-Buchstaben zu basteln und dem Satz: Ein „H“ fehlt, aber die Frau von Oxfam kann mir nur anbieten, ein „H“ aus Pappe zu basteln und das trage ich dann und einen Brief an Oxfam wird es auch geben. Ich bin richtig sauer und koche vor Wut und kann mich das so reinsteigern, dass ich denke, das ist querulatorisch.

Abends kommt eine langjährige Mandantin. Die hat auch so was, lieb, aber kann sich auch reinsteigern, wo man sich fragt, ob sich das lohnt. Deswegen mögen wir uns vielleicht auch so. Sie ist sehr reich, hat eine Immobilie verkauft und streitet sich jetzt um 60,01 € Grundsteuer. Daneben erzählt sie mir ihre Krankengeschichte, weil sie jetzt eine Zeitlang weg war vom Fenster. Darm-OP. Die Klammern am Bauch, Entzündung, es habe ausgesehen wie bei einem Schweinebraten, so gekräuselt. Und dann immer Spülen. Das habe weh getan (und ich weiß, was sie meint, lasse mir aber nichts anmerken) und ein Schwamm war da drin, der immer kleiner und unter Vollnarkose gewechselt wurde.

07.11. Heute kann ich nicht zu meiner neuen Betreuten, weil ich zu viele Termine habe. Morgens gleich Sozialgericht. Vorher hatte ich zuhause mit den Scrabble-Buchstaben gebastelt und festgestellt, der Satz geht nicht, weil es nur ein „P“ gibt und ich 3 brauche. Dabei erfahre ich von Wiki, dass Scrabble in der deutschen Version nur 102 Buchstaben hat, ich habe also 16 zu viel und die meisten davon Vokale. Alle Aufregung umsonst. Ich werde das Spiel spielen und räume es weg. Doch kein Querulantenbrief, Schade eigentlich.

Dann Sozialgericht, meine Betreute ist ausnahmsweise da und wartet schon. Es geht um eine Schilddrüsenerkrankung und ernährungsbedingten Mehrbedarf. Ein ehrenamtlicher Richter wird vereidigt und sie will wissen, ob das ernst gemeint sei. Wir haben schlechte Karten, d.h. Prozesskostenhilfe gibt es, so dass ich mir um meine Gebühren keine Gedanken machen muss. Leider hat ihr Arzt, der eine Stellungnahme für das Sozialgericht machen sollte gesagt, Übergewicht, weniger Essen hilft schon. Teurer sei das nicht. Die Richterin ist einfühlsam und meine Betreute kommt ganz viel zu Wort und erklärt, was sie alles im Internet nachgelesen hat und wie die Ärzte alle keine Ahnung haben. Ergebnis wie erwartet.

Bis zu meinem nächsten Termin habe ich Luft, gehe zum Arzt, der Blut von mir will. Lese im Geo-Heft einen Artikel über einen einsamen Schäfer in den Abruzzen oder war das Apulien? Die haben Hunde wie Kangals, aber nicht zum Hüten der Schafe sondern gegen die Wölfe. Gegen so einen Wolf kann ein Hund nichts ausrichten, heißt es so schön, aber der Wolf jagt nicht so gerne, wenn er dabei ausgekläfft wird. Sie tragen Stachelhalskrause mit Nägeln, die nach außen zeigen als Schutz am Hals. Ich werde nach meinem Gewicht gefragt. Was habe ich denn letztes Mal angegeben frage ich. Dann wieder so. 76 kg. Sie schaut so. Ich sage, das ist doch nicht kriegsentscheidend und gehe auf die Waage 77,6 mit Schuhe, also genau wie ich gesagt habe.

Termin bei dem Psychiater. Meine Betreute wartet unten schon, weil sie mich wohl auf dem Fahrrad gesehen hat. Es geht um die Verlängerung der Betreuung. Wir kommen nicht zu ihrem normalen Arzt, sondern eine Kollegin. Eine kleine Yoga-Fee. Grober Strick, zierliche Figur, niedliche Perlenarmbände mit diversen religiösen Symbolen darauf. Auf dem Rückweg halte ich bei Rossmann, weil ich meine Wollmütze, die ich in Berlin mit Heikes Hilfe genäht habe färben will. Sie sieht skurril aus und kommt gut an, nur die Farbe (beige, wie die Klamotten der Ärztin) steht mir nicht. Kann man wohl im Topf färben und Salz ist mit drin. Das habe ich nicht mehr gemacht seit Abiturzeiten.

Der dritte Rock von Andrea ist fertig!

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Abends geht Stephan zu den Musikern der Scala in CCL und ich färbe im Topf. Schön blau wird das. Früh ins Bett, da Morgen Zahnarzt um 8 Uhr. Ich Angstpatientin und fand keine Ausrede als es hieß, da könne ich doch schön anschließend arbeiten gehen und jetzt habe ich den Salat. Ich meine um 8 Uhr kratzt da schon einer an meinen Zähnen. Das ist auch nicht so ganz meine Uhrzeit. Schlafe schlecht ein. Bin echt nervös und ein Angsthase. Seit Tagen esse ich weniger Süßes, weil ich die Wurzelbehandlung vor Augen habe….

08.11. Erst finde ich die Praxis nicht (war auch erst ein Mal da und das ist fast 2 Jahre her), dann liege ich auf dem Stuhl und wir hören NDR 2. Ich sage nach der letzten Zahnreinigung hätten meine Zähne tagelang weh getan, weil mein Mann verkaufe mir das immer als Wellnessprogramm. Sie tut ihre Arbeit und sagt, es sehe gut aus, mit Ausnahme der Zahnzwischenräume. Wenn ich noch anfangen zu flossen, bekomme ich eine eins.

Als dann die Ärztin mich nur nach meiner Cousine fragt und sagt, es sei nichts, bin ich in Hochlaune. Mit der Bahn fahre ich vom Lister Platz nach Oberricklingen. Erst zum Pflegedienst. Da riecht es nach Zigarettenqualm und ich lese in einer Pflegezeitschrift, ob der Einsatz von Pflegerobotern sinnvoll sein kann. Sie haben wieder einen Schlüssel. Wir sprechen über die häusliche Versorgung. Ich bekomme einen Gutschein mit für Essen auf Rädern für Frau W. Dann fahre ich zu ihr. Es stinkt erbärmlich in der Wohnung nach dem Katzenurin. Sie will zum Platz frühstücken und ich will neues Katenstreu kaufen. Ich sage, hier muss geputzt werden. Das soll die Nachbarin unter ihr machen. Ich soll die mal gleich fragen. Da ist nur der Mann zuhause und sagt, seine Frau macht es erst nach einer Grundreinigung der Wohnung. Ich wieder hoch. Frau W. ist beleidigt. Dann kann sie ihr gestohlen bleiben. Wir schauen uns ihre ganze Fundstücke, afrikanische Schnitzereien und so was an. Die seien von ihrer Nichte. Die war beim Auswärtigen Amt in Brüssel, ist aber schon tot. Herzinfarkt mit 62. Wenn die noch da wäre, würde es ihr anders gehen. Ich stimme zu. Dann stellt Frau W. fest, dass sie nur noch 5 Euro im Portemonnaie hat. Zur Bank hat sie immer die 30 Jahre alte Freundin begleitet, aber die ist jetzt nicht zu erreichen und vielleicht auch sauer, weil ihre Schwiegertochter abgesägt wurde. Na dann, würde ich doch mitgehen, oder? Was bleibt mir. Es ist Freitag um 11 Uhr. Zur Station. Fahrtkarte kaufen, kennt sie nicht. Ich kaufe nur Kurzstrecke, weil ich mich verzählt habe. Am Schünemannplatz steigen wir aus. Frau W. muss sich erst mal orientieren und ich denke, scheiße, ist hier gar keine HVB. Dann weiß sie es wieder. Wir gehen hin, gleich ruft der Mitarbeiter eine Kollegin von hinten. Dann findet Frau W. die Bankkarte nicht und zeigt wahlweise ihren Personalausweis und meine Visitenkarte und fragt, ob das nicht die Bankkarte sei. Das macht mir jetzt Angst und auch, dass sie die Mitarbeiterin so nennt, wie ihre Freundin heißt, obwohl die ein großes Namensschild an hat. Sie holt 500,- € und wir lassen die Vollmachten der früheren Betreuerin löschen und die Karten sperren. Dann wieder zurück. Jetzt will sie wirklich frühstücken. Das ist der Kiez:

Funny stylish bar Kampfkunst Zentrum

In der Bäckerei fragen sie: „wie immer“ und ich schaue derweil nach Post, weil eine Bankkarte verschickt worden sein soll. Nicht mal ihr Name steht am Briefkasten. Dann gehen wir in den russischen Supermarkt, wo es wirklich andere Produkte gibt z.B. geflochtenen Rauchkäse (ich muss ein Foto machen, sie wundert sich):

Lackmann Teig

Essen will man das nicht. Sie kauft ein: 1 Orange, ein paar Weintrauben, 2 Pflaumen, 1 Dose Fischsalat, ein russisches Bier, 2 Piccolo Sekt (zusammen im Karton) und einen einzelnen einer anderen Marke (Riesling), dann Käse, Brot und ein deutsches Bier, 2 kleine Feiglinge und eine kleinen Jägermeister sowie 8 mal Katzenfutter und ein mal Katzenstreu. Ich will erst 2 Tüten, aber das hätte ich nicht geschafft. Die wiegen 10 kg und fühlen sich schwer an wie Zementsäcke. Dann auf zur Wohnung. Die Nachbarin, die putzen will ist zwischenzeitlich nach Hause gekommen. Wir gehen nach oben. Immer wieder fragt Frau W. ob sie Geld geholt habe und ob die alte Betreuerin noch an das Konto dürfe. Während wir mit der Nachbarin das zukünftige Putzen besprechen sage ich, heute könne sie die Anwältin sehen, wie sie das erste Mal in ihrem Leben ein Katzenklo sauber macht. Es gibt einen kleinen Plastiklöffel, das Streu ist ein einzigen fester Klumpen, wie ausgehärteter Beton mit Kotstücken oben drauf. Es riecht beißend, aber ich kämpfe mich durch und entleere alles in die Plastiktüte, die wir vom russischen Supermarkt gerade mitgebracht haben und soll es nun in der Badewanne ausspülen. Dann trocknen mit Klopapier. Dann ist der Abfluss etwas voll und muss wir frei gemacht werden, dann das Katzenklo neu befüllen. Als ich mir die Hände waschen will, ist keine Seife da. Die Nachbarin bringt mir Pril. Während ich am Waschbecken stehe, gehen beide Püppies unter mich schon auf die Box und ich höre sie kratzen. Die haben offenbar sehr darauf gewartet, was ich mir auch schon dachte. Ich glaube bei der Nachbarin macht das schon Eindruck, wenn sie sieht, dass auch andere bereit sind anzupacken. So ist zumindest meine Erfahrung. Mit der Nachbarin geht es dann um das Austauschen der Teppiche. Frau W. meint, sie seien noch in Ordnung und will nicht und weint und fragt immer wieder, ob sie genug Geld habe, dabei hat sie sich den Kontostand zeigen lassen. Das wird noch harte Überzeugungsarbeit. Ich sage, es gibt eine Pflegegeldnachzahlung (weil seit Anfang der Jahres nicht alles gezahlt wurde, worauf sie einen Anspruch hat) und davon machen wir das und wir nehmen genau die Teppiche wie vorher und sie wird es auch toll finden. Sie sagt doch immer, dass sie keine Fernreisen gemacht habe, weil es zuhause am schönsten sei und was solle sie sich in fremden Hotelzimmern herumtreiben. Die Nachbarin sagt Frau W., dass sie bald zusammen ihren Geburtstag feiern, wie letztes Jahr in dieser Gaststätte (nennt den Namen). Frau W. will mir wieder was Gutes tun. „Wie kann ich mich nur bedanken, Schwester?“, fragt sie immer wieder. Ich denke, sie hatte eine gute Fassade und ich bin ihr auf den Leim gegangen, das heißt ich habe ihre Kompetenzen überschätzt. Es ist fast 2 Uhr. Ich fahre noch mal beim Pflegedienst vorbei und sage, dass meine zusätzlichen Betreuungsstunden aufgebraucht seien (eine Anspielung darauf, dass der Pflegedienst diese Sachleistung rückwirkend ab 01.01.2013 abrechnen und verbrauchen kann, weil ich es neu beantragt haben).

Auf dem Rückweg, es stinkt immer noch in meiner Nase, aber ich habe noch nichts gegessen, halte ich endlich bei der Kaffeerösterei mit dem Esel in Ricklingen und esse ein Brötchen und trinke einen Kaffee. Ich hatte das Fluorid einziehen lassen wollen in die Zähne. Mein Fascinator wird gelobt von der Bedienung, die sogar den Namen dafür weiß, was ich erst vor wenigen Monaten beigebracht bekommen habe. Der Laden hat einen Extraröstraum und auch Preise für den Kaffee gewonnen. Der Inhaber in sympathisch, der Laden ist nur etwas weg vom Schuss, so hinter dem Schünemannplatz. Ich rufe Stephan an, dass ich mich abends belohnen will. Fisch im Titus soll es sein.

Dann ins Büro und u.a. einen Schwerbehindertenausweis mit Begleitperson für Frau W. beantragen. Ich mache Witze darüber, dass die Demenz ansteckend ist und frage die Steuermitarbeiterin immer, habe ich das Teewasser schon aufgefüllt? Habe ich das schon gescannt? Und die Fragen sind nicht gespielt. Irgendwie bin ich auch mitgenommen und nicht ganz auf der Höhe.

Abends fahren wir nach Döhren, vorbei an den ganzen Lemmingen. Ich sehe eine Steilküste vor meinem inneren Auge und wie die Massen darauf zulaufen und sich alle in den Abgrund stürzen, aber es ist nur der Maschsee. Neben uns ist eine Weinprobe und die 17 Leute sind etwas lauter, vor allem mit zunehmendem Alkoholpegel. Ich kenne das. Die ca. 60 Jährige, der Rädelsführer ist sagt: „Hartmut sagt Du mal was zu dem vierten Rotwein, was Dir dazu einfällt“ und zu einem Jüngeren sagt er: „Du hast Dich jetzt genug blamiert. Du bist später wieder dran“. Es geht um das Raten der Weine, welcher ist welcher. Daneben bekommen wir zwangsläufig mit, dass das Spiel 0 zu 0 ausgegangen ist. Auf  dem Rückweg viel Hubschrauber mit Suchscheinwerfer und ich sage immer wieder zu Passanten, die in Gruppen unterwegs sind und Schal tragen: „ohhh, haben eure Babies es nicht geschafft ein Tor zu schießen?“.

Ich sage zu Stephan: es ist eine Illusion, dass wir so sein werden wie jetzt sind wenn wir achtzig sind. Entweder vorher tot oder man kann sich auf wesentliche Veränderungen einstellen. Da macht man sich immer was vor. Wir werden andere Menschen sein, womöglich mit einem ganz abgeflachten Charakter, auf jeden Fall mit körperlichen Einschränkungen, alles wird mühsam sein und die Leichtigkeit und Arroganz der Jugend verschwunden. Er verweist auf die guten Energien in meiner Familie. Ich sage, trotzdem, wir leben auch hart und man glaubt das immer so, dass man derselbe Mensch sein wird und da macht man sich was vor. Es ist eine Fortentwicklung, so wie man mit 30 auch nicht mehr so war wie mit 3 Jahren. Außerdem ist Frau W. eine tierverrückte, kinderlose, alte Frau. So werde ich auch. Mich beim Bäcker nach jedem Hund verzehren, der vorbei geht. Aus dem Haus bei uns kommt ein älteres Pärchen. Wir kennen sie. Sie entschuldigt sich, dass sie zu viel getrunken habe und kann sich kaum auf den Beinen halten, d.h. sie fällt wie ein gefällten Baum auf die Schienen und ihr Mann zieht sie wieder hoch und legt den Arm dann fest um sie, um sie zu stabilisieren. Auch kein schöner Anblick. Plötzlich fühle ich mich ganz nüchtern und der Amoniakgeruch ist immer noch in meiner Nase.

Wochenende in der Bastelsauna

02.11. Ich habe mir ein Scrabble Spiel bei Oxfam gekauft und es fehlt ein „H“. Ich dachte, die würden da alles nachkontrollieren, die engagierten Rentnerinnen, die dort ehrenamtlich arbeiten. So will ich es nicht. Umtauschen oder gleich weg. Hat nur 3,- € gekostet. Nach einem Tag in der Bastelsauna abends zum Theater an einem ungewöhnlichen Ort. In der Menagerie. Sehr entspannte Stimmung und auch gutes Stück, d.h. die beiden Darsteller haben sich richtig ins Zeug gelegt. Wir sind ihnen auf den Leim gegangen und dachten, wir würden mit einem Alleinunterhalter Bingo spielen. Mit Bingo Bruno und ich war da auch schon ganz heiß drauf, aber dann kam alles ganz anders, d.h. es gab eine Wendung in dem Stück Richtung Musical, aber gut. Mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden, falls jemand noch reingehen will. Wir haben dort Freunde aus Essen getroffen und ich habe Rotwein und Kaffee getrunken und ich habe den Arabischen Mokka vom Kaffee Wacker übergeben. Ich war halbherzig auf Halloween zu Recht gemacht mit einer dezenten Kunstblutspur im Mundwinkel, aber sonst kaum verkleidet. Ein Hütchen mit Halloweenanleihen, was ich aber auch normal anziehen würde. Als wir gehen wollen um ca. Viertel nach 11 fragt mich ein Typ, der vielleicht Mitte 50 ist und sich als Teilhannoveraner vorstellt was ich beruflich mache so nach dem Motto, immer sieht er mich, wenn er in Hannover ist und ich sei ja auch nicht gerade unauffällig. Auch wenn Hartmut El Kurdi zuhört, nützt es nun nichts zu lügen. Ja, ich habe einen bürgerlichen Beruf und mache beruflich nichts mit Kunst und Mode. Das ist nur Ausgleichssport. Rein privat. So und jetzt raus hier.

Wir gehen noch den Geburtstag einer Freundin und dann ab in die Sturmglocke. Schön voll und stinkig, aber ich tanze erst mal eine Runde und verschaffe mir etwas Respekt, d.h. Platz auf der Tanzfläche. Die gruseligen Outfits nehme ich nur ernst, wenn die Inhaber auch tanzen, sonst sind sie wieder Standaschenbecher für mich. Nach Gin Tonics und netten Gespräche u.a. mit dem Mann mit der Axt im Rücken (sehr überzeugend, weil echte, schwere Axt, d.h. coole Unterkonstruktion) torkeln wir nach Hause bzw. fahren beim heftigem Regen durch den Matschepark. Ich frage Stephan bin ich jetzt wie Liberace, der heimlich in die Darkrooms geht, weil ich einen bürgerlichen Beruf habe, aber darauf stehe in der Sturmglocke zu hotten? Nein, ich stehe ja dazu und habe gerade kein Doppelleben.

03.11.2013 Sonntag werde ich wieder wach nach wenigen Stunden und spiele, d.h. bastele weiter. Dann fahren wir zu Boesner, wo es heute verkaufsoffenen Sonntag und 20 % Rabatt gibt. Da sind auch andere auf die Idee gekommen, hier einen Ausflug hin zu machen und die Schlangen vor den Kassen gehen quer durch den Laden. Recht schnell stellt sich heraus, die haben nicht was ich suche. Einen Ersatz für die Stifte, die ich nach der Wende in Magdeburg gekauft habe (tschechisch) und die langsam zur Neige gehen und die ich für die Kalenderproduktion brauche. Ich will keine schmierigen Ölkreiden und keine puderigen, verwischbaren Sonstwaskreiden und nichts Wasserlösliches. Ich  will keine Buntstifte mit dünner Miene zum Anspitzen. Nein, das will ich alles nicht. Ich kaufe doch nicht jetzt für teures Geld irgendwas, was mich nicht überzeugt und stehe dafür noch eine halbe Stunde an! Zeug habe ich schließlich genug. Wir fahren mal einen anderen Weg, erst weiter stadtauswärts und ich fluche viel, aber dann ist es auch interessant. Schön durch die Gärten und dieses Pferdchen braucht auch mal ein bisschen Auslauf. Exercise, discipline, affection. Schön zu Rossi und 3 Stücke Kuchen verdrückt (zu zweit) und eine Freundin von früher und eine von letzter Nacht getroffen, dann nach Hause. Stephan erzählt mir von dem über 80-jährigen in München, der in einer Wohnung zwischen Messie und Louvre wohnte. Auf die Schliche gekommen sind sie ihm, weil er mit Bargeld an einer Grenze erwischt wurde und dann haben sie ihn beobachtet und schließlich seine Wohnung durchsucht. Als ich am nächsten Tag lese, dass sie Bilder beschlagnahmt haben frage ich, warum und auf welcher Rechtsgrundlage. Das ist doch sein Eigentum. Stephan sagt: Steuerfahndung, das seien die Gefährlichsten und Steuerdelikte, weil der Bilder verkauft hat ohne das zu versteuern. Ich sage, na gut, dann sollen sie halt einen weiteren Beckmann versteigern und davon die Steuerschuld begleichen, aber die können ihm doch nicht alle Bilder wegnehmen!

Miss Marple hat schon die Herstellerfirma entdeckt und so scanne ich meine Antiquität ein und schicke sie der Firma Koh i noor und noch am Sonntagabend antwortet mir einer. Ich finde die Stifte auch selber. Es sind Hartpastellen. Yuhu.

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Abends schauen wir uns Vacation Rentals Central Coast, Kalifornien an. Da gibt es Dinger. Ich sage nur Big Sur mit Blick auf die Küste und Hot Tub draußen. Hippie Luxus pur. Da kommt immer sofort Heimweh auf, aber auch Müdigkeit.