Archiv für den Monat: November 2014

Die Stilleben von Hamburg

10.11. Der Blätterteppich vor dem Fenster. Aus Gelb wird Orange.

Ich habe unterschätzt wie sehr mit London fehlen wird, Stephan nicht.

Ambulante Wohnbetreuung meldet sich. Frau aus Hameln heult und alles Trauma und Gerichtsverfahren, die jahrelang dauern und aus denen ihr Leben besteht, dabei will sie nur einen Abschluss, dabei prozessiert sie mittlerweile selber. Das Leben besteht aus anderen Dingen. Ich bin da immer recht rigoros und unterstütze die Leute nicht dabei sich in ihrem Elend zu suhlen, sondern sage auch ehrlich meine Meinung. Fast wie beim Hund, „they don’t follow weak energy“ und es bringt nichts, wenn man da ganz viele Emotionen reingibt, das macht es noch schlimmer. Man muss stattdessen einen anderen Weg aufzeigen. So mache ich es zumindest und auf mich hört sie dann mehr. Ich vermittele zwischen ihr und der Wohnbetreuung, die immer versucht alles richtig zu machen und damit an ihre Grenzen stößt. Sie hat eine Ausbildung in Traumabehandlung und lobt meinen Ansatz.

Kollegin, die Schwiegermutter hat Demenz und ist jetzt im Heim, weil sie zuhause nicht mehr zurecht kommt. Betreuung anregen, für die Wohnungskündigung braucht man eine Genehmigung. Krebs hat sie auch. Brustkrebs, die eine Brust steht und ist hart und die andere hängt. Der Pflegedienst hat nichts gemeldet. Das kann auch aufbrechen. Schwierige Person, schon vor der Demenz, Künstlerin, kann fies sein und raucht wie ein Schlot.

Erfolge in der neuen Betreuungssache, neue Ärztin, am Jobcenter vorbei das Beschwerdemanagement. Der Betreute braucht ein Schlafmedikament und was zu Rauchen.

Termin beim Jobcenter fällt aus. Betreuten mit dem Sparbuch (die Bank hatte gestresst und ich habe alles organisiert) haben sie wieder weggeschickt, weil sie einen gerichtlichen Beschluss brauchen. Nein, brauchen sie nicht. Mitarbeiterin fragt beim Amtsgericht und ich hatte Recht, sie will trotzdem Zustimmung, brauchen wir gerade nicht. Das würde den Irrtum nähren. Sie soll mal ein Rundschreiben machen und die Mitarbeiter schulen. Das ist falsch und eine Diskriminierung.

Mutter von Herrn Diazepam kommt vorbei mit dem abgelaufenen jordanischen Pass und der Fiktionsbescheinigung und ich will meine Erfolge zeigen und sehe, dass die von der Staatsanwaltschaft die fehlenden 10,- € doch wollen und dann die Kosten von 155,- € ausbuchen. Das war aber telefonisch anders abgesprochen. Gut, dass ich es noch mal genauer lese.

Der Typ mit der versäumten Frist kommt Morgen vorbei.

12.11. Der Freund, der heute Geburtstag hat ist in Amsterdam und schreibt: „Mir gefällt Amsterdam total, -wir gehen jetzt Frühstücken, dann ins Rijks-Museum, dann vielleicht High Tea im Greenwoods, dann haben wir einen Tisch in der Seafood-Bar, und danach umme Ecke in ein klassisches Konzert im Concert Gebouw. Volles schönes Programm, bei bisher täglich scheinender Sonne (wahlweise Sonnenauf-Untergang von unserer Dachterrasse zu bestaunen (da oben will ich heute auch noch den kleinen Schampus wegschlürfen). Ja, alles sehr romantisch, da bin ich ja der Typ für…“ Ich hatte ihm geschrieben, dass ich Amsterdam romantisch finde und wir müssen da auch mal wieder hin, gerade das Museum steht dringend auf der Liste.

Höre meinen AB ab. Sachbearbeiterin beim Arbeitsamt ist krank. Termin fällt aus.

Kaffee auf dem Markt. Mein Ärger mit den Mitmenschen im Haus ist wieder verflogen.

Mein Betreuter, der persönlich geladen wurde, kann nicht zur Verhandlung, ist krank. Der Arzt kommt um 11 Uhr zum Hausbesuch. Der Richter ist es nette junger Schwuler, der mal als Staatsanwalt in seiner Strafsache tätig war. Ob ich Bedenken habe wegen Befangenheit. Nein, habe ich nicht. Wir haben schlechte Karten. Die Gegenseite hat eine Referendarin geschickt. Sie freut sich. Ich erkläre, dass der Titel theoretischer Natur sein wird, weil man nichts vollstrecken kann. Sie sollen das von der Mietkaution entnehmen. Das hatte ich vorher schon angeboten. Neben den Raten an die Staatsanwaltschaft kann ich keine weiteren anbieten und ich weiß nicht, was für Reparaturen wieder auf uns zukommen, weil die aus dem fernen Berlin das Nottelefon einfach nicht behindertengerecht installieren lassen in ihren Servicehaus mit der teuren Miete. Denen ist es egal. Ja, er ist Grobi. Als ich im Büro bin meldet sich der Pflegedienst, er hat eine dicke Backe und muss ins Krankenhaus eingeliefert werden.

Sehr teuren Sattel gekauft, das neuste von Brooks, wartungsfrei, weil nicht aus Leder. Das hat mich natürlich angesprochen. Ich bin beratungsresistent, weil der passt nicht auf mein Fahrrad, Lenker muss tiefer und nicht der aufrechte Sitz. Ist auch für Männer, egal, schaffe ich schon. Neuer Sattel muss her, meiner liegt nur noch oben auf den Federn nachdem sich alle Verankerungen gelöst haben und der neue sieht cool aus, die Auswahl ist gering. Schnell merke ich: so ist das ohne Federungen. Man merkt alles und selbst auf kürzesten Strecken schmerzen meine Sitzbeinhöcker. Oh, den Kauf werde ich noch bereuen. Verstehe jetzt den Sinn von Federn…

Der neue Betreute sieht aus wie Robert De Niro, aber mehr Boxernase. Ganz sympathisch. Er ist 51 und lebt seit 42 Jahren in Deutschland. Seine Töchter sind 30 und 26. Er war im Maßregelvollzug und lebt im Heim mit Anbindung an Tagesklinik und Arbeitstherapie. Er nimmt strake Neuroleptika, die Herr Ihme auch bekommen hat und soll in die Türkei abgeschoben werden. Dort kennt er keinen und hat Panik. Was denken die sich? Ich bin mal wieder geschockt. Telefoniere mit Betreuungsrichterin und dem Arzt aus der Institutsambulanz. Dann mit meinem Kollegen, dessen Kollege die Frist verpasst hat und der Ausländerstelle mitteilt, dass er freiwillig im Januar ausreisen wird, aber Dinge vorbereiten muss, da die Türkei ein fremdes Land für ihn ist. Der Strafrechtler und ich sind uns einig, dass Härtefallkommission keinen Sinn macht. Die Kollegin, die ich auf dem Markt traf hat das empfohlen und damit gute Erfahrungen gemacht. Die Verfahren dauern über 2 Jahre und haben aufschiebende Wirkung. Schmalstieg hat meinen Antrag nach 2 Wochen abgelehnt. Wenn sie straffällig geworden sind, dann mögen die das nicht. Man muss aussehen, wie die Babytiere am Flughafen mit den riesigen Augen, wie auf Droge oder Mangas, dann sind sie ein Fall für diese Kommission bin ich mir später mit Stephan einig. Der Strafrechtler und ich sprechen in der Sache Ihme. Die Verfahren werden eingestellt, Kosten des Verteidigers werden nicht übernommen. Macht nichts, sagt mein Kollege, Hauptsache eingestellt. In einer Sache wurde er schon als Pflichtverteidiger bestellt. Ich habe ohnehin die Arbeit gemacht. Lese gerne einen Aktenvermerk und denke, ist der ausversehen da reingeraten. Zustellung war fehlerhaft, wie Betreuerin schreibt. Er war in Klinik mit Beschluss und es hätte ihr zugestellt werden müssen. Rechtsmittelfrist wurde nicht in Gang gesetzt, über Wiedereinsetzungsantrag der Betreuerin muss daher nicht entschieden werden. Neu zustellen. Der Herr Verteidiger wird voraussichtlich Beschwerde einlegen ist so richtig in 18 Punkt-Schrift geschrieben. Sie meinte, die blöde Sau sage ich dem Kollegen und er lacht, ja, lieber einstellen bevor man einen teuren Verteidiger bezahlten muss. Ich soll es ihm schicken, weil es ihn auch interessiert. Ich mag den Mann und mit ihm lässt sich gut arbeiten. Er arbeitet gut und reagiert schnell. Das gefällt mir.

Beim Sport war es so voll, dass es mir vor kam wie eine Grace-Sekte, wenn ein ganzer Raum voller Frauen sich synchron bewegen und klatschen. Das hat schon eine gewisse Energie und sieht auch gut aus. Ich sage der Trainerin in der Umkleide als alle schon gegangen sind bis auf eine Mitturnerin, die aber auch Spaß versteht, das sei wie Scientology mittlerweile. Mein Fahrradhändler schließt gerade ab als ich vorbei fahre und ich übergebe ihm reumütig mein Fahrrad. So tapfer bin ich doch nicht. Nehme doch den schwarzen Ledersattel von Brooks mit Federung und mache eine Plastiktüte darüber gegen Regen und nutze Lederfett und was es braucht. Warum nicht Gel? Das gibt es gar nicht bei ihm weil es zu unstylisch ist und gezahlt habe ich schon, umtauscht wird nur hier gehen. Nächstes Mal. Ich muss jetzt zu Fuß laufen. Er ist angetrunken und läuft ein Stück mit mir. Er hat Morgen erst ab 14 Uhr geöffnet, aber ich bin auch selber schuld.

Handnäharbeiten an einem neuen Sakko. Schweizer Städtenamen in Glitzer. Repariere ein Hütchen, neues Papierschwein muss ran, war als Partypieker gemeint, jetzt hat es blaue Ohren, statt rosa und ist das letzte in der Schublade. Wenn das kaputt geht, was dann? Habe Haarausfall, es wird mir ergehen wie meiner Mutter. Wenige Haare. Ich will nicht drei Haare auf einen Wickler rollen und versuchen Mehr draus zu machen, habe aber trotzdem Panik, vor allem weil ich meine Kunst flöten gehen sehe. Nur noch ganz kleine Haarkugel. Kann meine großen Hütchen nicht mehr tragen, ich mache ein kleines und schiebe weiter Panik. Vielleicht muss ich wieder auf große Ohrringe umsteigen. Das will ich aber eigentlich nicht oder Hütchen mit kurzen, offenen Haaren. Würde das gehen? Soll ich mal zu dieser sympathischen Friseurin und die ran lassen?

Abends meldet sich Claudia, dass sie Tickets bekommen hat (hatte sie wohl vergessen, aber bekommt es noch hin und ich sage, kein Problem, wäre auch so nicht schlimm gewesen). Wir fahren nach Hamburg.

13.11. Packtraum. Irgendwie fliegen wir wieder Business und haben ganz viele Koffer. Eine Hälfte des Koffers ist voll mit Stephans dreckiger Wäsche. Ich packe in einem Apartment und gleichzeitig ist es der Terminal eines Flughafens und Leute schauen zu. Die sitzen da mit ihren ordentlich gepackten Koffern. Ich prüfe ein Glas mit trüber Flüssigkeit, was Dunkles schwimmt in der Mitte, es ist verdorben. Ich will es in den Mülleimer werfen und treffe nicht. Sage dem Mann, dass ich keinen Kommentar will. Vorher hatte mein Vater meiner Mutter fasziniert beim Packen zugesehen. Sie faltet alles ganz ordentlich, so dass es ganz klein wird. Irgendwie magic. Unsere neuen Koffer sind in den alten mit ganz viel Platz drum herum. Es ist wie Hohlraumpacken.

Werde wach. Soll ich Claudia mein Calexico T-Shirt anbieten? Macht das Sinn?

Die Bäume werden kahl. Ich muss einsehen, dass der Sommer vorbei ist.

Streit mit Stephan, weil ich mein Fahrrad zum falschen Händler bringe und nicht zu RadUp nebenan. Es nervt. Ich gehe zu Fuß ins Büro. Mir wird ein Franzbrötchen angeboten von einem jungen Vater und er hat Recht, ich konnte ihn erst nicht zuordnen.

Telefonat mit der Oberärztin wegen Herrn Diazepam und wie es weiter geht. Er wird auch wieder substituiert, hatte einen Monat nichts genommen, quasi kalter Entzug, aber ohne geht auch nicht. Wenn ich mir jetzt noch die Haare von wem anderes schneiden lasse ist ganz der Ofen aus.

Kleines Mitbringsel für die Stuttgarter, der Künstler, der gut kocht und seine Frau (alte Serviette mit Stadtplan, habe ich bei meiner Tante mitgenommen). Soll mein Kollege überbringen. Ich will meine Sachen überallhin verteilen. Die Weihnachtsfeier steht auf tönernen Füssen. Es ist offenbar schwierig mit dem Termin und die Kollegin und ich meiden uns auch mehr oder weniger. Am 18. hat mein Kollege einen Auftritt. Stephan ist sauer, dass es nicht ins Clichy geht. Oh Mann, auch hier oh Mann.

Oberärzt in der Forensik ruft mich an in der Betreuungs-/Abschiebungssache und sagt mir, er könne kein Gefälligkeitsgutachten schreiben nur weil ein Anwalt eine Frist versäumt hat. Er weiß ganz offensichtlich nicht um was es geht. Ich versuche es ihm zu erklären und seine Stellungnahme ist aber so dünn, dass es für eine vorläufige Bestellung nicht ausreicht. Ein ganz unsicherer Typ, wie so einer Oberarzt wird ist mir schleierhaft. Nachmittags hat er bei meiner Kollegin einen Steuertermin und kann mir seine nicht hilfreiche Stellungnahme noch mal im Original vorbeibringen. Ich habe schon alles mit der Ausländerstelle geklärt und hole eine Duldung für ihn ab am 27.11. Der Richterin sage ich, dass mein Maß an ehrenamtlicher Arbeit irgendwann erschöpft ist und ich dann nötigenfalls den Termin absage, wenn es bis dahin nicht geklappt hat mit der Betreuung. Ich ärgere mich, wenn nicht alles so läuft, wie ich es mir vorgestellt habe.

Ich muss 300,- € nachzahlen für das Atelier, wo ich so froh war, dass es gekündigt ist. Dann dieser schlechte Sattel und das ich kein Fahrrad habe. Ich will mir eine günstigen, der nach meinem Geschmack ist im Internet suchen. Selle oder wie dieser Sattelhersteller heißt und Naturmaterialien, schön beige, kostet 59,- €. Scheiß auf stylisch. Schlussendlich ist der Brooks-Sattel schon festgeschraubt und ich kriege 25,- € wieder und bequemer ist er auch und ich gebe mir selber die Schuld und will es nächstes Mal besser machen und jetzt erst mal Augen zu und durch. Das Lakritze-Eis auf dem Weg dorthin hat geholfen das alles zu schlucken und vielleicht wird der Sattel auch bald geklaut und ich kriege noch eine Chance.

In der Post ein KSD-Jahreskalender in deren Zeitschrift. Für Claudia denke ich gleich. Sie hatte immer den hässlichen vom Schädelspalter in Hamburg an der Küchenwand. Das hat mich immer gefreut. Da hat sie die ganzen Konzerttermine eingetragen und wer zu Besuch kommt. Das lässt sich noch steigern optisch und die neue Wohnung ist auch kleiner, außerdem ist es lustig.

Der Beamtenmusiker bricht die Reha ab. Das ist so Ballermann und die sind alle gesellig und er außen vor. Dem netten schwulen Therapeuten und mir gelingt es nicht, ihn umzustimmen.

Herr Grobi ruft an und hatte eine Zyste im Kiefer. Ich sage, er wird zahlen müssen. Wir können 100,- € Gerichtskosten sparen durch das Anerkenntnis. Er will es sich überlegen und wir telefonieren noch.

Herr Balzac kommt, der Mann aus Ghana, heute leger in Trainingshose. Schöne Scheiße mit meiner Steuererklärung für ihn. Der neue Pass war auch so teuer. Er hat vielleicht wieder einen Nebenjob in der Pflege. Den soll er bloß ohne Steuerkarte machen und pauschal versteuern lassen. Wir geben nicht auf und ich mache die Steuererklärung für 2014 (bzw. Stephan) und da wird er was wieder bekommen und so arbeiten wir uns langsam wieder ins Plus. Es muss ja weiter gehen.

Die Hilfeplanung sage ich ab, weil ich schnalle, dass es um meine Ausnahme für die Übergangsregelung zwischen Heim und Draußen geht und habe mich genug mit denen angelegt und für anderer Leute Bezahlung gekämpft. Wenn sie sehen wollen wie krank mein Betreuter ist, sollen sie das alleine hinfahren. Ich bin bereits im Bilde. Wenn sie was mit mir klären wollen, wissen sie ja wo sie mich finden können und von der Region Hannover lasse ich mich nicht zu einem Termin laden. Es folgen erklärende Telefonate, aber das schafft mir viel Freiraum zum Arbeiten. Einer Spielsüchtigen, die ihrer Tochter geliehenes Geld nicht zurück zahlt Geld leihen. Das geht wohl nicht blöder, aber ich hatte es leichtfertig angeboten und mache keinen Rückzieher, wie bei dem teuren Sattel. Sie hat ein Vorstellungsgespräch in Tiefenbrunn und für mich hängt es mit Vertrauen zusammen und ist ein Experiment. Ich bekomme eine Schweigepflichtsentbindung für die Ärztin und ab nächsten Monat soll ich ihr Geld mit einteilen, wenn es gar nicht klappt habe ich 25,- € verloren. Sei’s drum. Bevor wir fahren ziehe ich meinem Sattel, der wirklich edel ist und man rutscht so gut darauf eine Plastiktüte über. Ich muss ihn lieben, so wie ich mich auf einmal reinhänge. Die Logik ist halt verkehrt, weil ich mir aus so was nichts mache und schon gar nicht einen Gebrauchsgegenstand, ob Klamotte, Möbel oder sonst was in neu benötige. Ich wusste keinen Ausweg, weil mein Mann gut anfassen kann, aber technisch/handwerklich, Nagel in die Wand schlagen ist nicht so seine Sache. Statt zu sagen, Schatz, bestell einen im Internet und ich mach Dir den ran, sagt er: Sattel anschrauben, das ist nicht ohne und heikel und ich denke, scheiße, ich bin auf Profi-Hilfe angewiesen und anders als teuer bekomme ich das nicht hin.

Zug nach Hamburg, nutze ich Zeit für Tagebuch und rege mich schon im Zug über die Leute auf, die viel glotzen und Entschuldigung sagen, aber vorwurfsvoll, wenn ihr Koffer klemmt. Ich steigere mich gerne in so was rein und bin total geladen. Wir fahren nach Altona und gehen durch den langen Zug. Mit so was kennt sich mein Mann aus. Ein kleiner türkischer Mann ist Zugführer. Überhaupt fällt mir diesmal was Positives an Hamburg auf. Sie haben viele Türken, bestimmt noch mehr als in Hannover, aber wir haben zum Glück auch welche abbekommen. Dann 2 Stationen mit dem Bus. Wir kommen bei Claudia an und es gibt viel und lecker zu essen (das Pastinaken-Sellerie-Gemüse ist superlecker) und für mich einen Tee. Claudia ist eine Gastgeberin der Extraklasse. Meine USA-Karte auf der drei Frauen vorne „Sex, sex, definitely sex“ sagen und innen heißt es: „What would you rather do without: sex or cake“ kommt nur mittelmäßig an. Ich erfahre, dass die Hooligan-Demo in Hannover genehmigt wurde, auch deswegen müssen wir zurück wird gewitzelt. Elena wünscht sich keinen Teddy, sondern eine gestrickte Babydecke, aus Baumwolle. Ich versuche mir alles vorgeben zu lassen. Material, Farben, Größe. Ostern zusammen nach London. So ist der Plan. Molotov, Innenhof mit bunter Beleuchtung. Den Molotov-Button als Pfandmarke werde ich nicht los, weil ich kein Glas damit zusammen wiedergegeben habe. Eine bleibt übrig und wir nehmen ihn ausversehen zurück nach Hannover. Die Band ist poppig, aber taugt. Die Musiker sehen super aus, einer asiatisch, einer mit einem Pornoschnauzer, wie gecasted aber die Sängerin ist die Hauptattraktion und sie singt in einem sehr süßen Englisch. Es ist voll, aber ich lasse mich nicht wegdrängen und reiche kein Bier durch für Studenten. Die haben selber lange Arme. Die Sängerin ist echt megasüß mit ihren Grübchen und sieht aus wie eine Mischung aus Steffi (unserer Freundin) und Blondi (der Sängerin). Claudi meint auch, sie sehe aus wie Steffi in jung. Sie macht auf 80er und hat einen Neon-BH an und ein weit an den Seiten ausgeschnittenes T-shirt. An Steffi erinnern mich die schmalen Händen und filigranen Finger, lackierte Nägel und sie nutzt sie um damit zu gestikulieren oder mit den Fingern zu posen. Sehr wirkungsvoll jedenfalls. Claudia ist es zu Mainstream und alles klinge gleich. Ich war schon immer für Mainstream bei Musik, muss an Mattafix denken, deren Name mir nicht einfällt und die wie auch mal in Hamburg gesehen haben, im Knust wie ich erfahre, außerdem ist es schwerer als man denkt Popmusik zu machen. Mein Kollege probiert das. Ich weiß Bescheid. Ich finde das junge Publikum wieder spießig, aber die Band war zu meiner Zufriedenheit. Sie haben 2008 schon mal hier gespielt, verrät uns die Sängerin. Sie sieht so jung aus, wie geht das? War sie letztes Mal minderjährig?

Ich will noch in eine Bar und was trinken. Wenn man was in Hamburg gut kann, dann das. selbst das Wasser im Molotov kommt in stylischen Glasflaschen daher. Wir landen im Landgang. Daneben ist voll was los und alle Gäste stehen vor der Tür. Die aufgeblasenen Ballonzahlen drehen sich im Schaufenster und ich sage mehrfach: da feiert einer seinen 52zigsten Geburtstag und freue mich über meinen Witz. Es gibt einen Moscow Mule (schön krass Ingwer, die leckere Brause in den kleinen Flaschen) und einen Dark and Stormy (mit ganz viel Rum) und dann angeregte Gespräche mit dem Barmann und Inhaber. Man soll immer vorsichtig sein, was einem die Fremden ins Getränk rühren! Nachdem ich schon festgestellt habe, jeden Abend die selber Lieder runter dudeln und so tun als hätte man Spaß, da würde ich lieber Leichen waschen stelle ich das hier auch fest. Arbeiten im Nachtleben, dann doch lieber Steinbruch. Das wäre so gar nichts für mich. Ich komme wohl nicht von hier. Nein, aus Hannover. Dann hätten wir das auch geklärt. Ein weiblicher Gast will mein Hütchen erklärt bekommen, da kann der Barmann mit seiner Brille aus dem Yps-Heft nicht anstinken dagegen. Ein Monatsprogramm, ich kann die HipHop Schrift nicht entziffern und lese „Krankenhaus St. Pauli“ und denke, das ist abgekürzt. Der Barmann fragt, ob er mir mit dem Flyer helfen kann. Sie haben noch einen zweiten Laden. Kraken heißt der und Morgen gibt es Punkrock. Da kennen wir uns mit aus, wir kommen ja aus Hannover. Wie finanziert ihr eigentlich den DJ will ich wissen, weil es nur ca. 7 Gäste sind. Sie sollten eine Zwangsabgabe für die Musik machen schlage ich vor. Da hätten alle Verständnis für und in Wien machen sie das auch für den Drehorgelspieler. Sonst wäre mehr los, am Wochenende, Morgen ist eine krasse Party. Nein, das sei schon gut, dass wir heute da wären das wäre mir lieber. Er kann es sich nicht merken, wo wir her kommen und fragt erneut und will dann wissen, ob wir es da gut finden. Ja, sonst würden wir da nicht wohnen. Wir kommen schon ziemlich viel rum und wenn es scheiße wäre, würden wir woanders hinziehen. Gut, so Profi-Bars mit leckeren Drinks und rauchen und DJ gibt es nicht so, aber selbst die eine, die es gibt wird von uns nicht frequentiert. Claudia hat an diesem Abend ein anderes Thema, was mir erst verborgen bleibt, aber ich hatte ihr schon gesagt, dass der DJ mit den phantasielosen Bildern auf den Armen ausschaut wie ihr Ex und die Richtung stimmte schon mal. Taxi und schlafen. Bett ist hart, einmal muss ich pinkeln und der Boden quietscht und ich muss an Claudia vorbei, die auf der Erde liegt. Bloß nicht über das Kabel stolpern.

14.11. Dann Musik, das muss der Wecker sein. Claudia liegt mit verrutschtem Augenmakeup auf der Matratze als hätte sie in ihren Klamotten geschlafen. Sie sieht süß aus und tut mir leid. Ich erzähle ihr von meinem Traum, der Club brennt und Stephan geht betrunken noch mal rein und will irgendwas von ganz oben. Erst Rauch, die Türen brennen rot durch und alle filmen mit ihrem Handy (der Traum scheint mit dem gestrigen Abend unmittelbar zusammen zu hängen). Es glüht und scheint durch an den Rändern und oben an der Decke. Gleich werden die Wände einstürzen. Ich bin an der Stelle wo alle rausrennen und denke, ob Stephan noch kommen wird, ob er es schafft. Ich bin erschüttert über meine Haltung im Traum, dass ich nicht reinrenne und ihn suche. Ich erzähle Claudia von dem Traum und denke, weiterschlafen alles andere macht keinen Sinn, Stephan schläft auch noch und es gelingt und ich wache glücklich und zufrieden auf und es ist 9:20 Uhr. Toll!! An der Wand hängt Everlast unplugged oder so. Verkehrte Welt. Das ist doch mein Held und nicht Claudias. Ist doch nicht Poison Ivy oder so.

Will man gut gelaunte Hamburger treffen muss man zu Edeka. Ich kaufe Butterkekse mit Salzbutter, 2 Türen Chips und Kindershampoo, also lauter nützliche Dinge, die man unbedingt morgens in Hamburg einkaufen musste. Dann Kleidermarkt, gut sortiert, vorbei an der Internetbank meiner schwierigen Betreuten. Die Netbank. Hier sitzen sie also. Kann verstehen, dass Steffi den Laden – Kleidermarkt- liebt. Kaufe einen japanischem Übergangsmantel. Sehr edel, das merkt man schon beim Anfassen. Leider kennt sie die Personen, die die Preise hier macht auch gut aus, was Schnäppchen verhindert. Wie er hergekommen ist? Das wird man sich auch nach meinem Tod fragen, wie die ganzen Klamotten nach Hannover gekommen sind. Kaufe außerdem ein kariertes kurzes Wollsakko aus England. Dann Portugiesen. Leider leckerer als meiner in Hannover. Das muss ich zugestehen, will trotzdem nicht tauschen. Stephan entdeckt ein cooles Motiv in der Nähe der Roten Flor. Wir wandern durch die Stadt und genießen den freien Tag.

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Dann Beckmann-Ausstellung und die ständige Sammlung im Keller. Hängt alles wahllos nebeneinander. Das Ambiente macht doch viel aus (siehe KHM). Uns gefällt am besten ein Otto Dix Bild. Die Nachbarn haben vielleicht ihren Munch oder Klimt, aber wir lieben Otto Dix.

Pensionierte Lateinlehrer im Bucerius Kunstforum, das nervt. Da war ich noch nie. Ausstellung: Wandmosaike im Rahmen. Die Stimmung geht dabei flöten. Rathaus, war ich hier schon mal? Alster, lauter Schnösels unterwegs. Das Messer geht mir in der Tasche auf. Schönes Schaufenster, schlimme Mode bei Dolce und Gabbana. Den Weihnachtsmarkt bauen sie hier wesentlich früher auf. Dann Glückwunsch Hamburg. Aber die Baustelle an der Alster gefällt mir dann wieder.

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Waren lange nicht mehr im Marinehof. Nett ist es hier und man sitzt schön und das Essen ist total lecker. Hühner-Zitronen-Suppe mit Einlage, Eierstich und Reis, eine riesige Portion, Walnusstarte mit einer leichten Salznote. Nette Kollegen, gerade die neuen Frauen im Service. Die Claudia mit blauen Augen mit einer dunklen Umrandung.

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Franzbrötchen für zuhause, leichte Zugverspätung. Das können wir öfter machen, gerade so Donnerstag auf Freitag und den Freitag schwänzen (80% halt) und dann schön das Wochenende trotzdem noch haben. Danke Claudia für die Konzerteinladung und das ganze leckere Drumherum und für Deine Freundschaft und dass Du so viel bei mir durchgehen lässt. Wir sind so verschieden, aber es taugt dann doch.

Die armen Neandertaler hatten viel zu wenig leckeres Essen und gar keine Franzbrötchen.

Nachts tobt die Party von oben. Erst schlaf ich, aber als ich nachts wach werde ist es vorbei. Muss ins Gästezimmer ziehen. Stephan hat Ohrstöpsel drin. Es ist keine Musik und kein Tanzen, sondern eine Herde, die oben Rundlauf spielt und in unregelmäßigen Abständen fällt ein Schrank auf den Boden und das Haus bebt. Man muss standhaft bleiben und darf hier nicht rumspießen. Das sehe ich ein. Schreibe dem Stiefvater trotzdem am nächsten Morgen was sie in aller Welt gemacht hätten, weil da wäre ich neugierig und ob sie nicht ruhig in der Ecke sitzen und Drogen nehmen könnten wie andere junge Menschen. Er war mit der Mutter selber nach Hamburg geflüchtet.

15.11. Auf zur Demo. Das hat Vorrang vor den Kalendern. Wir müssen Hannover verteidigen oder halt Spaß haben. Die blöde Pelztussi, die mir einen Lederrock genäht hat und einfach von meinem Auftrag abgewichen ist und statt ein rosa Futter habe ich Baumwollstoff mit 70er Jahre Apfelmuster, der an jeder Strumpfhose hängen bleibt! So viel zu Auftragsarbeiten, die nicht von Andrea kommen, da ist kein Verlass drauf. Sie belästigt mich mit ihren Werbemails und heute, statt zur Gegendemo aufzurufen, soll man bei ihr Pelze kaufen kommen. Sie beruhigt ihre Leder- und Pelzkunden, dass die Polizei ihr gesagt habe, dass man sicher bei ihr Pelze shoppen kann und man ruhig vorbei schauen soll. Wohl kaum, blöde Kuh. Das schreibe ich ihr auch noch mal und, dass sie mich gefälligst aus dem Verteiler nehmen soll und ich nie wieder was bei ihr kaufen werde. Da bin ich ja nachtragend. Zu früh am Steintor, dumm rumstehen, aber die Musik ist gut. Gegenüber bei den Älteren werden Gewerkschaftsansprachen gehalten. Dann doch lieber die Zeit nutzen, Wollladen, Wolle für die Babydecke. Dämliches Gespräch. Die Strickkundin: Punker sind dumm, kennt sie von damals, als ihre Kinder auf die Tellkampfschule kamen und außerdem wohnt sie in der Nordstadt. Die pinkeln überall gegen und machen Sachbeschädigungen, aber nicht gegen Menschen. Früher haben die Hippies gestrickt und nicht so was! Im dritten Laden kaufe ich endlich, dann bürgerliche Stärkung vor der Demo. Ich liebe die holländische Kakaostube. Katja ohne Detlef. Zwei Mädchen haben diese Metallicheliumballons. Der eine ist mit Hello Kitty gegen Holgesa. Hekigehogesa. Der andere ist ein Unicorn mit Edding steht darauf „Einhorn frisst Nazis“. Das finde ich sehr lustig. Die Stimmung ist gut. Wir laufen durch die Innenstadt und dann zum Pavillon durch kleine Straßen, die ich noch nie lang gelaufen bin. Die Tochter einer Freundin war bis 7 Uhr bei uns. Die Mutter spricht uns an, dass wohl Party bei uns im Haus war. Als ich nach Hause kommen treffe ich den jungen Mann von oben, der Gastgeber war. Ob er mal gleich runter kommen soll, unsere Terrasse sauber machen. Ist da was? Uns ist noch nichts aufgefallen. Ist was passiert? Schlimm, frage ich. Das wird bejaht. Ich errate es: Kotze? Es ist ihm peinlich und er kommt mit einem Eimer mit Seifenwasser und wir versuchen Smalltalk. Leipzig zum Studieren. Er bedankt sich für unsere Toleranz. Ist eher meine, Stephan findet das dann alles immer nicht so lustig. Halb so schlimm tröste ich ihn. Das passiert ja nicht jede Woche, nicht einmal so oft im Leben. Fange mit Strickprojekt an. Zigmal wieder aufmachen. Das fängt ja gut an.

16.11. Alptraum mit Susann, die nicht mehr mit mir redet und ich weiß nicht wieso. Sind das die alten Kamellen weil ich mich bei einer krebskranken Freundin zu aufdringlich verhalten haben soll? Eine gemeinsame Freundin aus Hannover, mit der versteht sie sich noch blendend. Was habe ich verbrochen? Sie soll es mir sagen, ich habe ihr sogar noch einen Kalender gemacht, aber eben nur einen kleinen, weil wir uns kaum gesehen haben im letzten Jahr. Der Grund, warum ich in Ungnade gefallen bin: ich habe bei einem Sommerfest nicht mitgeholfen. Stellt sich heraus, ich wusste nichts davon, sie hatte mir nicht Bescheid gesagt. „Dieser Film“ schreibe ich schon, beschäftigt mich den ganzen Tag auf einer emotionalen Ebene. Schiffe, Lkws fahren gegen ein Gebäude im Hinterhof als Verschrottung.

Kein Flohmarkt in Gehrden, basteln, packen. Kalender für meine Schwester und Schwiegereltern wird fertig und ich spiele mit den Motiven für unseren eigenen. Das ist immer die Krönung.

November

01.11. Telefonat mit Wien und wir reden immer gleichzeitig. Hatte Sunla ja gewarnt, dass ich das nicht so gut kann. Ist mir peinlich, aber nach dem Mittagschlaf lasse ich Stephan alleine zu Günter fahren, der für uns gekocht hat und hüte das Sofa. Kopfschmerzen, wenn auch nur leicht, sind immer ein schlechtes Zeichen bei mir. Daneben viel Gebastele. Es gibt doch einen Bürokalender, aber nur klein und ohne Fotos. Viele Hundeanspielungen, halt das was aus meiner Sicht so ansteht im Büro. Stephan kommt wieder und hat Essen dabei. Das esse ich erst am nächsten Tag, aber es ist echt lecker. Günter sollte ein Restaurant aufmachen. Viele Gewürze und mit indischem Einschlag. So wird Günter eines Tages für mich kochen, wenn ich gezwungenermaßen mit ihm zusammen komme, in der Trauer werden wir zueinander finden. Ich grusel mich mit diesen Geschichten und Stephan steigert mich noch rein.

02.11. Telefonat mit Hamburg. Wir kommen zum Konzert. Jetzt wo ich festgestellt habe, dass ich Alt-J vielleicht nicht mag und wir da Konzertkarten haben und nach Köln fahren und das nur, weil ich blind auf den Freund vertraut habe, dessen Mix-CDs mich fast jedes Wochenende glücklich machen. Ich dachte, wir liegen musikmäßig auf einer Linie und will jetzt mal was Tanzbares (von dem was er mir immer aufnimmt!). Claudia kommt mit und wir sehen uns. Das ist schön. Die Yogakarte von vor vielen Jahren muss auch mal abgearbeitet werden. Mal schauen, was so geht in der Hafenstadt. Sie fragt mich nach dem Fährhaus, einem kleinen Laden für Konzerte in H. und ich sage, ich kenne nur das Fairkaufhaus. Bin ich schon so draußen? Stellt sich heraus, dass sich nur das Ferrys umbenannt hat und die Steuerfachangestellte dort ihre Depeche Mode Partys absolviert. Doch nichts Neues.

Kalenderbasteln und dann Kino. Zu dem Geburtstag gehe ich nicht. Ich weiß nicht, was ich da soll. Die neue, schonungslose Ehrlichkeit. Keine höflichen Pflichttermine mehr, bringt nichts. Sie versteht sich nicht mit der anderen Frau im Haus. Beides Szenegrößen der Stadt. Ich bin froh, dass ich mit der Freundin der Einladenden befreundet bin nach vielen Jahren jetzt wirklich und wir zusammen nähen. Das ist schließlich die Frau, in die ich mich verknallt habe als wir nach Hannover kamen (Wohnungsbesichtigung für die erste Wohnung) und ich habe mittlerweile ein gemeinsames Kind mit ihr (vierbeinig). Es hat meine blauen Augen und ihre gute Figur. Im Koki gibt es Nachmittagskino. Das Große Museum. Nur für Freaks. Stephan zeigt seine Jahreskarte und fragt nach einer Ermäßigung (der alte Angeber). Herrliche Szene, die langen Arbeitswege im Backstage, wo die römischen Münzen in Einbauschränken sortiert liegen und der Mann mit dem Tretroller zum Kopierer fahren muss und wir folgen ihm auf seiner Schulter sitzend. Die Männer, die die Bilder hängen mit Vokuhila. Sie hören mehr auf die Dicke als die Dünne, die Etepetete daher kommt und Chefin der Gemäldegalerie ist. Echt was für Randgruppen der Film, der mit wenig Text auskommt, die entweder selber im Museum arbeiten oder eben dieses sehr lieben. Der Chef der Finanzen nervt auch, der beklagt, dass die nicht den ganzen Haushalt des Landes bekommen und sich den Etat auch noch mit Krankenhäusern teilen müssen (eine Zumutung) und im Wettbewerb stehen sie mit anderen Häusern. Aber bei dem Wettbewerbsvorteil den sie durch ihre Sammlung haben (ich sage nur Breugelraum, Archimboldo, Velasquez, Lucas Cranach d.Ä., Hieronymus Bosch, Dürer massenhaft, bestücken alle Ausstellungen die anderswo laufen mit ihrer ständigen Sammlung). Heul doch, denke ich mir da. Der scheidende Mitarbeiter, der den Vögeln Käse und Wallnüsse auf die Fensterbank legt, gefällt mir. Die Ösis nennen sich mit Titel, aber duzen sich dabei. Ja, halt die Wiener-Stimmung, voll. Die basteln da den ganzen Tag vor sich hin an alten Schiffsmodellen, die Spieluhren enthalten (Spielzeug für Erwachsene der Extraklasse und schwitzen dabei) oder machen Zahnreinigung bei ausgestopften Eisbären, die auf einen Umhang genäht sind. Ich könnte mir ewig die Bilder anschauen. Die Vitrinenreinigung alleine, die Dicke, die von außen kontrolliert und dann zeigt, wo man noch muss, der Schwule, der ewig die Vitrine einrichtet, indem er die Pokale und anderen Dinge Millimeterweise rückt und dreht bis alles stimmig ist. Ich könnte stundenlang zuschauen. Erst denke ich, dass ich doch das falsche Leben führe, aber es wäre mir auf Dauer doch zu langweilig, weil das Basteln zu unkreativ erfolgt. Doch nicht Sushi, sondern ins Roma. Reiche Asis á la Ernst August, die sich unter einander alle kennen. Woher kommen diese Menschen. Es muss ein Stadtteil in Hannover sein, Wedemark glaube ich nicht. Die gehen ja ins 11 A und sind dann doch nicht so schlimm. Einer ist wohl pädophil und hat einen jungen Mann am Tisch, der sein Enkel sein könnte und er will nicht, dass Lino andere Gäste an seinen vierer Tisch setzt. Die Frau gegenüber hat eine versteinerte Miene, zu viel Botox. Ihr Mann muss zur Darmspiegelung erzählt sie Lino beim Gehen. Einer mit doppelreihigem Sakko und Goldknöpfen will wissen, ob seine Ole schon da ist. Sie sitzen im Separee und essen Fisch. Wie der Pinkelprinz sieht er aus und stopft sich die Servietten in den Sakkoausschnitt. Bei einem anderen hat die Freundin mit den Extensions übertrieben und er trägt Pastelltöne und hat eine Jeans hochzuzogen, so dass sie im Schritt schön kneift. Sie lassen einpacken. Neben uns sitzt ein Dicker, den ich aus Linden-Mitte kenne, als Besucher. Ich dachte, der macht in Modeboutiquen. Hat erwachsene Töchter. Heute ist er mit der kleinen Frau Essen. Beide spielen auf ihren Handys wie Teenager und es geht um Pflanzen und was passt und was 15 Meter hoch wird und, dass sie nach Hamburg fahren müssen. Sein Kaninchenstück ist ihm zu klein und Lino verspricht Nachschub, der nicht kommt. Verhungert sei das Tier, beschwert er sich mehrfach, Nachtisch lehnt er beleidigt ab, weil es doch bei dem kleinen Stück geblieben ist. Dann geht er lieber einen Joint rauchen, das würde auch satt machen. Hallo, küssen sich, winken und geben sich die Hand, wenn sie die Tische passieren oder rein kommen. Ekelhaft, ich weiß warum ich so lange nicht mehr da war. Das Publikum ist nicht zu ertragen, aber die Scampis haben mir gefehlt. Für Nachtisch haben wir keine Geduld. Lino fragt. Ob unser Freund mit der Glatze eine neue Freundin hat (der weiß auch jeden Tratsch). Zuhause Picassobericht. Stephan sagt, er hatte auch viele Frauen und die leben auch mit ihm unter einem Dach. Wie süß. 1000 Keramiken in einem Jahr. Ich mag den Output von diesem Mann und kann das mehr verstehen als ständige Schaffenskrisen. Dann sollte man es doch lassen. Ich will auch nicht im Sprint gut werden. Es macht keinen Sinn. Dieser Mann war schon ein Jahrhundertgenie. Wie es die Stile alle beherrscht hat und seine Bilder, die er als Jugendlicher schon gemalt hat, die aussahen wie alte Meister und sein totsicherer Strich. Das ist einfach toll und einzigartig und schlau war er auch.

03.11. Beim EDC. Die Gespräche im Nachbarraum. Ich höre was von Wunde. „Sie merken, wo ich den Finger reinmache da hinten?“….“Ihr Stuhl muss sich da durcharbeiten. Bei manchen Frauen sind die Därme so. Da können Sie nichts dafür. Das sitzt dann da drin und dann fangen Sie an zu pressen und damit machen Sie sich den Beckenboden kaputt“. Irgendwie kommt mir das bekannt vor und ich höre sie: „Ja, aber das stört, wenn ich auf die Bühne muss“. Dann kommt der Doktor zu mir. Meine Werte sind gut, die Flohsamen soll ich nehmen bis der Stuhl die gewünschte Konsistenz hat und die Darmspiegelung gibt es erst mit 50, alles klar. Nehme Stift mit. Und dafür war ich aufgeregt? Gerichtspost. Frau Reimann könnte ich auch mal einen Kalender machen. Mein 18-Jähriger hat verschlafen und kommt nicht. Wir wollten den Kontoeröffnungsantrag ausfüllen. Kaffee mit dem Kollegen, den ich diese und nächste Woche kaum sehen werde. Der Bandname steht (sie musste sich entscheiden, weil die Konzertankündigung oder das Plakat raus musste). Viele Dinge. Gerade ist Bewährung abgelaufen und Verfahrenskosten wurden niedergeschlagen, steht Termin beim Gerichtsvollzieher am Mittwoch an. Er hat zufällig heute seine eine Stunde Sprechzeit und ständig ist besetzt. Ich schicke Fax und erreiche ihn dann 3 Minuten nach der Zeit. Er weiß schon, wer dran ist und begrüßt mich mit Namen. Legt er den Hörer daneben bis die Stunde rum ist, will ich wissen. Es geht um irgendwelche Gerichts- oder Strafsachen. Hebt dem Termin übermorgen erst mal auf und schickt mir die Sachen. Ausgerechnet heute, wo ich die Post kriege, dass die letzte Sache erledigt ist. Meine Arbeit darf auch nicht zu Ende gehen. Mein Neuer kommt nicht, nur Mutter mit Haftantritt. Stephan bringt mir Knäckebrot. Das hatte ich mir fürs Büro gewünscht. Immer schön Käse und Butter und Honig.

Nachmittags kommt nur die Mutter, aber nicht der neue Betreuter, der multiplen Substanzmissbrauch betreibt. Sie bringt Ladung zum Haftantritt mit. Wir besprechen, was jeweils zu tun ist. Auf Dauer komme ich damit nicht aus, wenn sie immer alleine kommt. Ich muss schon ihren Sohn sehen. Hammerfoto erfreut den Nachmittag.

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Sport war super. Junge, sympathische Teilnehmerin. Irgendwie habe ich meine große Haarnadel verbaselt. Abends ist die Kürbissuppe so scharf (dank eingelegter Gemüsen aus Oberfranken), dass ich sie kaum essen kann und dabei waren die Zutaten so lecker und man schmeckt nichts mehr. Stephan sagt, dass er es mag, seinen Unfall. Die Laune ist entsprechend. Käsebrot und Peanutfudge. Wir schauen The Descendants. Ich mag den Film, nicht nur, weil George Clooney der Betrogene ist. Ich finde ihn einer der wenigen guten Filme mit dem Mann und seine Filmtöchter sind großartig. Die Junge, die sich Strandmöpse aus Sand in den Bikinioberteil rein macht. Der Freund der älteren, der Gitarre spielen und kochen kann und immer Gras am Start hat. „Deine Mutter muss unheimlich stolz auf Dich sein“ kommentiert das Georg. Wie Georg der betrogenen Frau, die nichts davon weiß auf den Mund küsst beim Gehen, wie er dicht hält auch als sein Schwiegervater ihn provoziert, was für eine treusorgende Ehefrau seine Tochter gewesen sei und, dass sie was Besseres verdient hätte. Irgendwie ist Herrn Clooney auch überzeugend ein Abkömmling eines hawaiianischen Königs. Zum Schluss er mit seinen Töchter mit Eis vor dem Fernseher. Herrlich. Ich mag den Film. Zwei Mal Wien zu Jahresbeginn ist beschlossene Sache. Schreibe dem Typen, der die Wohnung direkt am Yppenplatz hat von Stephans Account. Freue mich auf sinnlose Tage in Wien, KHM und schlemmen und dann auf Fasching und Geburtstag beim nächsten Mal.

04.11. Mein USA Paket ist angekommen in der Nacht. Yuhu!!! Im Zug meldet sich der Drogenberater, dass er meinen neuen Betreuten im Mecki-Laden gefunden hat. Er soll die Fiktionsbescheinigung einkassieren, damit ich das dann machen kann, wenn er es nicht hinbekommt. Lehrte ist scheiße und wenn man es den Leute dort sagt, sind sie beleidigt, aber wer will hier schon wohnen an der Peripherie von Hannover? Handgemachte Teddies aus Mohair, der eine hat richtig Zähne.

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Mich hat so ein Bär durchs Leben begleitet. Zotti wurde in San Jose entführt und meine Mutter musste Lösegeld zahlen um ihn wieder zu bekommen (ich hatte ihn auf seiner Schaukel liegen lassen). Dann wurde er auch operiert und seine Flicken an Händen und Füßen wurden erneuert und seine Nase nachgenäht. Stehen junge Mütter auf so was oder ist es zu altmodisch. Das müsste ich schon wissen bevor ich 99,- € ausgebe. Viele Fotos abgeholt. Echt schöne Bilder dabei. Manche kommen gleich in die Post und zwar 2 x nach Berlin.

Nachmittags arbeiten, Heizung ist kaputt. Sozialarbeiter, die ich anrufe, kommen auf Datenschutz und ich soll ihnen eine Visitenkarte zu faxen, damit sie wissen, dass ich auch diejenige bin. Was ist das für ein Schwachsinn?

Die Borderline Frau ruft an, dass sie bei der Telekom sei, weil ich wollte, dass sie sich beraten lässt um die Telefonkosten zu senken. Nein, das wollte ich nicht. Vor Jahren hatte sie Rechnungen über 150,- €, weil sie kostenpflichtige Spiele gespielt hat und das sollte sie bleiben lassen. Zur Beratung geschickt habe ich sie garantiert nicht. Kann es sein, dass sie aus eigenem Antrieb bei der Telekom sitzt? Ich hasse es, wenn Dinge verdreht werden und damit bin ich sehr zuverlässig indem ich Details weiß, was ich und andere gesagt haben. Da lasse ich mich auch von einer Borderlinerin nicht verarschen. Sie soll nichts unterschreiben, sondern das Angebot mitnehmen und prüfen lassen. Die behaupten, es wird billiger und drehen einem irgendeinen Vertrag an und am Ende ist es doppelt so teuer. Ob sie das nicht kennt?

Meine Mutter hat Mäuse in der Küche (Fallen sind schon gestellt, aber Lebendfallen). Während ich panische Angst vor Spinnen habe und meine Mutter sie auf ihren Armen herum laufen lässt und mich damit durch die Wohnung jagt, mag ich Mäuse und schlage ihr vor, sie mit Käse einzufangen und als Haustiere zu halten. Sie schreibt mir, dass eine Jugendfreundin von mir gerade nach Manchester zieht. Die Stadt lieben wir und sie liegt nahe an Liverpool, wo meine Cousine lebt. Das könnte also mal was werden.

Mein Betreuter, der immer anruft mit iranischer Vorwahl und angeblich in Stuttgart ist (Stephan verarscht das immer), kommt vorbei, nach einem vergeblichen Anlauf gestern. Ich soll mich um die Einbürgerung kümmern. Er will mir Pistazien aus Teheran schenken. Ich lehne ab, aber freundlich und sage, die kann er selber besser verwenden.

Meine Haarnadel (und sie ist riesig und aus einem Naturstoff wie Horn und unersetzlich) wurde beim Putzen hinter der Bank gefunden. Yuhu!! Heute ist mein Glückstag. Erst kommt das Paket an und dann das.

05.11. Ewig träume ich, weil Stephan und ich uns einen Hundewelpen aussuchen und jeder sieht extrem anders aus von diesen Mischlingen, der eine Weiße hat mehr Pudel und verliert dadurch weniger Haare, der gestromte kam gleich auf mich zu. Ich sehe jeden Hund ganz detailliert. Wir kriegen 5 mit zur Probe und Stephan macht Gehorsamkeitstests mit dem Futter, was mit dann etwas auf die Nerven geht. Die Frau/Verkäuferin meint, dass sie Feininger in tot gesehen hat und ich erkläre ihr, dass sie uns verwechselt, weil sie dafür zu jung ist. Das sei schon 10 Jahre her. Ich bin eigentlich gegen Welpen, weil das ist Überraschungspaket und man weiß nicht, wie die in Ausgewachsen aussehen. Mit dem Mann flirte ich etwas und es geht um Mate-Kaffee, der ganz stark ist und aussieht wie Eiskaffee. Lecker. Daran merke ich, dass es Zeit ist aufzuwachen, wenn ich vom Kaffee träume.

Trudy hat das überwiegend für sie bestimmte Paket weitergegeben und Sedric durfte es erst aufmachen wenn er seine Hausaufgaben fertig hat. Sie ist dann gegangen. Morgens kommt die Meldung von Andrea. Meine Kette mit den Vogelknochen ist angekommen. Sie schickt mir ein Foto von Halloween. Sie und ihre Arbeitskolleginnen haben sich als Minions mit Gru verkleidet und damit den Gruppenwettbewerb gewonnen. Sie würden uns so gerne in besuchen kommen und Alannah redet immer davon, ist aber noch zu jung um alleine zu kommen.

Ganz süße Tipps von unserer kanadischen Gastgeberin aus Lausanne. Freue mich schon auf das teilen der Wohnung und die 2 Katzen, während mein Mann gerne gediegen unsere 20. Hochzeitstag begehen würde. Freue mich auf Crepes und Fondue. Das Restaurant was einen auf Zug macht mit 1. Klasse usw. als Einteilung des Menüs gefällt mir total, auch wenn ich das Bocuse-Zitat leider nicht verstehe.

Ladung zum Haftantritt ist aus der Welt. Geld wurde umgebucht. 10,- € werden ausgebucht. Ist erledigt.

Mein Betreuter, der sich Wochen lang nicht erreichen ließ, ist in der Reha, 5 Wochen. Hat die Rentenversicherung ihm verordnet, dem alten Orchestermusiker im Staatsdienst. Ich muss mich um das Krankengeld kümmern. Die Auszahlscheine liegen noch auf seinem Schreibtisch.

Der Spielsüchtiger werde ich Geld leihen, dass sie zum Vorstellungsgespräch für die stationäre Therapie fahren kann. Sie bringt mir Morgen die 50,- € vorbei, die bis zum Monatsende reichen müssen und ich teile es ihr ein. Langsam fängt sie an, Vertrauen zu gewinnen und ich bin ja eh locker. Sie hat einen Termin mit einem Pflegedienst, aber will sich mit denen im Café treffen und sie erst mal nicht in die Wohnung lassen. Die Erweiterung der Betreuung um den Bereich Gesundheitssorge, weil ich mich eh kümmere und sie ja auch von ihren Nöten mir berichtet, will sie sich überlegen.

Peinlich, aber mein Betreuer muss 175,- € nachzahlen nach Steuererklärungen für 3 Jahre. Das ist die Firma Balzac dran schuld. Gut, da gehe ich auch nicht mehr Kaffee trinken. Das die scheiße bezahlen wusste ich vorher schon.

Meine Mutter meldet Stephan, dass unsere ehemalige Nachbarin die Wohnung in Berlin aufgelöst hat, die sie mit ihrem Mann hatte. Er fliegt aus einer Großkanzlei nach der nächsten, war aber für meinen Paps immer der erfolgreiche Wirtschaftsjurist. Sie zieht jetzt nach Manchester. Die Stadt liebe ich ja, vielleicht besuchen wir sie da mal. Ich sollte mal schreiben.

Ich liebe es, wenn die Bäume gelb sind. Der gelbe Tsunami vor unseren Fenstern. Da könnte ich Tage lang drauf gucken und mich nicht satt sehen, aber auch draußen, wenn man durch die Stadt fährt. Einfach toll-

Ich werde nicht auf den Straßenstrich gehen für Herrn Morrissey stattdessen Yoga. Beim Kundalini war ich das letzte Mal. Das konstante Dummgelabere ist so was von abtörnend und dann dieser Zahlenfetischismus. 52 Vorderbeugen und jeder in seinem eigenen Tempo und dann doch nicht und Eigenliebe ist ein wichtiges Thema unserer Zeit. Nein, Eigenliebe gibt es zu viel. Selbstverliebtheit und Egoismus. Das ist gerade das Problem, dass alle auf sich gucken. Sie wollte ein Set machen für die Bauchspeicheldrüse, aber die Teilnehmerin ist heute nicht da. Die Organe tun ihren Dienst bis sie eines Tages sich bemerkbar machen, weil man ein Gummibärchen zu viel gegessen hat (!?). Intuition und Wahrnehmung, das ist das gleiche, so was stellt die schlaue Lehrerin am laufenden Band fest, bemerkt aber wieder neu nach der Hälfte der Stunde, dass wir eine Schwangere in der Gruppe haben. Die kenne ich schon und ich bin erst das zweite Mal wieder da. Wahrnehmung und Intuition bekommt sie von mir eine sechs und sie nervt mit ihrem Dummgeschwätze ohne Ende. Nachdem sie uns zum Schluss ein englisches Lied mit „inner light, guiding your way“ und dass sie uns wünscht, dass immer die Sonne für uns scheint (und das will ich selber nicht, weil ich Schatten für durchaus wichtig halte, auch im übertragenen Sinn) vorgespielt und übersetzt hat, will ich nur kotzen und wir sollen alle nur ein Wort sagen, ein Gefühl was jetzt präsent ist. Ich hatte mir vorgenommen heute „weiter“ zu sagen. Die Frau vor mir beginnt damit und nach 4 x weiter bricht sie das ab. Ich gehe da nie wieder hin. Lieber schön Pilates ohne Gelaber, da ist viel mehr Yoga drin. Kaya macht es ganz hervorragend und kompensiert mich etwas. Beim Meditieren ist mir eingefallen B a r b a r a C h i c o. Das sind genau 12. Da kann ich jeden Monat mit einem Buchstaben versehen im Kalender. Dann kommt mir die Sterbehilfe Diskussion in den Kopf. Das Recht auf Selbstbestimmung und der Fall der jungen Amerikanerin, der durch die Presse ging. Sie sagte, wenn Du stirbst, läuft ein Film vor Deinen Augen ab, mach, dass er sehenswert ist. Ich sehe das anders und meiner würde dann eher ein Horrorfilm werden, aus dieser Sicht. Ich selber habe eine für mich selber überraschende konservative Einstellung dazu. Ich denke, ich habe kein Recht mein Leben zu beenden. Ich habe es mir nicht selber gegeben und darf es nicht nehmen oder das Ende selber bestimmen. Wenn Schlimmes auf mich wartet, dann ist es eine Prüfung durch die ich durch muss und wer weiß, was im Schlimmen innen verborgen ist, für Träume, Erkenntnisse, Gefühle. Das alles vorher abzubrechen, da nimmt man sich viel Erfahrung und ist feige. So sehe ich das, aber ohne Sendungsbewusstsein, d.h. das können andere gerne anders machen. Ich würde es für mich aber nicht wollen oder in Anspruch nehmen. Es muss nicht immer alles schön und gesund sein.

Zuhause hat mein Mann Kartoffeln gekocht und Salat geputzt. Das ist toll.

06.11. Morgens versuche ich die Ummeldung meines neuen Betreuten, nachdem die Schlange bei der Ausländerstelle zu lang ist und merke, wie man abfährt damit. Der Mann druckt mir Sachen aus dem Internet aus, wenn ein nicht EU-Bürger von außerhalb (war vorher in Stadthagen angemeldet) zuzieht usw. Ich bin genervt und fahre zum Wohnungsamt. Dort wartet schon Herr Ihme mit Begleitung. Wir stehen im Flur und ich erkläre allen Wartenden wie das Procedere sein wird, dass sie als Erstes erklären, dass die Stadt Hannover nur ein Belegrecht für 10 % der Wohnungen hat. Ich frage einen älteren netten Mann von der Security, ob er schon mal Antragsformulare gibt, damit man die Wartezeit nutzen kann. Nein, die gibt es nur in den Zimmern. Ja, oder im Internet, wie ich feststelle und mich ärgere, dass ich schlecht vorbereitet bin. Alle, der Mitarbeiter und die Wartenden stellen fest, dass man das verbessern könnte, „wie beim Finanzamt“, wie der Rentner meint, mit dem ich Fahlstuhl gefahren bin. Im Fahrstuhl fuhr ein technischer Mitarbeiter, der schwer nach einem in die Jahre gekommenen Szenehengst aussah, sehr dünn, große Nase, Tattoos, Ray Ban Brille, schaut mich von der Seite an. So ganz dünne Männer sind ja nicht meins. Der Termin läuft gut, außer dass Herr Ihme am 05.11. schon pleite ist und keine 19,- € hat. Wir reden mit ihm im Treppenhaus. Wo das Geld ist, weiß er nicht. Wieder Handy gekauft. Die Nummer brauche ich mir gar nicht aufschreiben, weil das wird er nächste Woche versetzen, mit einem Verlust. Es ist so berechenbar. Er muss einsehen, dass es so nicht weiter geht. Er hat die Käfer im Kopf und ihm ist alles egal, er habe kein Geld oder zu wenig und seine Schuhe sind kaputt. Es ist ganz schwierig. Ich sage, von einer neuen Wohnung alleine dürfe er sich nicht zu viel versprechen, weil seine Probleme würden doch bleiben und auch mit wenig Geld könne man eine wohnliche Wohnung haben, weil man hat viel Zeit. das sei Veranlagungssache. Dass es bei ihm so aussieht, wie es tut, hängt mit anderen Dingen zusammen und auch wenn ich ihm 1000,- € geben würde, hätte er nächsten Monat diese kaputten Schuhe an. Da wäre ich mir ganz sicher. Wir schlagen ihm eine betreute WG vor. Die Käfer im Kopf. Es könne sein, dass er damit leben muss, dann braucht er Ablenkung, wie jemand der Tinnitus hat. Er denkt immer, wir nehmen ihn nicht ernst, aber das stimmt nicht. Lange setzt er sich dem Gespräch aus. Ich verstehe, dass er so lebt als gebe es kein Morgen, aber das macht meine Arbeit und eine Verbesserung seiner äußeren Situation durch eine neue Wohnung oder so was nicht gerade leichter.

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Dann fahre ich bei meiner Altenheimbewohnerin vorbei und besuche sie. Ihre Augen-OP ist verschoben. Sie hat zwar Demenz ist aber erstaunlich gut im Bilde. Ich sage ihr, dass ich bald Sozialhilfe für sie beantragen muss, weil ihr Geld aufgebraucht ist, dass sie 100 Mark im Monat bekommt (es sind 100,- € Taschengeld) und das Geld nicht aufbraucht (was auch stimmt, sie spart noch davon). Sie habe immer sparsam gelebt. Ich soll die Tochter in Hamburg anrufen, dass die OP ausfällt. Das vergesse ich im Eifer des Gefechts und die kann sich auch mal melden, entschuldige ich meine Panne damit. Meine Mutter nervt mich etwas und will mich einspannen für Dinge, die ich nicht einsehe. Das Heim fragen was mit den Spendengeldern geworden ist, wo sie eine Abrechnung angekündigt haben. Diesen Satz kann meine Mutter selber formulieren, von ihr habe ich doch mein Talent. Meine Schwester soll auch Unterhosen von Uniqlo bekommen, weil wir welche in San Jose gekauft haben und ich soll sie im Internet bestellen, weil sie keine Karte hat. Mein Vater ist doch Meister des Internets und der Kartenbestellungen. Sie ist außerdem misstrauisch, warum Dr. Po erst mit 50 eine Darmspiegelung bei mir machen will und befürchtet Vorurteile und Diskriminierung dahinter, sagt mir das aber nicht direkt, sondern Stephan. Auch das macht mich wütend. Ich hatte ihr schon erklärt, dass ich mich an einen Experten gewandt habe und nun das Ergebnis akzeptiere und nicht schlauer bin als er und ihm sage, was er machen muss. Selber spiegeln geht kaum. Hier muss ich eine Runde ignorieren, sonst eskaliert das. ich kann es nicht ruhig formulieren und das Problem ist, dass ich als Tochter erst mal ja sage und mich dann vermutlich am meistens über mich selber ärgere.

Nachmittags kommen die Frauen zum Geld holen. Die Spielsüchtige hat nur 25,- € dabei und will die auf einmal wieder abholen. Gesundheitssorge soll nicht über das Gericht laufen, aber Schweigepflichtsentbindung würde sie erteilen. Elisabeth Taylor hat Sex im Wald und es ist ein Pole hinter ihr her, der immer anruft. Deswegen will sie die Kontoausdrucke auch nicht mitnehmen, nicht dass die in falsche Hände fallen. Spritze hat sie genommen und auch Pillenrezept eingelöst. Nach 50 Minuten zuhören bin ich erschöpft. Steffi sagt unser Abendprogramm ab. Ich bin entschlossen das Kinoprogramm trotzdem durchzuziehen. Ich lese die ärztlichen Gutachten zu meinem neuen Betreuten, zwar Sucht, aber geschlossenen Unterbringung, weil er keinen freien Willen bilden kann und sich dann umbringt, wenn man nicht handelt, telefoniere mit der Mutter, wie wir die Entgiftung organisiert bekommen. Ich kümmere mich um einen Platz und sie fährt ihn hin. Zuhause bekommt Detlef seine Zahnpasta aus Paris und USA und er und Stephan bereiten sich auf den Jazz-Club vor. Wir essen schnell ein paar Käsebrote. Ich Snäckebrot mit Pretzelsalz. Nein, das ist kein Knäckebrot, es hat Fett drin. Nein, ich gehe nicht mit, vielleicht später bei Feinkostlampe. Ich esse eine Thunfischpizza auf der Limmerstraße und gehe das erste Mal im Leben alleine ins Kino. Philomena mit Judi Densch. Guter Film, schöne irische Landschaften und gut erzählt. Sie spielt die einfache Frau, die so viel Schlechtes widerfahren ist, Teeangergeburt, von der Familie verstoßen, ins Kloster gegeben, dort Zwangsarbeit, ihren Sohn darf sie eine Stunde am Tag oder in der Woche sehen und sie nehmen ihr ihr Kind weg. Sie ist trotzdem nicht verbittert und verzeiht, ist immer nett zum Personal. Sie findet den Sohn nicht, weil der nach Amerika adoptiert worden ist und dort beruflich erfolgreich war als Anwalt unter der Reagan-Busch Administration, aber heimlich schwul war (mit einer Kollegin, die ihn zu offiziellen Anlässen begleitet hat) und an Aids gestorben ist. Beerdigt ist er auf dem Gelände des Klosters und die Nonnen haben bewusst einen Kontakt zwischen Mutter und Sohn, die sich gesucht haben verhindert. Das ist so gemein. Zum Personal bin ich auch nett, aber ich habe doch viel mehr Wut in mir. Anschließend in einem vollen Club, ich mache gleich kehrt auf dem Absatz. Zuhause treffe ich Detlef und Stephan und das Konzert hätte mir allem Anschein nach gefallen. Auch meine Papiersachen hätte ich aus dem Atelier abholen können, aber ich habe mich für Kino entschieden. Morgen will ich ins Siloah, dem Arbeitsplatz unseres Freundes. Eine Betreute wurde an der Lunge operiert.

07.11. Ich träume, dass ich bei Steffi, die männliche Geschlechtsteile hat, Sexualpraktiken absolviere, die ich nicht mal bei Stephan mache. Wir feiern mit ihrem Ex aus der Glocksee und es geht alles etwas exzessiv daher. Erzähle Stephan von dem Traum und habe irgendwie ein schlechtes Gewissen. Ich fahre zu meiner Betreuten, die Lungenkrebs hat. Die Tochter und der Schwiegersohn sind da. Beide waren Junkies, sind aber clean, die Tochter arbeitet und sie haben Kinder. Ich will nicht stören, nur wer so nah bei mir liegt, da wollte ich rum kommen. Nein, ich störe nicht. Der Kaffee sei nur halbvoll und koste 2,- €. Das sei frech. Auch der Fernseher sei in anderen Häusern umsonst. Hier kostet das Medienpaket 3,99 € am Tag. Liebevoll zeigt der Schwiegersohn Mama die Fernseheinstellungen an dem flachen Tablett auf dem Schwenkarm. Das Essen ist für Frau Müller, die schon entlassen wurde. Chaotisch geht es zu auf der Station mit den Lilaabziehbildchen an den Wänden. Keiner weiß Bescheid und die Mitarbeiter schauen nur kurz rein und sind dankbar wenn andere Personen mithelfen. Die Tochter will sich über die Krankheit informieren als Angehörige, dass sie besser beraten kann. Lungenkrebs sei keine Erkältung und Mama hätte nun mal exzessiv geraucht und irgendwann bekommen wir alle die Quittung, sie müssten jetzt auch aufhören damit. Sie macht ihrer Mutter das Essen klein und redet ihr gut zu, dass sie essen müsse. Wir loben sie alle, wie gut sie drauf ist dafür, dass sie gestern operiert wurde und auf der Intensivstation war. Sie liegt auf einem dicken Schlauch, der in einen Koffer voller Technik hineinführen und man sieht das verdünnte Blut hin- und herschwappen. Das sind nicht die Schmerzmittel, die aus einer Kanüle kommen. Was ist das? Blutwäsche?

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Offenbar fließt hier die Wundflüssigkeit ab und nicht mehr in so Beutel mit Unterdruck, wie ich es noch kenne, aber so ein dicker Schlauch, der über den Rücken in den Rumpf geht. Ich mag mir das gar nicht vorstellen, auch wenn er sich vielleicht noch verjüngt bevor er in den Körper geht. Ich mag die Tochter mit den dunklen kurzen Haaren, den strahlend blauen Augen und der Turnerfigur. Sie will ihr nach der Arbeit Obst vorbeibringen und der Yorkshire Terrier ist bei ihr in Pflege. Ich fragte danach. Meine Betreute sagt, Morgen reicht. Die Tochter soll sich nicht so abhetzen. Sie wundern sich allerding alle darüber, warum die 2 mal eine CT gemacht haben und nichts gefunden und jetzt hat sie Lungenkrebs und die schnell wachsende Beule an ihrem Arm muss auch operiert werden und das ist ganz leicht. Ihr Arzt hatte ihr gesagt, eine OP sei aufwendig und sie solle es mit Krankengymnastik versuchen. Das sind Behandlungsverweigerer und nicht mein Dr. Po. Ja, ich soll Gesundheitssorge auch mit machen und eine Erweiterung beim Gericht beantragen. Der Schwiegersohn stellt fest, dass sie mich brauchen, weil wenn sie was beantragen, wird das gleich abgeschmettert. Ich speichere die Nummer in mein Telefon, aber man kann nicht anrufen. Das Stationspersonal kann auch nicht weiterhelfen, ob da was freigeschaltet werden muss. Die drücken einem allen Ernstes die Broschüre in die Hand, als würde ich Mandanten den Palandt, die Gesetzsammlung zum Lesen geben. Ich habe keine Worte für die Krankenhäuser. Ich verabschiede mich und sage, sie soll nicht zu viele Gerichtssendungen schauen, weil gerade eine läuft. Das wäre nicht förderlich bei der Heilung. Alle lachen.

Unten gehe ich durch die Cafeteria und stelle fest, dass die Leute aus weißen dünnen Plastikschalen essen. Schnurstracks mit Stechschritt zu meinem Fahrrad. Es klopft gegen die Glasscheibe. Das ignoriere ich gekonnt. Ein junger Typ läuft mir nach, sein Vater usw. es ist ein Kollege, der seit Monaten im Krankenhaus ist. Ich habe etwas Zeit und setze mich dazu. Blutwäsche war angesagt und da sehe man das personifizierte Leiden und wolle nicht mehr leben. Schreiben will er nicht darüber, das wolle keiner lesen. Er kann malen, wie Helnwein und ich schlage vor, die Blutwäschemaschine, die er eindrucksvoll beschreibt als Motiv zu wählen, statt einer irischen Landschaft. Sein Essen, Hühnerfrikasée soll das wohl sein, sieht erbärmlich aus. Ich will nächste Woche was Besseres vorbei bringen. Ja, das sei wichtig für die Genesung. Er will sich bei mir melden. Jetzt habe er das Gröbste überstanden und ohne Fuß könne man leben. Das habe der Sohn auch gesagt. Er kann nur bedingt darüber lachen und ihm wird es dann nach ca. 1 Std. zu viel und wir verabschieden uns. Die Kontaktdaten des konservativen Sohnemannes will ich nicht notieren. Wo bleibt seine Frau? Das habe ich nicht gefragt und bin auch nur mit ihm befreundet. Es geht um die Hautklinik und verseuchtes Wasser und eine Kita und die Junkies dort und Polizeikontrollen. Dem Sohn erkläre ich, dass sein Vater es eher immer mit den Kindern hat und ich mit den Junkies. Als er um die Polizeikontrollen geht, die mit dem Wagen auf den Spielplatz fahren sage ich, die nehmen denen ihr Substitutionsmittel ab, was sie nicht gleich in der Praxis eingenommen haben und behaupten, dass sie damit Handel treiben wollten. Ja, das stimmt ja auch meistens, weiß der Naseweis von Sohn und wenn es so wäre, ist verfehlte Drogenpolitik und die richtigen Verbrecher können sie nicht erwischen, weil die ihnen überlegen sind und konzentrieren sich dann auf die einfache Beute und verschwenden damit meine Steuergelder bzw. die von anderen und verschaffen mir ein Einkommen, wenn ich dann teuer bestellt werden muss. Früher waren die Eltern konservativ und die Studenten ein bisschen freaky. Das ist jetzt umgekehrt. Mein Kollege interessiert sich für Kunst und Wissenschaft und hat immer verrückte Ideen und Pläne, experimentiert mit Schellack und lässt eine Rede in einen niedersächsischen Dialekt (Nähe Cloppenburg), der einer eigenen Sprache gleich kommt, weil die im Moor leben und abgeschieden sind von einem amerikanischen Wissenschaftler übersetzen. Der Mann hat Bücher darüber geschrieben und das neue Testament, ein Schwarzer, der erst über rätoromanische Sprachen studieren wollte, aber das Fach schon belegt war. Die Rede, mit der er die Familie der Braut seines Neffen etwas aufs Korn nehmen wollte, konnte er nicht mehr halten, weil er im Krankenhaus landete, wo er nun Monate verbringt. Was für ein Zufall, dass ich ihn getroffen habe, aber Zufall gibt es vielleicht nicht. Will ihm meinen Ai Wei Wei Stift aus SF schenken. „Creativity is human and can only be untaught“ steht da drauf.

Ein wirklich langjähriger Betreuter kommt vorbei. Den sehe ich vielleicht zwei Mal im Jahr. Der Sohn hatte Vorhautverengung. Da haben sie alle Probleme mit ihrem Schniedelwutz, er weiß auch nicht. Mit dem Sohn macht er das bestimmt gut, seine Mutter war Erzieherin. Ist jetzt arbeitslos kurz vor der Rente, auch den 1,- € Job hat sie nicht mehr, weil sie nicht gesund und abwechslungsreich genug gekocht hat für die Kita. Die Ansprüche seien heutzutage anders. Der Bruder hat Angst, dass er für die Eltern zahlen muss. Lasse mir die Eckdaten geben. Nein, muss er nicht bei seinem Einkommen und er hat selber 2 Kinder. Da kann er ihn beruhigen. Ich kenne den Betreuten als er noch im Jugendzimmer zuhause gesessen hat und das Haus nicht verlassen hat und süchtig war nach Computerspielen und ein Starwarsposter hing an der Tür, dann Tiefenbrunn, im Auto mit Bruder und Schwägerin zusammen hingefahren und eine Mitpatientin mit der er zusammen gekommen war hat sich nach der Entlassung das Leben genommen und man hatte Angst, dass er sich was antut. Wir haben schon einiges zusammen erlebt. Er merkt jetzt im Alter, dass alle Probleme haben, Schulfreunde haben zwar Job und Familie, kiffen aber zu viel. Da seien seine Probleme noch mittel. Er nimmt angstlösende Mittel über die wir sprechen, Dosierung und Wirkung. Wie lange kennen wir uns schon, will er von mir wissen. Bestimmt 15 Jahre. Wie lang hat er mich noch und wann gehe ich in Rente. Das ist noch nicht so weit, kann ich ihn trösten. Seine Mutter ins Pflegeheim und ich in Rente, da haben wir noch etwas Zeit. Er merkte auch, dass er älter wird, der Rücken tut weh, die Haare werden grau. Betreute altern sehen ist für mich fast wie Kinder haben.

Heute mal Sport. Werde in der Umkleide auf mein Kleid angesprochen. Von meiner Oma. „Flotte Oma“. Hat sie zur Hochzeit meiner Eltern getragen, weil ihr Mann war gerade gestorben war, hat sie schwarz getragen. „Das wolltest Du gar nicht wissen“, sage ich dann, aber es ist mir so eingefallen. Alles gut sagt sie und ich denke, ist älter als ich das Kleid und das Bild von ihr auf der Hochzeitsfeier hat sich bei mir eingebrannt. Habe ja nicht viele Kleider von meiner Oma und wohl einigermaßen ihren Körperbau. Erst Tanzen, Hideaway ist der Aufwärmsong, Freestyle sogar mit Diskokugel, dann Grace, eine Neue macht ein Gesicht als würde sie was bitter-saures Essen.

Beckmanns. Der beste Fisch mit Kartoffelpüree und Muschelsud und auch das Parmesanlastige Risotto ist köstlich. Ich liebe den Laden. Dann ins Sprengelkino. Night moves. So heißt das Boot was sie einem Rentner abkaufen, die Umweltaktivisten, um damit einen Staudamm in die Luft zu sprengen. Vorher müssen sie Düngemittel kaufen. Das macht die Frau in der Gruppe und erzählt von der Brokkoli-Ernte. Bei der Aktion wird ein Camper getötet und das zermürbt die drei Akteure, vor allem die beiden Hauptdarsteller. Der Mann ist gefühlsgestört und arbeitet in einem Farmkollektiv in einer Jurte mit Loch in der Decke, das heißt kreisrunder Öffnung nach oben. Er hat einfach nicht nachgedacht was seine Taten für Auswirkungen auf andere haben können. Die Polizei ermittelt und vom seinem Chef, sie leben eher wie in einer Familie, der die Farm betreibt, werden die Rechner beschlagnahmt und sein Lebenswerk und die Existenz seiner Familie steht auf dem Spiel. Dieser hatte vorher die Tat damit kommentiert, dass es Theater sein und nichts bringe, weil der Fluss 20 Staudämme habe. Die Ermittlungen bekommt man nur am Rande mit wie auch die ganzen Medien, die fast aufgeblendet sind. Der Film ist sehr langsam erzählt und hintergründig. Die Frau, die in einer Frauensauna arbeitet ist am Boden zerstört und hat hektische Flecke und muss darüber reden. Sie macht sich Vorwürfe und er will wiederum verhindern, dass sie redet.

08.11. Email aus meinem ehemaligen Atelier. Die Nebenkostennachzahlung schulden wir, sagt die Anwältin und der Hauptmieter ist angesichts einer Zahlungsfrist panisch geworden und hat schon mal gezahlt. Das ärgert mich, weil ich denke, ich wäre hartnäckiger gewesen. Ich glaube, sie wären gerichtlich nicht damit durchgekommen, das Atelier wird eh aufgelöst. Was ist mit Verjährung? Hier werden viele Jahren nachträglich aufgerollt und man hatte mit Schätzzahlen gearbeitet und bereits Abrechnungen gemacht. Warum gelten die nicht mehr. Ist der Typ nicht erwachsen? Was lässt er sich von einer Zahlungsfrist so ins Bockshorn jagen? Jetzt muss ich auch zahlen, weil ich den netten Künstler nicht hängen lassen will. Es zeigt sich mal wieder, Leute zum Anwalt schicken bringt nichts. Das regt mich auf und, dass die Mutter meinen Betreuten erfolgreich in die Entgiftung gebracht hat und dann an der Haustür im Büro gescheitert ist. Man ließ sie nicht rein in den Hausflur mit den Worten, es sei Wochenende. Ich bin stocksauer und werde keine Zalando-Pakete mehr annehmen bzw. es jedem Hausbewohner gegenüber zur Sprache bringen, was das soll. Man kann doch aufmachen, wenn Leute was in den Briefkasten stecken wollen. Postkarte von einer ehemaligen Nähfreundin. Körperplakat aus der Kinderzeitschrift für das Krankenhauszimmer. Steffi kommt vorbei mit Blumen. Mein Lokal, dein Lokal, peinlich ist der Typ vom Chimu mit viel Fremdschämen und dazu Kalender basteln. Nicht schon wieder Kino. Einfach ein Wochenende im Schlafanzug und Pasta mit gegrillten Artischocken. Meine Brüste sind kleiner geworden und haben vielleicht eine Körbchengröße verloren und das sagt mir keiner? Ich merke es an den ganzen Bügel-BHs, die nicht mehr passen (eigentlich peinlich, dass ich es selber nicht merke und dazu die BHs brauche). Sie sind mir auch unsympathisch geworden und ich schmeiße 10 Stück weg (bringt nicht so viel vom Volumen, aber trotzdem besser, man hat mehr Überblick). Ich habe mich übrigens umentschieden und will unbedingt in die Beckmann-Ausstellung. Es stimmt, dass ich schon viel von ihm gesehen haben, aber die Stillleben interessieren mich sehr.

09.11. Basteln und Bügeln wird nur unterbrochen durch einen Ausflug ins Siloah. Dafür mal etwas aufbrezeln. Das kann ich nicht zur Arbeit tragen. Calendula-Station, alles in Gelb. Wir genießen den Ausblick, das Gebäude der Bezirksregierung (?) soll einen total schönen Braunton bekommen, wenn es von der Abendsonne angestrahlt wird. Wir plaudern etwas und können unsere Fahrräder von oben sehen, wir sie im Innenhof nebeneinander und allein auf weiter Flur stehen und die Farben, rosa und lila passen so gut zusammen. Sein Sohn war mit einer Türkin zusammen und kann Türkisch, o.k. das ist cool. Das Plakat habe ich nicht dabei, habe mich nicht getraut, dabei hätte es super an den schmalen Schrank gepasst. Ich schmeiße Klamotten weg. Ich gefalle mir nicht in Hosen und die können mal alle weg. Eine alte Männerhose drehe ich Stephan an. Sie steht ihm eh viel besser und sein Hintern sieht besser darin aus und so sehe ich sie wenigstens. Dicke Gemüsesuppe mit Sellerie und Schnittlauch, Ziegenkäse und Cracker. Türkischen Dokumentarfilm und ich bügele dazu und nähe Knöpfe an. Dann Hader an der Uni München. Der Typ ist Hammer. So gut beherrscht er die Technik der Publikum Verunsicherns, weil er harmlos anfängt und alle seinen Aussagen beipflichten (gegen Massentierhaltung, gesundes Essen vom Bauernhof) und dann lässt er es immer weiter entarten (Schimmel auf der Marmelade als Gütesiegel und die gierigen, alten Landwirte, die nur wissen wollen, ob sie was dazu kriegen können, wenn einer stirbt) und spielt mit den Reaktionen. Daran merkt er, dass er älter wird. Er wollte neulich seine Kinder anrufen und dann fiel ihm ein, dass er keine hat. Schnell die Knoblauchtabletten genommen. Er und seine Frau haben sich gegen Kinder entschieden, lange vor der Scheidung, weil auch Kinder machen CO2, nicht nur der Geländewagen und dann haben sie abgewogen und kamen zum Ergebnis, dass man mit Kindern nicht so schnell von A nach B kommt und überhaupt, schlafen nachts nicht, wenn sie klein sind und später kommen sie nicht Heim nachts und dann erben sie alles und stecken einen ins Altersheim und besuchen einen nie. Die Kosten-Nutzen-Rechnung sei nicht aufgegangen. Überhaupt sei Vieles eine Enttäuschung im Leben und in Wirklichkeit kleiner und dreckiger als in der Vorstellung oder im Prospekt: die Liebe, die Ehe, die Akropolis…. In einer Beziehung ist man zusammen, schon klar, aber sie sei ganz viel da gewesen, im selben Raum und dann kurz weg und dann wieder daaaa. Und dann dieses auf der Schulter einschlafen, man liegt schon mit der Schulter ganz oben und trotzdem und es drückt einem die Bandscheibe raus und bloß nicht bewegen, sonst wird sie wach und will reden.

Morgens geträumt von einem schüchternen Mann, der zu mir will und im Treppenhaus vom Büro einfach stehen bleibt und nicht rein kommt. War das Herr Hader in gut aussehend?