Hier einer der Taschen, die ich los werden will wegen sinnloser Größe. Gedacht war sie als Handtasche für die Oper, aber auch da nehme ich die Sigg-Flasche mit. Herrliches Gondelmotiv. Vielleicht für eine Mädchen?
14.09. Ich werde relativ früh wach und lese den Urlaubsbericht meiner Freundin Claudia von der griechischen Insel und schreibe eine Email an Freunde aus Kriftel, die ich auf Amrum vermute. Es geht um die Frage, wo wir essen gehen, wenn sie nächsten Samstag vorbeischauen und ich empfehle das Tropeano. Prompt bekomme ich einen Anruf aus Frankfurt, weil die beiden noch gar nicht auf der Insel sind. Charlotte sagt, sie könne mal wieder eine Kette gebrauchen, wenn das nicht zu unverschämt sei. Der Startschuss zum Ausmisten ist gefallen. Ich gehe meine Ketten durch und schaue sie mir fast alle an. Das ist zugleich immer eine Reise in die Vergangenheit. Da ich seit einigen Jahren mehr auf Hütchen fixiert bin, trage ich weniger Ketten, weil sich das oft nicht verträgt. Ich sortiere aus und es kommen etliche Kilo zusammen.
Es ist nicht so, dass ich die Ketten auf Teufel komm raus loswerden oder gar wegwerfen will, sondern ich habe durchaus eine emotionale Bindung zu ihnen, aber ich freue mich auch, wenn sie ein neues zuhause finden. Vielleicht mag meine Freundin Andrea, von der ich meine halbe Garderobe habe (alles selbstgenäht) auch mal eine Kette von mir auswählen oder Heike aus Berlin? Die eine mit dem Schweinchen und den Edelweiß würde ich gerne Sunla andrehen. Eine davon ist nicht von mir bebastelt und ca. 3 sind Fertigketten.
Weiter geht es mit den Taschen. Ich will Buttermusch als Forum benutzen und bitte euch um eure Mithilfe. Stellt euch vor, es sind Straßenhunde, die ein neues Zuhause oder zumindest eine Pflegestelle suchen. Es sind skurrile Modelle dabei, teilweise auch welche an denen ich was gebastelt habe. Auf jeden Fall viele die mich Jahre lang begleitet haben und die ich quasi noch aus meiner Jugend habe. Getragen werden sie alle nicht mehr, weil eine Sigg-Flasche nicht hineinpasst. Ganz klares Ausschlusskriterium, leider. Ich habe sie Sonntag alle einmal durchfotografieren lassen und würde mich freuen, sie bald in ein neues Zuhause vermitteln zu können. Wenn ihr Freundinnen habt, die in Frage kommen, dann geht das auch. Die Selbstabholung ist die einzige Voraussetzung. Und denkt daran, ihr tut auch was Gutes. Ihr helft Buttermusch gegen das Messietum anzukämpfen und mehr Platz zu schaffen, dass die vorhandenen Sachen besser genutzt werden können. Die erste rosane habe ich in Santa Cruz in einem second hand Laden gekauft und meine Mama hat mir noch einen anderen Griff aus blauem Leder, auch mit Metall dran (gold) länger, zum Umhängen daran genäht, als der Originalgriff gebrochen war. Die großporige, die nach Schwein aussieht, eine Clutch, habe ich mal bei Odradek gekauft. Die aus den Kabeln, braun-weiß habe ich in Brooklyn gekauft und vom Schuster lange Träger ran nähen lassen. Die braune – unterhalb von dem Koffer (70er Jahre?), habe ich sehr viel getragen, eine tolle Tasche, verträglich mit anderen, nicht dominant, beißt nicht. Die quietschgrüne ist auch aus Leder. Ich liebe die Sticktaschen und wäre sehr froh, wenn noch jemand diesen Omastil zu schätzen weiß und mit ihnen Gassi gehen wollte.
Nach dem Aderlass bastele ich die Hamburgcollagen, d.h. ich tusche und klebe und sehe mit Sorge den Nachmittag dahin schwinden und den Opernbesuch auf mich zurollen. Ich überlege noch, ob nicht unser Nachbar spontan mit Stephan mitgehen kann, während ich zuhause Bügelwäsche erledige. Ja, so weit ist es schon, dass dies eine reizvolle Alternative für mich darstellt. Ich einige mich mit Stephan darauf, dass es mein letzter Opernbesuch in Hannover zumindest sein wird, Calixto Bieto und Basel oder Stuttgart will ich auch zukünftig nicht ausschließen. Ausnahmen sind immer möglich, wie ich neulich beim Thema Musical und als Stephan verlangte, man soll ihn erschießen, wenn er da mal reingeht sagte, man weiß aber nie. Wenn meine einzige Nichte eines Tages Musicalstar wird, dann wird man vielleicht eine Ausnahme machen müssen oder auch wollen. Sie macht zwar gerne einen Auftritt und performt mit Singen und Tanzen, aber von der Figur her schließe ich eine Karriere im Showgeschäft eher aus. Aber s.o. man weiß es nie. Abwarten.
Maskenball, ich ziehe mich an, wie ich es für passend halte und bin im nach hinein sehr zufrieden mit dem Outfit, d.h. ich finde es passt sehr gut zu der Inszenierung. Ich habe meine neue Lieblingsherbstjacke an, ein Geschenk von meiner Freundin Andrea, einer begnadeten Nähkünstlerin. Wir gehen runter auf die Straße zur Bahn, weil es regnet. Emil kommt gerade vom Kindergeburtstag und fragt mich, was ich da auf dem Kopf habe. Ich sage, wie sieht es denn aus und er sagt: wie ne Tröte. Ich sage, gute Idee ist aber ein Dübel mit verkokelten Zahnstochern oder zumindest sehe sie so aus. Mit uns an der Haltestelle steht ein Typ, Bildungsbürger ca. 50 mit Schirm und ich sage zu Stephan, der hat bestimmt dasselbe Ziel und so ist es auch. Im Foyer sitzt eine Frau auf einem Rollator und fährt damit rückwärts ohne zu Gucken, d.h. sie geht mit den Beinen und schiebt den Rollator dadurch den Gang entlang. Unmittelbar vor der Premiere ist dieser naturgemäß mit Menschen gefüllt. Wir lachen als Stephan sagt: nicht auch noch mit dem Handy telefonieren beim rückwärts, weil wir sie bei der zweiten Begegnung sehen, wie sie gerade damit telefoniert. Die Damentoilette von der Vorstellung ist immer herrlich. Ca. 16 Frauen, die in Reihe stehen und dann die üblichen Rituale, Schuhe wechseln, Haare zupfen am Spiegel, gucken ob alles sitzt und passt und man keine Flecken im Gesicht hat. Wir haben herrliche Plätze in der zweiten Reihe. Eine Reihe hinten uns entdeckt Stephan eine Freundin mit fast erwachsener Tochter. Wir sitzen neben einem schwulen mittleren Alters, ein geübter Operngänger. Er sagt, wenn es nach Alkohol riechen würde, er habe nichts getrunken, sondern ein Brillenputztuch verwendet. Ich sage, „warum, sind wir im Metronom? Ist hier Alkoholverbot? Meiner hat schon was getrunken“. Ich wundere mich darüber, dass so wenig Musiker in dem Graben sitzen. Ca. nur 1/3 so viel wie man für eine durchschnittliche Wagneroper benötigt. Es geht los. Vorhang auf und es erscheint eine tollen Theaterkulisse mit Fenstern und 3 Rängen. Überall kommen die Männer aus dem Chor zum Vorschein in coolen Clownkostümen mit entsprechender Schminke und singen. Die eine Nebenrollensängerin, eine kleine Erbse mit sexy Portierklamotten ist der Diener des Königs, der im Bett liegt und demonstrativ getötet werden soll, aber die Liebe zu seinem Volk oder seines Volkes zu ihm oder beides, schützen ihn. Sehr gut dargestellt, schön überzeichnet. I like. Die Kostüme und das Bühnenbild sind der Hammer. Die Oper ist operettenartig und 2 Typen lieben eine Frau. Auch klar, aber sie gefällt mir. Der weibliche Chor besteht aus einer Art Clownzombies, sehr gut dargestellt und die Wahrsagerin, Ulrica, die verbannt werden soll ist der Hammer. Der König soll die Verbannungsurkunde unterzeichnen, erfährt dann aber, dass sein Schwarm ein Termin bei der Wahrsagerin hat und dann will er natürlich unbedingt lauschen unter Verletzung des Patiengeheimnisses. Ich bin ein bisschen in Ulrica verknallt. Die ist auf Totenkopf geschminkt vom feinsten und richtig gruselig und singt nicht nur überzeugend, sondern ist darstellerisch auch eine eins bis hier zu der Haltung, den Bewegungen, gerade der Hände. Bei einer lebenden Toten sehr wichtig. Das wäre mein Traum, mich auch mal auf tot so überzeugend schminken zu lassen und mich dann vor mir selber zu gruseln. Ich bin zufrieden. Unruhig werde ich als es eine Pause gibt, aber sie uns nicht rauslassen. Noch mal eine halbe Stunde singen ist angesagt. Die jungen Clownstatisten sind lustig anzuschauen, sowie die beiden bösen Clowns, eine Art Türsteher oder Leibgarde des Königs, Mimik und Kostüme ebenfalls eine eins. Ulrica steht mit dem Teufel im Bunde und übt schon mal die Wahrsagerkünste an einem jungen Juppie, ebenfalls am Hofe des Königs beschäftigt, dem eine Karriere und Reichtum vorhergesagt wird. Das setzt der König, der ja lauscht, gleich in die Tat um. Pause. Überall lange Schlangen bei den Getränken. Wir unterhalten uns etwas mit Alex. Die Tochter hat bald Debütantinnenball in der Oper. Mann und Sohn sind beim Fußball. Ich gebe zu, dass es mir doch gefällt. Dann zweite Halbzeit. Hier geht es um Rache, die beim Maskenball umgesetzt wird, weil der König die Frau seines besten Freundes liebt und sie ihn auch, wie sie der Wahrsagerin verrät und er hört zu. Sie will von den Gedanken an ihn befreit werden und Ulrica weiß wie. Sie muss nachts um 12 Uhr (natürlich dann) an einem besonders gruseligen Ort ein Kraut pflücken. Dann spitzt sich das Ganze zu. Der Freund erfährt von dem Treffen der beiden und sie sollen sterben. Auch seine Frau, die noch einmal ihr einziges Kind in den Arm nehmen will (auch italienischer Pathos vom feinsten) und wenn er ihr den Wunsch als Frau abschlägt, dann soll er ihn ihr als Mutter gewähren. Auch der König soll sterben. Die beiden Leibwächter wirken mit und müssen auslosen, wer die Rache vollziehen darf. Der Freund gewinnt und tötet den König. Die italienischen Opern sind so schön schwülstig. Die Nacht soll nie enden usw. Immer schön dramatisch und voll aufdrehen. Daher kann der König auch nicht einfach so sterben, sondern nach der Erdolchung singt er noch mindestens 25 Minuten eine Arie und erklärt, wie er dem Freund treu und die Frau sauber geblieben. Beide anständig geblieben. Das war ihm ganz wichtig, der Ruf der Frau und die Ehre des Freundes und jetzt wo der Freund ihn erstochen hat erteilt er auch noch Absolution und stirbt erst dann. Tosender Applaus. Allen hat er gefallen, obwohl die Kostüme auch modern waren (böse Clowns usw). Es ist derselbe Typ, der für Meistersinger, auch moderne Inszenierung und noch das beste an dieser Oper, wenn man mich fragt, viel Buh geerntet hat, aber die Wagnerianer sind auch spaßfrei und nutzen die Oper viel als Therapie, Schreitherapie, um mal alle Gefühle so richtig freien Lauf zu lassen.
Wir fahren mit dem Tagesticket zum Steintor. Ab Morgen ist Emo, Metallmesse für Emotionals. Wegen dieser Messe müssen wir auch für das Tropeano vorbestellen für nächsten Samstag.
Ich habe die ganze Zeit schon Lust auf eine Pide und die ist echt lecker, gerade vom Teig her schön fluffig. Ich würde nächstes Mal nicht wieder Thunfisch wählen, aber die können das und ich komme wieder. Stephan hat gegrillten Lammspieß mit Auberginenmus. Dazu gibt es einen kleinen, scharfen Beilagensalat mit kleingehakten Tomaten, Gurken und Minze. Sehr lecker. Als Foto für alle die es noch nicht kennen und als Werbung: Künefe. Please enjoy!!
Am Nachbartisch sitzt eine Gruppe jugendlicher Jungs. Die sehen aus wie zwischen 12 und 15 und extrem wie die Clique von Steve von American Dad. Ein dicker, ein Nerd usw. Nur sie sind zu fünft. Was machen die hier um die Uhrzeit? Auch die bekommen nach dem Döner einen Schwarztee. Ich liebe diesen Laden und freue mich über die grottenschlechten Fotos an den Wänden. Hinter uns sitzen so richtige Kerle. Typ Macho und Mucki-Bude. Der eine trinkt eine Cola aus der Dose mit der Aufschrift Supergirl. Er ist ahnungslos und schaut dazu böse. Das sieht sehr lustig. Ich mag diesen Kontrast nach der Oper und vielleicht war es doch nicht meine letzte, nur kein Wagner mehr. Vielleicht mal Carmen?
15.09. Ich schaue nach Yogakursen und London und komme dann auf die Idee mal wieder sonntags in die Yogawerkstatt zu fahren und spontan eine Runde zu schwitzen. Dafür ist es jetzt allerdings schon zu spät. Auf der Homepage sehe ich, dass da auch Yogaworkshop heute ist mit der Kanadierin, die sich so schön verrenkten kann, dass alle ihre Handys gezückt haben und auch wenn sie zu Beginn betont hat, dass es nicht darauf ankomme, spektakuläre Asanas zu machen, hat sie genau das getan. Ich liebe es immer, wenn Leute A sagen und dann gleich -A machen. Dafür waren doch alle offenbar gekommen, um zu sehen, was sie drauf hat. Ich fand ziemlich Jahrmarkt der Eitelkeiten und weniger nach innen schauen, aber isse Geschmackssache. Vielleicht bin ich auch nur beleidigt, weil meine Yogalehrerin aus London nicht punkten konnte und der Workshop in Hannover abgesat wurde.
So schön sonnig, da zieht es uns mal wieder in die Bar zu Kaffee trinken. Stephan bekommt einen holländischen Apfelkuchen, den er so liebt. Nebenan gibt es sowohl ein sehenswertes Wahlplakat, wo sich jemand mit den eyes richtig Mühe gegeben hat als auch Süperkampanya Omo.
Anschließend zum Faustflohmarkt und hier werde ich stürmisch begrüßt von einem Typen ca. in meinem Alter, gutaussehend, Ex-Junkie würde ich mal vermuten. „Toll sieht die Frau aus, wie immer, ein Gesamtkunstwerk“. Ich bin verlegen und muss schnell weiter. Ich kaufe Modeschmuck zum basteln und eine ganz tolle Schildkröte, die schon ausgepreist ist mit 1,- €. Die Rentnerin, die sie hergestellt hat, verkauft sie auch und sie hat ganze Arbeit geleistet. Ich lobe das zu wenig und sehe nach und nach, wie hier alles stimmt bis zum ausgestopften Schwanz. Das hätte ich der Frau ruhig noch mal deutlich sagen sollen.
Am Lichtenbergplatz wird eine Babykatze an der Leine ausgeführt und wir treffen Sabine. Die hat gestern auf einer Privatparty aufgelegt und ein Nachbar, der wohl richtig Psycho ist, hat den fünfzigsten Geburtstag mit einem Kamerascheinwerfer, der er vom Balkon auf die Festgesellschaft gerichtet hatte, gesprengt. Was die Menschen so reitet…..Danach treffen wir Britta, eine Freundin, die ich sehr gut aussehend und sympathisch finde. Ich sage ihr: Du hast eine richtige Farah Fawcett Mähne und sie lacht, 2 Nächte in der Blockhütte übernachtet und gerade hat sie das Haargummi rausgezogen und der Hüttenmuff sei ihr aus dem Dutt entgegen gekommen. Sie und ihr Mann mögen Kultur und Festivals und ich freue mich immer über sie. Die beiden Kinder mag ich auch sehr. Britta muss zum Fußball. Ihre Tochter spielt in der Frauenliga und ist erst 16. Mir würde das Angst machen als Mutter und ich sage ihr auch, das sei kein Sport für Mädchen. Ja, davon bekomme man muskulöse Oberschenkel. Das sei ja gut, ist meine Reaktion, aber das Verletzungsrisiko, man kann seine Zähne verlieren und das ist ja nicht so gut. Ich überlege erst mit zu kommen, aber was soll ich machen? Am Spielfeldrand stehen und ihr zurufen, Vorsicht und lass Dich nicht provozieren, schön auf die Deckung achten. Ich glaube, das wäre ihr peinlich. Zuhause stelle ich Modeschmuck, den ich geschenkt bekommen habe auf die Straße
und bastele mit aus den Flohmarktsachen ein paar Ohrringe mit Pilzen dran (Plastiksteinpilze aus den 50ern) sowie eine Wintermütze aus meiner geliebten Schildkröte. Stephan skypt mit Kathrin und wir suchen parallel ein Apartment für London für Dezember (Hochzeitsreise), Islington, Hackney, Shoreditch, Hoxton Square, White Cube. Der Zielort steht fest, nachdem ich kurz versucht hatte mit Rom und Barcelona zu locken, aber ewig reizt London, quasi London calling, alle Jahre wieder. ich bin nicht unglücklich damit, zumal es hier allerhand gibt, was ich richtig liebe. Engländer, indisches Essen, sehr gutes Yoga, High Tea, Sport-BHs von Lonsdale. Nur die Crusty Cream doughnuts sind in Liverpool (home of Crusty Cream) besser….
09.09. Beim Zurückkommen aus Hamburg war mir wieder eingefallen einer der Hauptgründe warum ich meinen Atelierplatz gekündigt habe als ich die Zinnober-Plakate hängen sehe und wir mit der Stadtbahn vorbeifahren. Diese Veranstaltung war immer Horror für mich und sie hat an diesem Wochenende wieder stattgefunden und ich musste weder mitmachen bei einem Künstlerspeeddating (die reinste Zwangsprostitution für mich) noch mich herausreden (und damit asozial sein und die blöde Kuh, die nicht mit macht), aber dann wenigstens vorher meinen Platz schön aufräumen, damit sich die Lehrerinnen nicht für mich schämen müssen. Beides grauenhaft und überflüssig zugleich und dann die interessierten Landeier, die einen Fragen, was es bedeutet und wie man auf die Ideen kommt und ich fühlte mich immer penetriert und will mit diesen Menschen einfach nichts zu tun haben, wie ungebetene Gäste, die zuhause die Schränke aufmachen und sich alles erklären lassen wollen oder der Gorilla hinter der Glasscheibe im Zoo.
Ich wundere mich die Tage auf dem Weg zum Sport oder in die Stadt immer wieder über das Wahlplakat von Frau Merkel, auf dem ihr Mund schief verzerrt ist wie nach einem Schlaganfall und das bei all den technischen Bearbeitungsmöglichkeiten von Fotos heutzutage, dieses verkrampfte und asymmetrisch verzogene Lächeln, was keines ist.
Der teure Schokoladenkaviar aus Hamburg-Ottensen und: hat sich die Investition gelohnt?
Doppeltermin in Langenhagen in der Psychiatrie. Die junge Frau neben mir stiert mir auf den Kopfschmuck und überlegt sich wegzusetzen. Ja, es ist das, wonach es aussieht und war früher mal im Klo. Ich bin so eine Sau. Beim ersten Termin mit Herrn A. ist ein Praktikant der Sozialarbeiter studiert, Bachelor heißt der Abschluss, mit dabei. Der Regen, ich muss mein Fahrrad zuhause lassen und sogar einen Schirm mitnehmen (!). Das passiert mir ganz selten und ich lehne dieses Hilfsmittel eigentlich ab. Der Herbst hat Einzug erhalten, ganz plötzlich. Ich sehe am CCL ein herrliches Plakat auf dem für ein Hamburgbesuch geworben wird. Die Plakate unterwegs mit Steuersucht statt Steuerflucht oder so ähnlich, auf denen für Steuerlehrgänge geworben wurde, konnte ich leider nicht ablichten.
Nachdem wir gestern den total langweiligen Bericht über Karl Lagerfeld, den Stephan für mich aufgezeichnet hat geguckt haben, bis ich abbrechen wollte wegen Langeweile mache ich mir Gedanken zu Thema Luxus. Was ist Luxus? Sauberes Wasser was aus dem Hahn kommt, aber eine Handtasche für 30.000,- € gegenüber einer für 30,-, die denselben Zweck erfüllt, kann ich nicht verstehen. B-Promis kommen nach Hannover, wohin auch sonst denke ich als wir am Wasserturm vorbeifahren. Marc Terenzi war neulich auf H 1, in einer ganz erbärmlichen Pro Gay-Sendung, die das Schützenzelt für Gays und das Maschseefest empfohlen haben. Pro Gay finde ich gut, aber nicht diesen Spießerkram. Das muss ich leider auch bei Gleichgeschlechtlichen konsequent sein. Marc war im Interview und sagte so was wie: Ich bin gemoved nach Hannover, because I have a Projekt hier. I work mit einem DJ together. Schlimmes Denglish spricht der Mann. Elisabeth Taylor kommt vorbei mit dem Gaszählerstand (sie hatte nur Strom richtig abgelesen beim ersten Anlauf). Sie trägt einen riesigen Wal (Stofftier) über der Schulter. Modell Orca. Das ist filmreif. Ich bleibe ganz ernst und lass mir nichts anmerken.
10.09. Der Herbst grätscht sich fest, statt noch mal auf Altweibersommer zurück zu stellen. Psychiatrische Praxis Nordstadt, Versichertenkarte einlesen lassen. Mein Betreuter hat die Fachärztin nicht reingelassen. Dann Amtsgericht. Frau hat über das ambulant betreute Wohnen eine Betreuung angeregt wegen u.a. Schulden. Erscheint nicht. Zuständig ist ein ganz junger Richter, der mich bei der Gelegenheit als Verfahrenspflegerin bestellt. Es geht wieder einmal um einen Alkoholiker, der Korsakov hat und gerade im Nordstadtkrankenhaus ist und nach Langenhagen soll. Die Anhörung findet am selben Nachmittag um 17 Uhr statt. Es ist genau die Infektionsstation auf der ich auch mal gelegen habe mit meiner Lähmung. Alte Erinnerungen werden wach. Der Mann hat doch erhebliche Gedächtnislücken beim Kurzzeitgedächtnis und erzählt lieber von früher, als er bis zu 16 Lkw samstags gewaschen hat. Er weiß nicht, wo er wohnt, aber was er weiß ist, dass es in Langenhagen schwarz gekleidete Jungnazis gibt, die die Alkis grundlos verprügeln und dann einfach weiter gehen, als sei nichts gewesen. Eiskalt seien die und da sei es besser, wenn man in einer Gruppe von Trinkern sei. Da trauen sie sich nicht so ran oder man muss sich in den Rewe flüchten und einen Verkäufer bitten, die Polizei zu rufen. Bis die dann kommen, seien die in alle Himmelsrichtungen verschwunden.
Ich liebe den schönen Friedhof gegenüber dem Krankenhaus. Das Efeu auf der Mauer hat eine schöne Frisur. Auf dem Weg in die Nordstadt treffe ich einen Bekannten, der mit seinem schwarzen Königspudel durch den Park joggt. Ich war mittags noch mal zuhause und habe mit einer Wollmütze nachgerüstet. Nach dem Termin flüchte ich mich beim immer stärker werdenden Regen zu Edeka und dann nach Hause und nehme ein Vollbad mit dem Gartengebräu, was man eigentlich sofort hätte verwenden sollen. Es riecht auch nicht mehr so super, aber ist ja nur äußerliche Anwendung. Den ganzen Tag denke ich an Tom ka gai, vietnamesisch mit dem knackigen Blumenkohl. Das war superlecker und hat mich glücklicher gemacht als das teure Haus an der Alster. Ich bin halt einfach gestrickt. Kaufe vor lauter Sehnsucht einen Blumenkohl auf dem Markt, Suppe muss ich selber machen und das wird eine pürierte. Lieber wäre mir die andere, aber die bekomme ich so nicht hin. Dazwischen ruft Elisabeth Taylor an, die mich fragt, ob ihre Üstramonatskarte ungültig sei, wenn sie sie einschweißen lässt. Das habe sie getan und das sei ihr dann erzählt worden. Warum hat sie das machen lassen frage ich. Wegen Flecken und Knickerei. Sie war übrigens „da“, sagt sie mir. Da? Frage ich. Sie nennt mir den Namen des Psychiaters, also bei der Spritze. Das ist gut, auch wenn man es nicht so merkt. Wie wäre es wohl ohne?
11.09. Vormittags ein Telefonat mit einem Kollegen bei dem ich mal in der Ausbildung war im Referendariat. Wir kommen ins quatschen und ich frage ihn, ob er auch Samstag Karten für die Opernpremiere habe. Ja, Premierenabo und auch fürs Schauspielhaus. Fleißig. Ich sage ihm, dass es für mich eher eine Pflichtveranstaltung sei und er macht mir Mut, das wäre eine schöne Oper, der Maskenball und die Veranstaltungen der Musikhochschule seien auch immer ein guter Tipp. Die experimentieren mehr, die jungen Leute. Ich fahre nachmittags nach Neustadt. Große Holzkrawatten in rot, gelb und blau hängen in den Bäumen. Blöder geht es nicht. Das will ich noch nicht einmal fotografieren. Mey ist es hässlich hier, denke ich immer wieder. Meine Betreute ist schüchtern und wartet schon ca. 1 Stunde. Die Anhörung dauert nur Minuten. Der Richter hat verwackelte Farbfotos an den Wänden, die bunten Lichter bilden Striche, sehr originell und ein Dartspiel hängt auch. Ob ich einen Ausschlag im Gesicht hätte, fragt sie mich anschließend. Was soll ich darauf sagen, die Hormone haben meine Haut versaut, was andere in der Pubertät hatten, ereilt mich im Alter, aber darüber reden will ich nicht. Ich hatte Jahrzehnte tolle Haut und habe nie Probleme gehabt, jetzt habe ich sie und denke, es gibt Schlimmeres, z.B. Krebs. Der Zug ist voll mit Schülern und die Stadtbahnlinien 3, 7 und 9 sind durch einen Unfall beeinträchtigt. Ich habe ein Buch: „Zum Glück gab es Punk“ dabei und bin bemüht, es abzuarbeiten. Den Anfang fand ich spannend, aber jetzt ist es mehr Pflicht und Ehrgeiz es zu Ende zu bringen als alles andere. Die Demo für die Abholzung der Eilenriede zugunsten einer Rollschuhbahn mit Plastikbäumen umsäumt finde ich lustig. Der saure Regen tötet die Natur, dann lieber gleich kurzen Prozess und Plastikbäume aufstellen, die der Modernen gewachsen sind. Sahra Wagenknecht macht auf Frieda Kahlo. Wollen die mir alles verderben? Ihr alter Knacker, Macker aus dem Saarland ist dann der Freskenmaler oder was? Mir ist schlecht. Abends die Doppelyogastunde tut gut. Beim Kundalini merke ich, dass meine Kräfte noch nicht bei 100 % sind. Ich habe Schwindel und Kreislaufprobleme. Gottseidank findet alles heute im Sitzen und Liegen statt. Ein tolles, energetisches Set. Ich bin nach den Klopfübungen und der Selbstmassage und den Mantren wie weggebeamt und sage: Stehen wird überbewertet und ist beim Yoga echt nur eine Option. In der normalen Yogastunde ist noch etwas Körperarbeit angesagt und Mikael demonstriert etwas an mir, was er für „schon fast pervers“ hält. Das sorgt für Heiterkeit. Abends gibt es die zweite Portion Pasta an diesem Tag. Die Tochter meiner Cousine verkauft Doc Martens in London. Die wollen wir aufsuchen auf der Hochzeitsreise Anfang Dezember. Das ist eine lustige Erfahrung, wenn die Kinder der anderen auf einmal erwachsen sind und man kann etwas partizipieren, auch wenn es nicht die eigenen sind. Meiner Lieblingsyogalehrerin, die bei Triyoga unterrichtet kommt doch nicht nach Hannover, weil keiner außer mir ihren Workshop buchen wollte. Das finde ich natürlich total schade, weil ich das initiiert habe und die richtig gut unterrichtet, aber offenbar gehen die Yogaschülerinnen nur zu dem Yogastars, die sie von Youtube kennen. Ist halt wie überall und ich werde einfach in London wieder einen Klasse von Mimi besuchen, die mir ihrem tollen, fordernden und interessanten Yogaunterricht mit Qigong-Elementen neue Anregungen gibt und einen voran bringt mit der eigenen Praxis.
12.09. Traum. Wir sind in New York und passen auf den Säugling meiner Kollegin auf. Ein hellblondes Mädchen, ganz klein. Ich bin noch müde und frage mich, ob ich neben der im Bett einfach schlafen darf oder sie dann aus Versehen zerdrücke. Dann sind wir im Park. Eine Frau kommt mit ihrer Tochter zu uns heran und will den Namen des Babys wissen. Den haben wir uns leider nicht gemerkt. Das kommt komisch an. Ehepaar mit Säugling und sie wissen den Namen nicht. Wir erklären ihr dann, dass sei die Tochter der Kollegin und die ältere Tochter (ca. 8 Jahre, so alt wie Du, sage ich zu dem Mädchen) von der hätten wir uns den Namen schon gemerkt, aber leider nicht von der Kleinen und sie kann auch nicht helfen, weil sie noch nicht bestätigend auf ihren Namen reagieren kann. Sie heißt Claire, wie sich später herausstellt, komischer Name denke ich mir und einen kleine Chihuahua-Mix haben die beiden auch, meine Kollegin und ihr Mann, der ist lieb und schnappt gar nicht, im Gegensatz zu den Problemhunden bei Cesar Millan (tatsächlich hatte die Kollegin sich einen Bürohund anschaffen wollen, den ich dann streckenweise auch genommen hätte, aber dazu kam es nicht) und ich mache mir im Traum Gedanken um den Langstreckenflug im Säuglingsalter und halte das irgendwie für unverantwortlich, aber jetzt erst mal einen leckeren Kaffee. Wir gehen im Hotel die Treppe hoch, dicker Teppich liegt auf den Stufen. Der Wecker klingelt.
Heute 80er Jahre Delight-Outfit und ich fühle mich etwas wie aus Denver Clan. Ich weiß gar nicht, ob ich diesen Look mit Schulterpolstern so gut finde, aber bei den jungen Mädchen, die sämtliche Geschmacksflauten der 80er abfeiern wird der Look gut ankommen, außerdem hat das Kleid eine tolle Verarbeitung, einen ganz tollen Wollstoff und einen langen Schlitz, so dass man bequem aufs Fahrrad kommt. Alle fahren weg in den Herbstferien, nur wir nicht. Gut, wir waren echt genug weg dieses Jahr. Ich habe keinen Grund mich zu beschweren. Trotzdem denke ich sehnsüchtig an Istanbul, Wien und New York habe etwas Fernweh. Da ich mit Stephan schon über 25 Jahre zusammen bin, ist mein Leben beim Thema Partner von einer großen Liebe geprägt. Bei den Städten gab es viele große Lieben an die ich mich sehr gerne erinnere. Vor allem das erste Mal Barcelona ist mir sehr präsent, aber auch Istanbul und Wien.
Mittags gehen wir in einen neuen vegetarischen Imbiss in der Deisterstraße. Viel Fertigsoße (die süße Chili-Soße aus den großen Flaschen). Mehr frisch und knackig wäre mir lieber. Allerdings freue ich mich sehr über die Nachbarläden. Hier wird vom Prittstift, bis 10 Gebote auf Gummilappen, head and shoulders, ambulant betreutes Wohnen, zumindest der Prospekt, Teelichter bis Staub und Stempeln alles Mögliche feilgeboten. Auf der anderen Seite gibt es hochwertige Etuis, die zwar schwarze Flecken haben, aber dafür herabgesetzt sind.
13.09. Morgens ruft meine Mutter an, sie kommen gerade von einer Dienstreise mit Hotelübernachtung in einem Schloss und Restaurantbesuch wieder, mein Vater wird Morgen in einer Woche an der Schulter operiert und heute Nachmittag sind sie wieder unterwegs und werden abgeholt. Sie will mir aber sagen, dass ich kürzer treten soll. In Wirklichkeit wird es ihr zu viel und deswegen wohl der Hinweis an mich und/oder wegen Muttersorge. Mich macht das allerdings bockig. Ich lass mir doch von meinen Rentnereltern, die ständig unterwegs sind nicht vorschreiben, dass ich kürzer treten soll!
Am Nachbarhaus sind ganz liebevolle Maler zugange. Der eine junge Bursche liegt auf dem Rücken auf einer Leiter und streicht den Giebel über sich. Die leisten gute Arbeit und ich lobe sie gegenüber unserem Nachbarn. Wir hatten seinerzeit eine Malerfirma Flecks, die den für teures Geld frischsanierten Sandstein nicht abgeklebt und mit Farbklecksen versehen hat und einfach überall Farbe hingeschmiert hat. Wenn man aus dem Haus ging, wurde man selber getroffen, ein gelber Handschuh mit passendem Farbabdruck landete auf dem Dach unseres Nachbarn usw. Unglaublich schlecht waren die und diese sind unglaublich gut. Auch bei Handwerkern gibt es beides. Ich sage nur Better call, Saul. Saul Goodman aus breaking bad bekommt eine eigene Sendung.
Die Kastanien erwischt es doch als Erstes. Braunorange geflammte Blätter, die Früchte sind noch grün, die Blätter schon voller Herbst. Ich habe einen Scheidungstermin und die Mandantin hat ihre volljährige Tochter mitgebracht, die dabei sein soll und auf einem Zuschauerplatz sitzt. Immer wieder freut sie sich demonstrativ, dass sie den Typen los ist. Danach gemeinsam zu Oma und dann zum Tätowierer schlägt die Mutter vor. Er kommt und ich denke, dass ist noch eine erwachsene Tochter, die vor der Tür auf ihn wartet, aber es ist wohl seine Neue. Meine trinkt unter vor der Tür des Amtsgerichts Rotkäppchensekt aus der Flasche und freut sich, dass sie „den Schmarotzer endlich los“ ist. Es wirkt aber ganz anders, so als würde sie mit allem dem sehr schlecht fertig werden und zitternd ihre Überlegenheit beteuern und demonstrativ zur Schau stellen, während sie sich aufregt, wie er mit seiner Neuen Arm in Arm läuft und dabei braucht sie noch die Unterstützung der Tochter, die herhalten muss und sich vermutlich mitfreuen über die Scheidung der Eltern (das ist pervers) und auf einmal blutet sie und weiß nicht woher. Sie ist panisch: ist es im Gesicht, ist es im Gesicht? Es ist ein Schnitt am Finger. Die Tochter sagt: „ohh Mama, chill doch mal ein bisschen“ und dann muss ich noch mit einem Taschentuch aushelfen. Was für eine peinliche und erbärmliche Vorstellung. Das ist die Bilanz einer 18 jährigen Ehe. Ich weiß warum ich diesen Anwaltskram am liebsten gar nicht mehr machen will nur noch schön mit meinen Verrückten. Da habe ich mehr Draht dazu.
Nachmittags ist Demo am Lindner Marktplatz angesagt. Die Polizisten tragen seit neustem hinten Nummern. 7213 und so. Leider sind die Nachwuchspolizisten alle nicht schussfest und haben ein dünnes Nervenkostüm, d.h. so eine Veranstaltung ist schon eine Zumutung für sie und wenn dann noch was dazu kommt, gibt es Burnout und Dienstunfähigkeit.
Während sich die Gegendemonstranten einfinden, kann ich den Feind nicht richtig ausfindig machen. Sind das diese armseligen Hanseln? Der eine dick mit weißer Regenjacke (see through) durch die was Rotes durchscheint, was aussieht wie eine rosa Wurst, der andere auch dick mit Blaumannhose, der vor dem Rathaus ein paar prollige Gesten macht. Beide Daumen nach oben oder unten, Becken nach vorne. Ich verstehe diese Veranstaltung nicht und weiß auch nicht, ob man diesen peinlichen Gestalten, offensichtlich lernbehindert nicht mehr Aufmerksamkeit zukommen lässt, als sie verdient haben. Anhänger haben sie keine. Es sind nur die Gegendemonstranten und die Polizei da. So richtige Nazis, die Obdachlose und Alkis verprügeln und denen man auf die Klappe geben will sind sie einfach nicht, sondern so peinliche Opfer, die sicher in der Schule viel gehänselt wurden und nicht richtig lesen und schreiben können. Sie scheinen die ganze negative Aufmerksamkeit zu genießen, sie baden im Geräuschmeer der Pfiffe und Buhrufe und jetzt wird eine Runde Deutschlandflagge geschwenkt. Oh mein Gott. Bald ist der Spuk vorbei und die packen das Klappplakat wieder ein und rollen die Fahne auf und steigen wieder in ihren Tourbus.
Mein Betreuter, der um 14 Uhr einen Termin hat, taucht nicht auf. Ein ungünstiges Timing, zumal Herr T Anti-Aggressionstraining machen soll (laut seiner Bewährungshelferin, die für Oktober mit mir einen gemeinsamen Termin vereinbart hat) und ein Problem mit Bullen hat er auch und das bei den Aussichten am Lindener Marktplatz. Ist er nicht durchgekommen? Gab es Probleme unterwegs? Mir hat die letzte Strafverhandlung gut gefallen. Es war mal kein Drogendelikt, sondern er hatte seinen Nachbarn vertrimmt, der zuvor seine Freundin geschlagen hatte, die dann bei meinem Schutz gesucht hat. „Der Typ schlägt Frauen, der soll nicht heulen, der soll selber leiden“, war sein Fazit. Guter Junge, dachte ich mir damals. Die Frau war dann wieder zu dem Schläger zurück gegangen. Auch eine fiese Erfahrung für ihren Helfer, aber leider typisch nach meinen Erfahrungen.
In der Sache, in der ich Verfahrenspflegerin bin und der Wohnungskündigung nach 39 Jahren nicht zugestimmt hatte, beschwert sich der Betreuer beim Gericht über mich. „Frau A., war aus meiner Sicht in ihrer lauten, dominanten, autoritären, selbstherrlichen und unsensiblen Art dermaßen voreingenommen, voreilig kritisierend und anklagend, unangebracht belehrend und unfähig zu einer konstruktiven Kommunikation, daß ich hiermit Beschwerde gegen diese Verfahrenspflegerin einlege“. Lesen wie anderen einen sehen ist doch immer wieder herrlich. Ja, so bin ich. Was ich inhaltlich falsch gemacht haben soll, konnte ich dem Text von lauter beschreibenden Charaktereigenschaften leider nicht entnehmen. Er tauscht das Schloss aus von seiner Betreuten als sie im Krankenhaus ist und kassiert das Sparbuch und versucht sie – aus meiner Sicht – ohne hinreichenden Grund wohnungslos zu machen gegen ihren Willen. Ja, das habe ich kritisiert und auch wie er seine Rolle als Betreuer wahrnimmt, weil hier der Willen des Betreuten gilt und dann erst mal kilometerlang nichts. Jetzt mag er mich wohl nicht mehr, aber meine Klientin ist wieder in ihrer Wohnung und hat einen Pflegedienst und ich habe regelmäßigen Kontakt zu ihr und dem Helfersystem, also ich bin da ganz gelassen, dass ich doch ihre Interessen wahrnehme und halt nicht die Interessen ihres gerichtlich bestellten Vertreters, der offenbar alle Alkoholiker, die sich ja latent selber gefährden in Heimen unterbringen will und deren Meinung dazu ihn reichlich wenig interessiert.
Wir bekommen Post aus Hamburg von Normann. Eine süße Lockengans von Greenpeace.
Ich rufe die prollige Verwandtschaft meines Mandanten an, die im Ruhrpott lebt. Es geht um das Testament und meiner ist Alleinerbe. Die Schwägerin will das nicht einsehen und schimpft die ganze Zeit, meiner (der im Übrigen schwerbehindert ist und in einer beschützen Werkstatt arbeitet sowie eine Erwerbsunfähigkeitsrente bezieht) der hätte seine Lehre zu Ende machen sollen damals, was soll die Scheiße. Sie wollen Halbe/Halbe und nichts anderes. Ihr Mann kann auch anders, dann geht es halt auch zum Anwalt und wenn das ganze Erbe dann für den Rechtsstreit drauf geht das ist ihnen auch scheißegal. Das mit der Mutter und dem Testament, da sei nur Scheiße gelaufen und sie hätten sich immer gekümmert und jetzt wird noch ihre Tochter eingeschult und ihr Mann würde arbeiten und sie würden es nicht einsehen. Eine supersympathische Frau. Ich bin geradezu dankbar als der Mann mich noch mal zurück ruft, mit dem man etwas vernünftiger reden kann, auch wenn sie im Hintergrund die ganze Zeit zetert was mich sehr aggressiv macht. Ich erkläre ihm, dass wir eine Lösung finden wollen und keinen Streit, aber an den letzten Willen seiner Eltern gebunden sind und sein Bruder da vor allem nichts dafür kann. Schwierige Sache.
Abends fahren wir zum Abschluss der Woche zu Biagio. Ich habe total Lust auf die Pasta mit geschmortem und gebratenem Zickleinragu, eine Lasagnette. Der Hammer. Das kann keiner so wie er. Auch die lackierte Wachtelbrust ist sehr gut und die Wirsingsuppe mit einem dicken Parmesanflatschen unten drin. Köstlich. Es gibt eine halbe Portion Pasta mit Meeresfrüchten und Steinpilzen und Stephan isst Wels mit sehr leckerem geschmortem Salat als Gemüse, knackig und Safranrisotto.
Wir nehmen den großen Nachtischteller für 2 und ich verleihe der einen Stammbedienung (Benny) einen antiken Weintraubenknopf als Somelierzeichen zum Annähen. Auch dem Chef gefällt der Knopf, aber er ist anderweitig schon seinem Mitarbeiter versprochen gewesen. Ein runder Abend. Schade, dass der Laden am anderen Ende von Hannover ist.
06.09. In der U-Bahn wieder die Leute, über die ich mich aufrege. Spät gebärende Mütter, deren 3-jährige Tobsuchtsanfälle bekommen und sie sagen ganz laut zu dem Kind, wir schauen gleich mal, ob uns jemand einen Sitzplatz anbietet statt direkt jemanden zu fragen oder bitten. Wenn „Passanten“ dem Blag dann helfen werden sie getreten und mit den Worten: fass mich nicht an bedacht. Das bleibt unkommentiert seitens der Mutter. Das ist quasi keine Erziehung. Ich steige die nächste aus und es wäre schön, wenn Du mitkommen würdest ist stattdessen die Reaktion. Viel anti-autoritär und diskutieren mit dem Kind. Das tut ihm gut!? Ich will auch raus und bücke mich schon nach dem Gepäck, Beautycase um dem ängstlichen Rentner zu signalisieren: ich werde die Tür nicht blockieren, ich steige auch aus. Der muss sich vorbei drängeln und steht direkt vor mir, unangenehm nah. Der Zug bremst und er fällt mir gegen den Busen. Und dann Entschuldigung. Nein, halt nicht, Du Pfosten.
Thomas war schon bei Andronaco, weil er sein Auto dort in die Werkstatt bringen musste. Wir fahren Bus mit Gruppenticket 9 Uhr und probieren den neuen Bahn-Mi Laden aus. Thomas begleitet uns, will aber nichts essen. Leider keine niedlichen Asiaten, die uns die Brote füllen und mit Selbstverständlichkeit ihre Dienstleistung vollziehen, sondern ein mittelalter Hamburger, der uns ungefragt erklärt, wie viel Arbeit er da rein gesteckt hat und wie er das Fleisch gart, bei welcher Temperatur und offenbar bewundert und gelobt werden will.
Thomas denkt an Händedesinfizierung, so wichtig beim Thema Streetfood. Bei ihm flammen wieder die Erinnerungen an meinen Noro-Virus vor 2 Jahren auf und er stellt erneut fest, dass ich alle angesteckt habe damals. Das wird mir oft aufs Butterbrot geschmiert. Da könnte ich schon einen Comic daraus entwickeln, wenn ich zeichnen könnte. Noro-Virus Girl und dann Pharmavertreterboy. Ich denke, so ist es halt bei Krankheiten, einer hat sie zuerst, dann bekommt sie der nächste, aber was hat das mit Schuld zu tun? Nicht, wir hatten das alle, sondern von mir hatten sie es alle. Ich habe sie doch auch von irgend wem bekommen, aber so ist das halt. Offenbar war das eindrucksvoll, für mich ja auch, wie ich seinerzeit über ihrer Kloschüssel hing, nachdem ich es kaum nach Hause durch den Schanzenpark geschafft hatte und hier schon ins Gebüsch reihern wollte und man die Klotür vor allem nicht schließen konnte in dieser Position, wenn ich davor kniete (wie kleine Gästetoilette), so dass ich quasi öffentlich mein Malheur austragen musste mit dem hinteren Teil meines Körpers im Flur und alle alles mitbekommen haben. Das war traumatisierend und dann so krank sein und im fremden Bett und nicht zuhause und dann noch nach Hause fahren müssen mit dem Zug. Na ja, ist lange her. Nein, mein Bruder hat es damals nicht bekommen und Claudia auch nicht. Nicht von meinem Teller gegessen? Keine Ahnung. Der Weg der Viren und was der einzelne ihnen entgegensetzen kann nehme ich an.
Wir nehmen Bus und Bahn nach Altona. Ich bin eine große Attraktion für die Hamburger. Von wegen zurückhaltend. Das habe ich schon öfter festgestellt, die glotzen hier wie die schlimmsten Landeier in Oberfranken. Nach mehrfachen Kommentaren erreicht es seinen Höhepunkt als mich eine lustige Rentnerin quer durch den Bus fragt: „darf man lachen“ (blödeste Anmache aller Zeiten, oder?) und dann auch nicht ablässt, „ist da Tabak drin?“, „habe ich ja noch nie gesehen“, „elegant“. Sie kann sich einfach nicht entscheiden. Kaum denke ich erleichtert, ich bin sie los, kommt die Stalkerin noch mal und hat jetzt erst meine Kette gesehen, so was hat sie natürlich auch noch nie gesehen, Gesamtkunstwerk, blabla, Lass mich in Ruhe, bitte, um Himmels willen.
Altona hat viele Bausünden. Fast am schlimmsten ist der Schweinske-Biergarten am Bahnhof.
Wir suchen den Teeladen auf, den wir auch nach kurzem Fußweg finden. Ich erhalte einen dienstlichen Anruf, dass eine Betreute Tabletten geschluckt hat und sich von der Selbsttötung nicht distanzieren kann, geschlossene und Montag noch mal sprechen. Der Inhaber der Ladens, ich nehme an, dass er es ist, hilft wenig. Ich frage nach Kräuterteemischungen. Die stehen draußen. Ne, habe ich schon geguckt, sind nicht die dabei die ich im Internet gesehen hatte. Na ja, wenn er nicht verkaufen will, der Hanseat. Ich will eine kleine Dose Schokolade in einer Kaviardose kaufen, die mir optisch gefällt. 7,50 € für die kleine Dose.
Bam!! Ich zahle und lasse mir von den Jungs den Kilo-Preis ausrechnen. Es sind 20 gr in der Dose. Weiter zu dem Schuhladen. Ich werde fündig und zwei Strumpfhosen für 10,- €. Winterstrumpfhosen, Schnäppchen. Die Jungs blockieren das Schuhgeschäft und stören die Frauen, wie Touristen, die durch die Dünen laufen und die brütenden Vögel aufschrecken. Ich muss sie rausschicken, Kaffee trinken. Stephan hat mir nur zeigen wollen, welche Schuhe flach sind. Ich kaufe noch einen Silberring und bin happy. Der ist mindestens 50 Jahre alt, erklärt mir die Ladeninhaberin. Sie hat ihn damals angekauft. Der Tochter, die ihn mir aus der Auslage geholt hat erkläre ich ihn mit den Worten aufgeplatztes Ginkoblatt mit Steuerrädern aus Silber.
Ich finde die Beschreibung nach wie vor passend. Claudias neuer Kiez gefällt mir auch beim zweiten Besuch. Der Alimentari-Laden hat kaputte, kleine Tontöpfe für 3,95 € vor der Tür, aber schön dekoriert alles und hey, ist Hamburg. Hier ist so was besonders wichtig und immer einen riesigen Blumenstrauß haben. Das macht was her.
Wir fahren kurz zurück und geben Thomas zuhause ab und fahren dann nach Harburg. Diese Strecke kann ich jedem Hamburg-Touristen nur empfehlen. Hochbahn und zwischen City-Süd und Veddel bietet sich ein phantastischer Ausblick, Landungsbrücken nichts dagegen, die Abendsonne steht tief am Himmel und taucht Schiffe und Kräne in ein orangefarbenes Licht und vor allem die Wasseroberfläche glitzert in dem Licht.
Beim Aussteigen spricht uns ein Typ an, ob wir auch zu der Santiago Sierra Ausstellung wollten, als wir bejahen, freut er sich: „Kunstleute“ würde man erkennen. Er ist jung, sympathisch, breite Brust, weißes Hemd, kleiner als ich, ein Schneidezahn steht schief. Er sei aus Berlin angereist. Drei Stunden, das sei kein Ding. Er kennt den Galeristen. Ob wir den Künstler kennen lernen wollen ist immer wieder Thema. Wir erklären ihm, dass wir schüchtern seien. Er sagt, das wirke gar nicht so. Ich sage, ansprechen lasse ich mich, aber innerlich bin ich total am bibbern dabei. Er will vorher noch was trinken beim portugiesischem Café, welches wir unterwegs passieren. Die Räume sind riesig und schön. Industrieromantik mit zugewachsenen Fenstern und tollen Ausblicken.
Zum Mitmachen gibt es auch was
und schöne Bauschaumfotos von einer seiner Aktionen.
Norman ruft an, mit dem wir uns auch noch treffen wollten, ein Freund aus Hamburg, mit dem wir vor Jahrzehnten auf Mallorca waren in einem tollen Stadthaus mit seiner, unserer damaligen Freundin, einer Hamburger Floristin, die dort jeden Tag die Terrasse gefegt hat. Ich war junge Punkerin, die Welten prallten damals schon aufeinander und die Freundschaft zu der Frau hielt auch nicht, aber Norman ist geblieben. Das wird heute nichts mehr mit Treffen, vielleicht Morgen auf einen Kaffee. Stephan freut sich immer wieder so sehr über die Schlammbilder aus der Kestnergesellschaft, das ich ihm vorschlage eines für zuhause zu kaufen. Das will er aber dann doch nicht. Ich denke, lustig, wir drei Fans, der Berliner und wir. Wenn der Meister da ist, lassen wir uns einen Stich quer über den Rücken tätowieren. Das würde ich noch mal machen, genau mit dem Typen. Er findet uns wieder. Wir spielen etwas mit der schiefen Ebene und dem roten Wasser, es ist Nasenbluten aus einer riesigen Pappmachénase, wie mir der Berliner zeigt. Oben ist ein Motorrad halb zu sehen und an diversen Stellen sind Löcher, durch die man den Kopf stecken kann um eine kleine Welt zu entdecken. Jetzt sind wir in der Halle mit den Bierbänken und angetrockneten sowie angeschimmelt ausschauenden Schnittchen angekommen.
Die Stimmung ist 3-4. Ich habe wieder einen Fan an der Backe, extrovertierte alte Schachtel, die mich fotografieren will. Es tut mir leid, dass ich nicht zurück fotografiere für Buttermusch, aber grds. muss ich auch nicht die schlechten Eigenschaften perpetuieren, also vielleicht besser so. Ist einfach nicht mein Stil. Der Berliner lobt ihren Schmuck, das kann er nicht ernst meinen. Sie hat den geschmacklosesten Modeschmuck um. Die Krönung bildet ein goldener Männertorso (ca. 15 cm groß), den sie an einem langen, dicken schwarzen Gummi auf Bauchhöhe trägt, wie eine texanische Krawatte. Der Meister ist da, ich wusste nicht, wie er aussieht, aber kleiner schüchterner Spanier wurde gesagt und das passt auch und gleich muss er Gruppenfoto machen. Die Frau, die mich penetriert stellt fest, er wolle nicht fotografiert werden und das akzeptiert sie nicht. „Dann soll er nicht in die Öffentlichkeit gehen“, ist ihr Fazit. Das halte ich für Schwachsinn, nicht jeder, der Kunst macht muss sich alles gefallen lassen à la Streichelzoo. Soll man ihn gleich im Käfig auf die Bühne bringen und dann muss er machen, was wir wollen? Was soll das? Der Berliner ist selber Künstler und freut sich über Resonanz. Immer wieder will uns der Jonathan Meese in gut aussehend überreden gemeinsam mit ihm zum Meister zu gehen. Wir lehnen ab, er macht ernst. Er lernt kennen, wenn er kennen lernen will und wir gehören zu denen, die angesprochen werden und nicht selber ansprechen. So unser Resumée. Wir gehen Richtung S-Bahn, er zum Meister. Der scheint mir eingeschüchtert genug und ich glaube, es bringt dem nur Stress, wenn alle auf ihn zustürmen und er hat dann Angst. Ihm reicht es zu sehen, dass wir da sind und seine Sachen unterstützen. Das sind halt die verschiedenen Herangehensweisen bzw. Einschätzungen. Ich denke an Calixto, den wir lange schon stalken auf Opernpremieren in Hannover, Stuttgart und Basel. Der hat mich neulich in Basel gegrüßt, ganz schüchtern hat er die Hand gehoben und mich angelächelt. Das war toll und hat gereicht.
Wir überraschen einen Freund bei dessen Fotovernissage. Die Überraschung ist gelungen. Ich lerne die Töchter kennen und auch hier ist mein Hütchen wieder Thema, aber nicht schlimm nur interessiert. Das gibt es auch. Andere Menschen, die man von früher kennt sind auch da. Herrlich kann man draußen sitzen. Beim Gehen treffen wir noch eine Frau aus unserem Stadtteil beim Inder nebenan. Wir haben auch noch etwas Appetit und rufen bei unseren Gastgeber an, die gegenüber einen leckeren Vietnamesen haben, ob sie schnell was für uns bestellen können. Es ist 22:02 und man weiß nicht, wie lange der geöffnet hat. Ich will Glücksrollen und eine Tom ka Gai in der vietnamesischen Variante. Das Leuchtplakat von Andronaco nähe Reeperbahn sehe ich als Zeichen, dass ich da Morgen hin muss.
Auf dem Weg zur Haltestelle St. Pauli hält ein Reisebus und der Inhalt, eine Gruppe Rentner, ergießt sich ins Holiday Inn Reeperbahn. Die Gastgeber geben uns das Essen aus und Thomas spült die supergenialen, stabile tv-Diner to go Verpackung für mich. Wir unterhalten uns noch etwas. Zum Spielen reicht es bei mir nicht mehr. Um 1 Uhr ruft das Bett. Ich bin sehr zufrieden mit dem Tag, vor allem das Gruppenticket 9 Uhr für 10,40 € hat sich voll bezahlt gemacht.
07.09. Ich werde lange vor den anderen wach. 8:30 Uhr. Irgendwann wird Stephan auch wach und nach einem Kaffee gehen wir nach nebenan zu Jerwitz. Da sind Luftballons gehisst und es gibt Brezeln und Saft, also was zu feiern. Ich mag die Stifte mit denen man Porträts zeichnen soll von gelblich bis dunkelbraun, je nach Hauttyp. Innen edel mit Anspitzer. Ich mag auch das Set mit dem Metallkasten mit Fuchs drauf. Innen nur Fuchsfarben. Das ist, wenn man ganz viele Füchse malen will. Ich mache mich viel lustig über Pinsel mit 5 Köpfen. Erledigt gleich 5 Aufträge auf einmal. Dann suche ich was raus und gehe zur Kasse. Wir hatten uns am Vortag darüber unterhalten, wie umständlich die sind. Erst mal am Prozenterad drehen. Ich erreiche nur 5 %. Das ist etwas 12 mal vertreten und 20 % nur einmal (die können halt auch rechnen und vor allem die Prozente klein halten). Etwas feiern, nicht zu viel. Dann mein Gutschein an der Reihe. Die Gutscheinnummer ist nicht registriert. Er kann nicht gefunden werden. War da nicht neulich zu viel Geld in der Kasse? Dann ganz umständlich Storno, neuen Gutschein, noch mal buchen, überlegen, ob das so geht und Diskussion was daran das Problem ist und an der anderen Variante und noch mal Storno. Es ist der Wahnsinn und ich verlasse mit einem neuen Gutschein über 19,51 € den Laden.
Wir nehmen den Bus nach Altona und besuchen Norman. Der wohnt seit eh und je sehr schön hier. Bei dem malerischen Innenhof muss ich an besagte gemeinsame, frühere Freundin denken, wie sie Kindern erklärt hat, dass man da nicht mit einem spitzen Gegenstand wie z.B. einer Schere rein stechen sollte, weil da Folie drin sei. Das war das reinste Kinder auf gute Ideen bringen. Ich spiele etwas mit seinen Spielsachen und wir bewundern den kleinen Caro-Kaffee, Kaufmannsladengröße. Einen kleinen Essig und ein kleines Wallnussöl gibt es auch. Schöne Wohnung, gemütlich eingerichtet und sehr aufgeräumt.
Dann gehen wir zu Kerstin, die uns total leckeren Kaffee macht und die Rosen duften. Die reinste Bundesgartenschau.
Die neuen Gästezimmer sind total schön gemacht. Ein junger Mann sucht one man army, Kampfsportbekleidung würden die herstellen laut Internet. Wir wissen von nichts. Machen uns über ein Wohnungsangebot lustig, was ich auf der Straße finde. 2 Kommilitonen (400,- €) in dem feudalen Haus ohne Angabe von Quadratmetern und alles in Anführungszeichen. „Deine Eltern werden begeistert sein“. „Studenten- und Künstlerherz, was willst Du mehr?“
Andronaco ist böse, wie Berlusconi, aber das muss mir heute egal sein. Dafür gehe ich nicht zu Onkel Rewe, der ist auch böse.
Uni, Rentnerbegegnungsstätte „Kontaktstudium“, Abitur nicht erforderlich. Hamburg kann auch manchmal verzweifelt wirken.
Schön hinpilgern. Es gibt Prosecco aus Plastiksteckbechern am Eingang. Wir gehen vorbei. Am Käsetresen ist es viel Bella und ja, meine Blume, ja, meiner Rose angesagt, aber das kann man ignorieren. Kekse, eine Packung Nudeln, 2 x Espresso nach einer Verkostung. Leider frage ich nicht nach einem Kuli und klauen will ich ihn nicht. Ich hätte bestimmt einen geschenkt bekommen zum 30-jährigen Jubiläum.
Wir surfen mit dem Bus durch Hamburg, 3 Kinderwagen. Statt Feldstraße auszusteigen fahren wir weiter bis Rödingsmarkt, aus Versehen. Im Bus erklärt die Mutter der Tochter: wenn wir gleich bei Opa sind ist es ganz wichtig, dass Deine Erkältungsteilchen nicht zum Opa wandern, sonst bekommt er Deine Erkältung auch und der ist schon krank. Kurze Siesta. Dann geht es los mit dem Schnellbus. An der Ampel vom Schlump muss ich immer an meiner Lähmung denken und dann freue ich mich und nehme sie in extra großen Schritten. Hinten im Bus krempelt ein Mann, der zuckerkrank ist, wie wir erfahren seine Hose hoch und zeigt uns seine Beinwunde. Auf dem Schienbein eine – wie es ausschaut – riesige wassergefüllte Blase mit roten Rändern, entzündet, nicht gut. Er holt sich Tipps von dem Mitfahrenden hinten, ob man die vielleicht öffnen sollte und ich denke nur, aber bitte nicht während der Fahrt.
Aperitif unter den Linden.
Am Nachbartisch teilen sich drei Damen einen Eisbecher mit Wallnüssen. Es bleibt noch was übrig. Ich schaue gierig hin. Sie wundern sich dann über die Rechnung über 120,- €, aber die eine meinte, muss man nicht nachprüfen, die haben einen Rechner. Dann hört man noch irgendwas über eine Kreditkarte, die noch nie funktioniert hat. Wir schauen uns noch ein bisschen die Hafenszenerie an gegenüber von Airbus. Hier ist allerdings hafenmäßig wenig los. Das kleine, dicke Airbus-Flugzeug sieht aus wie ein aufgeblasenes Kindermodell aus einer Juniortüte. Ein Schiff ist wohl wenig beladen und die Hakennase schwebt oberhalb der Wasseroberfläche, ein anderes, kleines fährt fast unterhalb der Wasserkante und ich mache mir kurz Sorgen, dass wir es untergehen sehen werden, was aber nicht passiert. Wir gehen rein. Wir essen. Ich nehme das vegetarische Menü und bekomme wie die anderen eine Kaninchenterrine als Gruß aus der Küche. Gut, dass ich das nicht so ernst meine mit dem fleischlos. Das Essen in meinem Menü ist recht leicht, aber ich probiere auch Stephans und esse reichlich Brot und eine Kugel Butter und wir trinken viele verschiedenen Weine, zum Schluss einen alten Portwein aus einer riesigen, schönen Glasflasche, der nur bedingt zu dem leichten Ziegenfrischkäse mit Sellerie und Sauerkirsch passt, der eher neutral schmeckt wie Quark. Der Nachtisch bei mir auch ganz leicht, Wassermelone und Litschi. Ich hätte gegen die cheese cake-Interpretation tauschen sollen. Der Süßigkeitswagen ist toll mit Pralinen, kleinen Kuchen, Windbeuteln, Quarkbällchen, Bruchschokolade. Mein Mann traut sich alles zu fordern und dann noch Nachschlag. Das Vanille-Eis ist ein Traum und auch bei der Darbietungsform werden Kinderträume war, zumindest bei mir. Wir zahlen dann und hätten gerne noch was von den Fruchtgelees, bittet Stephan erneut um Nachschlag. Es ist einmal ein kleines rundes Mojito-Türmchen. Sehr süß gemacht. Eigentlich sollten die sich freuen, dass man nach 7 Gängen da noch so eine Leidenschaft an den Tag legt.
Unten feiert eine Hochzeitsgesellschaft, die Musik schallt hoch, wenn man zu dem Toiletten geht.
Im Foyer, Feuer im Kamin, Modellwindhind davor. Es gibt dieses Mal keine abgelaufenen Muskatnüsse. Letztes Mal nehme ich eine große Dose, die ich wegen des Ablaufs des MHD geschenkt bekomme (!!) (bestimmt 1 kg große Muskatnüsse) und habe davon immer noch welche und auch schon reichlich verteilt, damals gleich an die Taxifahrerin. Da lache ich mir immer noch ins Fäustchen, weil MHD bei Gewürzen, das gibt es doch quasi nicht. Wir haben dieselbe Fahrerin wie damals. Rentnerin mit moderner, blondierter Kurzhaarfrisur. Reeperbahn und dann Schlump. Ich bin müde und schaffe vor allem keinen Alkohol mehr. Ins Bett. So es Essen und die Weinbegleitung ist anstrengend für den Körper. Das bremst mich dann in vielerlei Hinsicht aus.
08.09. Ich schlafe bis 11:47 Uhr mittags. Das liegt aus an dem Schlauch vom Vorabend. Bei einem normalen Restaurantbesuch wäre ich bestimmt 2-3 Stunden vorher wach geworden. Frühstück. Ich mache mich über das Schokoladenfondue-Set lustig, was es bei Kaufhof gab. Kleines Porzellanschälchen und Teelicht und vier kleine Pieker. Im Kopftopf soll man Sahne und geriebene Schokolade erhitzen und umfüllen in das winzige Schälchen. Praktisch ohne Ende. Ich schlage es als Geschenk für die neue Chefin unseres Gastgebers vor um die Reaktion zu testen.
Apropos Gastgeber, die wollen trotz des Nieselregens Pilze sammeln und bieten uns den Schlüssel für ihre Wohnung an. Auch wenn ich tatsächlich mal ca. 4-5 Monate hier gewohnt habe, muss ich bei dem Wetter nicht auf Teufel komm raus zum Flohmarkt und wir nehmen ein Taxi zum Dammtor. Vielleicht ist das Wetter in der Lüneburger Heide auch besser. In Hannover ist es das jedenfalls. Dorthin zurück wollen wir lieber mit den Einkäufen von Andronaco, Käse und Wurst in den Kühlschrank verstauen. Zu Hause chillen und eine Darmfloraaufbautablette einwerfen und das Wochenende ausklingen lassen, etwas Kraft tanken bevor die Woche wieder los geht. Wieder müssen wir getrennt sitzen im Zug auf den Bahncomfort-Plätzen. Der Typ neben mir liest erst die Rezepte bei Men’s Health und spielt dann etliche Runden Pseudo-Mahjong auf seinem Tablet. Wenigstens einer.
Zuhause gibt es endlich die winzigen kleinen Läckerli aus St. Gallen. Kleine Törtchen mit Karamell als Methadon, damit ich über den restlichen Tag hinweg komme…