a biserl Wien zum Jahresbeginn 14

09.01.2014

Meine Kollegin hatte einen Nagel dabei und der Bürokalender hängt in der Küche. Ich habe den Programmierhamster der Versagerfirma noch in die Collage eingebaut. Ein Foto von mir aus Istanbul „süpper internet“ steht da zu lesen. Die Schrift auf dem Glasfenster ist fast weggerubbelt. Ein lustiges Foto, jetzt noch mehr durch meine Manipulation. Ich habe endlich mein Fahrrad weggebracht zur Inspektion. Die Handbremse geht seit Monaten nicht mehr und die Klingel auch nicht, die ich für unkaputtbar hielt. Ich schließe es vor dem Radladen ab und laufe zu Fuß nach Hause. Stephan hat heute seine Brille bekommen und hat mir nichts verraten. Es sollte eine Überraschung sein. Leider hat man ihm keine Hardschalenverpackung dazu geliefert, so dass er das 500,- € Teil einfach so in seine Lederjackeninnentasche verfrachtet. Später wird er in Wien von Sunla eine adäquate Behausung bekommen. Das wär sonst auch zu leichtsinnig.

Mein früherer Ausbilder fährt mit uns Bahn ohne uns zu sehen. Er hält seine Gitarre und kommt offenbar vom Unterricht. Wir halten unsere Koffer fest. Zu dem Ausbilder sind wir eingeladen und haben de Einladung aufgrund der Wienreise verschoben. Ich will ihm und seiner Frau was aus Wien mitbringen. Am besten irgendwas von der Lucian Freud Ausstellung, weil sie den auch mögen.

Am Flughafen lese ich Stephan aus meinem Wientagebuch vor, was wir am 17.01.2013 erlebt haben auf der Reise nach Wien. Da war nämlich der Flughafen gesperrt und wir sind mit deutlicher Verspätung als eine von 3 Maschinen an diesem Tag dort gelandet, quasi totales Glück. Ich merke, dass ordentlicher schreiben sich lohnt. Manche Passage kann ich gut lesen und andere, vermutlich in der Bahn geschrieben, gar nicht. Sunla schreibt mir eine SMS, dass sie heute Abend im Atelier ist, was gleich bei uns um die Ecke ist, aber wir sind schon verplant. Sie hatte sich nicht festlegen wollen im Vorfeld und jetzt sind wir festgelegt.

Im Flieger sind viele Geschäftsreisende. Uns gegenüber, d.h. nebenan in der anderen Zweierreihe sitzt ein junges, dünnes, blondes Ding. Sie schläft auffällig fest für 18 Uhr. Sie hat die Cowboystiefel ausgezogen und die Beine sind angewinkelt gegen den Vordersitz, dann hängt sie wiederum im Gurt, der sie hält, fast auf dem Boden. Dann sitzt sie wieder und die Beine suchen irgendwie halt in immer neuen Positionen. Im Schlaf fängt sie an, ausgiebig in der Nase zu bohren. Erst wird tief und fest gebohrt und dann kreist der Finger und sucht mühsam und umständlich die Mundöffnung und findet sie. Ca. 10 mal das eine Nasenloch und dann das andere und dann wieder Nr. 1. Ich muss fasziniert hinschauen. Wie schafft man es so breit ein Flugzeug zu boarden, frage ich mich. Ich tippe, dass die Drogen erst im Laufe des Fluges ihre Wirkung voll entfaltet haben. Kurz vor der Landung sind ihr Füße oben auf dem Sitz und dann hinten dem Sitz am Kopf des Geschäftsreisenden vor ihr. Der dreht sich wütend um und stößt den Fuß runter. Sie überlegt ca. 2 Minuten und beugt sich dann vor um sich zwischen den Sitzen zu entschuldigen. Das hält nicht lange an. Jetzt sind die Füße wieder oben auf der Kopflehne und die Augen sind auf. Sie redet mit ihren Füßen. Nach der Landung sehen wir sie bei Starbucks, wo sie sich eine XXL Kaffee holt. Ich will ihr sagen: nächstes Mal, höchstens die Hälfte. Die Szene ist wie aus Fear and Loathing in Las Vegas und sie muss bestimmt überlegen, ob sie einen Koffer dabei hatte. Unsere Koffer sind schon da und wir erwischen die frühe Bahn. Ziel Alser Straße. In der Bahn studiert eine Frau handschriftliche Texte. Es ist was von „Harmoniesymbolen“ zu lesen und dann sind Zahlen angegeben wie 3, 5, 12 usw. Oh weia. Das Umsteigen in die U 6 klappt prima. Die Bahn steht bereit und man wechselt zügig auf das gegenüber liegende Gleis. Das Apartment finden wir gleich, aber keiner macht auf. Stephan ruft Jasmina an. Alexander sei unterwegs. Er kommt Sekunden später. Der Fahrstuhl ist so groß wie eine kleine Dusche, nur Stephan und das Gepäck passen rein.

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Die Wohnung ist der Hammer. Superschön eingerichtet, ganz nach meinem Geschmack mit Dingen, die ich teilweise selber habe bzw. schon einmal gekauft habe z.B. eine Postkarte auf dem Klo: „Dicke Kinder sind schwerer zu kidnappen“ oder ein Retro-Untersetzer: „Ran into my ex, put it in reverse and hit him again“.  Dazu zahlreiche ausgestopfte Tiere, die auch gerne meine Hütchen tragen, eine Hausbar und eine prima Teekanne.

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So was liebe ich immer, wenn ich meinen Kräutertee nicht im Kochtopf machen muss. Sie ist sehr geschickt geschnitten mit einem offenen Wohn- und Kochbereich, einem Arbeitsblock mit Herd, dann abgetrennt die Dusche, mit Glas. Man kann sehr gut darin duschen und ein großer Balkon ist auch dabei. Der Innenhof ist betoniert, aber mit großen Bäumen und es erinnert mich an Berlin. Toll, toll, toll.

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Die Gastgeberin hat einen Brief hinterlassen, einen Korb voller Schokolade, einen Laptop, sowie eine Flasche Rotwein. Der Kühlschrank ist voll mit Schinken, gekocht und geräuchert, Lachs, Käse, Butter gesalzen, Butter ungesalzen, Philadelphia, Marmelade, Toast, alles, alles. Man fühlt sich wie bei Freunden und es ist offenbar viel Vertrauen da. Hinzu kommt, dass wir noch nie so nah an einer Station gewohnt haben.

Wir gehen zurück zur Hochbahn und fahren ins Steirereck in den Stadtpark. Das Steirereck ist eine Baustelle, geschickt weiß verkleidet, so dass ich es zuerst nicht schnalle. Roter Teppich zwischen dem weißen Holzzaun. Man geht die Treppenstufen hoch ca. 40 Stück und kommt am Empfang an. Dort wird einem die Garderobe abgenommen und der Liftboy drückt. Man fährt dann sehr langsam eine Etage nach unten (ca. 10 Stufen) und dort wartet der Liftboy. Ich sage: lustig. Ihr Zwillingsbruder arbeitet oben. Wir haben tolle Plätze und sitzen fast nebeneinander und schauen auf die Bühne quasi, d.h. auf den opulenten Vorhang und die anderen Tische davor. Die Chefin nimmt die Bestellung entgegen. Ich nehme mehr die Gemüsegänge aus dem Menü, aber wir wollen wie immer teilen. Die Weinbegleitung besteht aus sehr leckeren, auch französischen Weißweinen, die mal nicht nur Sancerre sind. Mit dem Somelier verstehen wir uns gut. Ich lerne ein neues Gemüse kennen. Italienischer Bittersalat, dick wie ein kleiner Finger, schmeckt etwas nach Artischocke. Der rohe Fisch ist der Hammer, auch das rohe Reh, wie Carpaccio. Ja, den Japanern aus Kyoto, die trinkfest sind, würde der Laden gefallen.

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Die Horndeko kommt aber aus Paris und nicht Wien:

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und die Schönbrunner Zitrusfrüchte, die durch die Gegend gefahren werden, schauen hauptsächlich gut aus.

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Wir lassen den Brotwagenkellner den Teewagen bringen und plaudern mit ihm über den geplanten Teesalon nach dem Umbau. Die schweren Metallkannen sollen abgeschafft werden, damit es vernünftig gemacht wird. Ich verstehe nicht, was er gegen die hat. Die Bedienung verrät uns eine Station, die näher ist als die vor der wir kamen und die Bahn bringt uns bis eine Station vor Ziel. Allgemeines Krankenhaus. Das ist auch nicht weit und wir vertreten uns noch die Beine. Ich schlafe mit Unterbrechungen. Die Bettwäsche stinkt „frisch“ nach Weichspüler und Lenor, so dass ich von dem Geruch im Schlaf gestört werde. Morgens klingelt es sturm, aber wir ignorieren das. Vielleich brauchte Jasmina wichtige Medikamente, witzelt Stephan.

Ich kuschele mit den fremden Tieren und setze fremde Brille auf:

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10.01. Nach dem Aufstehen gibt es Nespresso und irgendwie muss die Heizung angemacht werden. Es ist kalt. Dafür geht duschen super. Nicht nur die Alser Straße (Hochbahnsteig) ist gleich vor der Tür, auch die Tram oder Bim. Wir fahren Bim. „Es wird gebeten, sich festzuhalten“. Eine Frau spielt lieber ein Früchtematchspiel auf dem Tablett und knallt mehrfach fast hin. Wir steigen am Schottentor aus und laufen in die Innenstadt zum Schwarzen Kameel. Die weibliche Bedienung am Brötchentresen freut sich und begrüßt uns mit Handschlag. Es ist nichts los. Hinten sitzt eine alte Frau und raucht. Wir setzen uns an den Tisch gegenüber. Hans-Hermann bringt uns Kaffee.

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Dann kommt eine andere alte Schachtel und will die Raucherin vertreiben, erzählt ihr was von Tisch reserviert. Die zeigt sich unbeeindruckt, so dass die Frau die Hilfe von Hans-Hermann beansprucht, ihr den Platz frei zu machen. Der geht hin und erklärt der Uneinsichtigen, dass die Frau soundso und er Herr Gemahl reserviert hätten. Es ändert nichts am Ergebnis. Schließlich fragen die beiden, ob bei uns noch frei sei, was wir bejahen. Natürlich rauchen auch sie, entschuldigen sich zwar, weil wir essen, rauchen aber trotzdem. Die renitente Frau telefoniert Handy. Es ist 10:30. Sie sagt: „Du, hör zu, das wird heute nix mit unserer Verabredung um halb 12 zum Mittag“. Ich denke, die Alte ist ja noch härter als wir. Dann geht es weiter, nächstes Telefonat. „Heute Nachmittag bin ich bei der Petiküre“. Dann geht es an unserem Tisch zu Sache. Die Frau ist steinalt, aber der Typ mindestens 20 Jahre älter. Der Sugarboy will dirty talk mit ihr machen und ich höre immer so was wie: „Ist die Decke weich? Ist die so weich, dass man da nackt drauf liegen kann?“. Ich will so was nicht hören und ich will weg hier bzw. wir sind voll in Wien angekommen. Beide Antworten stimmen. Nach einem zweiten himmlischen Tramezzini sind wir draußen. Die herrliche Schaufensterauslage eines Tabakfachgeschäfts:

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Um etwas Zeit zu überbrücken gehen wir ins Meinl und Stephan findet die italienische Trüffelschokolade, die er früher tonnenweise gefuttert hat, wie Sunla später meint. Ich kaufe Meinl Madeleines mit ganz viel Butter, Kaffee und Zitrone und einen Früchtetee für eine Freundin in Hannover. Dann laufen wir zum KHM vorbei an dem ganzen Sissi-Kram, Sissi-Apartments, Sissi-Baustelle. Hofburg, viele Japaner. Der Himmel ist strahlend und toll. Stephan will keine Touristenfotos machen.  Wir kaufen schon mal Karten. Stephan entscheidet sich für eine Jahreskarte, weil die so schön eingefasst wird in eine Klappkarte von Archimboldo. Das hat was, ohne Frage.

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Wir warten auf Sunl und schauen uns derweil die ägyptische Sammlung an. Die ist wirklich eindrucksvoll und ich stehe sonst gar nicht auf so was. Die Tierfiguren wirken oft sehr modern oder zeitlos.

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Dann gehen wir schon mal rein zu Lucian Freund. Der Grund, warum wir gekommen sind. Die Bilder sind sehr eindrucksvoll und berühren mich sehr. Die Vergänglichkeit spricht aus ihnen. Danach gehe ich durch die Gemäldegalerie und denke, wer hat die Barbiepuppen mit den Plastikhaut gemalt? Lucas Cranach? So sehen doch keine Menschen aus. Die ganzen Töne des Fleisches, die bläulichen Elemente, alles stellt Freud schonungslos da. Leigh Bowery ist ein Highlight. Gerade sein Rücken. Wie kann mal so ausdrucksvoll einen Rücken malen? Sunla beschenkt mich zum einen mit einem Geschenk, was ich ihr wohl mal gemacht und dann zurückgefordert habe und dann mein rot-schwarz geringeltes T-Shirt: „Mensch mit Menstruationshintergrund“, was ich mir gewünscht hatte. Ich bin überglücklich.

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Ich kaufe viele Postkarten, auch alle von Lucian Freud ohne den doofen weißen Rand. Der Katalog gefällt mir nicht. Andras macht Feierabend und holt uns ab. Wir gehen bei strahlendem Sonnenschein

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ins Eiles und die Einheimischen wollen dort einen Kaiserschmarrn mit Zwetschgenröster essen, was sie auch tun und der ist sehr gut. Ich trinke einen Franziskaner. Das ist Kaffee mit Milch und Schlagobers, wieder eine Lektion in Sachen Kaffeekunde. Das Eiles war unser allererstes Kaffeehaus 2002? Jedenfalls war unser Hund Welpe. Wir kamen raus und eine Frau mit einem dicken Kampfhund mit Mantel um, fragte uns, ob das gut sei. Man ist so gut mit den Menschen in Kontakt gekommen mit einem Hund, mit unserem Charmeboltzen Feininger erst recht, der jeden Hund zum Spielen aufforderte und auch die Hartgesottenen nicht abgeneigt waren.

Wir wollen nach Hause, chillen. Ich entscheide mich um und wir fahren zum Naschmarkt.

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Erst mal zu Urbanek. Nein, heute habe ich kein Urbanek-Hütchen auf. Urbaneks erkennen mich wieder. Erst mal Jausenplatte mit Braten, Trüffelmortadella und Gelbwurst oder wie das hier heißt. Superlecker.

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Die Stimmung in der Bude ist wieder eins-A. Als ich sage, dass wir bald wieder da sind wird vermutet; nach dem Fasching dann und ich: nein, zu einer Faschingsfete mit dem Thema Gemeindebau. Der Sohn, Daniel, empfiehlt mir eine Serie zu dem Thema. Als ich den Namen nicht verstehe, schreibt er ihn auf einen Zettel: „Kaisermühlen Blues“ müssten wir schauen zur Einstimmung. Ein Freund der Familie gibt eine Flasche Unendlich Riesling für über 200,- € aus und beim Einschenken gerät etwas von dem Blumenstrauß in das Glas. Der Sohn Thomas entfernt den Krümel und kommentiert das mit den Worten: „Wenn’s ne Fliege ist, dann ist’s ne Suppe. Das kostet dann extra“. Es ist auch ein Pärchen aus Italien in der Ecke und die schauen sich die Szenerie freudig an und freuen sich über die Kultur des Ladens, die herrlichen Aufschnittplatten. Die Stammgäste lassen sich gerne ein Brot mit Käse überbacken, aber superstinkig. Dann lachen alle und machen Sprüche. Der italienische Mann interessiert sich auch für den Riesling. Dann Einkauf für Zuhause, Dauerwurst, Foie Gras der Extraklasse und Sacherwürste. Wo ist der Gerhard? Die Söhne finden nur die etwas würzigere Variante, die ich ja mitnehmen will. Wir gehen erst mal weiter. Stephan war vorgegangen ins Käseland und dann etwas Zotter, aber angesichts des Madendesasters kein Großeinkauf. Die heiße Schokolade will auch getrunken werden. Zurück zum Gerhard. Der Sohn Daniel hält mir eine eingeschweißtes Packet mit ganz kleinen Partywürsten durch die Scheibe entgegen. Ich gebe Daumen nach oben , die nehm ich auch. Er hat eine Primageschichte dazu. Fragt eine Kundin: wie viele Würste sind da drin (Anm.: wir sprechen jetzt von Babywürsten, die so dick sind wie der kleine Finger einer Frau, aber kürzer. Daniel: 10 Stück und sie darauf: „die mache ich dann mal, wenn ich Gäste habe“. Alle brechen zusammen vor Lachen.

Jetzt will ich noch meine Stempelkarte bei dem japanischen Teegeschäft einlösen. Es ist supervoll. Wir wollen trotzdem 2 x tea ceremony. Grüntee wirkt auf mich besser als Koks. Es macht eine supertolle, ausgeglichene und wache Stimmung. Der Hammer.

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Im Übermut kaufe ich ein bei Billa und zwar erst mal 5 Flaschen Pagosaft, aber 1 Liter Flaschen. Damit ist der Hohlraum im Koffer gut ausgefüllt. Stephan lässt mich gewähren, statt zu sagen, „spinnst Du? Stell die zurück“. Marillenmarmelade gibt es auch und schwer beladen gehen wir zum Karlsplatz und fahren Richtung Apartment. Dann in der Tram Spontanausstieg als wir an einem Humana vorbei fahren. Die Blase ist voll. Trotzdem Shoppingrausch, u.a. ein Morgenmantel mit rot-weißem Muster aus Wolle. Ich erkläre der jungen Verkäuferin, die ich duze, dass ich Morgenmäntel aus Wien besser gesagt aus Humana-Läden in Wien sammle, unfreiwillig und damit bald einen Laden aufmachen kann. Ich brauche sie nicht, aber sie sind zu schön und wenn dann doch mal die Gebärmutter raus muss, dann hat man’s wenigstens schön gemütlich im Krankenhaus. Dazu kaufe ich einen gestreiften Wollrock und einen Pulli dazu, bei dem die Streifen längs verlaufen, auf dem Rock quer. Der Rock ist selbstgenäht und wollweiß-orange, während der Pulli, orange-schwarz ist und 30er Jahre mäßig ausschaut mit einer Wollschleife vorne und paspelierten Mustern an den Schultern. Heißt das so? Eine tolle Kombi jedenfalls, die astrein zusammen passt. Fast wie ein Zweiteiler. Dann noch ein Polyesterkleid, an dem ein Knopf fehlt (wird gleich verhandelt) und 3 Hüte. Volle Tüte. Der Wahnsinn. Glücklich. Später bemerke ich, dass der Morgenmantel, der aus Italien stammt für eine kleinere Frau gedacht war, wie das weinrote Kleid aus London. Da bin ich immer sehr großzügig, auch wenn die Sachen dann Mini sind an Beinen und Armen und die Taille auch sehr hoch sitzt. Das ist mir manchmal egal, wenn die Liebe zu groß ist. Dann würde ich auch einen kleineren Mann nehmen.

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Ich schaue auch einen Tag später auf den Kassenbon, weil ich nachschauen will, wie viel der Strickrock gekostet hat (ich hatte bei mehreren Teilen gehandelt) und kann dem Bon nur entnehmen, dass 7 Teile 74,- € gekostet haben, dabei sind 4 x Wühl M.P. und 1 x Angebot für 4,- €. Ich steige da nicht durch, aber der Preis erscheint mir mehr als fair.

Humana Bon

Im Apartment wechsele ich kurz den Schmuck. Mehr englisch mit Karo und Plastikblumen, die mir unten meinem neuen, seriösen Hut an der Seite rauswachsen. Dann fahren wir zum Konzerthaus am Ring. Oben seriös. Wir sind im Keller. Da haben sie den Raum mit Baumstämmen dekoriert, wie einen Wald. Wir trinken Gin and Tonics, ohne Eis aus Plastikgläsern, die überraschend gut schmecken. Es muss an der Ware liegen. Der Laden heißt übrigens Brut. SMS von Gela, dass sie im falschen Laden ist, der auch Brut heißt, wo dann später ab 23 Uhr Disko ist, meinte die Sunla, aber in 5 Minuten da sei. Sie gibt noch eine Runde aus und ich bin langsam richtig in Stimmung für die Performance. Gela hat uns Plätze in der ersten Reihe gesichert, was ich für gewagt halte, aber ich bin zu allem bereit. Dafür muss Gela mitmachen und etwas 8 andere, aber wir nicht. Der rothaarige Engländer ist schmerzbefreit, er ist fast nackt, hat sein Geschlechtsteil nach hinten gebunden und viel Lack und Gaffa-Band an und rote Körperbehaarung und wohl strengen Körpergeruch, wie Gela uns später anvertraut und erzählt von seinen Erfahrungen auf der Suche nach Sexualpartnern im Internet. Auf der Bühne liegt ein Mann auf dem Rücken auf einem Schlafsack. Ein Mikro hängt von der Decke. Er legt sich zu dem Typen und zeigt ihm verschiedenen Sex-Stellungen und fragt, wenn er Sex hätte, wäre es dann in Stellung A oder B. Der Typ, den man für einen Nebendarsteller hält, ist auch aus dem Publikum rekrutiert worden. Er erzählt wie er sich als Frau ausgibt, weil das besser ankommt und dann seine Brüste zeigen soll. Dazu werden Filmchen eingeblendet. Er rasiert seine Brust und drückt sie zusammen bis das Ergebnis für ein Foto zufriedenstellend ist. Dann soll er seine feuchte Pussy zeigen. Auch hier wieder rasierten und dann nach hinten ziehen, dass sich eine Falte ergibt und Foto machen. Dann auch noch mal mit rohem Hähnchenbrustfilets. Auch hier gelingt es ihm eine Vagina zu formen. Die Statisten bekommen Kopfhörer und müssen mitwirken u.a. muss Gela backstage mit einer Frau engtanzen im Dunkeln, l’amour hatcher. Das wird nach vorne übertragen. Immer wieder Einspieler. Filme aus England, englische Häuser. Der Performer im Baumarkt mit Dienstuniform, der den Kunden erklärt, dass es ihm scheißegal sei, wo die Holzschrauben sind (sie hatten ihn vorher gefragt) und sie informiert, dass er zum Mitarbeiter des Monats gewählt worden sei und seine Auszeichnung zeigt. Die höfflichen Engländer gratulieren ihm dann.  Dann folgt der Anruf des Typen mit dem er den Internetkontakt hat und er hat seine Stimmung weiblich verfremdet und mehrere Sätze aufgenommen, die er abspielen kann. Leider fragt der Typ, wie viele Finger er gerade in seiner Muschi hat und er kann nur sein Alter, nämlich 35 antworten. Das müsste ich für die Faschingsparty von Gela machen mit ihrer Stimme, Wiener Slang. „Gemma, gemma, gemma“ oder so Sätze wie: „einen vertrag‘ ich noch“… „schau mal, der Gespitzte“. Der Höhepunkt ist dann ein Treffen im Hotel mit dem Internetflirt. Er rasiert mit Perücke und Strapse im Vierfüßler auf dem Hotelbett mit der Rückseite zur Tür. Der Typ kommt zur Tür rein und schaut, dann noch mal (großes Fragezeichen im Gesicht) und dann reißt er die Augen auf, Panik und haut ab und der Protagonist läuft ihm nach und ruft ihm nach und die Zimmertür fällt zu. Am Ende des Stückes tanzen alle Statisten miteinander l-amour hatcher und eine Diskokugel macht Stimmung dazu. Gela tanzt mit einer Frau, was sehr überzeugend aussieht, aber die wollte die ganze Zeit abhauen, wie uns Gela anschließend verrät.

Wir gehen dann mit Gela zum Naschmarkt ist Café Amacord (?) oder so. Stephan und ich essen was, vegetarisch und Gela besorgt herrliche Postkarten von dem Laden mit einem Pärchen, so um die 60-70 beim Nacktgärtnern. Er mäht Rasen und sie trinkt Tee und hat einen Hut auf. Das Foto kannte ich schon. Ich nutze die Postkarte für einen Gruß an meine Schwiegereltern. Gela will in den Ostklub zur Lindyhopparty und wir Richtung Heia. Stephan ist bei so was immer etwas unzufrieden und würde wahrscheinlich gerne mit ausgehen und ich bremse. Noch etwas Tram fahren und dann den Tag beschließen. Das reicht mir. Stephan will etwas an den Marktständen entlang laufen. So von wegen, vielleicht entdecken wir was Interessantes. Stattdessen sind es leer stehende Buden, die abgeschlossen sind. Die Salami hängt an der Stange und wartet auf Morgen. Stephan zeigt mir noch Sunlas Atelier bei einem Pfeiffenstudio und ich bin richtig müde und werde quengelig.

11.02. Schlafe gut bis 8:45 Uhr und dann richtig ausgeschlafen. Ziehe meine neuen Altkleider an, das orangefarbene Emsemble und mein Hütchen mit dem Stephansdom drauf. Dann gehen wir los. Die Sonne strahlt wieder vom Himmel. Die Hochbahn ist wieder das Ziel. Josefstädterstraße. Wir wollen ins Café Schopenhauer. Das hatte ein Wiener uns vor Jahren empfohlen und von dem kamen immer die besten Kaffeehaustipps. So ganz untouristische Dinger, die einfach nur toll sind, z.B. Kaffeehaus am Rathaus. Die Gegend, Währingen, gefällt mir wieder. Ein kleiner Laden mit Hütchen und Handschuhen und Wäsche, aber eher so Gesundheitswäsche. Ich kaufe 2 Paar Handschuhe aus Wolle mit tollen Mustern für nur 22,- €. Ich sage, die sind dicker, wobei das heißt hier stärker, korrigiere ich mich selber, auch bei Frauen. Typische Verkäuferin, die immer „bitte, bitte, danke“ sagt und viele Verkäuferinnenfüllwörter. Der Frau vor uns, die Strickmützen gekauft hat, gibt sie noch das Papier mit rein, dann schaut’s schöner aus, is auch ganz leicht. Unsinnig ist es auch, Wollmützen mit quasi Schuhspannern auszustopfen, aber egal. Die will die Rechnung nicht und auch damit kommt sie nicht so richtig klar.  Ich komme mit ihr ins Plaudern, weil sie Pferdekram dekoriert hat und es Karottenchips für Pferde gibt, quasi gesunde Nascherei. Das sei das Hobby ihrer Chefin, erfahre ich.

Der Wochenmarkt um die Ecke ist großartig. Ganz tolle Stände mit Gemüse, gelbe Möhren, kleine, dicke Bio-Möhren, die Frauen zum Lachen bringen. Käsestände, die keinen Wunsch übrig lassen. Gemüse, was ich noch nie gesehen habe. Mir gehen die Augen über und ich denke, Nachmarkt doch in weiten Teilen für Touris, aber was soll ich jetzt mit  Brot und Gemüse? Wir gehen ins Schopenhauer und der Laden ist toll. Ein Deckengewölbe und der Raum ist auch gekrümmt, geht rund um die Ecke, interessante Form. Der Ober schaut, als müsste sie uns erklären, dass wir Krebs haben als es keine Butterhörnchen mehr gibt und sie Stephan abschlägig bescheiden muss. Ein gequälter Gesichtsausdruck. Er nimmt Apfelstrudel und ich das gesunde Frühstück bestehend aus einem selbstgemachten Knuspermüsli mit leckerstem Joghurt und Früchten. Superlecker. Es ist wenig los. Auf den Tischen wird per Flyer für spanische Konversationskurse geworben, die immer donnerstags stattfinden. Es gibt auch Tee in Glaskannen. Sehr schön so eine Teekultur und das neben der Kaffeekultur. Allein die Teekannen verbreiten eine ganz gemütliche und entspannte Atmo. Hier kann man auch als Single stundenlang herumsitzen und im Internet surfen oder lesen. Ganz Kaffeehaus. Sie haben die Öffnungszeiten etwas eingeschränkt und machen nie länger als 22 Uhr. Es ist eine früh zu Bett geh Stadt, Wien. Im Gegensatz zu Hannover, Provinz, mäßiges Essen, aber Nächte durchmachen, das geht ohne Probleme. Neben uns im Separee sitzt auch ein mittelalte Pärchen und Stephan klaut dem Mann seine Zeitung, die in eine Holzhalterung eingepasst ist, wie sich das gehört, die dieser auf einem Beistelltisch abgelegt hat als er kurz den Tisch verlässt. Ich sage: Liebling, das gehört dem anderen Mann, das darfst Du nicht machen.

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Auf dem Weg zur Tram, renne ich ein Mädchen fast um. Wir fahren zum Volkstheater und dann Josefstädter Straße und zu diesem viel beschworenen Markt mit den Ständen. Hier gibt es viel türkisches Gemüse, alles was man braucht und Geflügelstände (sehr spezialisiert, einzelne Teile des Tieres oder Eier) und Fleisch (Rind und Lamm) und dazwischen ein Wiener Würstelstand. Auf dem Yppenplatz gehen wir schnurstracks zu Stauds, da hatte ich nachts schon an der Scheibe geklebt und ich suche kleine Marmeladengläser aus mit Motiven, die mich ansprechen aus Kunst und Wiener Stadtbild für ein Hütchen. Zu dem Mann an der Kasse sage ich dann, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie froh ich darüber bin, dass ich Ihr Haupthaus endlich entdeckt habe. Sie können sich nicht vorstellen, was ich schon in Museumsshops für Phantasiepreise gezahlt haben für 3 Marmeladenportionen, nur weil ich einen Deckel wollte. Er daraufhin: wo kommen Sie her? Ich Hannover. Er: er lässt in Seesen? Sarstedt? produzieren und ein Topf habe einen Deckel. Das seien Verschlüsse. Ich sage ihm, ich sei noch lernfähig. Wir kaufen gegrillte Artischocken, Rumkirschen in Eierlikör und Piri-Piri Schoten eingelegt. 5 Marmeladengläser kaufe ich (kleine für 99 Cent) und 2 bekomme ich von dem freundlichen Mann geschenkt. Ich gehe dann noch mal rein, um ihm zu empfehlen, eine Sonderedition mit den Bildern von Lucian Freud zu machen. Das wäre herrlich, aber wahrscheinlich nicht massenkompatibel, wie wir dann gemeinsam feststellen. Er sagt, ja, sie arbeiten mit dem Kunsthistorischen Museum, aber es muss lebensmitteltauglich sein und nicht blutrünstig. Alles klar. Wir kommen hier nicht auf einen Nenner.

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Auf einmal stehe ich vor Milch. Ein Designladen, den Stephan schon gefunden hatte. Erst bedienen mich 2 Schwule, die echt schöne Röcke machen, die sehr vorteilhaft sind. Sie sind Gastdesigner bei Milch. Ich verliebe mich in die Milchproduktion und bin 3 Liter (von der Größe). Die Frau näht aus alten Männerhosen Röcke und Kleider. Ich unterhalte den ganzen Laden und sage, wie ich Staud’s eine Lucian Freud Edition vorgeschlagen hätte und der Schwanz von Leigh Bowery sei sehr schön und würde gleich Lust machen auf ein Marmeladenbrot. Neben mir kaufen 2 Schweizerinnen ein. Ich schwanke zwischen 2 Kleidern, sie sind aus breiten Streifen genäht und man erkennt die Opa-Hosen an dem Material. Der Kragen besteht aus dem Bündchen und entscheide mich dann und ein Rock nehme ich eh, der ist umgekehrt und der Hosenstall ist unten am Knie der Schlitz quasi. Da ist die Bewegungsfreiheit halt leicht eingeschränkt, aber es geht. Ich bekomme den totalen Preisnachlass wegen Sympathie und freue mich über diese Mode. Später sagt mir Sunla, die die Mode kennt, dass sie findet, dass die Sachen nicht so gut sitzen würden, der Rock im Speziellen. Ich sage, dass sind die Schwierigkeiten, die sich aus der Form ergeben, aber Abzug beim Aussehen kann ich mir leisten und ich finde den Humor dahinter viel wichtiger als noch ein gut sitzender Rock. Das ist eine universale Sprache. Streetware in San Francisco, eine politische Aussage ist es eh, aus Männerklamotten Frauensachen zu nähen und die versteht man überall auf der Welt von Istanbul bis Italien und richtig kombiniert taugt es auch als Opernoutfit. Ich bin überzeugt davon, wie man merkt.

Jetzt hatte ich mein Shopping und Stephan will in die Burgenlandvinothek. Ich begleite ihn. Erst will ich ins Sperl, aber die Zeit reicht nicht. Wir wählen zufällig den richtigen Ausgang aus der U-Bahn und sind gleich da. Ich setze mich auf die Treppe und schreibe in mein Reisetagebuch und Stephan macht seine Bestellung. Hier ist schon auf Fasching dekoriert…

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Dann nutze ich – wie immer gerne die Toilette (günstige Gelegenheit und Zeit nutzen) und mache dann einen Scherz, dass die Frauenspielecke fehlen würde. Während die Männer Wein bestellen… Ich korrigiere mich dann und sage, vielleicht gäbe es auch Frauen, die Wein einkaufen würde oder Paare würden den Weineinkauf als eheliche Pflicht absolvieren. Immerhin finde ich noch Gewürze an der Kasse, die ich kaufen kann. Dann ist unerkannt eine Frau in das Kellergewölbe gekommen. Wir stehen zu dritt an der Kasse und Stephan deutet nur aus sie, so von wegen: doch eine Frau, die Wein kauft. Sie wird dann von der Verkäuferin gefragt, ob sie ihr helfen könne und die Frau (ohne Witz): sie will ein Buch über Wein. Die Verkäuferin fragt nach: einen Weinguide oder was? Das weiß die Frau auch nicht, worauf sie von der Verkäuferin zu Thalia geschickt wird. Ich denke mir, wie geil ist das denn. Wir sprechen gerade davon, Spielecke und dann kommt eine Kundin in den Weinladen und will ein Buch kaufen!

Um 15 Uhr sind wir mit Sunl verabredet. Ich schaue in den Laden mit persischen Lebensmitteln gegenüber. Ich kaufe eine Nussmischung und Süßigkeiten mit Pistazien wegen der Dose. Neben dem Perser, Unterwäsche, die aber eher nicht in Frage kommt:

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Dann essen wir den Krustenbraten vom Urbanek mit etwas getoastetem Toastbrot mit Butter von der Gastgeberin. LECKER!! Sie holt uns ab und bestaunt kurz unsere Absteige. Dann gehen wir in ihr Atelier und ich bestaune das und bin etwas neidisch 130,- € warm? Das habe ich für meinen Platz im Gemeinschaftsatelier Fössetraße gezahlt und das hier ist eine Wohnung. Klo vor der Tür im Flur ist nicht so das Problem für mich. Sonst gibt es alles, vor allem einen sehr potenten Ofen, der feuert ohne Ende. Während mein Mann nach Hause geht, d.h. zurück ins Apartment und Sunl zu Hofer, tusche ich vor mich hin und kann gar nicht so schnell basteln, wie das Zeug durchtrocknet. Herrlich ist das!

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Ich bekomme von Sunla noch lauter tollen Modeschmuck geschenkt und darf mir was aussuchen und genauso auch was ablehnen. Es ist toll. Ein bisschen Freundinnengespräche für ein Jahr nachholen oder aufholen. Wir besprechen, was Freundschaften stabil macht und wie wir unsere beurteilen. Ich will an der Freundschaft festhalten bei allen Unterschieden, das steht fest.

Mit Sunlas schweren Einkäufen zum Antonsplatz. Gela wartet schon und es gibt Bründelmeyerrosé aus der Burgenlandvinothek. Dann gehen wir zu Meixners und es ist wieder der Knaller. Ich sage nach der Vorspeise: Steirereck wird überbewertet. In welche Kamera darf ich das reinsprechen? Faschingsdeko ist noch nicht. Ist noch Weihnachtsdeko. Ich fotografiere leider nicht die Hauptspeisen, weil die Gier siegt. Hier ist meine Vorspeise mit Avocado, dann riss die Fotolust ab…

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Wir essen Tafelspitz, so lecker, wie ich ihn noch nie gegessen habe mit ganz frischem Apfelkren, wie Kompott, sehr erfrischend (beim ersten Mal war ich enttäuscht, weil ich das in sehr scharf aus Oberfranken kannte und dachte, was ist das für eine Marmelade, aber so wie hier, macht es auch Sinn zum Fleisch) und einer Schnittlauchsoße und als zweites Gericht Beinfleisch mit Kohl, der so hammerlecker zubereitet ist. Dazu trinken wir einen sehr leckeren Weißwein. Dann gibt es 3 Nachspeisen. Schokoladenpalatschinken, Schneenockerln und Powidl mit einer kleinen Sauciere mit brauner Butter. Ich sage, der Palatschinken schmeckt hier besser als in jedem Kaffeehaus. In welche Kamera soll ich das hinsprechen? Wobei ich heute sagen muss, dass die Schokolade sehr dominant ist und Marille mehr den Buttergeschmack durch lässt.

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Am Nebentisch werden Cola-Mixgetränke konsumiert und es wird durchgehend geraucht wie in einem Jugendkeller. Irgendwie zahlen wir viel weniger, weil Andràs einen Trick mit der Bestellung angewandt hat (irgendwas internetmäßiges, was ich nicht verstehe). Trinkgeld soll man nach dem eigentlichen Preis geben! Also es war eine erhebliche Ermäßigung, die Neukunden werben soll und man muss fast ein schlechtes Gewissen haben. Ich komme darüber hinweg.

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Bei Sunla und András schauen wir eine Folge Kaisermühlen Blues. Die Ösis zeigen noch lieber nackte Frauen im Fernseher, stelle ich fest. Minutenlang sieht am sehr buschige Schambehaarung. Es ist eine Fernsehproduktion und kaum zum Aushalten. Ich weiß aber, dass ich als Norddeutsche, die nervige Tante mimen darf, die mit dem Politiker verheiratet ist und als einzige Dirndl trägt, so dass die anderen sich lustig machen: wie schaut die wieder aus? Wie Opernball. Sie bekommt ihren Bruder aus Bremen zu Besuch, der Minipli trägt und will ihren Mann mit dem eifersüchtig machen: „komm, schnell, zieh Deine Hose aus.“  Erst haben wir Pech mit der Tram, die nur eine Station fährt und dann nehmen wir die falsche, die abbiegt, aber alles wird gut und die Laufstrecke zurück zum Reumannplatz war nur kurz.

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12.01. Aus den Zeitungen, die Sunla für mich gesammelt hat, mache ich schnell noch Collagen. Dann Probepacken und wiegen. Aus 8 kg (Hinflug, leere Koffer, sind 23 geworden) dabei habe ich Pago zum Teil schon vor Ort gekillt. Wir haben ein neues Kaffeehausziel. Das Café Hummel. Josefstadt. Tram hält vor der Tür. Später entdecken wir, dass es auch einen Nichtrauchereingang gegeben hätte. Das quält am Morgen, andererseits finde ich Raucherbereich an sich super, wenn man sieht wie überglücklich diese Raucher sind, wenn sie zum Kaffee ihre Zigarette rauchen dürfen und dabei wie Menschen behandelt werden und nicht in Plastikzelten vor der Tür kauern müssen dabei. Ich finde das durchaus lobenswert, stehe aber auf strikte Geschlechtertrennung zwischen Raucher und Nichtraucher. Sehr leckere Eier im Glas, dann ein Paar Sacherwürste und eine Germknödel mit Mohn.

DSC02448Hummelserviette mit Anna Germknödel im Hummel mit Stephan 2Germknödel nah DSC02449

Die Ösi-Frau am Nachbartisch ist total anstrengend und labert den Typen ohne Punkt und Komma voll. Sie will lästern und erzählt vom ganzen Bekanntenkreis. Der muss viel aushalten für Sex, denke ich mir. Ein älterer Typ, der in Protokollen liest und eine interessante Wurst- und Käsestulle mit Gewürzgurke bekommen hat auf der anderen Seite hat eine total schlecht erzogenen Hund, dem er ganz viel erklärt und ihn fürs betteln belohnt, indem er vom Tisch gefüttert wird. Gut, das ist auch ein Profi-Bettler, eine weiße dicke Wurst mit Glubsaugen. Der fängt dann an wegen eines anderen Hundes zu nerven und Herrchen: „Ja, Du willst zu der Dackeldame“. War dann auch noch ein „Dackelherr“. Oh Mann!  Die Wiener sind so was von dog lovers und so wenig pack leader das es fast schon weh tut. Die lassen sich selbst von einem King Charles Spaniel kurz und quer über den Bürgersteig ziehen. Das muss man erst mal schaffen!

Auf dem Weg zu den Toiletten ein „Kraft der Steine“ Automat.

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Wie kriegen die richtige Bim und fahren zum MAK.

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Da ist Designausstellung. Die Schließfächer sind alle besetzt. Die Frau an der Garderobe meint, das seien unsere Landsleute, die oben im Lesesaal sitzen würden (Studenten quasi). Ich sage: „ich gehe gleich hoch, mich beschweren“. Das macht ihr Angst. Es wird Jugendstil als Inneneinrichtungsform gezeigt, die Lampen, Vasen, Bestecke, Möbel, Kissen, Teeservice usw. Nur eine nervige Führung stört etwas. Der Typ hatte uns daran gehindert falsch herum in die Ausstellung zu gehen (so nach dem Motto, sonst versteht man es nicht?) und so waren wir seinen Erklärungen ausgeliefert. Beim Rausgehen will ich der Frau an der Garderobe sagen, dass ich den Studenten oben erst mal richtig einen Einlauf gegeben habe von wegen: geht ins Kaffeehaus, wenn hier surfen und abhängen wollt, aber es war Schichtwechsel in der Zwischenzeit.

An der Bimhaltestelle am Ring will ich Ergänzungstickets für den Flughafen kaufen und sehe eine Frau direkt auf mich zulaufen und denke, sie braucht ein Ticket und die Bahn kommt gleich und ich daddel hier am Automaten rum und mache gleich den Platz frei und erkenne sie nicht. Es ist Julia mit einer Mütze auf, die Gela und Dagmar im Schlepptau hat. Lustig, dass man sich zufällig trifft. Gela und Dagmar wollen spazieren und wir fahren ein paar Stationen mit Julia und steigen am Sperl aus. Unsere letzte Station. Stephan isst 4 Strudel. Der Apfelstrudel ist schön wie venezianisches Glas.

DSC02457 DSC02456 DSC02458 DSC02459Apfelstrudel nah Apfelstrudel

Ich sage, es sei unfair zu behaupten, der Palatschinken bei Meixners wäre besser als im Kaffeehaus, wenn wir ihn im Sperl noch nicht probiert haben. Wir müssen dem Sperl eine Chance geben. Leider gibt es keine. Stephan fragt, was man dann machen könne und bekommt Strudel mit Vanillesoße. Das gibt es hier sonst nicht so.

DSC02460Apfelstrudel mit Vanillesosse 2 Apfelstrudel mit Vanillesosse 1

Ich esse einen Caesars salad, der auch nicht von schlechten Eltern ist.

DSC02461Cesar Salad

Am Nachbartisch sitzen zwei junge Studentinnen, die sich ganz lange an ihren Bestellungen festhalten und die Frage der Bedienung, ob sie den Tisch am 17:30 Uhr vergeben darf einfach kackfrech verneinen. Es ist 14 Uhr. Darüber rege ich mich dann schon auf und denke, es wird zu sehr ausgenutzt das laissez faire des Kaffeehauses. Die haben schön ihre Laptops gegeneinander aufgeklappt und schreiben irgendwelche Arbeiten und recherchieren dazu im Internet und trinken in 5 Stunde einen Kaffee und eine Limo. Frechheit. Man hätte das nicht als Frage formulieren sollen seitens der Bedienung, sondern einfach sagen, der Tisch ist ab 17:30 Uhr reserviert. Aus die Maus. Na ja, das ist wieder norddeutsch. Eine andere Schlampe, die umzieht und einfach ihren Mantel hängen lässt und so einen ganzen Tisch blockiert schwärze ich gleich an mit Fingerzeigen, wer hier der Übeltäter ist. Das ist Stephan schon ganz peinlich, angeblich eine schlechte deutsche Eigenschaft. Leute anschwärzen. Ich meine, man muss die richtigen anschwärzen. Aber dann wieder Diskussion, wer sind die Richtigen. Das hat schon was Bestechendes. Manchmal kann ich halt nicht anders. Vor allem liebe ich die Bedienungen, gerade im Sperl. Unser muss unsere pervers take away Gelüste ausführen. Ich zeige die Tupper. Sie bringt es auf Pappe und Folie und ich mache das wieder kaputt, weil ich weiß, was mit dem weiche Kuchen im Flieger passiert und das ist nicht schön, tut aber dem Geschmack keinen Abbruch. Rein, immer rein, da passt noch was rein..

Strudel in Tupper 1

Im Gegenteil in Hannover überlege ich mir Extrabestellung fürs Sperl nächstes Mal: einen Topfen- und einen Apfelstrudel im Glas! So zusammengematscht ist das Zeug noch leckererer. Ich hoffe, die Wiener stehen auf Extrabestellungen. Habe mir auch überlegt, dass die die Soßen vom Tafelspitz im Meixners zu den anderen Fleischgerichten einfach dazu bestellen. Beinfleisch mit Apfelkren und Schnittlauchsoße. Mhhhh. Auch Gela und Dagmar werden Zeuginnen der deutschen Verfressenheit. Stephan sitzt wie beide am Fenster vorbeilaufen. Wir sitzen im toten Winkel. Ich springe schnell nach draußen und tatsächlich waren sie auf der Suche nach den Kaffeehausjunkies aus Deutschland. Dagmars Steinpilzrisotto sieht gut aus und riecht gut, aber meine Kapazitäten sind erreicht für den Moment. Wie Claudia schrieb auf die Mehlspeisenfotos hin: wir treiben es hart. In 6 Wochen sind wir wieder da. Da fällt der Abschied nicht so schwer. Doch Kanarienvogel auf Gelas Party. Ich will so gerne einen guten Auftritt hinlegen.

Im Apartment wird gepackt. Wir durften bleiben und schmeißen den Schlüssel in den Briefkasten. Unkompliziert wie alles an diesem Arrangement. Man kann basteln wie man will und muss sich keine Gedanken machen dass alles explodiert ausschaut. Überall verteile ich mich sonst und stelle Freundschaften auf harte Belastungsproben. Beides hat seine Vor- und Nachteile. Ich hatte mich schon darauf eingestellt, dass ich den Morgenmantel unter meinen Mantel tragen muss und dann wirklich aussehe wie eine Rolle, aber ich hätte es gemacht. Ich habe Glück bzw. einen sehr großen roten Koffer mit fast unbegrenzten Kapazitäten. Als wir schon aufbrechen wollen, höre ich klack-klack Geräusche und gehe zum Fenster. Es sind tatsächlich die Fiaker, die hier in den Betriebshof gefahren werden wenn sie Dienstschluss haben.

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Auf dem Weg zum Flughafen ist der Himmel so schön rosa und blau. Ich hätte mehr Wien fotografieren sollen denke ich wehmütig!

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Ich habe was Wichtiges dazu gelernt:

HERNOIS IST OIS

kann ich aus voller Überzeugung bekunden. So lautet das neue Motto. Vielleicht auch mal Abenteuerurlaub im Atelier. Jedenfalls bin ich dankbar, dass das erst Teil 1 war und ich wieder kommen darf so bald. Es fehlen nur unsere Fahrräder! 3 Tage Wien war wie eine Woche. Ich will nächstes Mal auch noch mal ins Gartenbaukino. Die Zeitreise in die fünfziger, aber XXL und dann OmU Filme. Ich bin im Himmel! Wir hatten Django unchained geguckt und ich habe noch vor dem Film (wegen der Gewaltszenen) bereits Visionen gehabt, wie ich auf dem Beifahrersitz mit einem Lkw gegen die Scheibe fahre, die zerbricht während meine maskierte Bande blitzschnell reinrennt und mir alle Möbel, die nicht niet- und nagelfest sind rausholt.

Hier einiges meiner liebsten Anblicke in Vienna: die Schaufensterauslage in Arbeit:

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Lustig war übrigens noch, wie die Ösis auf Angelas Skiunfall reagiert haben. Das war leider ungeeignet für eine Postkarte. Es war so der Tenor, in Mathe und Russisch Überflieger, aber mit dem Sport hat sie’s nicht so, eher Pumpe.

Der Strudel zuhause:

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