03.10. Herrlicher Herbst. Blumen sind gekauft. Butterschale ist ausgemustert. Wir fahren nach Eilvese.
Zuerst geht es am Bahnhof in Eilvese zu Sylvia, einer Verwandter von Stephan und Mutter von dem Schatz unseres Herzens, Constantin, der leider nicht mehr unter uns weilt, aber doch in unseren Gedanken und Herzen ist. Sie hat heute Geburtstag. Die Blumen, die sehr groß sind und daher demonstrativ gehalten werden müssen, sind nicht für sie, obwohl sie herrlich in die neu dekorierte Küche mit violett an den Wänden gepasst hätten. Dafür gibt es überteuerte Espressosahnetrüffel aus dem Bahnhof und Ketten von mir zur Auswahl. Das Geburtstagkind nimmt 3 Stück.
Der aufgeregte Jagdhundmischling zerkaut und zerstört sein Bett. Meine Schwiegermutter holt uns ab und sagt so tolle Sachen wie: vorgestern haben wir Beton gemacht. Ich kann nur berichten, dass wir vorgestern Milchreis gemacht haben, aber so ähnlich klingt das bei ihr. Heute sind wir allein mit meinen Schwiegereltern und keine andere Geschwisterkinder oder Anhang sind mit von der Partie m.a.W sehr ruhig. Es gibt Hochzeitssuppe mit Eierstich, Mettklöschen, Blumenkohl und Spargelstücken und Buchstabennudeln, mit denen ich versuche Wörter zu schreiben auf meinem Suppenlöffel. Dann gibt es Hühnerfrikassee und später Kaffee und Kuchen. Mein Schwiegervater hat Halsschmerzen und Schluckbeschwerden und wir wurden gebeten, was mitzubringen, wenn wir was hätten. Das sind aber eher Bonbons. Meine Schwiegermutter findet auch Ketten aus denen, die ich ausgemustert habe und das freut mich besonders.
Der Garten ist eine Baustelle. Auf dem Familienfest im Mai hatten sie uns einen Gartenplan gezeigt und das sah alles ganz harmlos aus. Runde Kreise, die ich für Blumenkübel oder so etwas gehalten habe, aber das wird der Sache nicht ansatzweise gerecht. Hier wird schwerstes umgearbeitet und sie machen es in Eigenregie so nach dem Motto, die Firma wollte einen Kostenvoranschlag machen und als der nicht kam, haben sie beschlossen, dass sie es einfach selber bauen und dann halt Beton machen, wie andere Milchreis. Baustellenbesichtigung. Ich sage, es sieht aus wie ein Swimmingpool mit zwei Jacuzzis.
Ich frage meine Schwiegermutter nach Stoffresten so nach dem Motto: zeig mir mal was Du hast und ich nehme mir dann, was ich gebrauchen kann. Ich „erbe“, d.h. nehme mir so einen trachtenartigen Rock, der gepfuscht genäht wurde, aber von Stephans Oma. Sie ist nähmäßig mein Vorbild mit so einem gesunden Pfusch. Ich werde ihn in Ehren halten. Ein schönes Stück Samt (Möbelstoff) mit Blütenmuster und eine Borte nehme ich auch mit und eine bunte Schürze für die Bar, Limmerstraße. Dorthin habe ich meine exquisite Schützensammlung aufgelöst und die Mädels, zumindest früher, haben sie gerne getragen und ich habe mich gefreut, das zu sehen. Win-Win-Situation, quasi. Am späten Nachmittag fährt sie uns wieder zur Bahn. Wir fahren nach Hause und ich mache mich daran einige Ketten umzuarbeiten.
Dann gehen wir ins Kino und surfen noch etwas auf unserem Gruppentagesticket und schauen uns Liberace an. Der war in meiner Kindheit und Jugend in den USA schon ein Begriff. Wir essen Chips und eine Packung Toffifee. Vor dem Kino am Raschplatz staut es sich, als alle reinströmen gibt es keine Sitzplatzkonkurrenz. Die Schwulen, d.h. Pärchen und welche mit weiblichem Anhang drängen sich alle nach hinten und wir und das andere Heteropärchen sitzen vorne. Strenge Apartheit im Kino. Der Film ist gut und überzeugt mit schauspielerischer Leistung. Die haben nach dem Umbau unheimlich in die Klos investiert und selbst nach der Vorstellung , wenn alle Frauen gehen, entsteht keine Schlange. Wir gehen noch zu unserem Lieblingstürken, den ich immer mehr liebe. Man begrüßt uns schon als wären wir Stammgäste bei unserem vierten Besuch. Stephan will keine Milch zum Künefe und bekommt diesen abartigen giftgrünen Tee. Soll das Apfel sein?
Zuerst hatte ich ja geschmollt, weil wir nicht weggefahren waren und ich muss feststellen, dass ich gar nicht mehr sagen kann, wann ich zuletzt am 03.10. in Deutschland war und ob überhaupt, es muss ewig her sein, dafür kann ich mich prima an die herrlichen, verlängerten Wochenenden in Istanbul und Barcelona erinnern mit herrlichstem Wetter, aber auch hier war der freie Tag zwischendurch richtig prima und ich habe es völlig genossen. Muss man nicht immer wegfahren. Wenn man hier ist und dann Freitag wieder arbeiten geht, nimmt man den Feiertag überhaupt erst wahr. Bei so einem Urlaub, verlängertem Wochenende merkt man ihn gar nicht, so aber merkt man ihn gut und ist richtig schön verwirrt, davor und danach. Satt und glücklich und nicht allzu spät gehe ich zu Bett.