Essen und Essen

Bei herrlichstem Sonnenschein machen wir unseren Büroausflug nach Köln. Am Vierertisch nebenan sitzen 2 ältere Pärchen, die auch daher kommen wie ein Büroausflug, spaßfrei trotz Lachbonbons, die verzehrt werden von den rüstigen Rentnern. Ich rege mich auf über das Bahnurteil. Mein Rechtsverständnis ist damit wieder einmal nicht kompatibel. Die Bahn muss entschädigen bei höherer Gewalt? Und wer zahlt denn den Autofahrern Schmerzensgeld, wenn sie vor lauter Baustellen Stunden später als geplant ankommen? Ich kann es nicht begreifen.

Wie immer staunen wir über den Kölner Dom, steigen dann aber ins Taxi. Der Fahrer versprüht keine Kölner Unterhaltsamkeit, sondern hat ausgesprochen schlechte Laune. Mein Kollege fragt, wie das Fenster hinten zu öffnen geht. Erst ignoniert er die Anfrage und sagt dann auf eine erneute Nachfrage kurz angebunden und grantig: „wir sind gleich da“. Das muss reichen und es ist sein Fahrzeug. Das Chelsea Hotel

DSC01006 DSC01007 DSC01008 DSC01009 DSC01010 DSC01011

sieht uns nur kurz, denn wir haben eine Mission. Das Le Moissonnier, eines unserer (d.h. Stephans und meiner) Lieblingsrestaurants in ganz Deutschland.

DSC01028 DSC01029

Daher auch mein heutiges Outfit. Ganz klar: ich will mich einschleimen, auch wenn es eher die belgische Flagge ist, die ich in Herzform als Hütchen trage. Ich bin zuversichtlich, dass die Botschaft verstanden wird. Der Laden ist schön, locker und lecker. Wir laufen zu Fuß dort hin und schauen uns auf dem Weg Köln an. Es gibt viel Fitness und Piercing im Belgischen Viertel. Der Laden „Body Consult“ mit drei muskelbepackten Kerlen davor gefällt mir besonders, aber auch in anderen Läden kann man durch Schaufenster sehen wie Männer, die total verkabelt sind irgendwelche körperlichen Übungen machen und das offenbar gemessen und aufgezeichnet wird (Fitnessanalyse?).

DSC01020 DSC01021 DSC01022 DSC01023

Es werden auch Fotos gemacht vor Häusern, die ich als typisch Köln empfinde und deklariere (Klinker, halt)

DSC01025

und immer wieder der Dom am Ende der Straßenschlucht als Kulisse.

DSC01027

Nach kurzem Blick in die Karte, zuerst in die Aperitifkarte, die ich so liebe, dann in die andere, entscheiden wir uns für das Menü. Ich bekomme zu meinem Aperitif so eine lustige Gabel, damit ich die Kirschen im Champagner harpunieren kann. Ich frage nach um zu erfahren, dass es sich um eine Austerngabel handelt.

DSC01034 DSC01031 DSC01035 DSC01036DSC01038

Wir werden nicht enttäuscht und das Essen hat sich sogar noch gesteigert gegenüber den Vorbesuchen. In der Vergangenheit waren die in drei Teilen servierten Gänge z.T. sehr klein und fast kalt und man hatte etwas den Eindruck lauter Grüße aus der Küche zu essen und ich weiß, wie toll hier Fisch zubereitet wird und wollte daher eigentlich eine Fischvorspeise in á la Carte Größe und ein Fischtagesgericht, so richtig viel und befriedigend, aber das Menü lockt doch und die Entscheidung muss tischweise gefällt werden. Kalbsleber mit Minzöl, Senfeis, Rohkost u.a. mit rote Beete und Zwiebelringen, die Vorspeise ist schon mal köstlich und mein Bedauern, dass es keine Gänsestopfleber gibt, ist sofort verflogen.

DSC01043 DSC01044

Dann geht es weiter mit Thunfisch, Sashimi-Style mit Meerrettich und Kokosflocken, gratinierte Muscheln und einer lackierten Sardine bei der der Schwanz hinten nur angelegt ist zur Deko (easy eat, wie der Japaner sagt). Ich bin aus dem Häuschen vor Freude.

DSC01046 DSC01047 DSC01048

Der St. Petersfisch, ganz glasig ist der Hammer und auch der Zwischengang, eine moderne Interpretation einer Paella mit Puffreis und einer kleinen Sangria im Schnapsglas (irgendein Alkohol mit Mango oben drauf) dazu ist sehr gelungen. Ich bin durch den Alkohol gelockert und halte mir vor Überschwung das Buttermesser an die Pulsadern. Es hat einen dicken Holzgriff auf dem es sogar prima stehen kann und keinen Teller benötigt.

DSC01049 DSC01051 DSC01058 DSC01057 DSC01053

Dann gibt es Kaninchen mit orientalischen Gewürzen und Auberginenmus und Couscous. Wir teilen uns einen Käsegang (Kümmelgelee zum Neutralisieren) und dann gibt es Nachtisch. Walnussbrownie und Cheese Cake als Nachspeise, ohne Kuchenteig, sowie die üblichen Leckereien aus der Küche zum Kaffee.

DSC01063 DSC01064 DSC01065 DSC01068

Auch die Weinbegleitung ist gut und wir sind erneut überzeugt von dem Laden. Der Inhaber fragt mich beim Gehen was eine Berufsbetreuerin sei und schaut mitfühlend und sagt was davon, dass ihm immer die Familien leid tun würden.

Ich und noch mehr mein Kollege sind in Tanzstimmung. Der Student, der uns an diesem Abend begleitet, weiß aber auch nicht, wo hin mit uns. Diverse Läden mit Schlangen vor der Tür, grässliches Jugendvolk, Tussis mit French Nails und „Damen umsonst“ schrecken uns ab und so landen wir im Hallmackenreuther, wo man zwar nicht tanzen kann, aber die Musik gut ist.

Ich schlafe nicht so gut und brauche dringend einen Kräutertee. Den bestelle ich unten im Café und schütte ihn zu dem Leitungswasser in meine Sigg-Flasche. Wir frühstücken bei Schmitz, einer ehemaligen Metzgerei, in der es viele Quiche und Kuchen gibt. Ich sitze im Schaufenster und die Sonne wärmt meinen Rücken.

DSC01074

Der Metzger-Laden gehört zu dem Café nebenan, welches viel größer ist und ganz nostalgische Toiletten hat.

DSC01075 DSC01076

Gegenüber ist ein toller Ballonladen, aber die Ware ist leider zu unpraktisch für Reisende. So gerne hätte ich mir einen kleinen Corgie-artigen Hund gekauft….

DSC01077 DSC01078 DSC01079

Nach einem Besuch im Magazin, einem Möbelladen, für mich etwa genauso spannend wie Ikea, müssen mir alle zum Uni-Viertel auf einen Flohmarkt folgen.

DSC01080 DSC01081 DSC01082 DSC01083DSC01085 DSC01086 DSC01088

Auf dem Weg dorthin wird ein Straßenfest aufgebaut. Ich kaufe ein Buch aus den 50er oder 60er Jahren über Haustierhaltung für Kinder. Die Aquarien und Terrarien sind winzig klein und darin soll man Feuersalamander halten?  Papageien kommen darin genauso vor wie diverse Äffchen und eine griechische Landschildkröte, jeweils mit Haltungstipps. Es gibt zwar noch Zoos, aber die Zeiten haben sich doch etwas geändert, stelle ich fest. Nicht einmal Rihanna darf so was noch!

Auf dem Flohmarkt gibt es Karnevaldevotionalien und Vieles mehr, auch einen tollen Blick.

DSC01084IMG_5525 IMG_5526

Vor der Abfahrt zieht es die Gruppe in den Dom. Ich warte mit dem Gepäck vor der Tür. Ja, es muss wirklich ziemlich nach einem Wunder oder einer religiösen Erscheinung innen ausgesehen haben, aber mir reichen die Bilder auf dem Bildschirm der Kamera. Ich bin faul, auch wenn der Zauber wirklich gut ausschaut. Es sind die Glasfenster von Gerhard Richter, wenn ich es richtig verstanden habe.

DSC01090 DSC01091 DSC01096 DSC01097 DSC01098 DSC01099 DSC01100IMG_5527

Andererseits sieht es auch zu niedlich aus, wie ich auf der Domplatte warte mit dem Gepäck. Dabei lese ich mein neues Haustierbuch….

DSC01101 DSC01102IMG_5536

Mit einem Regionalzug geht es nach Düsseldorf und dann nach Essen. Im Zug ist es voll. Auf einem Viererplatz sitzt eine Frau mit dunklen Haaren, die einen Werbeballon trägt und Dienstbekleidung mit Werbung hinten auf dem Rücken und denke sofort: die kenne ich von Shopping Queen. Das ist peinlich, aber wahr. Manchmal wenn ich am Basteln war am Wochenende lief das und es war auch die Sendung aus Düsseldorf mit dem Thema „Traumhochzeit“ und sie war als erste dran und hat sich ein ganz spießigen, weißes Kleid ausgesucht und an den Outfits der anderen immer viel rumkritisiert (sie hat aber Gott sei dank nicht gewonnen, sondern ist zweite geworden). Sie hat Hasen als Haustiere und lebt mit ihrem Freund zusammen in einer kleinen, hässlichen Wohnung. Ich sage Stephan nichts, aber als die Frau aussteigt, sagt Stephan zu mir, guckt man cool, die kann japanisch. Auf ihrem Namensschild steht Franziska mit einer japanischen Flagge als Zeichen, dass sie diese Sprache spricht und ich erinnere mich daran, dass es in der Sendung auch Thema war, dass sie japanisch spricht und einen Satz auf japanisch sagen sollte und der Vorname stimmt auch. Die Bestätigung meines Verdachts, quasi.

Die Freundin und der jüngere Sohn holen uns vom Bahnhof ab. Wir wollen keine Eisdiele, sondern lieber gleich mit dem Gepäck mit dem Taxi zu unserer Gastfamilie. Der Taxifahrer überholt einen Bus, der gerade nach Blinken ausschert, nachdem er an einer Haltestelle gehalten hatte, aber wir überleben knapp. Die Freunde wohnen steil am Hang, es gibt dort einen schönen Blick vom Balkon und auch leckeren Kaffee. Die Gastgeberin nimmt zwei Blazer aus meiner Sammlung und ich bin glücklich, dass sie ihr so gut stehen. Ich nenne den jüngeren Sohn mal „Häh?“, weil das fragt er gerne und ich habe diese Eigenschaft von ihm übernommen. Häh will Star Wars Quartett spielen und sagt die Zahlen 6 und 7. Das sind dann Siebenundsechzig Abwehrpunkte von dem Jedi-Ritter.

DSC01109

Beim Autoquartett (Autos 1976, mein Gastgeschenk neben Manschettenknöpfen für den Vater, dessen Sammlung ich bei jeder Gelegenheit auffülle und einem Schlüsselbundanhänger aus Paris mit Tennisschläger und Perle als Ball, seit frühster Jugend schenke ich dem Vater Tenniskitsch)

DSC01104

können wir nur oben, d.h. Zylinder (geht wohl bis 8) oder unten Türen(geht bis 4) als Kategorien nehmen. Dazwischen will Häh mit Stephan tollen. Er nennt ihn Steffi und Steffi ist der Bär, auf dem er kreischend herum klettert. Die beiden sind herrlich zusammen und es gibt eine tolle Fotoserie, die ich allerdings leider nicht verwenden darf an dieser Stelle. Daher mache ich Übersprungsfotos im Kinderzimmer…

DSC01112

Vater und der ältere Sohn V. kommen am späten Nachmittag von einem Tennisturnier des Sohnes wieder. Ich sage, was den ganzen Tag Tennis gespielt und Morgen vielleicht noch mal? Das lässt sich doch vermeiden durch Bälle ins Aus schießen und dann kann man das Elend schneller beenden. Der junge Spieler hat Ehrgeiz und würde das nie tun. Seine Freunde klingeln und wollen noch in den Wald. Das geht nicht, weil der Babysitter erwartet wird. Der tapfere Babysitter wird tatsächlich noch einen kurzen Spaziergang mit den Jungs und dem Freund in den Wald machen an diesem Abend.

Wir fahren zu der Lesung eines Freundes. Dieser liest in einem putzigen kleinen Laden, der wie eine Wohnstube eingerichtet ist.

DSC01129 DSC01130 DSC01132 DSC01133 DSC01136

Die Wirtin hat kein Bier kalt gestellt. Außer uns ist noch ein weiteres befreundetes Pärchen anwesend. Unser Gastgeber sagt seinem Freund, dass wir einen Tisch vorbestellt haben und nur ca. 1 Stunde Zeit. Dieser scheint schwer enttäuscht und muss jetzt seinen ganzen Plan ändern. Erst mal isst er Bratkartoffeln, die nach 10 Minuten angeblich noch zu heiß zum Verzehr sind. Dann kommt die Poetry Slam-artige Geschichte, die davon handelt, dass der Autor immer wieder Frauen rettet, die den Drogen und dem Alkohol verfallen sind vor diesen Substanzen und ihrem fiesen Ex-Freunden und ihnen dann die Wohnung einrichtet mit schönen Retro-Möbeln. Statt ihm das zu danken, verlassen sie ihn dann bald und flüchten zurück in ihr altes Leben, der Hölle, aus der er sie errettet hatte. Er bleibt zurück und wundert sich. Stephan und ich teilen uns ein Schnittchen, d.h. eine Luxusknifte und trinken Weißwein.

Wir hatten im Vorfeld mit einem Japaner in Düsseldorf geliebäugelt, aber das ließ sich so spontan nicht umsetzen. Wir gehen noch mal französisch essen und das Menü für 56,- € muss gelobt werden. Rotisserie heißt der Laden. Das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt und ich esse gegrillten Ziegenkäse mit warmem Ratatouille-Salat (große Stücke), Ingwersorbet mit Vodka als Zwischengang. Kalbfleisch, rosa und zart 3 kleine Stücke auf Trüffelnudeln und dann entscheide ich mich statt für das Creme Brulée für Ziegenkäse mit Asche und dazu einer überbackenen Feige. (Ich habe mich hier gegen erneute Essensfotos entschieden).

Zuhause gehen wir bald ins Bett, nachdem der Babysitter ausgelöst wurde. Sie schaut Sportschau und 11,- € müssen vom letzten Mal verrechnet werden.

Schreibe einen Kommentar