VAGINA

12.01. Abends Schweizer Cracker und Käse aus Wien. Bewundere meine Lebensmitteleinkäufe. Der abgeranzte Blütentee und die Billa-Einkäufe. Die Pfefferminzbonbons sind mir allerdings zu scharf. Die bekommt meine Schwiegermutter.

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13.01. Ich sitze in einem Berg voller Post. Herr Ihme ohne Termin. Bringt mir Unterlagen. 2 mal polizeiliche Anhörung wegen Schwarzfahren und die Krankenkasse will ihn rausschmeißen, weil er 23 geworden ist. Das Schreiben stammt von Mitte Dezember. Die sollen mir schreiben, die Deppen.

Meine Betreute Afrikanerin nimmt die Spritze nicht. Ich fahre spontan ins Frauenwohnheim. Es geht ihr gut. Sie hat einen Korb geflochten und einen Perlenvirus gebastelt, den ich gleich lobe. Beides Ausflüge in die Ergo, die sie eigentlich ablehnt. Ich erkläre ihr die Risiken, dass ich eine erneute Einweisung beantragen muss, wenn sich das ändert und es sei ihr immer zeitnah schlechter gegangen, wenn sie die Medikamente nicht genommen habe. Das hätten wir mehrfach erlebt. Sie sagt, ich soll optimistisch bleiben und das wäre sonst o.k. mit der Klinik. Sie will Gespräche führen und, dass die das dann beurteilen, wie es ihr geht. Außerdem will sie eine christliche Therapeutin. Ich sage, erst mal wichtig ist, dass die gut ist, sie will ja keine Kinder mit der Zusammen erziehen und wenn die Brötchen schmecken, dann ist die religiöse Orientierung des Bäckers zweitrangig. Sie lacht und hält dann einer Mitbewohnerin die Tür auf. Das ist für mich ein guter Kompromiss, den wir der zuständigen Mitarbeiterin des Wohnheimes gemeinsam erklären. Ich hoffe, dass ich sie dann auch noch lenken kann, wenn es wieder bergab geht und versuche ihr auch diesen Ansatz näher zu bringen. Heute bekommt sie von mir die Bescheinigung „gesund“, dass alles gut ist. Wenn es ihr schlechter geht, kann man nicht mit ihr reden und dringt nicht zu ihr vor. Sie ist dann in ihrer eigenen Welt, erkläre ich ihr. Es müsse nicht immer mit Feuerwehr ins Krankenhaus. Ich bin 15 Minuten entfernt, wenn ich mich auf mein Rad schwinge und kann sie auch zum Arzt begleiten oder auch freiwillig ins Krankenhaus. Diese Worte soll sie noch mal berücksichtigen und ja, ich bin immer optimistisch und will, dass es ihr gut geht.

Mittag zuhause den kranken Mann versorgen, der mit Grippe im Bett liegt. Bei ihm sind 38 ° wie bei mir 41. Ich habe Obst und Gemüse gekauft und bereite gegrillte Paprika von für den Abend. Lecker sind die geworden in der Pfanne angeröstet mit Knoblauch und Essig, etwas Zucker, Salz und Pfeffer. Mein Cousin ruft mich an wegen der Familienfeier. Stadt Hotel Gernsbach sage ich nur.

VAGINA.

VAhrenwalder

Gegen die

Inflationäre

Nutzung von

Abkürzungen. Wie geil ist das denn? Ich liebe es und weiß, warum ich in Hannover lebe. Das ist genau mein Motto.

Eine Betreute braucht diese Woche früher Geld für Medikamente, eine andere ist krank und sagt den Termin schon das dritte Mal ab.

Endlich mal wieder schwitzen im meinem Sportstudio. Wie herrlich. Auf Plakatwänden prangt: „Happy Birthday, Elvis“. Macht man das? Einen Toten zum Geburtstag gratulieren als wäre nichts? Ich weiß nicht. Noch was: Immer wenn ich am Lichtenbergkreisel nach Hause fahre denke ich an die leckeren Kardamon-Kekse, die es dort gab mit ganz viel Butter und die ich dort – auch für Zuhause gekauft habe. Dann war der Koch/Bäcker weg und ich verzehre mich nach den Keksen. Mal eine Chiffre-Anzeige in der Haz. „Suche den Kardamon-Pistazien-Keks-Bäcker, der mal im Zweitladen von Frau Weißwein- und Lachbar am Lichtenbergkreisel gebacken hat. Bitte melden, ich vermisse Dich und will privat was mit Dir anfangen“….

Wienheimweh. Vorstadtweiber. Schlafe im Gästezimmer.

14.01. Die Akustik unserer Nachbarn von unten ist vom Gästezimmer aus eine andere. Versorge meinen Mann, treffe den Weihnachtshund und fahre zum Landgericht. Meine Betreute wartet mit ihrem Nachbarn vor dem Sitzungssaal. Sie hat Angst, soll ihn einfach „net amol ignorieren“. Die Ex sitzt im Zuschauerraum und berichtet uns alles. Sie ist da, weil sie sehen will, wie er eine Kelle bekommt. Hat ihr damals in den Bauch getreten als sie schwanger war. Wir erkämpfen Zeugenentschädigung für die Begleitperson. Die Protokollkraft begleitet mich nach oben und wir fragen bei der Fachfrau der Zeugenerstattung. Der Richter hatte schließlich sogar die Übernahme von Taxi-Kosten angeboten. Ich gebe ihr ihren Pflegebescheid. Sie hat jetzt Pflegestufe I seit Dezember und bekommt Geld. Der Nachbar soll auch was abbekommen. Das ist ihm egal, wie er sagt. Er macht es so. Das weiß ich ja, hat er ja schon bewiesen, aber es wäre doch eine nette Anerkennung und die Tochter will mit ihm teilen. Ihre Aussage wird nicht mehr benötigt. Es wurde offenbar ein Deal gemacht mit der Staatsanwaltschaft und er kommt nach Hameln ins Betreute Wohnen. Jetzt haben beide Frauen wieder Angst und der Nachbar, dick mit abgekauten Nägeln, der 11 ½ Jahre gesessen hat weil er einer alten Frau, die für 20 Mark ausgeraubt wurde zur Hilfe gekommen ist und dabei wohl übertrieben hat und Kampfsport konnte und daher gleich abgestempelt wurde, versteht die Welt nicht mehr.

Auf dem Rückweg 2 neue Wienhandtücher mit Apfelstrudelrezept und Rahmstrudel (noch passender als Gugelhupf), aber wer hätte gedacht, dass ich davon noch 2 bekommen würde (zu je 50 Cent).

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Für weitere 50 Cent kaufe ich ein Stofftier, was ich ausschlachten will für ein Faschingskostüm. Suchte eigentlich nach einer billigen Möglichkeit an grauen Zottel für die Eselsohren zu kommen. Fühle mich ziemlich genial mit der Idee. Statt teuer und neu: Stofftier töten. Bauch von Stofftier aufschneiden, ist große Freude für mich und mal sehen was da noch alles abfällt.

Beim Post sortieren fällt mir die Psycho-Zeitschrift in die Hände und ich denke, den Malstil kenne ich und tatsächlich, es ist Josef Wittich, den ich seit L’Art Brut als Plakat im Zimmer hängen habe.

Mittag zuhause. Kürbissuppe. Butterbrot mit der Rohmilchbutter zu 5,- € (sie arbeiten noch am Preis, im Moment sind es zwei Zwischenhändler, aber sie ist tatsächlich sehr lecker). Die Tochter des Kollegen will meine Mäntel nicht. Schade eigentlich. Dann trage ich sie weiter bis sie ein neues Zuhause bekommen. Fange gleich damit an.

Dann schreibe ich dem Hohensinn und fange ganz plump an zu Duzen im Nachhinein und schriftlich. Ich denke, dass muss wohl von mir ausgehen, weil ich älter bin und sie ja höflich sein wollen zu den Gästen und auch immer nicht wissen, wen sie vor sich haben.

Schön Yoga-Sport, endlich mal wieder auch körperlich und so. Neben mir eine Schwangere. Dem Hund wird der Bauch aufgeschnitten nach dem Essen auf dem Sofa, aber ob das was wird. Hat jedenfalls Spaß gemacht.

15.01. Wieder das Gästebett. Da stehe ich nachts nicht auf zum Pinkeln, vermisse aber meinen Mann und wache morgens orientierungslos auf. Heute geht es in die MHH. Die Richterin hat mich gestern angerufen und aus einer laufenden Sache sind drei geworden. Das lohnt sich richtig. Der Pfleger kreischt vor Begeisterung wenn er mich sieht. Die Türkin, die spuckt und schreit und randaliert und daher fixiert ist und immer davon spricht, dass Gott das von ihr will oder mit ihr macht, ist handzahm bei mir (die anderen trauen sich nicht ins Zimmer) und ich nehme den Postit aus ihrer Hand und rufe ihre Schwester an. Die kommt gleich mit dem Cousin und bringt die Medikamente, die sie dann auch freiwillig einnehmen will. Ich bin für pragmatische Lösungen bekannt. Die andere Kandidatin, deren Beschluss verlängert werden soll, treffe ich im Frühstücksraum. Da gibt es einen Korb mit lecker Würfelzucker und Süßstoff. Ja, ich mache ein Foto. Darf man nicht, erklärt sie mir. Sie kann mit meinem Rückenwind besser argumentieren als die Ärztin und wir bestimmen wo es lang geht. Die Betreuerin ist eine Flachpfeife und wieder nicht da. Die demente Patientin sieht sehr süß aus, eine kleine Person. Sie hat Wasser in der Lunge und wird in ein anderes Krankenhaus verlegt, weil es kein freies Bett in Hannover gibt, muss sie weit weg. Sie hat nichts und will nach Hause. Wir sollen nachschauen, ob sie auf der Liste ist (für Mittagessen). Gut, dann will sie doch da bleiben. So werde ich auch enden.

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Nicht nur der begeisterungsfähige Pfleger, auch an der Haltestelle steht eine Frau um die 60, die leicht behindert aussieht und eine schwarze Strickmütze mit dicken, goldenen Dollarzeichen trägt. Ich liebe Hannover. In der Bahn wird gerappt. Mittags zu Hause essen, daran kann ich mich gewöhnen. Wenn mein Mann krank ist läuft das Mittagsmagazin und der dicke Vincent Klink kocht Eintopf und eine Handwerkerin bastelt eine Staffelei. Ich könnte hängen bleiben, aber die Arbeit wartet. Morgen ist Thema Lederpflege dran.

Die Schweiz ist jetzt um 20 % teurer geworden, erklären mir Mann und Schwägerin. Dann fahre ich da nicht mehr hin, war vorher schon teuer. Was denken die sich, wer sich das noch leisten kann. Da fahre ich lieber nach Wien. Am Nachmittag keine besonderen Vorkommnisse. Ich esse Rahmsablé, die jetzt vermutlich 50,- € wert sind und die Cracker, vermutlich auch mit einem Wert von 2,- € pro Stück. Gut, dass wir vor der Währungsreform noch da waren und kräftig eingekauft haben.

Abends bin ich abweisend zu meiner Schwiegermutter, habe dolle Schmerzen im Unterleib und schmerzende Pickel im Gesicht, gehe früh ins Bett mit Pille, aber wieder das eigene und nicht das Gästebett.

16.01. Alptraum mit Wasserschaden und alle Freunde tragen für Jan, er ist organisiert und ich schleppe etwas von meinem Chaos ins Treppenhaus und blockiere alles und alle sind sauer auf mich. Ich weiß nicht, was ich machen soll und bin überfordert, wo wird das Wasser durchkommen, wie kann ich was retten. Im nicht vorhandenen Spitzboden sind die Gästebetten nass und die Matratzen haben unten Maden dran. Das zeigt mir eine Putzfrau. Eklig, ich bin überfordert und finde alte Fotos der Essener Freunde, die ich nicht kannte und für Kalender brauche. Die Jungs sind klein und ganz niedlich. Das ist noch das Gute, sonst weiß ich nach dem Erwachen, dass ich Klamotten aussortieren muss, womit ich schon begonnen habe, weil ich sonst ersticke und mich das überfordert, meine eigene Sammelwut.

Familiengerichtstermin. Mein Betreuter wird das Sorgerecht für seine Kinder behalten. Er hat sogar mich, die zur Not jede Unterschrift leisten kann. Das überzeugt das Gericht. Die Kindesmutter ist frustriert. Ich muss zu Rossmann und dort ist der Text der Verkäuferin im Nachbarregal, die ich nicht sehe, sondern nur höre wieder zu geil. „Das ist alles voller Bakterien. Wir haben auch Junkies hier. Manche Kunden schminken sich mit den Testern…..Sie können das überschminken, wenn es sie stört. Mich stört es nicht, ich kenne das alles, Krebs…seit damals mein Sohn….einfach ein bisschen Abdeckstift nehmen…“. Die Sonne scheint und ich würde gerne einen kleinen Ausflug mit dem Rad machen, aber die Mittagsverabredung sagt ab. Will auch mal Marys im Luisenhof ausprobieren. Den Ansatz dort finde ich gut.

Es gibt eine Schleuse zwischen Amtsgericht und Landgericht/Staatsanwaltschaft und man braucht einen Chip um die Tür zu öffnen. Ein grauhaariger Kollege fummelt auf der falschen Seite am Lichtschalter. Er sei schon länger nicht mehr da gewesen und ich soll es keinem sagen. Zu Recht. Ich finde das wirkt wie der Beginn der Demenz.

Ich muss Sport absagen. Beim Einschlafen werde ich wach davon, wie das Blut aus mit rausfließt. O.k., das will keiner lesen, aber es musste mal gesagt werden.

Das ganze Wochenende wird nach und nach abgesagt. Auch der Geburtstag von Harald am Samstag. Irgendwie wäre alles andere Quälerei. Kann man aus diesem Salzgebäck irgendwie Schmuck machen?

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Das resultiert in einem herrlichem Das-Haus-nicht-verlassen-und-basteln-Wochenende. Ich mache ca. 7 Hütchen, Ketten, Ohrringe. Ich brauche keinen Spiegel zum Hütchen machen. Stephan dient mir als Spiegel. Erstens habe ich Vorstellungskraft und weiß meistens selber was gut ausschaut, sollte ich mal eine Frage haben, soll es so oder so sitzen, dann sagt er mir wie es richtig sein muss und so sehe ich die Werke erst wenn sie fertig sind. Das finde ich lustig. Mustermix ist das Motto bei Shopping-Queen und die Kandidatinnen setzen es alle um wie Vollidioten. Ich bastele eine Weinfrau „Bärbel“ aus Weinkorken mit den Schraubenösen, die Stephan für mich im Internet bestellt hat.

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Eine Amerikanerin soll ihr Baby auf der Straße verbrannt haben, geschockte Anwohner. Ich schaue Stephan an und frage ihn, ob er nicht auch der Meinung sei, dass der Frau geholfen werden muss statt sie zu strafen. Er sieht es auch so. Klar, Baby verbrennen ist schlimm, aber das Leid dieser Frau, die das getan hat. Wenn nur nach Strafe gerufen wird, muss ich an Homesman denken. So fortschrittlich kommt mir dann unsere Gesellschaft vor. Ich denke auch daran, wie wir mal einen alten Rechner ausgemustert hatten den die Tochter unserer Freundin Claudia haben wollte. Ein Betreuter von mir im Maßregelvollzug war auch als Empfänger von mir angedacht worden. Die Tochter sagte damals zu mir, ob er das verdient hätte. Da hätte sie Zweifel. Ich habe ihr das übel genommen und dachte, was ist es an ihr das zu beurteilen. Dieser Mann hat so viel Mist und so wenig Gutes in seinem Leben erfahren und hat so viel weniger Möglichkeiten als wir alle, die wir in Selbstbestimmung leben. Ich fand das arrogant und merke, dass ich bei so was nachtragend bin und es mir lange merke.

Stephan zeigt mir die unsäglichen Kommentare im Standard zu der Demo vor dem Prückel und ich lache über das Transparent: „Meine Freundin hat den geilsten Arsch der Welt. Mich.“ Noch besser sind natürlich die Leserbriefe dazu, die von humorlosem Nichtverstehen triefen. Dann gibt es eine schlechte Wiener Modebloggerin und was fällt den Kommentatoren dazu ein. „Schaut aus wie von Humana ausm Container.“ Das zeugt nur von modischem Unverständnis ersten Ranges. Ich habe wieder so stylische Retro-Klamotten dort gekauft. Die reinsten Schätze. In einer schwarzen Wollkostümjacke aus den 50er Jahre kursiv Schriftzug Hämmerle – Wien. Das scheint ein alt eingesessenes Modehaus zu sein, die Tasche eines gut angezogenen Mannes in der U-Bahn war mir aufgefallen und dann sah ich den großen Laden auf der Mariahilfer und jetzt zähle ich eins und eins zusammen. Hämmerle, gerne, aber nur aus dem Humana-Container…..