Mit dem Therapiehund auf Reisen

05.09. Nach dem Aufwachen messe ich 37,9. Stephan will alles absagen. Ich muss ihn überzeugen, dass meine Energie ganz gut ist. Es sind dann nach etwas Aktivität nur noch 37,2. Steffi bringt Suki vorbei. Sie zeigt mir die Reisetasche. Den Hundenapf gebe ich ihr wieder mit. Wir wollen eine große Runde mit dem Hund drehen. Erst zum Lindener Markt, weil ich vergessen habe meine neue Errungenschaft, den AB, anzumachen. Der Hund läuft an der Leine am Fahrrad. Auf einmal löst er sich. Ich bin zu doof und habe sie an dem kleinen Ring mit der Handynummer von Steffi festgemacht, der nachgegeben hat. Ich drücke ihn wieder zusammen und wähle einen dicken Metallring vom Hundehalsband. Den Rest will ich später richten oder soll ich die Plakette gleich abmachen? Wir fahren zur Ihme und dann weiter zu Wasserkunst. Es ist ein goldener Herbstmorgen und die Sonne lässt alles erstrahlen. Wir treffen die Tochter von Feinbein mit Kinderwagen und Hund unterwegs. Stephan muss lachen, wie Suki immer wieder plötzlich abbremst aus dem vollem Rennmodus, wenn er was schnüffeln will und der Hintern fast den Kopf überholt. Ein Mann kommt uns entgegen, der seinen kleinen Hund in einer kleinen Babykutsche hinter sich her zieht. Wir müssen alle schmunzeln bzw. drehen uns anerkennend um. Ohhh, der hat eine Kutsche. Doch kein Kaffee, lieber nur Gassi. Zuhause lasse ich Suki alleine in die Tasche springen und dann gibt es Lob und Belohnung. Schon in der Bahn darf er üben. Er sitzt darin. Natürlich wollen alle in seiner Nähe sitzen, auch wenn sie Krücken dabei haben und es noch so umständlich ist. So wie die Schaffnerinnen sich nach ihm verzehren, werden sie wohl Milde walten lassen. Man rät uns zum hinteren Zugteil. An einem Vierertisch finden wir Platz. Erst mal sortieren. Dann lasse ich ihn reinspringen und Platz machen. Die Frau gegenüber will mir Tipps geben, wie er doch gegenüber auf dem freien Platz liegen kann. Ich kenne aber meinen Suki und er mag keine Trennung von den Bezugsmenschen, außerdem soll er jetzt eine Runde da drin bleiben, das Teil ist weit gespreizt und ich sitze auch nicht so bequem. Diese Tierhelfer immer. Der Hund war ausreichend draußen, alles ist gut. Ich kann das als Hundemutti selber beurteilen. Der Hund muss es üben, auch für künftige Reisen. Das alles denke ich nur und behalte es für mich.

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Die Frau strickt und schaut alle ausländischen Männer an indem sie deutlich die Augenbrauen hoch schnellen lässt. Unter diesen Umständen verzichte ich auf mein Strickzeug. In Würzburg steigen wir um in einen Regionalexpress. Ein Mann um die Mitte 59 kommt rein, der eine deutliche Neuropathie in den Beinen hat. Alle halten ihn für einen Alkoholiker. Ich habe eine andere Theorie, vor allem nachdem er ein Regenbogenarmreif aus Gummi trägt und seinem Telefongegenüber erklärt, dass er gerade noch mit seiner Mutter in der Stadt war. Er wechselt seine orthopädischen Schuhe kurz vor Bamberg. Wir fahren vorbei an den herrlichsten Blaukrautfeldern, die ich je gesehen habe, richtig dicke Köpfe, die fast schon zu groß aussehen. Ich muss an das abgeerntete Rosenkohlfeld in Cali denken, wo einzelne Schößlinge stehen geblieben sind und dann so groß wurden wie ein Blumenkohl. Auch toll sind die verwelkten und schwarzen Sonnenblumen. Leider kann ich nicht fotografieren, weil die Scheibe so dreckig ist. Ich will nachher mit meinen Eltern, wenn wir mit dem Volvo unterwegs sind an so einem Feld halten für Fotos. In Bamberg steigen wir noch mal um. Der Zug ist voll und ich nehme einen Stehplatz. Die Frau ob der Hund nicht 40,- € kosten würde. Ich sage, nein, weil er kommt gleich in eine Tasche. „Und da bleibt er drin“. „Ja, wenn Sie ihn nicht ablenken“. Sie hatte selber mal zahlen müssen und findet das unverschämt, d.h. sie wollte vermeintlich nur nett sein. Mich nervt die Alte und sie will ständig von uns wissen, ob sie im richtigen Zugteil sitzt. Keine Ahnung, aber dafür spricht, dass es so angezeigt wird mit Leuchtschrift. Auch die Schaffnerin muss sich anhören, wie ihre Verbindung falsch ausgedruckt worden sei, dabei ist kein Fehler zu entdecken. Die Alte ist einfach neurotisch. Ein Vater mit Bart unterhält das ganze, offene Abteil mit einem Ratespiel für Kinder. Wie heißt der Vorgänger der 10? Wie nennt man Messer und Gabel zusammen? Die Kinder scheitern an der Frage nach einem weichen Eis aus einer Maschine. Ich melde mich, aber das sieht keiner außer Stephan, der mir erklärt, dass ich hoch springen müsse. Zig mal wurde ihnen vom Vater erklärt, dass man hochspringen müsse um sich zu melden, weil sonst verschenke man den Punkt an den Mitspieler. In Lichtenfels ein letztes Mal umsteigen. Ich setze mich einfach irgendwo hin, da wir nur 8 Minuten fahren müssen. Die Kinderhorde von eben kommt reingelärmt um mich aufzuklären, dass sei die Kinderecke und nur für Kinder. Die Mutter sagt irgendwann, dass die Frau auch sitzen bleiben können. „Die Frau will aber gar nicht mehr“ sage ich voll genervt und nehme Hund und Kegel mit. Alle steigen wieder aus um andere im nächsten Zugteil zu vertreiben und zu unterhalten. Ich bin recht genervt bei der Ankunft. Suki kackt erst mal. Stephan will zu dem Bratwurststand an dem wir seit Jahrzehnten vorbeifahren, weil der Weihnachten immer zu hat. Coburger Bratwürste werden angeboten. Der Mann ist urig und hat wohl ein leckeres Bier. Paps erbettelt sich einen Schnitt, das ist ein halbes. Das gibt es normalerweise nur, wenn einer schon 3 oder 4 hatte, erklärt uns das Mann. Er hat gerade die Handwerker da, die ihm in seinen Wintergarten die Plastikfolie durch Scheiben ersetzen. Wir setzen uns in den Biergarten auf dem Parkplatz und ich esse mit Kraut und Stephan im Brötchen. Es ist lecker, gerade das Brötchen, aber auch die Wurst. Meine Mutter besorgt Wasser für Suki. Wir fahren zu Regens-Wagner. Auf dem Marktplatz ist Fest. Wir parken im Schatten und lassen zwei Fenster einen Spalt offen und gehen erst mal in die neue Gruppe. Im Wintergarten ist die Kaffeetafel für uns gedeckt. Es gibt selbstgebackenen Kuchen. Ich trinke Kräutertee. Der rohe, misslungene Kuchen ist nicht so gut für mich. Der Ausblick in die fränkische Landschaft ist herrlich. Ich lerne die Mitbewohner kennen. Manfred sollte ich von Johannes, meinem Bruder grüßen. Manfred hat eine Hundesammlung in einer Glasvitrine im Flur. Eine andere Bewohnerin ist schon 78 und sieht total gut aus für das Alter. Sie setzt sich auf das Sofa und wirkt zufrieden. Meine Schwester hat es gut hier. Man mag sie und jeder hat mal seinen Tag und heute ist sie dran wird mir plausibel erklärt. Wir gehen runter in den Garten mit den Leckerlis, die sie für Steffis Therapiehund besorgt haben und uns mitgeben. Wir holen den Trumpf aus dem Auto und leinen ihn ab. Er geht sofort auf in seiner Rolle nur in den Leckerlis ist eine Droge drin. Da vergisst er sich ganz und schnappt auch zu doll. Arnhild zeigt Steffi, wie man mit der flachen Hand füttert. Zwei andere Bewohnerinnen auf der Schaukel freuen sich auch über den süßen Hund. Überall geht es hin und verbreitet Freude.

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Dann merke ich, dass wir das Blechschild mit der Nummer verloren haben. Ich wollte den Ring austauschen in Bayreuth. Ich hätte es gleich abmachen sollen. Wie doof, er war doch eigentlich kaum draußen und so was sollte auf keinen Fall passieren, dass er ausgerechnet auf der Reise mit uns seine Nummer nicht um hat für den Fall des Falles. Ersatz muss her. Wir gehen durchs Heim in den Garten dahinten mit Obstwiesen und Pferden. Suki geht auf allen Untergründen souverän und geht über Gitterstege und überall mit. Er ist immer ruhig und zurückhaltend, auch gegenüber den Pferden. Der Schwanz ist in allen Situationen unten.

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Für die Datev-Werbung muss er auch ran.

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Steffi wird launisch und müde und wir anderen wohl auch. Wir gehen zurück in die Gruppe mit Hund. Hier läuft er zu Höchstform auf. Alle freuen sich und alle dürfen ihn anfassen. Zu der Dienstältesten springt er auf Sofa und leckt ihr den Arm. Sie strahlt und freut sich. Manfred, ausgerechnet der Mann mit der Hundesammlung, hat etwas Angst vor Hunden und ich zeige ihm, dass er vor Suki keine Angst haben muss. Wenn ich ihn parallel anfasse, bleibt er an Ort und Stelle und lässt sich ohnehin alles gefallen. Wir schauen uns Steffis Zimmer an. Zwei meiner gebastelten Kalender hängen da. Ich muss den aktuellen von August auf September aktualisieren. Wir verabschieden uns und sitzen alle etwas müde im Auto. Man könnte zu einem See fahren. Der verkauft der Mann vom Würstchenstand sein leckeres Bier. Wir sind alle für nach Hause. Der automatische Verkehrsfunk, der immer angeht und mich erschreckt meldet irgendwo weit weg südlich von Frankfurt einen Geisterfahrer, der einem in beiden Richtungen entgegen kommen kann. Der Sprecher will sich wieder melden, wenn er sich erledigt hat. Der der nächsten Ansage hat er eine Formulierungshilfe von den Kollegen bekommen und will sich wieder melden, wenn die Meldung sich erledigt hat. Zuhause gibt es Kaffee im Garten und wir machen die Räder fertig und fahren alle zusammen zum Flohmarkt, der nur zwei mal im Jahr stattfindet und heute länger geöffnet hat. Der neue Radweg für die Bundes- oder Landesgartenschau führt durch Felder und der Hund flitzt neben uns. Ich bin selber sehr umsichtig, aber meine Eltern noch nervöser, dass unserem Schatz nichts passiert. 500 Meter vor der Straße stellen wir die Räder ab und ich leine ihn an. Wir laufen über den staubigen Volksfestplatz und ich kaufe eine Tüte Filz und ein Frühstücksbrett in Brotscheibenform aus den 50ern sowie ein paar andere Kleinigkeiten, die ich zwischen den Kinderleichen und dem Teufel finde.

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Man baut schon ab, weil Samstag geht es um 6 Uhr morgens weiter. Man müsse sich schon entscheiden ob man Nachtflohmarkt macht oder normal. Beides stehen die Aussteller nicht durch bemerke ich an einem der Stände. Hier kaufe ich 3 Armreife für 1,- €. Einen für den Preis halte ich für Wucher, aber es waren alle drei gemeint. Auf dem Rückweg bremst Suki manchmal unvermittelt ab, weil sie schaut, wo ich oder wir sind. Er kommt mir auch übermüdet vor. Das sind die gefährlichen Situationen. Der Hund ist sehr umsichtig und man müsste das rechts neben dem Fahrrad laufen noch besser üben, sonst bin ich das größte Risiko für ihn und nicht die Autos. Für heute reicht es. Zuhause gibt es Waldpilze, die Paps frisch gesammelt hat mit Pasta und wir gehen früh ins Bett. Alle sind müde. Ich schlafe schlecht wegen der späten Espressos. Wann werde ich das je lernen? Suki schläft bei uns im Zimmer. Der Chef geht die letzte Runde um den Block. Ich liege im Bett und Paps hat eine neue Funkuhr über meinem Kopf installiert. Tock und dann warten aufs nächste Tock. das halte ich nicht aus, gehe hoch und frage, ob ich das Ding von Netz nehmen darf. Ich verfolge das Kabel, er führt in eine kleine Station mit Elektronik. ich ziehe irgendwelche kleinen Stecker, ein Licht geht aus, ich lege mich wieder hin und dann „tock“. Noch mal Licht an und besser gucken nach dem Kabel. Dort greife ich in Spinnweben und eine Riesenspinne ist direkt neben dem Bett postiert. Ich ziehe das andere dünne Kabel und das Licht geht aus. Ich lege mich frustriert wieder hin. Sehnsüchtig erwarte ich Stephan zurück von der Gassirunde und er entdeckt das weiße Kabel auf der anderen Seite der Elektronik. Am nächsten Tag lachen wir uns kaputt über meine Technikbehinderung und das alte Thema Spinnen und meiner Hysterie. Ich sage laute Funkuhr am Kopfende und Riesenspinne unterm Bett. Da hätten sie sich lieber das Betten neu einbeziehen schenken sollen. Ich hatte beim zweiten Anblick der Stephan, die das Kabel entlang gelaufen war Richtung Steckdose laut geschrien und Stephan in die Schulter gekniffen aus Reflex.

06.09. Ich werde zu früh wach und rede kurz mit Stephan. Der schläft und Suki und ich gehen eine Runde hoch. Meine Eltern schmusen mit dem Hund und mögen ihn sehr. Ich filze eine Travemündebrosche, d.h. eine Brosche mit einem 50er Jahre Kreuzfahrtschiff auf dem Travemünde steht (von Heike) und nähe noch Perlen daran, die die Wellen ergeben. Die Wolken bleiben unscharf und filzig. Meiner Mama ist es zu groß. Es gibt Frühstück. Ich fahre nicht mit in die Stadt, sondern gebe Stephan eine Einkaufsliste mit. Ich schaue mit Mama alte selbstgemalte Kinderbilder von mir durch 1972 und 1973. Sie hat fast immer hinten ein Datum drauf geschrieben sowie eine Erklärung was es sein soll („Schneemann der sich mit Sonnenschirm vor der Sonne schützt, damit er nicht schmilzt“ und so was). Dabei ist auch eine alte Zeitung Urach (das liegt bei Stuttgart) Jahrgang 1914, die ich zerschneide, obwohl noch ein wichtiger Artikel über einen Verwandten enthalten war. Stephan und ich freuen uns über den dämlichen Artikel über die Mini-Wagners die abgesägt werden. Der Künstler versteht es nicht, dass man das Risiko eingeht erwischt zu werden, damit könne man die auch kaufen, seine Kunst sei erschwinglich. In einer anderen Stadt sind die Mini-Karl-Marx auch geklaut worden. Wir sind der Meinung, dass die Leute sich von dem Kitsch-Müll befreien wollen, was denn sonst. In abgesägt findet Stephan sei es nun Kunst. Außerdem hat sich eine fränkische Kick-Box-Meisterin offenbar für den Playboy ausgezogen. Seitenweise freuen sich die Landsleute. Stephan geht mit Suki down town Bayreuth. Sie besuchen Luis, den Mops-französische Bulldogge-Mischling, der heute Morgen schon zum Tierarzt müsste. Wir erwarten die Ankunft der Schweizer. Ich bastele mich Papsi ein neuen Alu-Anhänger für Suki. Mein Paps ist gut ausgestattet und hat Alu-Blech und eine Säge und zuerst mache ich die Schrift mit einer Beschriftungsmaschine zum Aufkleben, dann schreibe ich Freestyle. Das sieht viel kultiger aus und da ich so viel Platz habe, schreibe ich auf die Rückseite seinen Namen. Ich wollte ursprünglich drauf schreiben: „bitte füttern“.

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Die Schweizer kommen und es gibt ein spätes Mittagessen und gleich Kaffee hinterher. Der neuste Geniebackstreich meiner Mutter heißt Rugele. Die sehen aus wie kleine Croissants für die Puppenstube, die man mühevoll in stundenlanger Arbeit gerollt hat und schmecken köstlich nach Haselnuß. Angeblich sind sie einfach zu machen….Als Stephan mit dem Hund kommt, ist die Freude groß. Vor allem mein Bruder ist auch verknallt in das Tierchen. Er hat die Schweizer Ware in einer Kühltruhe dabei.

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Irgendwann dreht der Hund zu sehr auf und wufft wie Schluckauf. Wie ein übermüdetes Kind. Stephan schickt ihn auf sein Körbchen unten den Tisch und übt eine Weile dort bleiben.

Johannes erzählt von der Borderline-Patientin, die immer Sachen schluckt, die er ihr entfernen muss, ein Brillenglas, Nägel, Nadeln und jetzt ein Feuerzeug. Wie teuer das ist, wird eingewandt, ja, aber auch prima für Schulungszwecke ist meine Meinung.

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Ich zeige den Kindern den Plastikschädel und das Trockenfilzen.

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Wir hängen ab im Garten. Ich liebe die Eichen. Früher waren die Bäume lächerlich klein und jetzt stören sie die Nachbarn.

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Wir wollen Suki mitnehmen auf die Feier. Stephan und ich fahren zum Hotel mit den Rädern. Da müssen wir schieben an einer Straße ohne Rad- oder Fußgängerweg. Dass es so was noch gibt und das in der Festspielstadt. Wir treffen unterwegs einen anderen Gast, der auch auf die Feier will und eine Blumenselbstpflückanlage muss für ein Fotoshooting her halten. Hier ist für den Notfall auch ein Tierarzt zu finden (wir hatten uns alle gefragt, wo einer im Notfall zu finden wäre).

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Eine große Gruppe steht auf dem Parkplatz und es gibt Sekt. Dann einen kräftigen Regenschauer und alle retten sich unter zwei Plastikdächer. Erste spontane Gespräche. Mein Cousin zigsten Grades, Klaus feiert seinen fünfzigsten. Seine Frau kommt aus Indonesien und hat eine Ballettschule in Regensburg. Neben mir unten dem Plastikdach steht ein Mann aus Indonesien, der auch in Regenburg wohnt. Schlagzeuger ist sein Traumberuf verrät er mir und die Kinder lernen Instrumente, dürfen aber nur eine Stunde am Tag üben, laut Hausordnung. Stephan und ich werden durch den Regen getrennt. Bei ihm liegt ein toter Vogel auf dem Dach.

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Eigentlich sollen die Gäste in die Eremitage laufen, aber es regnet immer wieder und der Spaziergang fällt aus. Frederik wollte Suki führen, stattdessen fahren wir Fahrrad und werden nass, stellen uns unter, werden von der Gruppe der tapferen Fußgänger eingeholt.

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Es gibt eine Führung und ich lerne neue Seiten an der Eremitage kennen. Einen Barockgarten und eine Gracht. Den goldenen Reiter sieht man in der Ferne über den Baumwipfeln. Diese Perspektive ist mir ganz neu, dabei wohnen meine Eltern nur 2 km Luftlinie entfernt, aber Fan dieser Anlage bin ich erst so richtig mit dem Alter geworden.

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Zu den harten Jungs gehören Rocker aus Berlin. Sie kennen Klaus seit 1984. Das sei länger als manche Ehe. Jedes Jahr treffen sie sich, auch wenn die Konfirmation der Tochter verschoben werden muss. Es sind offenbar auch Angler unter ihnen die erkennen, dass es sich bei den beiden toten Fischen um Hechte handelt. Ich sage den Berlinerjungs als wir bei der Apollo-Figur sind, dass dies das Brandenburger Tor von Bayreuth sei und sie bitte ihre Kameras zücken sollten. Frederik will mit Suki und der sperrt sich aber und will bei uns bleiben. An der Leine zieht er zurück und ohne konnte er noch nie so perfekt bei Fuß gehen. Er verschwindet praktisch zwischen unseren Beinen. Das finde ich interessant, weil ich ihn so eingeschätzt hätte, dass er mit jedem mitgeht. Offenbar lässt er sich nicht so gerne von Kindern führen. Meiner Mutter folgt er später anstandslos.

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Zu essen gibt es eine Mischung aus fränkischer Küche und asiatisch, d.h. Schäufele und Kloß und gebratene Nudeln. Dazu sehr leckere Salate. Ich bleibe sitzen mit Suki und Stephan holt vom Büffet. Die Bedienung erkennt mich wieder vom Familienfest meiner Eltern. Da hatte ich ja auch genug geredet durch die Vorstellung aller Gäste, wer könnte das vergessen….. Klaus wünscht sich in seiner Begrüßungsansprache, dass die Gruppen, die mit verschieden farbigen Post-it gekennzeichnet sind in Bayreuther Freunde, Regensburger Freunde, Freunde aus ganz Deutschland, Arbeitskollegen, Familie usw. sich mischen sollen. Ich nehme den Wunsch ernst und spreche Fremde an. Es macht Spaß und ich spreche zuerst einen gut aussehenden Sohn des Neffen an (Vater ist aus Indonesien und Bruder der Frau des Gastgebers), der mit seiner Freundin in Nürnberg wohnt. Wir sind Fans der Stadt, sage ich ihm gleich und der Lebkuchen und die Würstchen. Es gibt allerdings zwei Highlights an diesem Abend. Zum einen eine mir bis dato unbekannte Tante, die gerade ein Buch geschrieben hat. Sie und ihr total sympathischer Mann wohnen in Italien, im Friaul in einem Haus mit Fledermäusen unterm Dach. Wir sprechen über das Familienerbe und warum wir uns bisher nicht begegnet sind bzw. ich bei der letzten Begegnung erst 1 Meter hoch war und mich nicht erinnern kann. Ich will die Gelegenheit nutzen, weil ich nicht weiß, ob sich das noch mal ergeben wird. Sie ist eine sehr interessante Frau, die echt was zu erzählen hat und alle möglichen Berufe in ihrem Leben ausgeübt hat. Der zweite Highlight ist Holly, ein Mädchen aus der 6ten Klasse, die sich total selbstbewusst zu mir setzt und mir an den Lippen hängt. Sie kommt aus Plauen und die Oma wohnt nebenan und hat einen Neufundländer vertraut sie mir an. Die Mutter, eine sehr gut aussehende und humorvolle Frau ist Gynäkologin. Das ist ihr peinlich, wie sie mir sagt und ich, warum, das sei doch ein cooler Beruf. Was mache sie denn Geburtshilfe oder nur Muschis gucken, will ich von Holly wissen. Sie lacht sich tot und sagt, viel Ultraschall. Ich frage, ob sie bei ihrer Geburt auch schon Expertin gewesen sei und deute pantomimisch an, selber den Bauch schallen und das dann im Fernsehen angucken. Ich kenne es, dass Männer einen anhimmeln, aber der verliebte Blick eines Mädchens ist was ganz besonderes stelle ich heute Abend fest, als der Vater sagt, dass sie sich von mir verabschieden muss. Da Holly gut mit Hunden kann und weiß welche Lockgeräusche man machen muss, habe ich Suki ihr und Frederik mehrfach mitgegeben. Ich fand die beiden Kinder auch süß zusammen. Frederik neigt eher zu den Mädchen, denn Jungs in seinem Alter sind auch unter den Gästen vorhanden. Irgendwann komme ich auf die Idee den Hund ins Auto zu packen. Das ist für alle gut. Was für eine lockere Feier und die 130 Gäste hätten mir wochenlang für neue Gespräche getaugt. Nachts fahren wir auf Rädern durch die herrliche Eremitage und der Mond steht am Himmel.

07.09. Wieder zu wenig geschlafen. 2 Uhr ins Bett und um 6 schon hellwach. Außer mir keiner. Schreibe meiner Mutter eine Dankeskarte für ihren liebevollen Einsatz bei mir. Wie wichtig das für das ganze Leben ist, wenn man so geliebt und so viel angefasst wurde als Kind. Das kann man gar nicht aufwiegen. Dann werden meine Eltern wach und wir kuscheln zusammen auf dem Sofa, der Hund quetscht sich dazwischen auf Windhundart und legt seinen Kopf auf unsere Beine. Das schönste Motiv bleibt ohne Abbildung. Vor allem das Gefühl war so herrlich, wie Suki sich mit dem kleinsten Dreieck zufrieden gibt bzw. bewusst dieses wählt und so alle miteinander zu einem Kuschelknäuel verbindet. Nach dem Frühstück kommt mein Bruder auf die gute Idee meine Eltern beim Möbel rücken zu helfen, weil die Parkettschleifer und Maler waren da. Guter Junge. Mein Bruder interessiert sich für die Uhr, die eines Tages bei ihm stehen wird (so hoffe ich es, weil dieses Stück in der Familie bleiben soll und alle die wir nicht stellen gehen an unseren Halbbruder von der Uni). Die Bilder sehen aus wie für ein extremes Nischenblatt. Schwulenmagazin, ja der Altersunterschied ist durchaus verbreitet und dann aber auch welche, die zugleich auf alte Uhren stehen.

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Heute sollen die Kinder bessere Karten bei Suki haben. Ich erkläre ihm quasi, stell Dich gut mit Frederik, sonst ist keiner da, der mit Dir Gassi gehen kann und es klappt besser. Nach 2 Runden machen wir eine Pause, d.h. ich sage, jetzt ist genug. Ich erkläre Frederik, dass ich den Hund nicht vor ihm wegnehmen will, sondern ich will, dass der Hund auf ihn abfährt und sie beste Freunde werden und dazu will ich verhindern, dass der Hund durch Übertreibung eine negative Erfahrung macht und dann die Schnauze voll hat von ihm oder von Kindern allgemein. Ich glaube das war wichtig ihm das noch mal zu sagen und er hat es verstanden. Die Kinder wollen zurück in die Schweiz, weil sie noch Sachen zu erledigen haben, Schulsachen packen, spielen. Da heißt es Abschied nehmen. „Tschüss Samtpfötchen“, sagt Katalin aus dem Auto heraus. Danach gehen die Dagebliebenen noch eine Runde spazieren und treffen den Nachbarn, der meinem Paps die Pilzsammelstellen zeigt. Ob ich ihm nicht die Hand geben, will fragt der Nachbar, der mich aus Jugendtagen kennt. Ob er Witze machen würde, ich mache einen Knicks vor ihm, er ist der Pilzgott, ist meine Antwort. Wir sitzen auf einer Bank in der Sonne an der Mühle. Ich versuche es mit Stöckchenspielen und Suki versucht es mit kneipen.

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Ich glaube, dass er gerne mal Zerrspiele machen würde und werde ihm was dafür basteln. Küchenhandtücher habe ich ja ausgemustert und kann daraus eine schöne Voodoo Puppe basteln. Als wir das Grundstück meiner Eltern wieder erreichen, bellt der Hund. Alles klar, das gehört jetzt ihm. Die Perserteppiche stehen ihm aber auch gut!

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Die Friedhofspflanze von unserem Friedhof, St. Johannis. Ich hatte sie Weihnachten vergessen, aber auf meine Mama ist Verlass. Sie reist jetzt mit nach Hannover.

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Der Rückweg im Zug ist weniger stressig, weil wir nur einmal umsteigen müssen. Der Hund pennt. Wenn wir durch den Zug laufen, will er kaum mit und ich muss ihn richtig mitziehen. Immer umdrehen und schauen, wo Stephan bleibt und dass der Chef auch mitkommt. Das Rudel soll zusammen bleiben.

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Zuhause bellt er unten an unserer Haustür. Ich habe seine Sprache langsam verstanden. War schön mal wieder als Rudel unterwegs zu sein und der Hund war super für die Behindertengruppe meiner Schwester. Das wäre eine Aufgabe, den ihn auslasten würde und er wäre perfekt dafür geeignet und würde darin aufgehen. Vielleicht ein andermal. Meine ganze Familie ist verknallt, wie wir auch.

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