Reise in die fränkische Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

27.06. Jetzt ist es soweit. Die Kollegin schreibt mich an, weil ich über den Hund lästere. Zu wenig Unterstützung und Solidarität. Hat sie vielleicht auch Recht, aber immer wenn ich was gesagt habe, wurde das Verhalten des Hundes gerechtfertigt. Da muss auch ein Auftrag vorhanden sein sich in eine fremde Erziehung einzumischen. Frauchen muss allen im Büro sagen so und so haben wir uns zu verhalten gegenüber dem Hund. So klappt Erziehung, dass alle das gleiche tun und dazu müssen sich die Erwachsenen absprechen und erst mal einig sein, was ist das Richtige, was das Ziel, was die Methode. Ich will mich ihm bei einem langen Spaziergang vorstellen und nicht im Büro anbiedern. Ignorieren scheint mir derzeit das Beste. Wir haben uns wegen des Bürohundthemas in der Wolle und ich darf morgens 1 Stunde auf Vorwurfsemails reagieren statt Tagebuch zu schreiben. Es ist nur ein Hund, wie Stephan meint. Ich glaube aber jetzt nach dem Schreiben, er steht für viele emotionale Themen und die entladen sich daran. Andere Dinge, wie dass ich oft merke meine Betreuten werden nicht akzeptiert oder schräg angeschaut von den Kollegen, gerade von ihrer Mitarbeiterin, Die werden quasi von den Kollegen angebellt. Herr PM stinkt, beschwert sie sich oder Herr Ihme war wieder ohne Termin da usw. Sie will mir das vielleicht auch nur mitteilen, aber es kommt anders bei mir an.

Topfe Stephans Tomaten um. Das ist meine Aufgabe. Erst hatte ich mich geweigert, aber hey, so wenig wie ich mache, kann ich das wirklich tun und so sind die Aufgaben und Stellungen halt verteilt in unserer metrosexuellen Beziehung. Ich bin für die Wäsche (aufsetzen und bügeln, nicht wegräumen) und das Umtopfen zuständig. Die Ableger von Markus Pflanze, der kranke Penis, der ejakuliert und sich selber fortpflanzt mache ich in einen Plastiktopf der frei geworden ist. Das hätte wohl nicht sein müssen und war vielleicht sogar falsch und feuchtes Zewa morgens hätte auch gereicht bzw. wäre besser gewesen, weil dann werden sie wieder umgetopft. Die wachsen ja nicht an in 4 Tagen. Ich will sie meiner Frau Miesepetrig, mit der ich mich jetzt sehr gut verstehe und sie in Frau Balkon umbenenne vorbeibringen am Dienstag wenn ich vor einer Gerichtsverhandlung Post bei ihr abhole. Umtopfen ja, aber gießen tue ich sie nicht vor der Reise.

Wegen fehlender Kommunikation verfehlen wir den Zug um 9:26, weil Stephan nichts gesagt hat, sich rasierte und ich noch nackt auf dem Sofa sitze. Ich hole noch die Zeitung, meide aber das Büro. 10:26 hat aber Verspätung. Hoffe, es reicht für das Bratwursthäuschen in Nürnberg, aber das wird es wohl bei unseren Prioritäten. Ich spiele mit dem neuen Plastikspielzeug und plane schon die ersten Hütchen. Das wird tolle geben. Ich plane schon und bilde kleine Grüppchen mit Figuren. Die Putzschnecken mit dem weichen Vorderteil gefallen mir. Ich merke, dass ich wohl lange keine Ü-Eier mehr gekauft und gegessen habe. So finde ich es auch viel besser, den Konsum nicht aktiv unterstützen und doch so viele Teile bekommen. Eines setze ich allerdings gleich aus.

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Ich halte die vielen Reservierungsmeldungen Fulda-Würzburg in unserer Nähe für einen Systemfehler (einer wurde auch vom Zugführer angekündigt). Aber nein, es kommen die Fulda-Würzburg-Kurzstreckensitzplatzreservierer. Es sind mittelalte Menschen, die keine körperlichen Gebrechen haben und offenbar andere gerne verjagen. Es gibt genug freie Plätze, aber wir müssen umziehen. Dafür haben sie ja auch gezahlt. Wir lästern laut. Stephan meint, die haben länger am Bahnsteig gestanden als sie jetzt ihre Sitzplatzreservierung auskosten (der Zug hat 30 Minuten Verspätung). Wir verbessern uns und ziehen nach gegenüber in Fahrtrichtung. Die Wolken sind hier auch viel schöner.

Würzburg ist schön, die Wolken auf blauem Himmel über den Weinbergen bieten einen besonderen Anblick und lecker war es hier auch. Da sollten wir noch mal hin.

Die Zugführer haben keinen Anstand im Leib. Mein französisch ist grottenschlecht, aber wenn ich Durchsagen zu machen hätte, würde ich doch an den Wochenenden so lange Privatunterricht nehmen, bis ich diese 5 Sätze fehlerfrei und mit akzeptabler Aussprache hinbekomme!

Ankommen, Bratwürstchenhäuschen an der Sebalduskirche. Erst mal unten in der U-Bahn. Eine Säule die ganz laut tickt für Blinde.

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Habe ich noch nie gesehen, habe die hier in der alten Nazihochburg besonders viel wieder gut zu machen und demonstrieren jetzt Behindertenfreundlichkeit?

Oberfränkische Motorradfreunde sitzen im Biergarten neben Japanerinnen, die sich 6 Würstchen (die kleinste Einheit) teilen, dazu eine Cola und ein Weizen und die Würste hier sind totlecker, vor allem auch wegen der konsequenten Spezialisierung, aber sie werden auch immer kleiner. Neben uns ein japanisches Pärchen und die haben etwas mehr Appetit. Er hat eine Haxe gegessen und isst noch ihr Essen auf. Die Bedienung penetriert beim abräumen mit der lauten Frage „was it good?“ „hast’s geschmeckt“ und macht so lange weiter mit der Befragung bis sie ein „ja“ bekommt. Neben uns erzählt eine Oma von der Schulter-OP. Ewig könnte ich dem Dialekt zuhören.

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Ein Bratwursthäuschen Bus, der aus verschiedenen Segmenten, wie eine Kindereisenbahn besteht, fährt vorbei mit Touristen. Wer nicht hier war, der war nicht in Nürnberg.

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Wir laufen zur Station Lorenzkirche vorbei am Wochenmarkt, der sehr reizvoll ausschaut, aber wir haben keine Zeit. Mein Schuhwerk ist sehr unpassend für das Straßenpflaster. Ich liebe den Dialekt und könnte mich gleich stehen bleiben, wenn sich zwei alte Weiber über ihre Krankengeschichte unterhalten. Das unterscheidet diese Stadt von meiner Geburtsstadt Stuttgart. Wir fahren zum Plärrer und dann noch 3-4 Stationen zu einer Endhaltestelle und gehen dort zur Galerie Oechsner.

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Auf dem Weg treffen wir schon Andreas, mit dem wir verabredet sind. Die Gegend ist die Bronx von Nürnberg, dann eine türkisch geführte Autowerkstatt und die Galerie in einem modernen Gebäude, wo sich die Kunst sammelt.

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Wir laufen schnell und rücksichtlos durch die Ausstellung, wie es unsere Art ist und verärgern den Andreas. Ich mag ihn halt lieber als seine Sachen und sage ihm das auch. Sie gefallen mir schon, aber für Fleiß- und Geduldsarbeit habe ich von Haus aus wenig übrig. Ein älterer Typ meint auch zu ihm, dass es wohl vergebene Liebesmühe mit uns sei. Er hat Fotos von weißen Rosenblättern auf dunkler Wasseroberfläche. Andreas erkennt gleich was es ist. So einfach, wie er meint, die Frage alleine schon eine Beleidigung seiner Intelligenz. Die Galeristin hatte ihn gefragt, ob künstlich oder natürlich . Schönes Muster, vielleicht eine Vorlage für zukünftige Zeichnungen.

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Andreas und ich haben auf anderer Ebene Gemeinsamkeiten. Wir halten die Fahne hoch für die Provinz, er Nürnberg und Fürth und ich eben Hannover. Er mag Paris nicht sagt er selbstbewusst, die zehrten auch nur von der ruhmreichen Vergangenheit und in der Gegenwart sei wenig davon zu spüren. Kritisch gesehen könnte man auch sagen, dass Nürnberg etwas angebaut hat gegenüber dem Mittelalter, aber was soll’s. Ich sehe es ähnlich wie er und Arno Schmidt.

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Wir unterhalten uns mit der Galeristin, deren Mann in Wien für die ARD stationiert ist und tauschen Erfahrungswerte aus sowie Essenstipps. Sie rät auch zu einem Waldschwimmbad mit Blick auf Wien. Als es um den Zentralfriedhof geht, meint sie, wer was auf sich hält, der müsse dafür sorgen, dass er vor allem nach seinem Ableben den Menschen im Gedächtnis bleiben und sich für ein prächtiges Grab entscheiden. Das ist natürlich eine Steilvorlage für uns und wir sagen, dass wir uns hier in Nürnberg eingekauft hätten, gräbermäßig. Sie glaubt zuerst, dass wir sie verarschen. Dann geht es um den Tod der Eltern, Grab als Stätte um Emotionen abzuarbeiten. Wir verabreden uns lose für Wien und ich freue mich über das gute Gespräch und wir umarmen uns zum Abschied als die Putzfrau kommt. Andreas fährt Morgen mit dem Bus nach Berlin und dann weiter nach Marseilles und hat hier eine Auftragsarbeit als Kunstmaler. Einen besseren wird man nicht finden können. Die Einladung zum Grillen schlagen wir aus und wegen einer Reservierung im Essigbrätlein. Es ist heiß und ein Busfahrer hält den Daumen hoch und strahlt mich an als er vorbei fährt. Ich habe Glück, weil der Draht zu den coolen Säuen klappt offenbar städteübergreifend.

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Erst mal zu unserem Friedhof, der so üppig ist zu der Jahreszeit. Durch kontinuierliches Besuchen will ich zumindest was abarbeiten. ich schau mir immer wieder an, wo es dann hingehen wird, auch wenn das abstrakt bleibt. Die schönen Gräber gehören oft Metzgern und Privatierswittwen sind hier auch zu finden. ich lege mich auf eine Grabplatte und das ist Stephan  unangenehm bzw. „wenn einer das sieht“ (bzw. wegen des Denkmalschutzes und weil man das nicht anfassen soll). Und ich denke: Probeliegen für später und was soll ich dabei kaputt machen? Ich entferne nur Staub und Dreck. Stephan und ich sind gleichermaßen wieder total begeistert von unserem Friedhof und bereuen es nicht, uns eingekauft zu haben. Stephan meint nur, wenn die erste Mietzeit abgelaufen ist, könnten wir noch Grabstätten tauschen und in eine bessere Nachbarschaft umziehen, näher an Dürer. Süß!!! Ja, es gibt bessere Gräber und unseres ist schlicht, aber durch die Nachbarschaft zu den beiden Engeln finde ich es immer und es liegt am Weg und was soll’s- ist halt mittelprächtig, wie wir. Passt doch.

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Ein Skaterpark vor der Stadtmauer, man schaut von oben darauf. Meine Füße tun weh, keine überteuerten Turnschuhe kaufen. Tolles Schaufenster. Ist es wieder Luis Vuitton? Mit Pusteblumen. Einzelne Segmente mit Schirmchen sind schon rausgeweht und fliegen mit einem Edelstahlsamen durch die Gegend. Das passt zu den handwerklich perfekt umgesetzten Arbeiten unseres Freundes. Kaffee auf der Brücke, Latte Fredo

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und dann sind wird die ersten Gäste, mein Lieblingssommelier hat Urlaub, hat aber ganz sicher vorher die Weinauswahl getroffen. Das kann er und unterscheidet den Laden von vielen anderen. Hier ist die Weinreise Pflicht, wenn man auf so was steht und lohnt sich wirklich. Wir sitzen am Fenster hinten den Butzenscheiben. Was hier auch total cool ist, ist dass sie die Klos so lassen und das heißt, wie in einem fränkischen Landgasthof mit braunen Kacheln mit Blattmuster. Gut, de Waschbecken und Klos sind neu und Handtücher gibt es auch, aber ansonsten old school ohne Ende. Es hat was, ein Alleinstellungsmerkmal.

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Einige erwachsene Kinder, die sich von ihren Eltern offenbar aushalten lassen (Zahleoma, wie wir das früher im Clichy genannt haben). Ein Student sitzt neben uns mit Eltern, die ausschauen wie die von Otto Dix. Einzelkind? Ruhen die ganzen Hoffnungen auf ihm? Hoffentlich studiert er auch Jura und ist nicht nur eingeschrieben, dass sich das alles lohnt. Ich lasse den Cousin von Carlotta irgendwie grüßen. Er kocht hier und war früher am Timmendorfer Strand. Ein Studentenpaar aus Erlangen. Sie wirkt steif und spaßfrei, trinkt keinen Alkohol und ist Vegetarierin. Er ist nicht so alkoholgewohnt wie die anderen und hat nach der Weinbegleitung ordentlich einen sitzen. Beim blutigen Lammfleisch muss er die Augen schließen. Deutlich ist es ihm anzumerken, wie geil er das findet. Sieht ein bisschen aus wie Sex und ja, da kann man schon mehr drauf durchdrehen als auf Kohlrabi und Rote Beete. Wir hatten bekannt gegeben, dass wir einen Zug erreichen müssen und müssen dann selber drängeln. Das wäre dem Sommelier nicht passiert. Am besten schmeckt mir übrigens der erste Fischgang mit Sashimi und Gurken, eingelegt (süßlich) und frisch (wegen der Fischgänge hatten wir diesen Laden immer vorgemerkt sollten sich doch die Japaner aus Kyoto mal nach Europa verirren) und das Lamm mit Dillblüten und Auberginen (Mus und nacktem weiße, eingelegte Auberginen). Der Nachtisch begeistert nicht und ich vergleich es mit einem Coitus interruptus. Ich würde extra einen Patissier einstellen, weil ich finde das muss sich noch mal richtig steigern gegenüber dem Hauptgang zum Schluss hin und es den Gästen so richtig besorgen der Nachtisch. Am liebsten 2 wie im Artisan früher. Schön ist es schon und auch lecker und sie können nicht nur klein schneiden, sondern arbeiten sehr aromatisch und Gemüse lastig und dann kommt ein kleines Stück Fleisch und da hat man dann richtig Bock drauf und das ist richtig gut gemacht und das Tier nicht umsonst gestorben.

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Ich würde auch nicht Hannover gegen Nürnberg eintauschen, weil hier kann man 1 x im Jahr hin, sonst halten die sehr fest an Dingen, die sie entwickelt haben und das wäre das langweilig. Da gehe ich lieber zu Dieter Grubert. Der kann auch Fisch und Nachtische besser.

Wir warten auf die U-Bahn, deren Ankunft nirgends ersichtlich ist, alte Klapptafeln, kein Plan. Stephan findet den Schließfachschlüssel nicht. 60 Sekunden später und wir hätten den Zug nicht bekommen. Es ist voll und stickig und wir setzen uns ins Kinderabteil neben einem DB-Mitarbeiter. Als Stephan die Koffer hoch macht, wird dieser mit Staub berieselt. Das ist nicht unsere Schuld, wenn hier immer nur Pendler ohne Gepäck unterwegs sind und die Staubschicht schon so dick. Ich sitze neben ihm und er hat seinen Laptop aufgeklappt und lauter ebay Sachen mit alten Bahnhofsuhren am Laufen und liest dann ein Fachblatt der Bahn. Der Typ ist hard core. Paps schreibt eine SMS, dass sie doch zuhause sind und schon mal ins Bett gehen. Der letzte Streckenabschnitt quält. Ich kenne Schnabelwaid nicht. Taxi, der Knast steht noch. Morgen soll das Wetter schmuddeliger werden und Sonntag ganz schlecht, wenn er frei hat. Typisch wieder. Ich nutze mein Licht am Handy um den Schlüssel zu finden und mein Paps ist am nächsten Morgen entsetzt, dass ich nicht weiß, dass es Licht in der Garage gibt. Kein Tee, den Arnhild liebevoll gebrüht hat, nur noch ins Bett.

28.06. Früh wach und meine Eltern sind da. Nach dem Frühstück fahren wir mit Paps in die Stadt. Mama sagt, wir sollen bald wieder kommen, es sei eine Entbehrung für sie uns gehen zu lassen. Der neue Radweg. Für die Landesgartenschau 2016 wird der Main breiter gemacht, bekommt seinen natürlich Lauf zurück und einen neuen See und Parkplatz gibt es auch. Wir besuchen die Trödelläden der Vergangenheit. Im ersten gibt es nur eine Holzavocado und einen Jüngling, den ich entdecke um Blumen zu stecken. Hier gibt es ein tolles Quilt USA 1920. Ich finde es handwerklich eine eins, aber was soll ich damit, also nur Foto.

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Dann Zwischenstation bei der Kultmetzgerei Rauch. Der Bußfahrer hält mit seinem Bus davor und lässt sich ein Labla mit Sülze machen, duzt die Verkäuferin, „da machste mir 3 Scheiben drauf“ und steigt wieder in sein Fahrzeug ein, was direkt vor dem Schaufenster steht. Es gibt ein Hinterzimmer und sie biete Mittagstisch an. Da würde man mich regelmäßig finden. So viel ist klar. Zu Media-Markt, die Super-8-Filme abholen. Hier wirbt Herr Gloeckler über den Behindertenparkplätzen. Wir hatten Morgens so oft angerufen bis eine Stimme am anderen Ende meinte, dass er schon gemerkt hätte, dass ich ständig anrufen würde und gerne zurück rufen würde, er hätte gerade Kundschaft. 19,- € für 3 Minuten-Film, aber wir sind alle aus der Familie sehr gespannt, was sich in dem Überraschungspaket befindet.

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Dann weiter zu der Frau aus der ehemaligen DDR. Der Typ ist an Krebs verstorben und sie macht den Laden weiter. Kennt uns von früher. Dietrich hat mir hier meine Zuckerdose gekauft und ein Emaillewerbeschild haben wir auch im Keller mit einem Hofnarr drauf (Zigarrenwerbung). „Freilich kennt sie mich noch von früher“. Dietrich kauft Bleigewichte für seine Uhr aus dem Schwarzwald, der er gerade repariert und einen alten Aschenbecher von Bingen am Rhein, eine Figur, die den Franzosen mit der Faust droht, dass sie es nicht mehr wagen sollen über den Rhein zu kommen, ich Holzspielzeug aus dem Erzgebirge aus den 50er Jahren, 2 Spitze und 4 Tauben (Bauernhof, wobei ich die Ziegen und Küken zurück lasse), dann kleine Katzensammeltassen von der Sorte superkitschig für eine Kette zu meinem Briefmarkenhütchen und einen Windhund aus Plastik bekomme ich geschenkt sowie ein Briefmarkensammelbuch aus den 50ern. Ich mache einen Witz, dass ich ihr nur die Stadttiere abnehmen würde, Spitz und Tauben, um den Preis zu drücken. Sie erklärt mir, dass Spitze früher Hofhunde waren. Das weiß ich, die kläffen gut, sind klug und mutig, verteidigen und gehen auch mal ran und sind mittlerweile fast ausgestorben. Es geht um ihre Tochter im Ministerium auf die sie stolz ist, sie ist verbeamtet, was sie immer wollte und das Enkel, den sie mit einem Mann aus Südamerika gezeugt hat, sieht süß aus. Mein Vater erzählt von seiner Tochter, die auch gerade Karriere gemacht hat (meine schwerbehinderte Schwester) im Heim und durch Schuhe ins Klo stopfen, beißen und konsequent und absichtlich in die Hose machen sie jetzt in eine andere Abteilung durchgekämpft hat. Sie hat einen neuen Partner, ein alter Freund ihres Mannes. So kommt es ja oft und ich frage Stephan, mit wem ich dann zusammen kommen werde, mit Günter? Dann Bratwürste, Gottfried, ein Basset von beträchtlichen Ausmaßen, der sich immer gleich hinlegt während Herrchen in der Schlange vor dem Bratwursthäuschen steht, bekommt auch welche. Es ist „Handwerkmarkt“ und man kommt mit dem Fahrrad nicht durch, eine regionale Firmenschau und es gibt neben Nippes und Kinderbespaßung unseren Optiker Fischer und die älteren Herrschaften mit denen ich unterwegs bin, lassen sich die Brillen putzen und richten. Daneben ist konsequenterweise das Bestattungshandwerk angesiedelt und einen Mann im Rollstuhl haben sie davor abgestellt. Ich kaufe mit Paps Kissenbezüge für Arnhild und heute ist 3 für 2 genau auf diesen Artikel (als hätten sie es gewusst) und dann noch bunte Gummibänder für die Hütchenproduktion. Was werde ich eines Tages machen, wenn sie die hier aus dem Sortiment nehmen? Wir gehen ins Rossi und lassen Stephan alleine sitzen und auf die Bestellung warten. Ich kaufe bequeme Schuhe in schwarz-weiß mit Gummisohle und flach für 39,20. Sie sind von 49 ,- noch mal 20 % reduziert. Ja, Bayreuth ist unsere Einkaufsstadt. Der Eiskaffee ist zwischenzeitlich angekommen und man hat einen Blick auf den Lottohandwerker, der daneben seinen Stand aufgebaut hat. Dietrich hat seine frisch geputzte Brille mit Sahne eingesaut und seinen fast getrunken als ich ankomme. Wir ziehen ohne ihn weiter und kaufen eine Hose für Stephan. Die meistens sind an den Waden viel zu eng, aber die Verkäufer bemühen sich redlich um ihn. Ich bekomme Aufkleber geschenkt. Roboter mit Brustbehaarung. Das gefällt mir, dieser Trend mit den rasierten Männerbrüsten in T-shirts mit V-Ausschnitt sei falsch, erkläre ich dem jungen Mann an der Kasse, der zuvor einem Kunden erklärt hat, dass man jetzt wieder die Schleife sehen dürfe bei Turnschuhen und dieses Reingestecke von Knoten und Schnürsenkel passé sei. Es sei zum Laufen schon immer total unpraktisch gewesen. Wir gehen weiter zu Rainer, einem Freund von früher und schauen uns die Wohnung an und machen einen kurzen Kontakt, Zwischenstand, was gerade so ansteht bei ihm im Leben, aber in der kurzen Version. Seinen Sohn, die schon groß ist, d.h. Pubertät, muss er uns aufzwingen, wir haben mehr Interesse an seinem Hund. Drehen eine Runde mit Luis durch den Hofgarten an meiner früheren Schule vorbei und dem Kriegerdenkmal wo wir früher demonstriert haben am Volkstrauertag als Gegendemonstranten, ich zumindest als Schülerin. Es ist eine Rosenausstellung und alles schön herausgeputzt. Der Hund orientiert sich gut, ein echter Follower, er hat schwere Knochen und keine Kondition. Ein trächtiger Spring-ins-Feld ist interessiert, aber er nicht. Das läufige Weibchen ist auch nicht ihres, wie uns die Studentin mitteilt. Na dann könnten wir es einfach ausprobieren, aber Kaiserschnitt ist das sicherlich fällig bei der Geburt, so schmal wie sie gebaut ist, das Miniaturreh. Luis Zunge ist gerollt wie ein Blatt und er heuchelt und ist supersüß. Eine Mischung aus Mops und französischer Bulldogge, sieht auch aus eine englische Bulldogge in Miniatur. Ich liebe es wie er die Beine nach hinten klappt und den Bauch auf dem Küchenfußboden kühlt als wir wieder zuhause sind.

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Zwischen Hiphop und Reststubbe Mittelalter….Die Gaststätte Eule, wo Festspielgäste absteigen und unsere Freundin Brigitte früher gejobbt hat, gibt es immer noch.

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Wieder zuhause, die Haare in Lockenwicklern, angespannte Stimmung, etwas helfen. Ich hole mir tiefe Kratzer an den Beinen, aber bestücke den neuen Ikebanaständer, den wir gefunden haben.

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Die Gäste kommen um 18 Uhr u.a. mein früherer Deutschlehrer, mit dem ich dieses Mal das Du klar mache und Freunde meiner Eltern in unserem Alter, die im Wald wohnen und Geschwisterkater halten gegen die Wühlmäuseplage. Sie wohnen in Hof und sind damit ganz dicht an Tschechien und viel näher an Städten wie Karlsbad und Marienbad, wie ich vermutet hätte. Der Künstlerfreund des Hannoveraner Verlegers mit der Paketsendung ist dieses Jahr verhindert. Um nach 22 Uhr kommt die zweite Hälfte der Gäste, die in einem kirchlichen Kabarett waren und mein Halbbruder, wie ich ihn nenne, der Techniker, den mein Vater 1980 eingestellt hat und der ihn ergänzt und heute noch auf Reisen begleitet (sie waren gerade in Israel) grillt noch einmal auf dem Elektrogrill. Er hatte damals schwere psychische gesundheitliche Probleme und hat jetzt 4 erwachsene Kinder darunter 2-3 hochbegabte, die Stipendien bekommen. Das sind halt mal bald 35 Jahre. Ein weiterer später Gast ist eine Frau, die viel und lustig redet, auch Kunst mag und Bridge sehr ernst betreibt. Es ist eine lustige Mischung, einmal kommt die Polizei wegen einer Ruhestörung, die gemeldet worden sei als es gerade heftig regnet. Sie stehen mit ihren olivgrünen Uniformen im Garten und wir erklären, dass sie nicht uns gemeint haben und der Anlass ist auch schon vorbei seit einer halben Stunde. Mein Paps ist hardcore und ruft laut „Ruhe“, wenn er seinen Gästen was sagen will. Die kennen ihn und es tut mir gut, hier nicht angespannt sein zu müssen, sondern zu wissen, dass sie ihn so kennen und auch lieben. Wer weiß, ich werde vermutlich auch so enden. Holzhammer halt. Erst um halb 2 geht der Abend zu Ende. Wir haben draußen gesessen unter einer großen Markise mit Heizstrahlern. Mein Vater freut sich und als alle gegangen sind und der Tisch notdürftig abgedeckt ist wollen wir endlich die alten Schätze gucken als Belohnung. Das machen wir auch im Freien an Stephans Rechner. Die Filme zeigen mehr meinen kleinen Bruder als mich, sind aber trotzdem interessant und erfreuen das Herz. Er ist ein Bewegungstalent und unternimmt mit 5 Monaten erste Gehversuche, wie wir anschließend in den Fotoalben aus dieser Zeit nachlesen. Er darf auf Beton mit Stufen seine ersten Gehversuche machen und alles klappt, er hält sich fest oder geht runter auf den Boden und überwindet jedes Hindernis und entdeckt alles heldenhaft alleine. Dann misshandelt er die Schreibmaschine, die noch im Einsatz ist, aber auch hier lässt man ihn gewähren. Alles steckt er sich in den Mund, auch Holzbalken, die herumliegen. Ich staune, wie er zielsicher das Plastiktelefon aus dem Spielkorb nimmt und auf der Wählscheibe herumfuhrwerkt und sich den Hörer ans Ohr hält. Hat er schon voll kapiert. Klar konnte ich mit unter 18 Monaten ganze Sätze sprechen, aber die Papageien sind mit den Flugsauriern verwandt und plappern nur ohne höhere Intelligenz. Auf das Verstehen kommt es an. Ich spiele nur am Rande eine Rolle, weil wohl mit den Kurzfilmchen 1974 der Stammhalter für die Verwandtschaft in Übersee dokumentiert werden sollte und lege eine Tanzeinlage ein. Das Springen mit Hüpfseil gelingt mir grottenschlecht, weil es irgendwo hängen bleibt, am Hinterkopf oder am Ohr oder mir aus der Hand fällt. Arnhild herzt ihn nur mäßig in meiner Anwesenheit um Eifersucht vorzubeugen. Das habe sie ausgiebig tun können, wenn ich morgens in der Schule war. Ich habe blonde, lange Haare und bin schüchtern und zurückhaltend und ja, süß. Am besten gefallen mir die Szenen mit Tinkel, unserem Kurzhaarzwergdackel. Er war damals mein Baby und auch noch ein Welpe/Junghund. Ich greife hinter mich und zack befördere ihn nach vorne und er schaut interessiert auf mein Essen, was ich vor seiner Nase herumwedele, beherrscht sich aber. Ja, das mit der Hundeerziehung hatte ich damals voll drauf. Diese Selbstverständlichkeit mit der man dem Tier begegnet ist war der Zauber, kein Zögern, keine Angst, machen. Da ist mir auch viel von verloren gegangen durch Nachdenken und dadurch Ängste, Bedenken, Zögern. Das kann man da alles nicht gebrauchen. Machen und nicht fragen, alles musste er sich gefallen lassen und war dafür super sozialisiert und kinderverträglich, was bei dieser Rasse der Wadenbeißer nicht selbstverständlich ist. Meine Querulatorische Betreute schreibt mir: „ich bin wieder mit meinem Partner zusammen (der im Innenministerium arbeitet“. Verpisse mich ins Bett auf französisch.

29.06. Wieder viel zu früh wach. Noch mal die Filme, wie das Leben früher war. Kleinkinder haben beinhart und ohne Helme Gehübungen auf Betonstufen gemacht und durften sich alles in den Mund stecken, aber alte Holzplanken. Schauen auch die korrespondierenden Fotoalben durch. Arnhild hat so schöne schwarz-weiß Fotos gemacht und auch selber abgezogen. Im Album finden wir aber auch ein Foto von Arnhild und einer anderen Deutschen mit bodenlangen Musterröcken, dass man erblinden könnte, oben schwarz und flankiert von den Ehemännern im Anzug. Absprachen wegen Kalifornien, die Daten noch mal durchgehen, IBM-Mitarbeiter von früher im Internet suchen. Etwas Karten spielen und dann wird der Grill erneut angeschmissen und ich esse Würste bis ich nicht mehr kann und Sauerkraut. Heute schmeckt alles besser als gestern und Kuchen aus roten Johannisbeeren gibt es auch. Stephan isst Riesenstücke.

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Wir nehmen Grillfleisch mit. Ich habe mit in den Holundersirup verliebt (die Enkel helfen bei der Produktion, aber er ist zu zuckerhaltig) und nehme mir zwei Gläser aus dem Keller und mache sie in den Koffer, Marmelade gibt es auch noch und Cherrytomaten hätte ich auch mitnehmen sollen zum Blauschimmelkäse, den wir Freitag in der Feinkostabteilung gekauft haben und der schon einiges an Wegstrecke hinter sich hat.

Am Bahnsteig in Nürnberg ist ein skurriles Paar, Mutter und Sohn. Beide sehen aus als wären sie direkt den 50er Jahren entstiegen. Er sieht aus wie ein Möchtegernjurist, konservativ gekleidet, einer, der sich nach Karriere anzieht, aber noch zuhause lebt. Er schimpft viel mit Mutti, aber sie hat die Hosen an. Sie beweist Dominanz und ignoriert das Schimpfen und er geht immer wieder zu ihr. Im ICE ist der schönste Himmel. Woran liegt das? Vielleicht weil man durch die Landschaft braust bis er sich auftut und teilweise auch einen tollen Weitblick hat.

Frühpubertäres Mädchen fängt an zu weinen. Man spürt förmlich den Weltschmerz. Mutter tröstet kaum, tätschelt etwas und lenkt ab mit Gesprächen über Schuhe, die gekauft werden sollen. Die sollte man in den Arm nehmen oder zumindest das Gespräch suchen. Am besten beides. Richtig körperlich. Tut etwas weh, dass sie es gar nicht tut. Es geht wohl um getrennte Eltern und Umgang. Sie sind in Fulda zugestiegen und ich habe gehört „im Sommer bist Du auch eine Woche bei mir“ und „wollen wir Zelten“ und die Tochter, nein lieber was Ausgefallenes machen. Zelten sei ausgefallen.

Ein Hund, der ruhig vorne im Fahrradkorb sitzt mit brauner Schmiere unter den Augen gefällt uns beiden und ich denke zuerst, Tinkel war Kinderersatz für mich und deswegen bin ich da so darauf konditioniert und wollte keine Kinder, sondern reagiere statt dessen stark auf Hunde. Vielleicht ist es so, aber mein Mann ist angesteckt.

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Das Foto ist Juli 1973.

War heute schlecht drauf (zu wenig geschlafen, mehrere Nächte in Folge). Nicht mal die Filme habe ich auf den Rechner laden lassen und ein Ladegerät haben wir auch liegen lassen (gut, dass war weniger ich). Was ich vergessen habe war ein Sukulentenableger von unserem Friedhof. Dann hätte ich einen vom Friedhof Montparnasse gehabt und einen von dort. Steffi hätte ich im Heim anrufen sollen, weil man das jetzt machen soll nach meiner Mutter, auch da habe ich mich verweigert. Irgendwie war die Energie nicht da.

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