Kehrwochenende

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13.06. Ich ärgerte mich gestern, dass ich Stephan anrufen musste vom Handy, weil ich nicht weiß, ob ich die Marienstraße oder die Hildesheimer runter fahren muss nach Kleefeld. Ich kann es mir nicht merken, obwohl ich die Strecke schon zig mal gefahren bin. Ich baue mir nach dem Ärger eine Eselsbrücke KLM. Kleefeld liebt Marienstraße. Ich komme mir dement vor und total dämlich.

Mr. Borderline hat sich entschuldigt und ich fand das total klasse. Die ambulante Wohnbetreuung, die eigentlich schon fast Angst vor ihm hatte will weiter machen. Das finde ich total wichtig, weil gerade so Heimkinder haben oft die Erfahrung gemacht, dass es einen Konflikt gibt und dann die Bezugspersonen wegbrechen und das soll hier nicht der Fall sein. Wenn ich was zu sagen habe, halten wir das aus und schaffen Kontinuität.

Heute werde ich um 6 Uhr schon wach und um 7:58 Uhr habe ich das Üstra-Ticket am Automaten gezogen. Wir nehmen die Bahn, die Stephan rausgesucht hat um 8:17. Unser Zug mit Zugbindung fährt um 8:41. Leider fliegen wir am Schwarzen Bären raus und stehen mit vielen anderen auf der neu gebauten Haltestellenbrücke (Hochbahnsteig). Die nächste Bahn kommt in 10 Minuten. Schaffen wir das, will ich von Stephan wissen. Er bejaht, weil wir ja nur ca. 6 Minuten Fahrtstrecke vom Bahnhof entfernt sind. Taxi wäre ohnehin keines griffbereit. Ich bin schon angespannt. Dann kommt die U-Bahn endlich um halb und ist supervoll. Sie stockt, die Menschen sollen die Trittstufen frei machen. Immer wieder halten wir und es geht nicht voran. Irgendwann hilft nur auf eine Verspätung der DB hoffen. Wir rennen zum Bahnsteig, ich hyperventiliere und meine Beine drohen zu versagen. Dann steht fest, es ist 8:43 als wir oben ankommen und unser Zug ist weg. Ich drehe durch, will wieder nach Hause, alles absagen. Stephan will am Automaten ein neues Ticket kaufen, ich will Rache. Meine Laune ist so was von miserable, dass ich meiner Umwelt Angst mache. Ich schnappe mit am Gleis des Intercity nach Kassel eine Bahnmitarbeiterin und erkläre der schon mal alles und dass ich Genugtuung will, weil alle unsere Termine durcheinander kommen und wie früh soll mal noch losfahren usw. In dem Zug sind Hühner auf Junggesellinnenabschiedstour und Männer, die Sitzplatzreservierungen haben und Zahlen laut aufsagen. Bei dem einen bleibe ich ganz nah an seiner Kopflehne stehen und er will wissen, ob ich nicht durchgehen wolle und ich erkläre ihm, nein und, dass ich genau für diesen Stehplatz eine Stehplatzreservierung hätte. Wir gehen dann in den Speisewagen und ich bekomme einen lauwarmen Tee, bei dem sich das Wasser nicht verfärbt und ich kann meinen Finger hineinstecken und der wird noch nicht mal richtig gewärmt. Den muss ich auch reklamieren. Das für 3,20 € und das total schlechte Baguette-Frühstück kostet 6,80 €. Die haben sportliche Preise in der Bahn. Die Schaffnerin, die die üstra nicht kennt, weil sie aus München kommt und sagt, dass sie aus Kulanz die Zugbindung aufhebt und unserer Tickets gültig schreibt und fragt mich, ob meine Laune jetzt besser sei, was ich bejahe. Wenn ich richtig sauer werde habe ich doch Erfolg, auch mit privaten Anliegen.

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Das hat uns 125,- € und noch viel mehr Ärger und Frust meinerseits gespart. Umsteigen in Kasel-Wilhelmshöhe, eine Signalstörung in Gernsheim oder so ähnlich, wir kommen an mit erneuter Verspätung.

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Ich bin erleichtert aus dem Zug aussteigen zu können. Superlangweiler von Berufskollegen aus einem Verlag haben uns seit FFM gegenüber gesessen. Er ein alt wirkender Mann mit sehr schmalen Schultern und schlimmen Dialekt und Zähne und sie jung, mit langen blonden Haaren, aber auch kaum attraktiver. Im Verlag arbeiten, aber nicht richtig Deutsch sprechen können, „die Kamera, wo ich dabei habe“….Gefallen tun mir immer die Schrottplätze, sie erfreuen mein Herz. Wie ein riesiger Haufen Gold, das glänzende Metall zu einem Berg aufgetürmt, der in die Sonne glitzert und glänzt, die eine Seite rostig, die andere shiny. Wenn ich meinen dicken schweren Rung verliere, den ich heute trage, hat die weitsichtige Goldschmiedin vorgesorgt und meinen Namen in die Ringschiene reingestanzt. Orte, die Wolfgang heißen. Hey, wir haben noch nie in Hanau gehalten.

Der Stuttgarter Bahnhof ist nicht wiederzuerkennen und man muss ewig latschen. Taxi. Beim Apartment treffen wir meine Eltern, die unten beim Vietnamesen „Noodles“ was essen. Ich bin mehr als grantig und kriege mich einfach nicht ein und Stephan tut ihnen leid. Stephan macht die Wohnungsübergabe oben im Haus und ich lasse mich auf einen teuren, aber ausgezeichneten Mittagstisch einladen. Edles Sashimi-Fleisch mit Nudeln, Salat und frischen Kräutern. Der Laden ist gut. Die Dachgeschoss-Wohnung ist etwas bedrückend, aber die Dachterrasse bietet einen spektakulären Blick und viel Platz.

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Wir trennen uns von meinen Eltern, die zu Breuninger wollen, gehen Kuchen kaufen bei Nast. Ich sehe schon deutlich die ersten sicheren Anzeichen der Kehrwoche.

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Ewig laufen wir zum Taxistand, weil man keine Chance hat eines von der Straße anzuhalten und ich aufgegeben habe und fahren zu meiner Tante in den kühlen Wald, um wenigstens die Folgeverabredung einzuhalten. Hier gibt es Kaffee. Vieles ist schön 50er Jahre mäßig und irgendwie vertraut z.B. die gebatikte Arche Noah, die bei meiner Oma hing, die sie ihrerseits schon geerbt hatte und auf der mein Name steht, obwohl ich selber gar nichts damit anfangen könnte, d.h. ich freue mich, sie hier zu sehen und wir hören uns andere Versionen der Familiengeschichte an. Es gibt alte Servietten mit einem etwas anderen Stadtplan, irgendwie sehr komprimiert. Ich fühle mich wohl mit dem Nebendarsteller von Pooh. Außerdem geht es um Billigtaxen, kleine Nägel, vollgeblutete weiße Leinenhosen, chinesischen Tee. Es geht nichts über einen gut ausgestatteter Haushalt mit Sieben, Trichtern und alten Flaschen mit Bügelverschluss.

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Dann geht es mit klimatisiertem Bus und Bahn zurück.

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Ich schaue kurz in dem Tanzbedarfsladen rein, die ab Morgen Ausverkauf haben, aber es gibt im Sommer keine Wollleggings und meine Füße schmerzen schon in den ungewohnten Sandalen. Tanzschühchen mit Riemchen und Highheels sind mir nicht zumute. Die schauen auch alle als hätte der Elefant den Porzellanladen betreten.

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In der Puffstraße vor unserer Mietwohnung hängen sehr alte Zuhälter zum Fenster raus.

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Meine Mutter leiht sich meinen Rock mit den roten Jugendstilstickereien, den Andrea mir genäht hat. Der steht ihr gut, der Stoff stammt ohnehin von ihr und wenn ich ihr mal was Gutes tun kann, dann mache ich das gerne und so wechselt er den Besitzer, ohne dass ich ihn jemals getragen hätte. Wieder und jetzt gemeinsam verlassen wir unseren Bau auf Zeit und wir fahren mit der Zacke, das ist eine Zahnradbahn und unser Ticket von vorhin gilt noch, auch wenn mir das heute egal wäre bzw. ich auf meine Überzeugungskünste gegenüber jeglichem Personal der Personenbeförderung vertraue. Als wir oben aussteigen steht ein total gut aussehendes und sympathisches Paar von der Wielandshöhe und ich hoffe, es ist unser Blinddate an diesem Abend und das ist dann auch so. Herbert ist sehr charmant und Andrea sehr gutaussehend und sie hat ein tolles Kleid an mit fotorealistischen Blumen darauf. Das Essen überzeugt nicht so sehr. Es ist wohl eher die Lage, die dieses Restaurant herausragend und so beliebt macht. Nur die Wachtel als Vorspeise ist richtig lecker, das andere eher durchschnittlich. Das Hauptgericht noch besser als einige Zwischengänge und ich esse es sogar ganz auf, obwohl ich dachte, dass ich Stephan die Hälfte oder mehr abgeben würde.

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Mein Kollege erzählt vom Seminar mit anstrengenden Firmenjuristen, die total schwierige Fragen stellen und er gewohnt sind andere mit ihrem Wortschwall zu verwirren. Da hilft nur Columbo-Strategie. Sich doof stellen und sich das immer wieder erklären lassen bis die anstrengend Fragenden ganz mürbe werden. Ich sage, dass sie so lange Fortbildungen machen werden bis auch der letzte alte Lude sich auf Streitschlichtung und Interessensausgleich versteht. Meine Eltern laden uns ein, nachträglich zu Stephans Fünfzigsten. Meine Mutter legt sich beim Käsegang mit der Bedienung an, die ihr zu schnell abräumt, d.h. die Teller wegzieht während man noch beim Essen ist. Wir sind um 23 Uhr die letzten Gäste und die Angestellten räumen kräftig auf. Es ist eine Stimmung als würden sie schon für das Frühstück eindecken. Als wir anschließend zur Haltestelle Weinsteigen laufen trinken Jugendliche auf der Straße und es steht ein Schild „Bio-Avocados zu verschenken“ am Rande der Schrebergartenkolonie, was total lustig auffällt. Ich kann keinen Zusammenhang erkennen. Es ist der Hinweis auf einen besetzten Garten und illegalen Klub, wie Stephan später herausfindet. Andrea gibt eine Runde Fahrkarten aus und immerhin fehlen uns nur zwei von acht. Auf der Straße wird mein Kollege von seinem 45. Geburtstag ereilt. Wir gehen noch eine aus Runde auf unserer partytauglichen Dachterrasse und geben damit an. Ich hoffe, dass wir das Stuttgarter Pärchen noch mal treffen werden und beneide meinen Kollegen um diese Gastgeber. Herbert empfiehlt uns schwäbische Küche direkt bei uns im Rotlichtviertel, „Weinstube Fröhlich“ heißt der Laden und ich vertraue Herbert. Für Stephan gibt es auf der Dachterrasse ein Gedicht, obwohl er gar nicht aktuell Geburtstag hat. Meine Eltern umarmen alle und sind sehr vertraut, aber es wird konsequent gesiezt, auch mein Kollege und unser Freund. Das müssen wir ihnen noch mal abgewöhnen bzw. hätte am Abend gleich konsequent eingreifen müssen, was ich nicht tat. Um 2 Uhr gehen wir müde ins Bett. Ich habe am kleinen Zeh rechts außen die hammergroße Blase. Der Wahnsinn. Ich dachte, das wäre „Fußfleisch“ was da durch das Lochmuster gepresst wird, aber das gibt es an dieser Stelle nicht. Sie ist groß und hart, so dass ich erst überlege, ob mir hier auf die Schnelle eine riesige Warze gewachsen sein kann, was ich dann aber doch ausschließe. Schlimmer ist, dass ich meinen rechten Ohrring verloren habe und es sind ganz alte Ohrringe der ersten Stunde, d.h. aus den 80ern. Ewig nicht getragen und jetzt ist einer weg, d.h. nie wieder. Wenigstens wurden sich noch auf BM dokumentiert versuche ich mich über den Verlust hinweg zu trösten.

14.06. Meine Mama hat nicht geschlafen und das überwiegend auf der Wohnzimmercouch. Stephan hat die Kamera in der Wielandshöhe vermutlich liegen lassen, aber da ist keiner zu erreichen. So viel zu der Ohrringdoku.

Ich lenke mich etwas ab mit Dokumentationen bei uns im Treppenhaus (die geile Kakerlake) und anderswo. Unsere Gasse mit abgesperrten Mülltonnen.

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Wir gehen zu Herbertz Espressobar und frühstücken. Hier ist es entspannt und es gibt ein Pferd und ein Einhorn auf Rädern für die Kinder. Bei Mädchen sind beide gleichermaßen beliebt und werden viel geritten. Wir essen leckere Laugen-Sesam-Croissants mit Bauernschinken (das ist hier Schwarzwälder). T-Shirts gibt es auch.

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Dann schauen wir in einem Tee-Laden rein, der im Heusteigviertel von einem Engländer betrieben wird. Wir machen eine Teeprobe. Paps kauft Grüntee und wir Kekse und Clotted Cream.

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Da der Typ nicht rechnen kann, zahle ich nur, was die Ware auch Wert ist, weil hier werden englische Kekse überteuert verkauft in kleinen Mogelpackungen mit viel Verpackung und nur 80 gr. Kekse für Phantasiepreise. Die meistens Packungen hätten 4,90 € gekostet. So weit ist der Importweg von England nach Stuttgart nun auch nicht. Wir kaufen Blumen in einem tollen Blumenladen mit Feigenbäumen vor der Tür für unsere Gastgeber heute Nachmittag.

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Dann gehen wir noch eine Runde in die Markthalle und auf den Flohmarkt, der für mich keiner ist, weil hier lauter Leute ihre festen Plätze haben und immer dieselbe Ware am selben Platz. Was ist das für ein Flohmarkt? Ein schlecht gelaunter Uhrenhändler, bei dem ich schon mal eine Dose Ösen gekauft habe usw. Heute alles zum halben Preis, wirbt eine Frau. Was bedeutet das auf einem Flohmarkt? Haben die Dinge feste Preise und wenn ja, wirbt man damit auf einem Flohmarkt? Ich kaufe eine Serie Katzenbriefmarken für 50 Cent an der Stelle wo ich letztes Mal die Pilzbriefmarken gekauft habe. Dann noch zwei Indianer in meiner neuen Lieblingsfarbe, kupfermetallic für 1,- €. Mehr Umsatz ist mit mir nicht zu erzielen. Zuhause habe ich dann Katzen aus Nicaragua und Kühe aus Frankreich zum verbasteln.

Chamäleon an der Markthalle und unsere Wohnung auf Zeit.

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Stephan hat in der Zeit die Kamera geholt und wir treffen uns wieder, gehen ins Apartment und schauen nach den Öffnungszeiten eines sozialen Kaufhauses in Bad Cannstatt. Dazu hören wir MC Brudaal oder wie der heißt mit seinem herrlichen Song über die Kehrwoch. „Jetzt wird sauber gmacht, das is a Supersach. Das ganze Treppenhaus, so sauber check des aus“….“ein kleines Verschnauferle ….und en Energybier… und wenn’s hier nicht sauber wär, dann wärn wir ja am Prenzlauer Berg“. Nachdem es im Auto stressig ist zwischen der Fahrerin und dem Beifahrer (meinen Eltern) und das Wegdiktatgerät ewig nervt, sage ich den Programmpunkt soziales Kaufhaus ab, bevor es noch stressiger wird. Im Tunnel wird meine Mutter geblitzt, ein Radfahrer fährt im dichten Verkehr und wechselt die Spuren. Das regt die Rentner noch mehr auf. Wir kommen an in Untertürkheim und machen einen Überraschungsbesuch bei fast 90-Jährigen. Ein sehr nettes Ehepaar aus der Verwandtschaft. Er übt sich gerade in Kehrwoche als wir vorfahren und macht dann eine Flasche Trollinger auf in der guten Stube, sie holt das Käsegepäck aus dem Wohnzimmerschrank. Er noch sehr stattlich für sein Alter, wie mein Mann bemerkt. Das Wetter sei unnatürlich heiß dieses Jahr, die Traubenblüte war an seinem Geburtstag fast vorbei. Früh ist es, wenn sie da schon begonnen hat. Seine Johannis- und Stachelbeeren sind zum Teil verbrannt. Seine Weinberge hat er verkauft. Der Käufer hat jetzt 14 Hektar von 88, die die Genossenschaft insgesamt hat. Er hat ganzjährig 2 Polen da, sonst schafft man die Arbeit nicht. Dietrich will unbedingt den Keller sehen. Paul hat kaputte Knie und Treppen steigen bereitet ihm Schmerzen. Da wird keine Rücksicht darauf genommen und er tut alles, was verlangt wird. Das Haus wurde im 30-Jährigen Krieg zerstört, aber der Keller nicht. Er hat eine Raumhöhe von 5 Meter und ist ganzjährig kalt. Er diente im 2. Weltkrieg als Luftschutzbunker und ist schon beeindruckend. Ich will mir noch mal den Unimog aus den 60er Jahren anschauen, seinen Lebensbegleiter neben seiner Frau. Dieser steht in der Garage und kann angeblich alles. Auch Strümpfe stricken, will ich wissen. Das nicht, aber sonst alle Arbeiten, wobei man für die kleineren am Hang zwischen den Reben wohl auch ein anderes Fahrzeug nutzt. Er sieht aus wie ein Militärjeep und man könnte gut Modells daran posieren. Hilde macht sich Sorgen um den Enkel, der studiert und Tag und Nacht lernt und über den Büchern hängt. Das sei nicht gut. Da kann man auch überschnappen, wie sie so schön erzählt auf breitestem schwäbisch. Das sei der einen Mieterin von ihnen passiert. Einfach übergeschnappt. Sie sind einfach herzlich und lieb ohne Ende. Hilde erzählt beim Abschied, dass sie immer mehr Türken als Nachbarn haben. Das ist nicht rassistisch gemeint, aber man merkt, dass sie es nicht mehr verstehen, dabei passen Türken so gut hierher und machen auch die Kehrwoche anstandslos mit. Herbert hatte erzählt, dass ein Türke neulich einen einheimischen Kohlschneidewettbewerb (es wird wohl Kraut gemacht) gewonnen hat. Auch klar, aber die Einheimischen waren verwundert und haben den Wettbewerb seit dem nicht mehr abgehalten.

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Wir fahren zu den Jungen, Annette und Jörg und ich lerne die Zwillinge kennen, Johanna und Paul. Paul hat eine Badewanne voller Spielautos und kennt alle Marken, vor allem natürlich Daimler. Ich spiele am liebsten mit dem Unimog, den ich heute kennen gelernt habe und spiele damit so, wie es die Kinder nicht dürften. Stephan nennt mich beim Hochladen der Bilder eine Sau.

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Johanna lernt Ballett. Wir gehen nach Kaffee und Kuchen am Friedhof vorbei zum Collegium Baden-Württemberg.

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Das Sunset Wine Tasting ist auch für Nicht-Trinker und Kinder eine herrliche Veranstaltung und junge Wein-Stewardessen (Wine Guides, die aus Winzerfamilien stammen) führen einen durch die Weinberge. Es ist so schön dort. Sie haben ein paar Reihen Reben zur Bewirtschaftung übertragen bekommen, damit sie üben (Tamagottchi-Prinzip). Wir sollen raten, wie oft man die im Jahr aufsuchen muss. 2 mal am Tag ist mein Tipp zur Erheiterung. Sie haben einen sehr leckeren Silvana daraus gemacht. Beim Riechen tut es mir leid, dass ich den nicht probiere. Mein Paps und ein anderer älterer Typ halten die Guides mit Fragen auf Trab, aber dafür haben sie einen jungen Mann als Spezialbetreuer um diese Kundschaft etwas auf Abstand zu halten. Wir machen ein Fotoshooting mit den Zwillingen. Sie sind zu süß!

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Der Spaziergang an den Steinmauern entlang, aus denen auch die verschiedensten Pflanzen wachsen ist sehr schön. An der einen Stelle zeigt uns der Guide ein Versteck. Eine Plastikdose ist unter Steinen platziert. Da werden Schnitzeljagden veranstaltet. Ich verstehe das Prinzip nicht, aber tue das Pflaster hinein, was mir meine Mama für meine Blase gegeben hat und was ich nicht mehr gebrauchen werde.

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Ich sage den jungen Frauen, die die fachkundige Weinführung machen, dass sie bestimmt beide nur Weinköniginnen werden wollen und sich dafür wechselseitig die Knie brechen werden. Das gibt einen Lacher. Es ist schon klar, dass die beiden vom Fach sind und es hier um Fortbildung geht bzw. die Kultur zu vermitteln und die Tradition weiter zu geben. Wie war doch noch mal das schöne Zitat. Tradition bedeutet das Feuer weiterzugeben und nicht die Asche zu hüten oder so ähnlich.

Dann kommt Gerhard, der älteste Bruder unseres Gastgebers mit seinem Hobler den Hang hinauf gefahren. Den Namen hatte ich heute schon mal gehört. Er ist der kleine Bruder des Unimog. Er macht Tacker an Schnüre, die zwischen die Reben gezogen werden. Auch hier werden Fotos gemacht, außerdem ist Johanna mit einem Weinkranz unsere Königin. Gerhard hatte einen Trieb entfernt, den ich gleich im frischen Zustand geflochten habe.

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Die Männer machen ihre 5er Stempelkarte noch voll und kaufen Wein. Wir gehen am schönen Spielplatz hinter dem Haus nach Hause. Annette muss kurz darauf die Männer abholen und ich sage Johanna, dass sie jetzt die Verantwortung für uns alle hat und froh sein darf, wenn wir keinen Blödsinn machen. Arnhild und ich sind da. Sie ist sichtlich irritiert und will immer wissen, wer jetzt auf Paul und sie aufpasst. Es wird gegrillt und die Kinder haben mich als Reittiger (sie nennen sie mich so) entdeckt und springen immer beide auf mich drauf. Ich mache Katze –Kuh aus dem Yoga und dehne meinen Rücken schön durch. Da müssen sie sich gut festhalten. Am liebsten mögen sie den pinkelnden Hund. Hier ist das Festhalten eine besondere Herausforderung. Es gibt leckere Grillware (Scampi und Fleisch) und Sunset.

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Jörg holt die Schatztruhe aus dem Keller, das Tagebuch seines Vaters mit allem Einträgen zum Wetter und auch sonst. Er notiert, dass er seinen mittleren Sohn an die Industrie verloren hat und bedauert, dass nicht alle drei Söhne zuhause auf dem Hof bleiben können. Es gibt total schöne alte Fotoalben in kleinem quadratischen Format. Die Schutzhüllen, wie die Bücher für Singles (kleine Platten mit einem Song drauf, die es früher gab). Sie haben oft Blumenmotive und enthalten Fotos von Frau und Söhnen. Annette erzählt, dass er sich in Arbeitspausen in den Wagen gesetzt hat und die Fotos seiner Familie angeschaut hat. Es ist fast 12 Uhr und wir fahren wieder. Ich bin beeindruckt von dem Partybus, der auf den Rotenberg fährt. Kaum ein Stehplatz ist frei und an der nächsten Haltestelle steht noch eine Menschtraube, die zuvor Weintrauben getestet hat. So muss es sein, schön öffentlicher Nahverkehr bis 1 Uhr. Die Grabkapelle ist bunt beleuchtet und erinnert an die Expo. Schön ist es.

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Meine Knie tun nicht weh, sehen aber aus wie nach einem Sexunfall.

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15.06. Heute schlafen wir gut. Vor allem die anderen. Ich habe ausgeschlafen um 7 Uhr und überlege, dass ich mich beim Gerhard vielleicht als Erntehelferinnen bewerben werde. Ich bin ja hart im Nehmen und habe mittlerweile sogar sportliche Qualitäten. Wir genießen noch mal die Dachterrasse, die mit einer Hydraulik aufgeht (wenn ich das gewusst hätte, dass das so leicht aufspringt). Der Himmel ist toll, die Wolken sind atemberaubend.

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Ich schlage nach dem Frühstück einen auswärtigen Flohmarkt vor in Filderstadt. Das Wetter ist zu schön und meine Eltern wollen auch nicht ins Museum. Das wäre die Alternative. Ich merke, wie eingeschränkt mein Paps ist und wie beschissen es ist, wenn man seinen rechten Arm nicht zur Verfügung hat. Nach dem Frühstück hatte ich vorgeschlagen sich gleich zu trennen, weil die Stimmung gut ist und dann soll man Tschüss sagen. Die Polin will das Kuchenrezept nicht verraten und sagt was von „mit Liebe gebacken“ und Bio-Mehl. Stephan muss es meinen Eltern erklären, dass es ein Berufsgeheimnis ist und auf unsere Freundin Claudia verweisen, die auch hartnäckig ihre Brownierezepte hütet. Er hat an ihre Maultaschen im Kühlschrank der Ferienwohnung gedacht und sie sind ihm nun ewig zu Dank verpflichtet. Davor hieß es, wir dürften alles behalten was sie zurück gelassen haben. Vorbei an der Methadonszene. Das Parkhaus ist gegenüber und man darf sich nur mit Parkticket in dem überdachten Bereich aufhalten. Scheiß Nazis. Wir finden den Volvo, weil es total leer ist.

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GPS und Stephan finden das Ziel gleichermaßen, aber einmal mit viel weniger schlechter Laune und Stress. Der Flohmarkt ist die Dorfstraße entlang, auch hier vermengen sich gut durchtrainierte Türken und ältere dazwischen und es passt. Plastiksonnenschirme werden vor den Häusern gehisst. Ein schlecht gelaunter Typ will 5,- € für seine gebrauchten Flaschenbürsten, die aussehen wie tote Mäuse. Ich hatte gar nicht nach dem Preis gefragt, sondern mich etwas darüber lustig gemacht. Das war wohl zu viel. Das sei deutsche Wertarbeit und nicht „made in Schina“. Ja, ich habe eine schwäbische Oma und bin selber Millionärin. Ich habe die Hälfte der Flaschenbürstensammlung geerbt. Ich kann mir bald ein Haus in Stuttgart davon kaufen. Arnhild kauft Mädchen ein Armband aus Gummibändern ab. Ich finde es gut, das zu unterstützen, selbst gemachte Sachen von Kindern. Deutschland aus Gummi kostet nur 80 Cent und steht ihr gut.

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Ich will meinen Eltern eine Freude machen und verkünde, dass ich Nürnberg mehr mag als Stuttgart. Stuttgart ist teuer wie München und weniger schick, bietet weniger. Viel Autolärm und ich habe das Gefühl, dass es mit Humor schwierig ist, wobei das allgemein für Süddeutschland gilt, Oberfranken ist noch besser als Bayern und Bayern besser als Schwaben. Humor ist hier ein schwieriges Thema und es gibt viele Leute, die humorlos sind oder auf norddeutschen Dialekt mit Ablehnung reagieren und sehr schlecht gelaunt einen Flohmarktstand machen. Wahnsinn. Das sind richtige Stimmungsbomben im Vergleich dazu bei uns. Die Köche hier mag ich auch lieber, z.B. die Jungköche im Boca oder der Typ im Beckmanns.

Wir trinken noch einen Abschiedskaffee in Degerloch beim Italiener. Beliebig hässlich, Plastikstühle an der Straße „WM-Menüs“ werden beworben, aber eine ambitionierte Espressomaschine, die uns hat einkehren lassen. Verabschiedung, wir zurück. Wohnungsübergabe. Noch mal Fotos von der Partyterrasse at Daytime.

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Wir hätten den Müll runter bringen sollen, aber wie wollte sie dann 3 Stunden mit Putzen voll kriegen? Wir lassen die Koffer zurück und fahren in die Staatsgalerie. Erst mal gibt es noch ein Eis bei Pinguin. Am leckersten ist das Mercedes-Eis Mandel mit Schokostücken. Auch wieder typisch, dass das beste Eis danach benannt wird. Am Platz gegenüber gibt es einen Ausblick und Brunnen usw. Die Ausstellung zum Thema Textil haut mich nicht um. Natürlich hat einer Teppiche und Stoffe zu bestimmten Bildern ausgewählt und Jackson Pollack gefällt mir, aber das hätte man sich auch sparen können. Wir hätten lieber zu Klaiber fahren sollen und weitere Essenssachen einholt für die Höhle zu Hause, Hefekranz, Schokolade, Brezeln….

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Letzte Station Koffer holen und zur Weinstube Fröhlich. Der Innenhof ist idyllisch, aber wenn die Taubennetze die Atmo etwas kaputt machen. Wozu ein Brunnen, wenn man ihn verhängt, das bringt dann nichts. Die gratinierten Maultaschen auf Pastinaken-Bohnen-Gemüse sind die leckersten die ich je hatte. Das andere Essen ist auch sehr, sehr gut. Geeistes Gurkensüppchen mit Sauermilch usw. Wir sind ganz alleine und arbeiten uns zügig durch das Menü, was wir von der Karte gewählt haben. Es gibt Hightech-Teelichter, die flackern wie die echten.

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Ich mag den Chiquita-Stand im Hauptbahnhof. Cremige Milchschakes, die seit neustem verschweißt werden, was eh praktischer ist.

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Fulda hatte mal ein Emaillierwerk, ist jetzt aber eh eine Shoppingmall mit DM und Deichmann. Die roten Sonnenuntergänge sind einfach zu schön Ich kann mich gar nicht satt sehen. Ein junges Ding und eine ältere Junggebliebene freunden sich an. Sie erklärt der Mitreisenden alles über Eurorail oder wie das heutzutage heißt. Die Ältere kommt aus Oberfranken und will weiter nach Berlin und gibt ihr Reise- und Städtetipps. Langsam bei einer Packung Toffifee gehen sie vom Sie über zum Du.

Ich hoffe mein Hütchen wird nicht missverstanden als Fahne bzw. Fahne ist es, aber jede Fahne hat derzeit Fußballhintergrund. Jungs in Stuttgart haben wohl Scheißholland zu mir gesagt auf einer Rolltreppe und in Hannover wurde der holländische Pavillon angezündet. Dann habe ich wenigstens die richtige Fahne gewählt.

Taxi in Hannover. Ich lobe die Uhr in der Konsole, sie sieht so retro aus. Ist von Mercedes und erst 4 Monate alt, sein Taxi. Was sonst. Irgendwie mag ich die Türken hier, jedenfalls passen sie super zu den Norddeutschen, lakonischer Humor und sie lernen das bessere Deutsch. Ich falle umgehend ins Bett. Das ist zuhause wohl mal besser, auch ohne Dachterrasse.

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