Die Radbruch-Theorie

28.04. Ich stehe auf Busfahrer, wenn man überhaupt auf einen Berufszweig stehen kann. Die sind meistens coole Säue, die nichts aus der Ruhe bringen kann und die einzigen, wahrhaft sozialen Autofahrer. In Hannover flirte ich regelmäßig mit dem ein oder anderen und habe das Gefühl, dass es auf Gegenliebe beruht, zumindest teilweise.

Heute steige ich der Stellenleiterin der Jobcenters, deren Email Adresse die Jobvermittlerin mir fahrlässigerweise gegeben hat richtig aufs Dach und es wirkt. Die Jobvermittlerin hat schon eine Anhörung rausgeschickt, weil Frau Yoga nicht bei der Arbeitsvermittlung war am 25.04. Das war alles schon doppelt und dreifach geklärt und ich hatte vorsorglich auch noch ein Fax geschickt, weil man sich da auf nichts verlassen kann, außer dass sie mahnen und kürzen. Die Anwältin der Hausverwaltung schaue ich mir vorher im Internet an. Sie wirbt mit einem Zitat von Gustav Radbruch:

„Recht ist Wille zur Gerechtigkeit.“

Radbruch ist nun genau mein Thema. Genauer gesagt, die Radbruch-Theorie. Ich habe für mein erstes Staatsexamen in Jura auf dem Gebiet Rechtsphilosophie über die sog. Radbruch-Theorie eine wissenschaftliche Arbeit geschrieben, die über 500 Fußnoten hatte, z.T. die Fußnote in der Fußnote und mehr an eine Doktorarbeit angrenzte als alles andere. Ich habe dafür zu wenig Punkte bekommen und ich meine, es war eine inhaltliche Zensur. Die These, die zu belegen war, lautet, dass der Rechtspositivismus der 20er Jahre den Weg zu Hitler geebnet habe und ich habe diese Theorie widerlegt, statt sie zu untermauern. Diese sog. Radbruch-Theorie besagt, dass der böse Rechtspositivismus, der kurz zusammengefasst besagt, dass man als Jurist und Richter an Recht und Gesetz gebunden ist und Gesetze umsetzen muss, die Juristen quasi willenlos gemacht hat, weil sie nicht erkennen konnten, dass es Unrecht war, was sie taten. Der Gegensatz zum Rechtspositivismus ist z.B. Naturrecht und ich war der Meinung nach meinen Recherchen, dass die Nazis mehr mit Naturrecht gearbeitet haben. Dieses ganze völkische Zeug, mit dem sie die Ausgrenzungen gerechtfertigt haben ist quasi Ersatzreligion und hat mit formellem Recht gar nichts zu tun. Die bekannten Rassegesetze waren nur die Spitze des Eisberges und kamen zeitlich viel spät ins Spiel. Die Juristen waren nicht durch die veränderten Gesetze geknebelt, die sie anwenden mussten, sondern haben im vorauseilenden Gehorsam die Ideen der Nazis umgesetzt. So war keine einzige Änderung der Bürgerlichen Gesetzbuches vonnöten. Die Richter haben einfach definiert, dass Juden nicht zur Volksgemeinschaft gehören und daher auch nicht zur Hausgemeinschaft und damit automatisch ihre Rechten in Mietverhältnissen verlieren, ohne dass ein Buchstabe des Mietrechts geändert wurde. Besonders eindrucksvoll war das im Strafrecht. Man hat sich sogar bewusst über bestehende Gesetze hinweggesetzt, was mit Rechtspositivismus nun gar nichts zu tun hat, wenn z.B. erst ab 16 die Todesstrafe für Deserteure verhängt werden durfte, hat der zuständige Richter, der nun einen fremdstämmigen 15-Jährigen vor sich hatte, der durch einen Diebstahl von Lebensmitteln die Wehrkraft zersetzt hatte kurzerhand überlegt, wie würde der Führer entscheiden und dann war die Hinrichtung ohne weiteres möglich und auch angezeigt. Das jedoch hat nichts mit Rechtspositivismus zu tun und der Theorie, dass die armen Juristen durch den Glauben, das Recht umsetzen zu müssen, willenlose Werkzeuge waren. Sie haben als Vorreiter der Nazis alles umgesetzt bevor oder ohne dass Gesetzesänderungen überhaupt erforderlich waren. So was lesen die Juristen natürlich nicht gerne.

Die Telefonate mit der „Radbruch-Frau“ verlaufen etwas eckig und kantig und sie will taktieren, dass die fristgerechte Kündigung auch noch nach Zahlung der Mietrückstände im Raum sei und ich drohe damit, dass nicht zu akzeptieren und vom Amtsgericht prüfen zu lassen, weil meiner Betreuten sei ein weiterer Umzug nicht zumutbar sei und ich das nicht zulassen werde, dass sie ihre Wohnung verliert und da könne sie sich ja überraschen lassen, was Betreuung beim Amtsgericht in Mietsachen so bewirken kann. Übermorgen soll erst Mal Vorabnahme sein, aber es wird noch rot sein und nicht gestrichen. Ich sage, lieber dran bleiben und biete daher im Interesse des Vermieters diesen Termin an zu dem ich fahren muss. Am späten Nachmittag warne ich sie kurz, dass der Sachbearbeiter vom Jobcenter, dem seine Chefin und die Chefin darüber nun aufs Dach gestiegen sind aufgrund meiner Mails sich bei ihr melden wird. Es geht darum, ob die Mietkosten als angemessen anerkannt werden, also soll sie nichts Falsches sagen, weil wir das Darlehen sonst knicken können. Sie bedankt sich für die Vorwarnung. Ich habe überhaupt das Gefühl, dass sie recht beeindruckt ist von meinem Arbeitstempo. Kann man auch sein.

Morgens kommt mein kurdischer Betreuter und seine Frau, mit der er nur 3 Kinder hat, aber nicht verheiratet ist. Es geht um den Vorwurf des Kreditbetruges, weil hier jemand gefälschte Lohnabrechnungen von ihr eingereicht hat als Reinigungskraft bei einer Baufirma um einen Autokredit zu bekommen. Sie war es jedenfalls nicht und hat immer nur brav gezahlt. Sie haben keinen Darlehensvertrag geschlossen, immer nur Raten bezahlt, so ihre Wahrnehmung. Das jüngste Kind, ein Mädchen haben sie dabei und es singt fröhlich. Mein Betreuter will noch eines und seine Frau sowie ich sagen beide nein. Ich sage, sie ist doch keine Maschine und das zarte Ding wiederholt das, „ja, ich bin doch keine Maschine“. Sein Arzt hat zugleich empfohlen, dass ich Betreuerin bleibe „er mich behalten darf“.

Herr Ihme war natürlich nicht bei der Spritze und ich muss Morgen hin.

Ich habe in einer Woche Termin bei der TCM-Ärztin.

Beim Sport fragt mich Mikael, als ich im Treppenhaus mit nackten Füssen und Trainingshose in meinen Ansatzschuhen stecke, ob ich so im Büro gewesen sei. Ich sage, nein, nur freitags, das ist Casual Friday. Auch 3 andere Frauen machen Doppelkurse, aber für Aufsehen sorge ich offenbar mal wieder.

Stephan hat mir Blue Valentin aufgenommen, den ich gerne gucken wollte bis kurz vor 12. Was für ein trauriger Liebesfilm, weil die Liebe nicht erwidert wird und er so schön konsequent ist, aber es ihm nichts bringt.

29.05. Kurz ins Büro, dann zu meinem Termin beim Oststadtkrankenhaus. Hier ist mal Street-Art der anderen Sorte zu bewundern.

Schachtelgirlande

Die Alkoholikerbetreute ist dick geworden, genau wie ihr Hund.

räudiger Dickie mit Walross 3

Außerdem hat sie noch einen Vogel und auf dem Balkon ein Kaninchen. Der reinste Privatzoo. Der Jagdhundmischling der ambulanten Wohnbetreuung zittert vor Aufregung, weil das Kaninchen frei herum hoppelt. Frau KV hat den Ratenzahlungsplan für die Badermöbel zu einer Wandinstallation verarbeitet.

Widder mit Mahnung

Ich boxe sie aus einer Sache raus (Tierheimkosten für abgegebene Katzen und zack schließt sie eine Ratenzahlungsvereinbarung ab). Sie hat einen grünen Daumen und eine neue Waschmaschine von einer Haz-Spende bekommen. Den persischen Tee der Wohnbetreuung will sie mir schenken mit den Worten, sie wisse nicht, wo sie den her habe. Die Wohnbetreuung protestiert, dass er von ihr sei und so gehe sie mit Geschenken um. Die Tochter der Betreuten, die ich auch kenne, erwartet ein Kind am 02.06. Sie sei mit einem Türken zusammen, den sie noch nie kennen gelernt habe. Die Wohnbetreuung vermutet, dass die Mutter ihrer Tochter peinlich ist. Das kann schon sein. Es geht viel um Mr. Lover. Ein rassistischer und gewalttätiger Freund der Betreuten, auf den sie stolz ist, weil er mehr als 10 Jahre jünger ist. Während die Wohnbetreuung sich als Therapeutin versucht und feststellt, dass sie ihre eigene lieblose Kindheit du den gewalttätigen Vater in ihren Männerbeziehungen wiederholt, sieht die Betreute das anders. Nach 3-4 Tagen seien die Männer schwanzgesteuert. Dann würden sie Druck ablassen wollen. Er würde dann nachts klingeln und sie wecken und fragen, ob sie besoffen sei. Er würde sich dann selber ein Bier aufmachen und dann Sex haben wollen. Ja und es sei schade, dass sie sich für so was hergebe, meint die Wohnbetreuung und die Betreute ist der Meinung, dass sie auch nicht abgeneigt sei. Ich bin auch der Meinung, dass sie den Typen in den Wind schließen soll, aber das wird wohl nicht passieren. Er beleidigt sie und sagt, sie sei zu alt und nicht attraktiv und dann säuft sie und heult und es ist Schluss, aber nur bis er sie nächstes Mal wieder wachklingelt.

Zahnbürstensalat

In der Bahn im Fahrgastfernsehen die heldenhafte Kängurumutti Claudia und ein Vater, der ein Baby vorne auf den Bauch geschnallt hat und damit eine perfekte Mischung aus Kaiserpinguin und Känguru darstellt. Eine Frau flirtet mit beiden und kriegt sich nicht mehr ein.

Ich muss bei den Wahlplakaten lachen, weil Fleischmann kandidiert tatsächlich. Hier beruhte das satirische Motto: Fleischmann for President auf einer wahren Begebenheit. Ich mag die Axel Brockmann-Plakate weil ich jetzt immer an Kent Brockmann, den Nachrichtensprecher der Simpsons denken muss. Wenn ich könnte, würde ich die Plakate entsprechend modifizieren.

Auf dem Rückweg zu Herrn Ihme, er ist nicht da. Ich steige unten aus dem Fahrstuhl und er steht mit einer Einkaufstüte und seinem bodenlangen Columbine-Mantel vor mir und strahlt mich an. Ob ich bei ihm gewesen sei, will er wissen. Nein, er war nicht da. Ich wollte schon antworten, dass ich hier jetzt auch wohne. Ja, Spritze, er verspricht mir, dass er dort hingehen werde. In 20 Minuten sei er da.

Die Nichte hat Geburtstag und ich telefoniere mit ihr. Sie hat einen Fat Boy geschenkt bekommen, den hat sie sich in einem Möbelhaus ausgesucht und Mama und Papa haben das besprochen, ob Oma und Opa den bezahlt können und das hat geklappt und jetzt ist ihr Bruder ganz neidisch darauf, weil da kann man gemütlich drauf herum fletzen oder ihn zum Sitzen benutzen oder als Tisch oder darauf knien oder auch unbequem darauf sitzen. Ich telefoniere mit der Mutter und mache Smalltalk. Ich erfahre, dass in St. Gallen am 1. Mai kein Feiertag ist, in Zürich schon.

Herr Ihme war nicht bei der Spritze und ich darf es Morgen ein drittes Mal versuchen. Das nervt, weil der gar nichts hinbekommt.

Abends ist das Burgtheater in Hannover zu Gast. Wir sitzen ganz hinten, außen und haben Leselampen wie im Flugzeug. Statt erste Reihe Mitte, letzte Reihe außen, also mal andere Perspektive.

Staatstheaterselfie Staatstheaterbühne von oben

Es ist viel Unruhe bei uns in der Ecke und ständig wollen Frauen raus und manchmal auch wieder rein und es wird viel geredet. Das nervt, kann aber die erstklassige Inszenierung und die weltklasse Leistung auf der Bühne nicht versauen. 3 Schauspieler decken alle Rollen ab und erzählen den Rest. Es ist schön abstrakt gemacht, gerade die Gewaltszenen. Ariel wird von einem lange, dünnen Typ gespielt, der wunderbar devot seinem Meister alle Wünsche erfüllt und immer so eine herrlich devote Körperhaltung einnimmt und „ja, Meister“ sagt, leicht buckelig und rückwärts abtritt. Er erinnert mich an eine Mischung aus Herrn Ihme und einem anderen Betreuten von mir, dem Architekten, der auch Glatze trägt. Ich bin schwer beeindruckt von dem Stück, was auch viele skurrile Ansätze hat mit den Geistern, die im Baum gefangen sind, aber eben auch voller tiefer Weisheit steckt. Als Prospero geläutert ist und nicht mehr auf Rache sinnt, stellt er fest, wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser winziges Leben ist umfüllt von Schlaf. Wie viel Weisheit und Poesie hierin steckt. Ich bin richtig gerührt. Ich weiß auf jeden fall auch, wie mein nächster Hund heißt, wenn er am besten noch ein körperliches Gebrechen hat. Caliban, die Missgeburt, Dir habe ich mühsam versucht Sprache beizubringen, schimpft Prospero mit ihm und er wirft sich gerne anderen Herrn an den Hals um dann zurück zu kehren als Diener und festzustellen, wie dumm von mir diesen versoffenen Matrosen als neuen Herren erkoren zu haben.

Im Kunstverein wird ein Typ verabschiedet, über dessen Wegzug aus Hannover ich mich nur freuen kann. Will schon so was wie: immer schön Beratungsdienstleistungen bezahlen auf die Abschiedstafel schreiben, aber ich stehe darüber. Er ist ein farbloser Langweiler, meiner Meinung nach. Er redet lang und langweilig und wir fallen über das Büffet her, was armselig ist, wie die ganze Veranstaltung und aus meinen Umsonstpackung Nimm 2 Lachgummis besteht und schlechter Salami und schlechtem Käse. Das einzige Highlight ist eine Bigband in veränderten Blaumannuniformen mit Putzschwämmen als Schulterposter umrahmt von goldenen Fransen, die spielt und wir kennen einige der Herren die sich hier zusammen getan haben (es sind 19), u.a. unseren begabten Tischler, der ein großes, kompliziert aussehendes Blasinstrument spielt. Ich frage nach dem Auftritt, ob sie sonst auf Beerdigungen spielen, weil es so New Orleans mäßig rüber kommt. Ein Kostüm kann Leute verändern und ein Kleingartenbesitzer und ehemaligen Nachbar, der sonst immer sehr reserviert ist, ist heute wie ausgetauscht und ich will ihm Kölner Karneval verordnen, dass er mal ein bisschen aus sich herausgeht.

30.04. Morgens zu Herrn Ihme. Er ist schlecht drauf und weiß nicht, was gestern passiert ist und will nicht darüber reden. Ich warte vor der Tür, es stinkt in der Wohnung nach verbrauchter Luft und seinem Körpergeruch. Er wird aggro und macht was kaputt. Er kann sein Portemonnaie nicht finden, es taucht doch wieder auf. Auf zum Arzt. Der Mann im Wartezimmer lobt meine neuen Schuhe, in die ich auch ganz verknallt bin. Ja, die gibt es in Hannover zu kaufen. Meiner will schon gehen und ist dann an der Reihe. Seinen Spitzenpass hat er schon für den Filterbau aufgebracht und lässt sich einen neuen geben. Er will noch mit mir einen Kaffee trinken gehen und bettelt, nur 10 Minuten. Ich sage, nein, ich muss arbeiten. Ich schlage vor, dass er heute noch mal um 17 Uhr vorbei kommt, weil er heute Geld bekommt und was bei mir abgeben sollte, damit ich es einteilen kann, weil ich ihm keines mehr leihe. Er kommt nicht, das weiß ich schon, aber ich werde hart bleiben.

Will Lumix-Karten kaufen, aber Enjoy your Camera hat sehr eingeschränkte Öffnungszeiten erst ab 15 Uhr.

Im Büro stelle ich fest, dass ich beim übernächsten Spritzentermin in Paris bin. Ich nerve die Beratungsstelle so lange und nein, am 28.05 bin ich schon im Urlaub, bis ich am 21.05., dem Geburtstag meines Mannes, Hilfeplanung habe und informiere den Träger über den ersten Spritzentermin, den die wahrnehmen müssen, nämlich am 28.05.

Fahre zur Wohnungsübergabe und Frau Yoga kommt mir im Treppenhaus mit Sachen entgegen. Die Wohnung ist nicht ganz leer und die beiden Herren, die erscheinen haben leider keine Geduld und auch kein Werkzeug dabei um die Tür zu öffnen, die nicht aufgeht oder das Wasser abzustellen, damit sie die Spüle herunter tragen kann. Sie brechen die Sache nach 5 Minuten ab. Heute kommen die Kinder der Betreuten. Der Scheidungsantrag ist eingegangen. Wir besprechen uns und ich komme leicht zu spät zum ersten Geldabholtermin. Die Mitarbeiterin des Kollegen hat mir eine email geschickt, dass meine Mandantin da sei. Ich reagiere darauf sehr säuerlich, dass sie mich nicht an meine Termine erinnern müsse, die habe ich selber auf dem Schirm. Ich hatte mich im grünen Wasserschutzgebiet auf dem Rückweg etwas verfahren. Die Vögel sind so laut, dass einem die Ohren abfallen. Er ist alles im Überfluss und herrlich. Meiner Betreuten erkläre ich, dass ich ihr kein extra Kleidergeld zahle, weil sie 90 statt 70 die Woche bekommt und davon was ansparen soll und außerdem kenne sie doch die Kleiderkammer und verkaufe die Schuhe von dort auf ebay. Eine Diskussion ist entbehrlich.

Es folgen noch heftige Telefonate mit der Radbruchanwältin, die immer noch taktieren will mit der unteren Wohnung und ich sage, umgekehrt, ich tanze nicht mehr und mache gar nichts mehr bis ich von ihr die schriftliche Bestätigung habe. Nachdem ich ihr gedroht habe, dass sie ihr blaues Wunder erleben wird, kriegen wir uns beide wieder ein und sie sagt, ihre Mandantin sei sozial eingestellt und vielleicht wird auf das Streichen verzichtet, Hauptsache die Wohnung ist leer. Ich gebe das so weiter und Freitag kommt einer der Wasser abstellt und die Waschmaschine unten anschließt. Frau Yoga fährt gerade zu Ikea und kauft dort Stangen, dass sie weiter Regale aufbauen kann. Ich freue mich, dass meine Dynamik offenbar ansteckend wirkt.

Eine ambulante Wohnbetreuung, die ich nach dem Namen nicht kenne, fragt an wegen Betreuerwechsel. Er bekommt seine Anwältin nie zu Gesicht, nur die Mitarbeiter. Es 25 Jahre alt und drogenabhängig und hat eine Psychose und kommt aus der Wohnungslosigkeit und Mutter war auch drogenabhängig und ist schon tot. Das klingt nach meinem Fall. Wir vereinbaren für nächsten Donnerstag einen Termin zum Kennenlernen. Der Wohnbetreuer weiß nicht, wo mein Büro ist, war also offenbar noch nicht bei mir.

Nachdem meine Suizidbetreute mir gestern anvertraut hat, dass sie sich nicht entspannen kann und ich feststellte, dass wir – auch in diesem Punkt – gegensätzliche Charaktere seien, weil ich fast zu gut und schnell entspannen könne. Sie hat alle Techniken durch und sogar selber eine therapeutische Ausbildung gemacht. Diese Imaginationsübungen richten sich immer gegen sie und ich sage, meiner Meinung nach, zu verkopft, es muss über den Körper laufen. Heute beim Pilates beugt sich eine Teilnehmerin über mich und sagt, ich sähe so entspannt aus und ich: „war ich auch, Schwester, ist jetzt Fieber messen?“.

Statt Tanz in den Mai koche ich Hühnerfleisch mit viel Staudensellerie in Zitronen-Sahnesoße mit Basmati-Reis. Stephan und ich haben beide Kopfschmerzen und gehen früh zu Bett. Telefonat mit Hamburg. Die haben wieder Angst, dass wir ihnen die Pest ins Haus bringen. Nein, Durchfall und Erbrechen sind längst überstanden.

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