Salafistenbrause

Manche Filme werden im nach hinein schlechter, manche besser. „Only Lovers left alive“ wird bei mir eher besser als schlechter. Ich muss mehrfach daran denken. Beim total zeitgleichem Essen im 11 A, Hälfte essen, dann Essen austauschen, Serviette Photofinish mäßig gleichzeitig fallen lassen. Wir müssen beide lachen, wie synchron das geht und ob da eine Wand dazwischen wäre, wäre total egal. Wir essen sehr schnell und auf die Millisekunde getaktet. Dann ist mir noch aufgefallen, dass Stephan und ich mehrfach den gleichen Fehler machen, irgendwas verwechseln, aber genau identisch. Also, bei zwei Teilen, die einmal so stark ineinander verkeilt waren, hat es einen Einfluss auf den einen, wenn man den anderen verändert, bewegt, auch wenn diese Teile an anderen Enden des Universums sind, war es nicht so?

Stephan meint außerdem, dass „The Life of Brian“ unbedingt auf die Liste muss und ich stimme ihm zu und „The Royal Tennenbaums“ auch. Es gibt nur wenige Dinge, die wir verschieden sehen oder machen und das dann umso bewusster und konsequenter. Wenn wir zu unseren Freundinnen fahren, die Sonntag für uns gekocht haben, fahre ich am Pariser Platz die Dieckbornstraße herunter und biege rechts ab in die Wittekindstraße, um hier Richtung Lichtenbergplatz zu fahren. Stephan fährt in die Teichstraße und kommt unten am Lichtenbergplatz an, um dann links in die Wittekindstraße abzubiegen. Nur eine Kleinigkeit, die aber mit Vehemenz vollzogen wird.

Am 15.07. sind es 10.000 Tage, nur in Minuten schaffe ich die Hoeness-Sphären. Da werden es über 14 Millionen Minuten sein. Ich finde es zwar ärgerlich, dass ich mir die Zahl schönreden muss. Herr Hoeness muss auch nicht auf Cent umrechnen um eine respektable Zahl zu erlangen. Wir wollen jedenfalls zu Tim Raue nach Berlin.

Mehrfach geht mir dieses schlimme Oliver Polak-Erlebnis nach. Die Spießer, die offenbar lange vor Beginn kommen um sich einen Sitzplatz zu sichern. Die flache „Witze“: „Homosexuell und pädophil ist nicht dasselbe. Von dem einen kriegt man Aids und von dem anderen Windpocken“. Tätä tätä, tätä! Der Typ braucht Bühnenverbot und ich will mein Geld zurück. Nach dem Sport am Montag spricht mich eine Mitturnerin noch darauf an, ob ich da gewesen sei. Sie hätte bemerkt, wie wir fluchtartig den Raum verlassen hätten vor der Zugabe. Sie findet den Typen ganz o.k., auch wenn es sie genervt hätte, dass er alle paar Minuten auf seinen Zettel schauen musste.

29.03. Stephan holt die Pappe zum Aufkleben des textilen Puzzles.

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Als ein Tropfen Heißkleber auf den Stoff fällt, reagiere ich sofort und ohne Rücksicht auf Verluste. Ich wusste, es würde weh tun.

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Ich mache Vorbereitungen für eine Pullover-Verschönerung mit einer Käte-Collage, die den ganzen Rücken zieren soll wie eine große Stofftätowierung. Das hat mich jetzt inspiriert und der dunkelblaue Wollrollkragen ist einfach zu langweilig.

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Abends der Fünfzigste. Claudia muss mal wieder schlafen, weil sie seit Dienstag jede Nacht ganz hart ausgegangen ist und bleibt in Hamburg. Das Geburtstagskind und seine Frau bekommen eine der schönen Fischservierschalen zur Ergänzung der Sammlung bzw. Vervollständigung der Wohnung sowie eine von mir als passend definierte Karte dazu, die ich 1999 in Kalifornien gekauft habe.

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Die Wohnung ist chic und stylisch, ausgebaute Fabrikhalle, gute Beleuchtung und Möbelmix, sehr partytauglich das Ganze. Bester Tanzboden von Welt der glatt geschliffene Beton. Die Nachbarn haben sich z.T. eine Betonbox vor die Tür bauen lassen, die ausschaut wie ein Knastinnenhof. Die Gastgeber haben bei einen großen Ausschnitt machen lassen. So hat man eine prima Sicht auf den Parkplatz und die Gewerbefirmen, u.a. Amadeus Fire, eine Zeitarbeitsfirma. Den Namen hatte Stephan entdeckt und konnte es erst gar nicht glauben. Künstlernamen wegen hire and fire oder vielleicht Ableger von dem herrlichen Amadeus Hotel in der Fössestraße. Die Privatdisko ist generationsübergreifend. Ich hatte ja schon gesagt, ich bin wie sehr notgeile Männer bezogen auf das Tanzen, so dass meine Reizschwelle sehr herabgesetzt ist und ein etwas zu laut gestelltes Radio genügt um den Tanzimpuls auszulösen. Claudia hatte ich erzählt, dass ich mangels Hasenschaukel zum Tanzimproworkshop angemeldet bin. Ausdruckstanz kann ich gut, seit dem Skikurs in der 7ten Klasse und der Kate Busch Scheibe, die damals erschienen ist. Da haben meine Mitschüler schon gestaunt, wie ich da abgehen konnte. Deswegen mache ich überhaupt Yoga, weil ich beim Kabuki landen will, das hat aber noch 10 Jahre Zeit, da werde ich nackt und nur mit einer Windel bekleidet krassen Ausdruckstanz machen, auf der Bühne sterben, wie der Vermieter in „The Big Lebowski“ mit Tütü bekleidet sich am Boden wälzt. Die Mutter der Gastgeberin ist eine schrille Person, die aus Wien kommt und vor 20 Jahren nach Hannover gezogen ist mit ihrem Mann. Die Entscheidung hätten sie nie bereut. Sie ist zugleich seit 20 Jahren schon im Ruhestand, topfit, hat Urenkel und trägt sehr auffällige und bunte Mode, eine geblümte Hose. Ich mag diese Frau mit der rasierten und eingefärbten Frisur (sie geht jetzt zu Unisex in der Pasarelle), die mal Buchhalterin gelernt hat, weil Frauen hat man damals nicht gefragt, was sie werden wollen. Um 1 Uhr ist dann auch gut und wir gehen nach Hause, ist ja schon 2.

Wir treffen Nachbarn und ich kondoliere. Es stellt sich heraus, es war der richtiger Nachname und zwar ein seltener, nicht Meyer, aber der falsche Vorname und damit die falsche Todesanzeige, die ich heute gesehen hatte. Trotzdem gab es den Todesfall und die richtige Anzeige war Mittwoch statt Samstag.

30.03. Bis 11 Uhr geschlafen. Will die Collage übergeben und verschenke zwei der Hosen von Andrea, die jetzt in sehr gute Hände kommen und Vera freut sich. Die anderen nehme ich mit zum Flohmarkt. Ich habe zufällig genau passend das Hütchen auf was ich aus einer kaputten Besteckschublade gemacht habe, die ich genau auf diesem Flohmarkt, der unser Ziel ist, geschenkt bekommen habe. Das war etwas gruselig, weil hier ein Typ schöne alte Sachen u.a. Fotos lieblos in Kartons geramscht hatte und offenbar Sachen verkauft hat, die ihm nicht gehörten und es wirkte als hätte er ein Haus ausgeräumt, aber als Dieb und nicht als offizielles Entrümpelungsunternehmen.

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In der Calenberger Neustadt gibt es leckeren Kaffee. Die Gastgeber haben ein neues „Aquarium“ wie sie es nennen in der Küche. Es ist ein Pilz, der aus weißen, Granulat-ähnlichen Körnern besteht und in einer Karaffe mit Wasser aufgefüllt auf der Fensterbank steht. Darin schwimmen Ingwerstücke und Rosinen. Das Ding macht Kohlensäure und vermehrt sich. Dann muss man es abgießen und spülen. Mir schmeckt es und wenn ich schon keine Haustiere darf… Ich bekomme tolle Zeitschriften von Markus geschenkt. Eine „Für Sie“ aus dem Jahr 1968 und eine englische Wohn- und Einrichtungszeitschrift von 1973. Ich bin hin und weg. Ich sage, es sei wie bei den Vampiren, wenn man alt genug wird, dann hat jeder Antiquitäten, wenn man nicht alles wegschmeißt. Ich schaue mir die Bronzeplastiken von Käte an. Michi will noch in den Garten, aber mit dem weißen Plastikkanister (20 Liter) zum Flohmarkt. Dann schlägt er vor, es mit dem Pilzgetränk zu füllen, was ihm und Stephan ohnehin nicht schmeckt und auf dem Parkplatzflohmarkt zu verhökern. Ich sage: au ja, das wird der Verkaufsschlager, Hauptsache ein guter Name fürs Marketing, „Fickelixir“ war meine Eingebung. Stephan ist wieder besser und schlägt „Salafistenbrause“ vor. An der Schulenburger Landstraße an der Kreuzung stelle ich fest, dass ich die Ampel nicht sehe und warten werde bis das Auto mich anhupt. Welches Auto fragt Stephan, weil es wohl ein Roller ist, der hinter uns steht. Dann kommt das Hupgeräusch, aber es ist unser Freund G., den wir im Anschluss an den Flohmarkt in seinem Garten besuchen wollten, der uns überholt und anhält. Er war schon auf dem Flohmarkt und will noch mal Werkzeug kaufen, einen Schraubenschlüssel Nr. 12 oder so, weil die Wasserleitung im Garten defekt ist und gelötet werden muss. Ein Mann mit schöner glatter Plauze ohne Dellen und Cellulite und nacktem Oberkörper kommt uns entgegen. Er hat sein T-Shirt hochgezogen. Das kann ja nur toll werden und so wird es auch. Mein erster Aschenbecher und andere tolle Dinge, die ich zurück lassen musste.

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Erstaunt bücke ich mich und betrachte die Bodenauslage einer Frau. Sie hat kleine bunte Plastikringe, die blütenartig ausschaue an einem Band  mit Klettverschluss. Ich denke zunächst an irgend ein Hilfsmittel für die Haare. Beim Anfassen der Ringe, die einzelne sehr scharfe Plastikdornen aufweisen merke ich, wie scharfkantig die sind und frage die Verkäuferin nach der Einsatzmöglichkeit. Sie sagt: „bei Jucken“ und ich darauf: „o.k., aber nur wenn man’s blutig mag“. Das wiederum versteht sie nicht und schaut böse, weil ich wohl schlecht oder unverständlich über ihre Ware spreche.

Michi kauft eine Retropuzzle mit 1000 Teilen mit einem Foto der Stadt Nürnberg. Ich kaufe einen Serviettenschoner und einen Industrie- und Handelskammer Hannover  Miniteller mit Gold für je 50 Cent. Hier werde ich beraten von einem älteren Mann, dem auffällt, dass ich farblich aufeinander abgestimmt angezogen bin und das Taschentuchetui passe so gut zu meinen Farben, er habe Angst gehabt, dass ich es nicht kaufe. Michi erkundigt sich nach den Preisen einer Flex, die sehr schwer ist (75) und einem Laubbläser (250). Hier gibt es wirklich alles. Auch dazwischen einen Stand mit Lebensmitteln, Butterkekse und Fischkonserven. Ich überlege, ob ich den Teppich als Untersetzer für ein altes Telefon brauche, weil der so schön eingepackt ist mit „Serviervorschlag“, entscheide mich aber dagegen. Eigentlich will ich weg von den Scheißtelefonen, die immer gerade einen leeren Akku haben und zurück zur Wählscheibe, dann bekomme ich auch weniger Wutanfälle.

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Ich kaufe eine Seidentuch mit hässlichem Muster, aber schönen Farben und unwiderstehlichem Stoff für 1,- €. 3 Reißverschlussköpfe in schönen Farben á 25 Cent, Michi hat mich beraten, die ich in Fimo einbacken will und dann 2 Pudelstickbilder für 1,- . Ich brauche die weiß Gott nicht, habe aber nicht widerstehen können. Es gibt schöne alte Lederschuhe für 1,- € das Paar. Auf diesem Flohmarkt habe ich einmal einen hellgelben Mohairmantel aus den 60ern mit Perlmuttknöpfen für 2,- € gekauft.  Es ist der Schnäppchenflohmarkt schlechthin. Dann kaufe ich einen Aschenbecher mit Pisa-Motiv und eine Roller Tesafilm an einem Stand, an den es Neuware gibt (das Klebeband für 1,- €) und alles Gebrauchte 20 Cent kostet. Ich lege das Gekaufte auf die Pudelbilder und der freundliche dicke türkische Mann sagt 1,60 €. Ich frage warum und er glaubt, ich hätte die Pudelbilder von seinem Stand, er hatte so ähnliche. Ich sage, nein, ich habe dafür 50 Cent das Stück gezahlt und fand das schon billig. Ich zahle mit meinen letzten 2,- €. Dann zum krönenden Abschluss bei dem anderen Stand mit lauter Souvenirs kaufe ich einen kleinen Krug mit Strasbourg-Motiv, der 1,- € kosten soll, ich habe aber nur noch 80 Cent und das wird auch akzeptiert. Erfolgreich habe ich das ganze Kleingeld angelegt.

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Noch mal die Reste des Flohmarktes ablichten, einen Briefmarkensammlung, die sich selbständig gemacht hat.

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Ab in den Garten, ich mag es hier, die wohlige Mischung aus Punk, Kunst und gärtnerischer Ordnung. Ich koste von den gärtnerischen Früchten und wir sitzen herum und blättern die alten Zeitschriften durch und G. zeigt uns seine neuen Pflanzen u.a. einen Mini-Pfirsich, der letztes Jahr schon 9 Früchte hatte und unter Kniehöhe hat. Das Nachbargrundstück an der Ecke mit der Magnolie darauf gefällt mir so gut. Es war lange leerstehend und das Haus wurde abgerissen. Das Grundstück ist lang gestreckt und mondän und ich träume von einem Haus im Bauhausstil mit den Maßen die einzuhalten sind. G. rät ab, weil man zu viel Weg hat, den man immer sauber halten muss. Ich wäre gerne Nachbar, aber nur in meinen Träumen oder in einem Parallelleben, wenn ich zwei hätte. Die Flüchtlinge, die in Containern wohnen, haben es sich draußen gemütlich gemacht. Wir fahren vorbei und dann über die Wasserkunst zu Rossi. Ich bin so was von entspannt. Ich trinke einen Ingwer-Limetten-Tee und probiere endlich den veganen Bananen-Dattel-Kasten, der köstlich ist. Herrlich kann man hier in der Abendsonne sitzen. Kurz nach Hause und mit das Telefonat von heute Morgen mit Hamburg fortsetzen, dann geht es zu Freundinnen, die für uns gekocht haben. Sie haben mir sogar ein Sortiment an Brause besorgt vom Getränkemarkt am Lichtenbergplatz. Ich wähle Birne mit Bügelverschluss. 3 Mandeln am Tag reichen aus um den Magnesiumbedarf zu decken. Wir planen einen Potsdam-Ausflug kurz vor Ostern mit Baustellenbesichtigung vor Ort und Übernachtung in einer Wohnung mit Garten. Zufrieden gehe ich nach Hause. Was haben wir für großartige Freunde und was war das heute für ein perfekter Tag, stelle ich dankbar fest.

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31.03. Ich komme morgens 20 Minuten zu spät und meine Betreute und die Wohnbetreuung warten schon. Ich stelle fest, dass man sich heute fragen könne, wer die Betreute ist, weil 20 Minuten Verspätung wäre sonst eher so ihre Sache, also die der Betreuten. Wir lachen alle und ich entschuldige mich natürlich und wir gehen die Finanzen gemeinsam durch.

Nein, ich muss meiner Schwägerin noch nicht heute zum Geburtstag schreiben, wenn der Brief am 10.04. im Wellnesshotel in Süddeutschland ankommen soll, was auch noch „Halde“ heißt, dann ist das zu früh. Wie lange sollen die dort die Post lagern? Auf Halde?

Der ruppige Mann mit dem Augenfehler kommt und holt Geld. Er hat bald einen Untersuchungstermin in Trier in einer Augenklinik. Er fährt umsonst mit der Bahn, dafür will die AOK die Übernachtungskosten übernehmen. Das hat er gut verhandelt, jetzt will ihn der Mut verlassen und ich muss ihn noch mal einnorden.

Herr PM sagt ab und ist am Umziehen. Nachmittags telefoniere ich mit dem Jobcenter U-25 in Sachen Herrn Ihme. Der hatte schon eine Kürzung, weil er im November nicht gekommen war, 10 %. Das hat sie erst mal rausgenommen und schlägt vor, dass sie den Fall an den Fallmanager abgibt, der viel mehr Zeit habe. Derweil wartet Herr Ihme auf mich. Er ist in grauer Jogginghose und T-Shirt da und hat kein Geld bekommen. Er war 10 Minuten zu spät und hat keine Wartemarke mehr bekommen, obwohl er gebettelt hat. Als ich meiner Mutter von dem Fall erzähle und, dass er halt immer Hunger hat und von 15,- € schon 5,90 für Tabak ausgibt und Slimfilter und Blättchen und der Tabak ist am nächsten Morgen schon alle, fragt sie mich, ob ich nicht immer Brote für ihn da hätte. Das ist schon mütterlich genug von meiner Seite, so weit geht es nicht, da verweigere ich mich.

An der Ampel spricht mich ein Typ an, den ich vom Sehen her kenne und wir finden uns wechselseitig sympathisch. Er lobt meinen Kleidungsstil und er sieht einfach gut aus. Er fragt, wie es mir geht und ich sage gut und schwärme vom Frühling und sage, gestern sei der schönste Tag meines Lebens gewesen. Bei ihm war es auch so.

01.04. Ich frage eine Entscheidung ab in meinem schrecklichen Verfahren, das seit 2008 läuft. Morgens kündige ich noch an, es nicht zu tun. Das könne keiner von mir verlangen, aber die eigene Neugier siegt. Ich teile dem Mandanten per mail mit, dass ich die nächste Instanz in dieser Sache nicht mehr machen will. Ich sei mit meinem Latein am Ende. Ich telefoniere mit dem Strafrichter und erzähle ihm von dem skurrilen Ausgang des Verfahrens. Er hat sich hinsichtlich der Anklage im Strafverfahren noch nicht entschieden. Stillstand der Justiz und krude Ergebnisse. Das Gute ist, wenn man die Mitter Vierzig überschritten hat, weiß man, Du hast Dein bestes getan und kannst nicht alles kontrollieren, entscheiden, bestimmen, verantworten, die Mandanten lieben Dich trotzdem, das Leben geht weiter, es gibt Schlimmeres, keiner hat Krebs oder muss sterben.

Ich schreibe mir mit einem Arzt der Region, den ich sehr schätze und mag. Er hat mit mir mehrere gemeinsame Sachen. In der einen Betreuungssache, mit der schwierigen, schlecht gelaunten Frau hatte er mir bezogen auf einen stellvertretenden Teamleiter beim Jobcenter der sagen wir mal Enner mit Nachnamen heißt, ob da nicht ein „P“ vergessen worden wäre bzw. er es uns verheimliche (mit einem Smiley). Leider hatte ich die Nachricht mit diesem Textteil, den ich überlesen hatte an Herrn Enner weitergeleitet, der mich anrief und dann meinte, sein Name stimme auch und es sei kein „P“ vergessen worden. Das war mir sehr peinlich. Heute geht es um die Schwierige und ich hatte einen gemeinsamen Termin der „Erziehungsberechtigten“ vorgeschlagen und der Arzt antwortet, dass es gut sei, wenn sie weiß, dass Mama und Papa sich unterhalten und man sie nicht gegeneinander ausspielen kann.

Wenn Paare auseinander gehen ist das traurig. Hier trifft es Freunde. Wenn ein Partner was im Alleingang macht, was Wichtiges wie ein Haus- oder Wohnungskauf, kann das zum Riss führen, der dann nicht mehr gekittet werden kann. Es ist wohl so.

Heute Nachmittag ist Treffen in der Kanzlei in der ich meine Ausbildung zum Teil gemacht habe. Auch ein uralt Verfahren aus 2007 bzw. 2008, welches Ende 2013 abgeschlossen wurde. Wir wollen uns über aufgelaufene Zahlungsverpflichtungen verständigen. Von ca. 25.000,- wurde die Hälfte zum Glück schon bezahlt seit Mitte 2011 in Raten. Hier sind sich die geschiedenen Eheleute freundschaftlich verbunden,  der Mann lebt allerdings in Südamerika und ist gerade da um den Enkel zu sehen, so dass die Gelegenheit genutzt werden sollte für ein Treffen. Begeistert bin ich nicht, sehe aber ein, dass die Sache zu Ende gebracht werden muss und hoffe, dass alle guten Willens sind. Wenn wir stundenlang reden müssen, bin ich darauf eingestellt, weil wir im Anschluss einen Theatertermin haben im Theater an der List, englischsprachig. Wenn es kürzer geht, vertreibe ich mir die Zeit mit bummeln.

Meine Betreute, die früher als Prostituierte gearbeitet hat und mir allerlei lustige Strafverfahren, in denen sie z.B. einen Freier angeblich in dessen Wohnung eingesperrt hat, die aber im Erdgeschoss gelegen war und der debile Rentner konnte nicht plausibel erklären, warum es ihm nicht möglich war sich aus der angeblich misslichen Lage zu befreien. Eine Nagelschere soll gefehlt haben. Hinten saßen gerne Schulklassen drin und haben sich amüsiert. Sie hatten immer allerlei Verfolgungsideen mit Hell’s Angels und Politik. Jetzt ist sie 20 kg schwerer, hat unten keine Zähne und einen Pflegedienst, der ihr die Substitution und die Neuroleptika vorbeibringt. Es ist ruhig um sie geworden. Die Bewährung läuft am 09.05.2014 aus. Sie hat einen Dackelmischling, der 12 kg wiegt und den sie schwer keuchend die Treppe nach oben in den zweiten Stock zu mir trägt, (ja, sie will auch mit dem Rauchen aufhören), um ihn den Weg nach unten die Treppen herunter springen zu lassen. Ich sage, dass sei mit Dackeln genau umgekehrt, dass das Treppe springen nach unten schlecht sei für den Rücken. Egal. Sie holt endlich die 3,08 €, die hier seit Monate auf sie warten. Die Differenz von 45,- und der tatsächlichen Belastungsgrenze 2014. Ich hatte die Überweisung für sie getätigt.

Ich fahre zu meiner ehemaligen Ausbildungskanzlei um ein Verfahren aus 2008 abzuschließen. Es ist eine sehr angenehme Erfahrung, weil alle Beteiligten sympathisch sind und sich freundlich gestimmt. Ich mag beide Eheleute, auch den Mann, der einiges von Südamerika aus nicht hin bekommen hat und dessen hiesige Wohnung jetzt zwangsversteigert werden soll. Ja, ja, seit seine Frau nicht mehr die Finanzen mache. Sie sind sich einig und finden auch immer selber eine praktikable Lösung. Ich sitze nur dabei um gut auszuschauen und Witze zu machen. Zur Einstimmung geht es kurz um den Richter aus Celle, der Prüfungsaufgaben verkauft hat und mit 30.000 €, einer Waffe und einer 26-jährigen Rumänin in Mailand verhaftet wurde. Irgendwie musste er sich ablenken, sage ich dazu und dass es bestimmt eine Nutte war, die von Berlusconi übrig geblieben ist und der Kollege gibt an, dass es abends wissen werde um wen es sich handelt. Das interessiert mich aber gar nicht. Die süße Familie, meine freakigen Eltern, er Südamerika und sie Modetante mit bodenlangem schwarzen Ledermantel, aber es sieht nicht nach Schülermassaker an ihr aus. Wenn alles mal wieder anders kommt, die angebliche Rentenhöhe, die wir angenommen hatten im Vergleich 2011 und das was tatsächlich ausgezahlt wird nach Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht zusammenpasst, dann sagt meine Mandantin: „wie damals zum Scheißeschreien in den Wald fahren“. Das hätte ihr Mann damals gemacht, als sie die gemeinsame Wohnung Ende Dezember gekauft hätten und ab Januar die Grunderwerbssteuer weggefallen ist, was sie beide 4.500 DM gekostet hätte, er wäre in den Wald gefahren und hätte laut 10 x Scheiße gerufen. Was soll’s, Lösung muss her und die beiden haben echt viel Geld verbrannt in ihrem Leben. Meine Mandantin erklärt ihrem Ex, dass er die Rentenanwartschaften, die er übertragen hat zurück fordern kann, wenn sie innerhalb der nächsten 3 Jahre verstirbt. Er missversteht es und sagt was von Kalaschnikow und ich zu meiner Mandantin, diese Männer und zu ihm: ihre Frau meinte, wenn sie im gefährlichen Straßenverkehr von Hannover ums Leben kommen sollte. Diese Regelung kennen wir nicht, aber der Kollege schaut nach und bestätigt sie. Er sagt nur, dass habe ich in 3 Jahren wieder vergessen, sie will es der gemeinsamen Tochter sagen und sagt zu ihm, dass ist dann ein Geschenk von mir, ein Andenken. Der Kollege will in 4-5 Jahren, wenn unser heutiger Vergleich ausläuft schon in Rente sein. Er könne dann seinen Mandanten in Südamerika besuchen, bin ich der Meinung und der hat bestimmt Reiseprospekte dabei. Die Besprechung mit seinem Anwalt und Freund will er ein andermal fortsetzen und erst mal mit seiner Ex einen Kaffee trinken. Herrlich und würdevoll wie die beiden einvernehmlich die Straße entlang laufen. Ich mag sie einfach.

Ich gehe zu Dittmars. Die Frau wird echt langsam Messy und man kommt gar nicht mehr ran an die Sachen, sie hat schlechte Laune. Ich kaufe einen braunen Plastikpilz als Vogelhäuschen für den Garten von Herrn G. Dann vertreibe ich mir die Zeit im Edeka auf der Lister Meile. Ich hab echt was übrig für diesen Supermarkt im Gegensatz zu Onkel Rewe, den ich nicht ausstehen kann. Sie haben ein gutes Sortiment und echt lustige Mitarbeiter. Neben der Käsetheke, für die dieser Laden bekannt ist, fällt mir der abschließbare Schrank mit Gin-Sorten auf. Leider trinke ich noch einen Kaffee bei Kreipe, er ist viel zu spät, wie sich nachts herausstellt und kaufe selbstgemachte Ostereier in schöner bunter Metallicfolie. Ich war hier nicht mehr seit der Renovierung vor ca. einem Jahr. Ich mag den Laden. Zu früh bin ich beim Theater und beobachte die Szene der älteren Russen, die sich langsam einfinden, z.T. absetzen lasen vor dem Theater. Meistens ältere Frauen und gerne ein gepflegt aussehender Herr pro Tisch. Ich höre die Sprache gerne. Der Petar aus England ist begabt, die Maske und das Kostüm sowie der Einsatz von Licht sind toll umgesetzt, auch ansonsten ist es durchaus sehenswert, natürlich hat der Mann eine toller Körperbeherrschung und sehr bewegliche und schöne Füße und kostet nur 80 Cent mehr als unfähige Oliver Polak, der hässlich ist und gar nichts kann. Ob ich allerdings für Kabuki geeignet bin? Mir kommen erste Zweifel an diesem Abend. Wir gehen ins Boca und ich flirte etwas mit den Jungköchen. Die Blutwurst ist der Hammer. Eine Yogalehrerin der Werkstatt kommt mit ihrem neuen Hund vorbei und freut sich mich zu sehen. Der süße Pekinesenmix hört überhaupt nicht. Gäbi die, Gäbi da. Gäbi geht das am Arsch vorbei. Da muss man mal hin und einen Touch geben, d.h. die Seite der Hundes mit steifen Fingern etwas ruckartig anfassen, damit der Hund merkt, dass man ein Verhalten nicht toleriert, weil das Gequatsche sagt dem Hund nichts. Ist so. Morgen Abend treffen wir uns alle für den Film Grand Budapest Hotel OmU. Ja, ich will ihn noch mal sehen. Um 22:30 Uhr hat die Kinokasse schon zu als wir die Karten abholen wollen. Das erklärt uns der Betreiber oder einen Mann, den ich vom Sehen her kenne und dafür halte, der auf einem Sessel liegt und liest, als ich an der Tür herum rüttelte und nicht gehen will. Ich muss Morgen noch mal mit passendem Grand Budapest Outfit aufwarten.

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