Döner und Kinderschokolade – die Woche der Kultur

23.03. Telefonat mit Claudia, deren Bruder gestern bei Wenzel Storch viel zu sehen war. Die Tochter macht Minikreuzfahrten mit ihrem Freund. Irgendwas in Holland. Vielleicht dasselbe Schiff auf dem Steffi gerade Uniformstreifen näht.

Klebe die Puzzlestücke fertig, ungeduldig, da es draußen so schön sonnig ist. Ich ärgere mich immer, wenn ich ein Projekt nicht zu Ende machen kann. Es fehlt der Untergrund, auch wenn ich Stephan zum Kartons sichten in den Keller geschickt habe. Das muss gekauft und ein andermal abgeschlossen werden.

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Der Buchbinderkurs ist auf Mai verschoben. Das passt mir auch ganz gut, die Sexpause kann ich gut gebrauchen. Die Sonne scheint, raus jetzt. Wir treffen einen Bekannten, der gerade in der Wittekindstraße ein Auto fotografiert, was zugegebenermaßen total bescheuert und verkehrsbehindernd auf der Ecke steht. Wir fragen ihn, was er damit vor hat und er sagt, dass er die anzeigen würde, aber nur 2-3 Mal im Jahr. Er macht einen Abzug und schickt das Foto dann der Straßenverkehrsbehörde. Wenn die Bonzen so beschissen parken würden, sei das Notwehr. Wir ärgern uns ja oft genug über dämliche Autos und dämliche Autobesitzer, sind uns aber einig, dass Denunziantentum noch mehr nicht geht.

Die Bar ist zu voll und die neuen schwarzen Außenmöbel gefallen mir gar nicht, eindeutige Verschlechterung gegenüber den weißen Vorgängern. Im Rossi fühlen wir uns wohl und noch beim zahlen kann ich nur schwer der veganen Dattel-Bananen-Schnitte oder der veganen Käse-Zitronen-Tarte widerstehen, dabei hatte ich spanischen Mandelkuchen und eine halbe Quiche. Lecker und angenehm ist es dort, da kann auch die Baustelle vor der Tür nichts dran ändern. Wenn die Sitzgelegenheiten mehr Sessel wären, hätte der Laden Kaffeehauspotential.

Von hinten zum Lindener Berg, es kommt mir alles unbekannt vor. Ach so, der Schrottplatz aus einer anderen Perspektive, quasi andere Himmelsrichtung. An der Ampel vor dem Eingang ein Radunfall mit einem abbiegenden Auto. Die Frau bekommt Hilfe, kann kaum aufstehen, will aber nicht ins Krankenhaus. Es ist knallvoll, ich weiß nicht, wo diese ganzen Menschen herkommen und nein, ich muss nicht auch noch diese blaue Wiese fotografieren, auch wenn es wunderschön ist. An dieser Stelle bitte ein Foto vom Scilla-Blütenfest auf dem Lindener Berg z.B. aus der Haz vorstellen. Da lohnt ein Besuch unter der Woche. Gekommen war ich wegen der Ausstellung „Blumen des Bösen“, weil ich dachte dieser Küchengartenpavillon hat nicht immer geöffnet. Schönes Treibgut, auch gut arrangiert und ordentlich in Kästen und Vitrinen sortiert. Das hat immer was, wenn Müll vor einer peniblen Kulisse oder in einem sehr adretten Rahmen gezeigt wird, der Kontrast quasi, dass es dadurch auf einmal edel aussieht. Ich stelle ferner fest, wer Ästhetisches macht, kann selber total unästhetisch ausschauen, als würde das Optische auf einmal keine Rolle mehr spielen oder man wäre blind auf diesem Auge. Trotzdem schöne Anregungen und ich sollte meine Strandfundstücke, ausgespültes und verblichenes Plastik, im Keller suchen und mal wieder damit was basteln.

Keine Chance auf Eis, bin nicht zu dieser Schlange bereit, fahre extra zum Lindener Marktplatz und hier ist es noch viel ärger, eine Traube von mindestens 30 Leuten steht vor der Tür. Dann liebe heute Abend im Kino. Dallas Buyers Club. Suppe kochen, Kuchen backen, Wäsche waschen, aufräumen. Das Wochenende geht zu Ende.

24.03. Komischer Traum. Allerweltsladen oder Ökokaufhaus mit Malaysia-Solidaritäts-T-Shirts, neue Sachen kaufe ich eigentlich nicht mehr, aber sie sind gut verarbeitet und aus Seide und kosten nur 5,- € auf dem Grabbeltisch. Haben viel gestrickte Applikationen, Kordeln und so und ein „M“ drauf, wie so ein Universitätsabzeichen.  Soll ich mir eines kaufen? Werde wach.

Kaufe dann später gestreiftes Osterpaket bei der Post und eine Packung Kinderschokolade am Kiosk, weil ich an das Kino heute Abend denke (Preview „Her“ OmU ist das Ziel, statt yogen) und ich außerdem Osteraufkleber in der Packung vermute. Hätte mal lieber fragen sollen oder doch Brille, war „Fan Connection“, irgendein Fußballscheiß und nicht Fan Collection, wie es mehr Sinn gemacht hätte. Oh weia.

Osterpaket Essen 2014

Versöhnendes Telefonat mit meiner Mutter, ich bin heute einfach besser drauf und es scheint alles nicht so schwierig. Natürlich bewundere ich es, wie sie das Durchzieht. Eh, mein großes Vorbild in punkto Sachen durchziehen. Auf zum Gericht. Davor steht wie so oft, mein Partnerfahrrad.

gesichertes Rad

Die Richterin schaut mich mitleidig an und meint, ab Morgen würde es schwierig für mich werden. Sie meint den üstra-Streik, ich sage nur: „Verdi, warum tust Du uns das an?“, war so nicht die Schlagzeile heute. Meine Betreute und ich als eingefleischte Radfahrerinnen schauen uns fragend an, weil wir offenbar kein Problem damit haben.  Ich lobe meine Betreute, die einen sehr guten Eindruck macht, dass sie selber aus einer halben Manie wieder herausgefunden hat. Sie soll ein ADHS-Kind (8-jähriges Mädchen) in die Schule begleiten als Sozialassistentin. Wir haben ein gutes Gespräch miteinander nach der Anhörung im Gang. Sie will mich am besten noch 5 Jahre behalten, aber erst mal wurde für 2 verlängert.

Mir gefällt die Straßenbahn mit englischem Motto, wie überhaupt alles heute schön aussieht.

Englsche Üstra-Bahn

Ich hatte doch glatt vergessen einen Gerichtstermin für Mittwoch einzutragen, weil ich insgeheim auch gar nicht hinwollte. Trotzdem ist das keine Art. Gottseidank meldet sich die Gegenseite und will sich vergleichen und der Termin wird aufgehoben.

Aus der Selbsthilfegruppe für biolare Störungen bewirbt sich einer um Mitgliedschaft bei mir, den lerne ich Morgen kennen. Mein Kollege ist aus Süddeutschland wieder da.

Stephan und ich sind bald 10.000 Tage zusammen. Das finde ich romantisch. Ich hatte getippt, dass es 1 Millionen Tage sind, aber ich lag halt leicht daneben. Ich war dann auch ganz traurig, dass wir das wohl nicht schaffen werden, weil ein Leben halt nicht so lang ist. Gerade in Zeit in denen es oft um so große Summen geht, Steuern im Hoeness-Prozess etc. denke ich dann, dass es ungerecht ist, dass so viele gemeinsame Tage nicht in ein Leben reinpassen. Er will das genau ausrechnen und das will ich dann feiern (Essen gehen wie immer, aber mit einem besonderen Bewusstsein)  und ich habe mir heute ein elegantes Outfit, schwarzes Seidenkleid ohne Armen und aufgestickter Gold- und Perlenkette für 12,- € gekauft dazu eine tolle Öko-Handarbeitstasche mit Spinne, Skorpion, Echse, Frosch in 3-D aus Stoff herausgearbeitet, die sehr psychodelisch ausschauen, als hätten sie viel Kali-Energie oder Voodoo.

Schlangentasche Insektenseite Schlangentasche

Jetzt sieht sie noch schwer nach Einkaufsbeutel aus, aber mein Schuster soll sie in eine edle Tasche verwandeln. Ich bespreche einen roten Lederriemen mit ihm sowie einen weinroten Druckknopf. Ein Lederfutter á la Gucci kann er leider nicht reinbauen. Mal sehen, was er daraus macht. Ich liebe das Fairkaufhaus und was ich da immer entdecke. Neue Bastelsachen, eine tote Eule für 15,- € kaufe ich nicht, obwohl ich schon eine Bastelidee dazu hatte, kombiniert mit der großen Klammer auf der lederbezogen erledigt steht. Das wäre eine schöne Installation. Die sieht mir zu deprimierend aus mit nur einer Kralle und irgendwie toten oder getrockneten Augen, irgendwie selbstgetrocknet. Dafür sieht das Kleid so was von edel aus. Ich melde mich auch mal bei Shopping-Queen an und kaufe mir ein Kleid für 12,- € und dann Schuhe und Schmuck für 450,-. Das wäre mal was, aber nein, ich meine das nicht ernst, bitte nicht anmelden, stehe nicht zur Verfügung. Außer mir kauft ein wahnsinnig gutaussehender Transgender-Typ ein und zwar Omasachen, d.h. kleine Vasen mit Blumenaufdruck und Plastikefeu. Er sieht viel schöner aus als Rayon in Dallas Buyers Club. Ich habe Schwierigkeiten mir vorzustellen, dass er so eingerichtet ist und denke, er kauft bestimmt für ein Theaterstück ein.

Heute ist kein Mensch in der leergefegten Eisdiele zwischen dem Schuster und meinem Büro.  Die Kinderschokolade habe ich schon im Büro aufgefuttert. Die Selbstdisziplin lässt wieder zu Wünschen übrig.

Meine Schwägerin hat Paris gebucht. Ich ergötze mich noch einmal an den Fotos der Wohnung, vor allem von der Aussicht und lese den Text, der lustig durch ein Sprachübersetzungsprogramm gejagt wurde: „Schöne Montmartois Duplex Appartement in idealer Lage in der Nähe der Basilika (Sacré Coeur) mit herrlichem Blick von beiden Seiten der Wohnung entfernt. (Sechsten Stock mit Aufzug). Du wirst einen großen, hellen Wohnzimmer mit einem bequemen Sofa-Bett, einen Essbereich, eine gemütliche Küche mit alles, was Sie brauchen. und ein Bad mit einer Badewanne. Der Most ist die große Terrasse, wo Sie Abendessen haben können, von der Sonne baden, oder beobachten den Sonnenuntergang über Paris. Auf der zweiten Etage gibt es 2 Schlafzimmer (eines mit einem schönen Blick auf die Basilika Sacré Coeur mit einem Einzelbett). Und ein zweites ruhiges Zimmer mit einem Doppelbett. Dann wird auf der gleichen Etage befindet sich die „Loggia“ mit einem atemberaubenden Blick finden! Daneben gibt es eine kleine Terrasse, wo Sie auch zu Abend essen oder lesen friedlich. Sie sind 5 Minuten entfernt von allen Bequemlichkeiten: Supermarkt, leckere Bäckereien, Apotheke Restaurants, Cafés (Quartier des Äbtissinnen, Pigalle, …) Sie haben die zwei wichtigsten U-Bahnlinien Paris durch die Wohnung. Linie 4 auf der einen Seite, und auf der anderen Seite des Hügels Linie 12“. Das wird toll!!

Im Kino treffen wir Luis, der auch ansteht und darauf wartet, dass vorreservierte Karten zurückgegeben werden. Er bekommt dann welche und wir sind die ersten in der Zweitschlange. Ich verteidige unseren Platz energisch und die Aussicht nicht ins Kino zu kommen, macht mich total verrückt. Irgendwann wird freigegeben und es sind dann 19 Plätze, die noch zu haben sind, so dass alle Schäfchen ins Kino hineinkommen.

Im Kino viele Nerds, stark übergewichtige Männer mit weiblicher Begleitung in den schlimmsten Kleidungssünden der 80er, übergroße Strickpullis mit Lurexanteil in der Wolle und Zopfmuster, dazu eine kurze Hose mit Spitzenborte um den Beinausschnitt. Ich muss wegschauen. Auf einmal stinkt es doll, weil in unserer Reihe eine Frau im Kino Döner essen muss. Muss das sein? Irgendwie drückt es auf die Stimmung. Ich freue mich als wenigstens das Licht ausgeht, damit man das Elend nicht mehr sehen muss und sich in die Welt des Filmes flüchten kann.

Also Being John Malkowich zählt zu meinen Lieblingsfilmen, aber mit dieser Geschichte kann ich wenig anfangen und ja, Scarlett Johannson hat eine ansprechende Stimme. Gut, die Ausstattung ist spitze und die Nerdhosen der Männer haben so einen hohen Hosenbund, dass man nur bewundern und staunend davor sitzen kann und sich fragt, was ist aus Baggy geworden in der Zukunft. Resümee nach dem Kino: Ich tauge nicht für eine praktisch rein platonische Liebe zu einer Stimme. Bei mir reicht es schon nicht für Telefonsex mit Freundinnen, was ein sehr verbreitetes Medium ist, so nenne ich es mal, wenn stundenlang telefoniert und sich hier reingesteigert wird. Mit mir nicht möglich. Das wissen meine Freundinnen auch. Lieber stundenlang schweigend nebeneinander nähen oder basteln. Das bringt mir mehr. Es ist wie erweitertes Computerspiel gepaart mit Masturbation, einen Knopf im Ohr haben und die Illusion, dass man die Erlebnisse mit jemandem teilt und dann noch aufgemischt mit Eifersucht, weil das Computerprogramm auch noch für andere arbeitet so nach dem Motto: ich wollte Excel auch für mich alleine haben. Ich weiß nicht??? Ich falle darauf nicht herein. Ein Partner ohne Körper geht für mich nicht. Dieses Kopfgewichse ist nicht meine Sache. Lustig sein und Intellektualisieren kann ich selber ganz gut. Ich kann auch gut alleine sein, aber ich merke noch den Unterschied zwischen alleine und einem Gegenüber und dieses Gegenüber sollte auf jeden Fall einen Körper haben, also lieber Tier als nur lustige Stimme, egal wie lustig, die mir die Illusion verkauft, dass sie mich versteht, weil sie sich auf meine Bedürfnisse eingeschossen hat und mir das Gefühl vermittelt nicht alleine zu sein. Beim Gegenüber will ich anfassen und Geruch sowie Optik haben und lieber Überraschungen als immer Zustimmung und Verständnis. Ich scheiße aufs Hören und will lieber sehen, fühlen und schmecken. Stephan macht immer Witze und fragt – pseudosauer  – „hast Du wieder zugehört?“, wenn er mich gerade anfasst und dazu irgendwas Kritisches sagt, weil wir eh der Meinung sind, dass es nur auf den Tonfall ankommt. Ich fasse es so zusammen: Worte sind verlogen, Körperlichkeit kann mehr. Bei den Nerds im Kino hat man teilweise den Eindruck, dass so eine ausgefeilte Computertechnik mit künstlicher Intelligenz gar nicht erforderlich ist und eine einfache Bandansage, die in einer sexy Stimme was Schmutziges sagt, völlig ausreichend wäre.

Auf der Heimfahrt stellen wir fest, dass der Streik in 40 Minuten beginnt und fragen uns, ob sie Busse dann noch zum Ziel fahren oder Punkt 24 Uhr die Gäste rausschmeißen.

25.03. Der neue Betreute bzw. Anwärter ist sympathisch und pünktlich und kommt zu Fuß. Es läuft ein Rentenverfahren und wenn das durch ist, will er nach Magdeburg zu seiner Freundin ziehen. Krank ist er seit 18 und er wird jetzt 52.

Der auswärtige Richter der abgesagten Verhandlung von Morgen mit dem ich telefoniere erinnert sich noch an meinen Betreuten aus einer anderen Sache und fragt mich, ob der in einer Blaskapelle spielt, was ich bejahen muss. Wir plaudern über dies und das. Netter Mann.

Meine Tante soll zwei Mal für die Einäscherung ihres Sohnes, meines Cousins zahlen, der an den Folgen einer Heroinsucht bei ihr in der Wohnung verstorben ist Ende 2011, weil der Bestatter nur abgerechnet, aber die fremden Rechnungen nicht beglichen hat. Das kann auch nicht richtig sein. Irgendwie ist mir ganz morbide zumute als ich das anwaltliche Schreiben in dieser Sache aufsetze. Meine Tante, die ihr ganzes Leben lang selbstverständig war, findet, dass der Bestatter für die Einäscherung, die 358,50 € gekostet hat ihr 460,- € in Rechnung gestellt hat, nicht besonders hoch, den Aufschlag, weil „der hätte ja auch keine Kalkulation auf Geschäftsmann“ und er sei immer so nett gewesen, dieser Bestatter, halt Einzelfirma, die man unterstützen wollte. Ich sage, dass mag sein, dass er nett war, nennt man aber Betrug und frage mich auch, warum die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Krematoriums meine Tante jucken sollen, mit denen hatte sie gar keinen Vertrag, wie sollen die Wirksamkeit entfaltet haben ihr gegenüber? Ich bitte um Begründung der Forderung bzw. der Inanspruchnahme vertragsfremder Personen.

Ich hänge erst mal das Plakat vom Film: Die Reise ins Glück, was mir Detlef damals geschenkt hat im Büro auf. Jetzt hängt es neben dem Wiener Wald und einer alten Sprengelwerbung, die ich dem Sprengelkino vermachen wollte, „India“ mit dem Thema „Schlaraffenland“.

Reise ins GlückKüche kalt Wienerwald Sprengel India

Ich schaue nach, wann der Film in die Kinos kam. Ich verbinde ihn mit einem Umzug in die Rodenstraße und einer Lungenentzündung meinerseits nachdem ich bei nass-kaltem Wetter den Keller in der neuen Wohnung verputzt habe. Ich saß im Kino und schaute „Sommer der Liebe“ und merkte wie ich sehr hohes Fieber entwickelte durch unangenehmen Schüttelfrost. Lang ist es her-

Meine Lieblingsfilme:

1)     Moonrise Kingdom

2)     Grand Budapest Hotel

3)     American Beauty

4)     Don Jon

5)     Die Reise ins Glück

Gut irgendwas von Jim Jaursch, z.B. „Down by law“ oder „Night on earth“ oder „Mystery Train“ oder „Stranger than Pardise“ oder alle inklusive „Permanent Vacation“ und „Ghost Dog“ bis hin zu Broken Flowers, den ich als ersten von ihm doof fand, müssten auch auf die Liste auftauchen sowie „The Big Lebowski“ und aber auch „Pierrot le Fou“ mit Jean Paul Belmonde, den ich sehr geliebt habe. Den Film habe ich Mitte der 80er mit meinem damaligen Freund quasi nachgespielt bzw. wir hatten das Paar als Vorbild und haben oft daraus zitiert. Ich sage nur: „wir ernähren uns vom Fischfang und von der Jagd.“ „Die Reise ins Glück“ haben Stephan und ich sehr oft zitiert und Dinge gesagt wie: „dem werde ich erst mal einen vor den Ständer kleistern, Alter“. In Hamburg, im Artisan damals, unserem Lieblingsrestaurant der Stadt dachte man, dass Menschen aus Hannover so reden würden.

In der Mittagspause Rückruf der Ärztin. Interessiere mich aus aktuellem Anlass für alte Befunde. Sie haben nur ab 1999. Sie bietet an schlägt mir vor, dass wir uns mal über einen Wechsel in der Therapie unterhalten.

Mein erster Streikausfall. Mein Betreuter aus Ronnenberg merkt eine Viertelstunde nach der vereinbarten Zeit, dass er heute nicht zu mir kommt, da er neben dem Regio-Bus auf die üstra angewiesen ist, ab Empelde dann. Er schickt mir die Sachen per Post und wir machen den Ersttermin bei Amt nächste Woche gemeinsam.

Andras testet in Wien Alternativen zu Meixners. Ich habe echte Probleme damit diese Aufgabe zu delegieren. Ich schlage meinem Mann das Prilisauer in Hütteldorf vor und er wendet ein, dass wir dort vor 12 Jahren zuletzt waren und ich sage, ja, die gibt es aber schon seit 1882, 12 Jahre ist quasi gestern. Außerdem gefällt mir bei den Öffnungszeiten der Hinweis: „Die Sperrstunde gestalten wir flexibel“. Die Ahnengalerie ist auch ganz nach meinem Geschmack, vor allem der Ignaz sah spitze aus, Hermann, bis 1972 aber auch. Gut, die Einrichtung ist schlimm, aber das gehört auch dazu und vielleicht können wir im Biergarten sitzen. Das wäre optimal.

Wir gehen zu Serdar Somuncu und der Typ ist wieder brett. Er trägt nicht nur einstudierte Texte vor, sondern lässt das Saallicht anmachen und stellt sich dem Publikum. Superleistung, es ist schlagfertig, sympathischer Typ. Die tun mir leid, die seine Rolle mit seiner Person verwechseln. Beim Beyonce Konzert die Leinwand mit dem Handy abfilmen, das sei wie beim Vögeln einen Eimer über das Kondom zu machen, falls es platzt, fand ich z.B. sehr gut gesehen. Auch mein Flirt im Kaftan von neulich mit der Weg-in-Paradies Internetseite taucht auf. Die empfehlen eine Züchtigung von Frauen, die unzüchtige Gedanken haben. So was hätte ich mir denken können. Schön auch, wie er über die Leute hetzt, die kerngesund und dynamisch in den Sarg springen wollen. Lieber sich vorher alles geben und dann ziemlich lädiert und angefressen reinfallen, das wäre auch leichter und würde mehr Spaß machen.

Wir gehen noch was Essen. Ich habe Angst, dass es zu spät ist, aber der Laden ist voll, eine Altenpflegemesse wie wir erfahren. Ich esse Wolfsbarsch mit saurem Gemüse, sehr lecker und eine Flasche Wasser dazu, habe Durst. Der Koch, der immer sehr unsicher wirkt, wenn er mit uns spricht sagt, dass er uns so zusammen noch nicht kennt. Wir sind mit unserem Hausnachbarn unterwegs wie in alten Zeiten. Wir sitzen schön aufgereiht nebeneinander auf der Bank und glotzen in die Küche. Sehr netter Abend, den ich in vollen Zügen genieße.

26.03. Eine Runde schlechte Laune in der Bar. Mein Mann hat die neuen Möbel geliked auf Gesichtsbuch und ich würde immer am althergebrachten Festhalten. Dann Zeitungslektüre. Ich finde es verwunderlich, dass ein Zoo Löwenbaby tötet, weil ich annehmen würde, dass es dafür Abnehmer gibt. Er findet was ich auf dem Kopf habe verwunderlich. Ich blute und verstehe keinen Spaß.

Kein Aufräumtermin, Betreute hat sich krank gemeldet. Angeblich würde die üstra die ganze nächste Woche streiken. Meine Hasskandidatin aus der Weinstraße ruft an (eine Sozialpädagogin oder so) und stellt mich auf laut. Sie will Herrn Ihme, der zeitgleich bei mir einen Termin hatte und natürlich nicht kam, kein ambulant betreutes Wohnen bewilligen bzw. dem Kostenträger empfehlen das nicht zu zahlen, weil der Betreuungsgutachter eine Unterbringung empfohlen habe und ich das gefälligst machen soll. Ich sage ihr, dass sie sich als Berufsbetreuerin bewerben könnte und dann könne sie alles anders entscheiden. Ich sage ihr, was ich mir dabei denke und das hat was mit Vertrauensverhältnis aufbauen zu tun und sein Arzt gibt mir recht und da war er erst zur Depotspritze und ich gebe mir hier durchaus viel Mühe und erwäge sorgfältig. Eine Unterbringung beantragen ist meine leichteste Übung, die 3 Minuten dauert.  Ich rufe den Gutachter an, der mir nun Recht gibt und sagt, das sei der Königsweg, einvernehmlich und die Chronifizierung ohnehin kein Unterbringungsgrund nach der Rechtsprechung des BGH, quasi schlechtes Argument und stumpfes Schwert. Er will kostenlos noch ein Ergänzungsgutachten für das Gericht schreiben. Ich rufe die Bitch noch mal an und sage, sie könne mich ruhig auf laut stellen und dass sie nicht glauben solle, dass sie die Akte los sei. Ich habe dann so richtig Killerinstinkt in so einer Situation und bleibe da richtig dran und lass mich nicht wegbeißen oder vom Weg abbringen und ich weiß, ich bin gut dabei.

Seine Oma will ihm Morgen Geld und einen Zettel in den Briefkasten werfen, dass ich Freitag um 9 Uhr vorbeikommen und mit ihm im Taxi zum Gericht fahren will. Sie ist zuversichtlich, dass er das liest, weil er an das Geld will. Ich versuche es selber bei ihm, aber finde die Wohnung nicht im Hochhausblock und die Flurtür ist abgeschlossen. Die Flure sehen aus wie in Shining und es ist etwas gruselig. Jetzt will ich mich Morgen mit der Oma dort verabreden, dass ich wenigstens eine Chance habe, dass es Freitag klappt. Ich hasse es, wenn ich die Dinge nicht im Griff habe.

Mittagstisch. Ständig Gastro zur Ablenkung.

gemischter Mittagstisch Rossini

Die Bahngleise sind der neue Fahrradweg. Hier auch zwei blöde Bitches mit am Tisch. Bekommen Extrawürste, die nicht auf der Karte stehen. Eine Art Gemüsecarpaccio aus Rohkost mit Parmesan und einer Extramarinade. Es gibt ja Leute, die können aus Scheiße Gold machen, umgekehrt gibt es auch. So eine sitzt mir gegenüber. Trägt eine Prada Brille und eine Louis Vuitton Tasche und beides sieht im Gesamtbild aus wie billiger, geschmackloser Müll. Das Hauptgericht kommt, gebratener Lachs auf Salatbett und sie findet, der Fisch sieht nicht gut aus. Ist das Eiweiß ausgetreten? Das kann sie nicht essen. Die Chefin wird herzitiert und rät – ganz pragmatisch – den Fisch umzudrehen. Dann würde man es nicht sehen. Für so was habe ich kein Verständnis. Beim Zahlen mache ich mich lustig und sage, meine Sebadas sahen komisch aus, wie ein Klumpen auf dem Teller und da waren weiße Eingeweide drin, wie dickes, weißes Blut. Sie guckt erst komisch und dann muss sie lachen.

Ich mache heute keine Umkehrstellungen und sage auch ruhig warum, wenn es einer wissen will.

Um 17 Uhr ruft Herr Ihme an. Er ist nebenan bei dem ambulanten Wohnbetreuer. Er hat nichts zu essen und war heute den ganzen Tag unterwegs. Ich sage, seine Oma wolle ihm morgen was vorbeibringen, sie kann heute nicht wegen des Üstrastreiks. Ob ich ihm bis Morgen was leihe. Ich sage ja, aber nur 5,- €, damit er für Morgen motiviert sei. Ich muss leider so agieren. Als er kommt bin ich ziemlich genervt und als er immer „ja, natürlich“ und „ja, klar“ und so sagt, sage ich, er soll mich nicht verscheißern. Ich bräuchte keinen Papagei, der immer ja sagen würde, nur leider klappt nichts. Dann würde das ja, ja wie leck mich am Arsch klingen. Er will noch zu seinem Strafverteidiger und ich biete ihm an, dort anzurufen oder ein Fax zu schicken oder eine Email, weil doch der Streik ist und wie soll er dort hinkommen. Er lehnt ab. Dafür gibt er mir einen Wohnungsschlüssel und ich bin sehr glücklich darüber. Er vertraut mir, weil ich ihm auch sage, dass ich ihn nur abhole zum Termin und weder einweise noch ihm eine rein haue. Er sagt, ich soll darauf aufpassen und es sei gut, dass ich einen habe. Ich habe einen großen Schritt nach vorne getan und bin das erste Mal zuversichtlich, dass wir die Kurve kriegen werden. That „made my day“ wie man auf Englisch sagt.

Und ja, alle Pussies gehen zum Yoga (Zitat Serdar Somuncu). In der ersten Session Kundalini falle ich in ein Zeitloch und 1 Stunde ist wie 10 Minuten, ob das gut oder schlecht ist kann ich gar nicht mal sagen. In der Meditation begegnen mir tote Menschen, Verwandte und Betreute und ich spiele mit ihnen wie mit Puppen, die sitzen am Tisch und ich serviere ihnen Tee, wie man das früher mit seinen Teddys und Puppen gemacht hat. Ich liebe den Atem. Das ist für mich das Tollste überhaupt, weil man ihn beeinflussen kann, zugleich er ganz viel beeinflusst und zugleich ist er eine unbewusste Kraft, wie Herzschlag, so dass er auch automatisch funktioniert, diese Mischung aus Steuerung und Automatik finde ich spitze. Vor dem 11 A parken sie so bescheuert, dass man kaum durch kommt mit dem Fahrrad. Nicht Anzeige, Selbstjustiz fällt mir dazu ein. Zuhause wartet ein Packet aus England. Als ich den Absender meiner Cousine sehe, weiß ich, dass da Sainsburys Kekse drin sind und so ist es auch. Große Freunde. Das hilft die Zeit zu überbrücken, bevor man wieder selbst in dem Land einkaufen kann.

Dann suche ich einen Yogaschlüsselbundanhänger für den mir anvertrauten Schlüssel für eine Schließanlage. Die hatte ich in einer manischen Phase gebastelt aus den Sprüchen auf den Teebeutelanhängern im Yogi-Tee. Mir gefällt: „Ein weiser Mensch sieht alle Wesen als eins mit ihm.“ Ich entscheide mich dann aber für ein stabileres Exemplar. Er hat unten ein Apothekenanhänger aus Metall und dazwischen Perlen und Fimo mit dem Spruch: Genieße den Atem des Lebens. Auch gut, denke ich mir.

27.03. 7 Uhr ist meine neue Uhrzeit. Statt morgens Sport zu machen, daddel ich rum. Das muss ich vielleicht noch optimieren. Ich überlege, mich zu einem Tanz-Improvisationsworkshop anzumelden. Das ist bestimmt mein Ding. Ich mag es mehr als eine fest Choreo, wo die Übungen vorgegeben werden und alles niedlich oder sexy ausschauen soll, aber vorgegeben, lieber experimentieren und ich habe in Sachen Tanz auch ein gutes Selbstbewusstsein und es macht mir Freunde, also ran!

Erst Büro und einige Telefonate, dann fahre ich zu dem Hochhaus. Von der anderen Seite der Straße sehe ich die Oma des Betreuten schon stehen und auf mich warten. Sie trägt Turnschuhe und löst ihn gleich aus, zahlt seine Schulden bei mir. Er macht auf als wir klingeln. Die Wohnung ist etwas desolat und er krickelt viele Sachen an die Wände, die mit seinen Alpträume von Spinnen aus dem Weltall, die die Menschen betäuben und dann aufessen und die Erde dreht sich und unten hängt eine dicke Spinne daran und den Illuminaten zu tun haben.

bemalte Wand

Ich genieße den Blick. Es ist wie von oben in das Gehirn meines Stadtteils hineinschauen, die Straße, die ich immer fahre und die Häuser und Straßenschluchten von oben. Ich finde es sehr interessant und sage ihm, dass er immer sehen kann, wie ich angefahren komme mit meinem Rad. Dann schlage ich ihm vor, dass wir an diesem sonnigen Tag gleich zusammen zum Arzt gehen. Er sucht lange nach seinem Socken, die sind aber alle schwarz. Überhaupt sieht er etwas aus wie ein Täter der Columbine Highscool. Er hat auch einen bodenlangen, schwarzen Ledermantel, der aber SS-mäßig ausschaut, wie er selber meint. Damals in der Jugend-WG habe man ihm nicht geglaubt, dass er den rechtmäßig erworben hat und den Bullen hätte er die Quittung gezeigt, aber dann hat man ihn trotzdem rausgeworfen. Er hat das Hausverbot, aber nicht wegen Klauen will seine Oma wissen, nein, weil er eben über 18 ist und da immer heimlich Freunde besucht hat als er nicht mehr dort wohnte. Er wählt die braune Kunstlederjacke, an der der Reißverschluss kaputt ist. Auf seinem Nachttisch liegt ein schwarzer Klumpen, der lehmig ausschaut, wenn das Drogen sein sollen, dann wäre es ein Rohdiamant in der Größe eines Golfballes. Ich glaube nicht daran. Von Omas Geld wird erst mal Tabak gekauft. Chesterfield hat der Kiosk nicht, er will den Tabak anfassen und entscheidet sich für eine poppige Packungen in pink und grün „blow up“ oder so. Ich will ihn jetzt nicht mehr loslassen. Wir gehen kurz bei mir im Büro vorbei und er raucht auf dem Balkon. Ich mache ihm Kaffee und melde uns beim Arzt an. Wir gehen zu Fuß zum Arzt, ich schiebe mein Rad, weil ich faul bin, wie ich ihm erkläre. Er sei Mittelalter und Fantasy-Fan. Games und Musik. Das sah man an den Sachen in seiner Wohnung, eine Tussi in Lederfetzen mit Vampirzähnen hängt an der Wand als Zeichnung. Da gab es mal eine schlechte Serie. Zenia oder so ähnlich hieß die „Heldin“, aber es war eine Schauspielerin. Er macht sich Sorgen um eine Wetterstation, irgendwas mit Milliampere, die da fließen und ihn beeinträchtigen und ich denke nur, es ist ein Windrad, wen interessiert das. Das muss anstrengend sein, wenn man sich von alledem so beeinträchtigt fühlt.  Im Wartezimmer machen wir den „welcher Fahrradtyp bist Du“ Test, der für etwas Ablenkung sorgt. Der Arzt gähnt viel und ist angeschlagen. Er überfliegt das Gutachten und sagt, dass die Kliniken immer hochdosiert anfangen, 2 x Haldol am Tag (das sei unrealistisch) und dann runterdosieren. Er sei ja jetzt schon besser drauf als letztes Mal. Er will es umgekehrt machen. Wir sind einverstanden. Mein Betreuter berichtet, dass die Spitze letztes Mal auf seine Wirbel gedrückt hätte und die Flüssigkeit in einem Kammer drin war. Er sei zu verspannt gewesen. Er habe das Medikament im Mund geschmeckt. Der Arzt sagt, das sei ein öliges Zeug. Die Frau des Arztes verabreicht die Spitze hinter einem Duschvorhang. Ich höre, wie sie sagt, dass er ganz fest mit beiden Händen die Stange drücken soll. Das dient wohl dazu auf einem Bein zu stehen und das andere zu entlasten und damit die Pobacke zu lockern. Sie sagt, „so klappt es, wenn wir zusammen arbeiten“. Sie schreibt mir die Krankenkasse auf und meiner bleibt einfach in der Kabine bis man ihn rausholt. Er ist ein echtes Lamm. Erst rufen wir seinen Namen und antwortet, aber man muss erst den Vorhang zur Seite ziehen bis er raus kommt. Ich fühle mich an die Youtube Videos mit Hunde erinnert, die kläffen, wenn man eine „Mauer“ aus Bananen um sie herumlegt, weil sie glauben, dass sie jetzt eingesperrt sind. Es war ein Dackel meines Wissens. Wir haben jetzt einen Spritzenpass und den nächsten Termin in 2 Wochen. Da gehe ich noch mal mit.

Combur und Combi Screen

Letzte Station ist das ambulant betreute Wohnen. Da schauen wir vorbei und bringen die auf den neusten Stand. Das Haus ist sehr schön. Mit mehreren Dackelbildern im Treppenhaus.

gemalter Hund mit Ball

Ich war noch nie drin obwohl es gleich um die Ecke ist. Die Mitarbeiterin spricht mich gleich auf einen anderen gemeinsamen Fall an. Ich sage, dass ich das Kostenanerkenntnis bald im Sack haben wird und wenn es angelaufen ist, wäre es sinnvoll, dass ich meinen Schlüssel vielleicht abgebe an den Sozialarbeiter, weil der werde viel mehr Termine mit ihm haben als ich. Das will er entscheiden und erst mal soll ich ihn behalten (der Schüsselbundanhänger ist auch zu schön).

Atem des Lebens

Wir reden über essen, weil er immer keines hat. Ich sage, er ist groß und jung und schlaksig und braucht viele Kalorien, mindestens 2500 am Tag. Die Fertiggerichte, die er mir nennt von Netto und Lidl sind suboptimal, weil leckerer, gesunder und billiger ist selber kochen. Ich rate ihm einen Sack Reis zu kaufen. Er lacht. Die haben in dem Haus eine Kochgruppe, die ich ihm ans Herz legen will. Davon will er allerdings nichts wissen. Es sei auch Geschmackssache stellt er fest und meint damit, dass ihm die Fertiggerichte besser schmecken, Nudeln mit Käse-Sahne-Sauce oder Lasagne Bolognese. Hier kommen wir auf keinen grünen Nenner. Wenn ich arm wäre und hätte viel Zeit, würde ich mich echt aufs Kochen konzentrieren. Ich würde Gnocci aus Kartoffeln und Mehl selber machen und alles Mögliche ausprobieren und jeden Tag trainieren. So viel steht fest. Es war dennoch ein guter und sehr erfolgreicher Tag. Wie immer, etwas zu fest drückt er meine Hand und wir einigen uns, dass ich Morgen doch um Viertel vor 9 vorbei komme, weil er noch Socken suchen muss und wir zusammen Bahn fahren statt Taxi. Sein Schlüsselbund an meines gehängt, zumindest bis Morgen.

Überall ist Girls Day. Im 11 A, der Rotkohl mit Sauerbraten und Serviettenknödel ist sehr lecker sowie die Königsberger Klopse und preis-leistungsmäßig über dem Piu, die mehr Kantinenessen machen und immer die Tomaten-Sahne-Einheitssauce verwenden. Hier wird man von kleinen dünnen Schülerinnen bedient, die dann weghüpfen vor Freunde, wenn sie den Kaffee erfolgreich abgestellt haben. Im Schaufenster vom Öko-Kinderladen sind auch welche, 2 Stück und dekorieren neu und im Büro bei uns auch. Überall, der Stadtteil ist voll mit Girls. Unsere interessiert sich für den Beruf der Strafrichterin und will wissen, was Anwälte so machen. Ich mache gerade stumpfsinnige Forderungsberechnungen. Das machen Anwälte, echt dröge Unterhaltsrückstände ausrechnen und Zahlungen verrechnen. Macht zum Glück das Programm, aber man muss es auch bedienen können. Bin leider zu blöd die Zahl richtig abzuschreiben und nenne den Gesamtbetrag als noch offen. Das führt immerhin dazu, dass der Kollege mich gleich 2 Minuten nachdem das Fax durchgegangen ist anruft. Auch nicht schlecht.

Meine Betreute, die in der Frauenunterkunft wohnt hat Wohnungsbesichtigung. Wir gehen auf ihren Yahoo Account und drucken die Selbstauskunft aus. Ich drücke ihr die Daumen.

Elisabeth Taylor stinkt ganz doll nach Parfum und hat eine Douglas-Tüte dabei, die sie mir schenken will, aber nur die Pappen, weil ich die bestimmt gebrauchen kann. Ich lehne ab. Sie war auf der Intensivstation. Ich frage was war. Sie hat sich als Schülerin ausgegeben und denen erzählt ihre Lehrerin habe gesagt, sie solle hier einen Monat ein Praktikum machen. Wir sprechen von einer grell geschminkten und krass zu Recht gemacht ca. 30 jährigen Frau. Die Gedankensprünge sind heute wieder eins A. Die hübschen Syrerinnen, mit denen die Deutschen Männer ins Bett wollen, aber die wollen sich nur sexy anziehen, aber keinen Sex mit ihnen machen und die wollen auch nicht ein männliches Ichweißschonwas in den Mund nehmen, nur weil sie Hunger haben. Die wollen lieber noch bei ihren Vätern leben. Dann geht es um diese Fotoshootings bei Douglas. Alles wollen gut aussehen, und schön sein und sexy Klamotten haben und Lifestyle und eine tolle Wohnung und ein großes Auto und einen Mann, der Macht und Geld hat, einen Staatsanwalt oder so was, aber was wollen sie damit? Sie investiert lieber in ihre Wohnung und streicht da noch mal oder renoviert da eine Runde, zumal sie für Modell auch nicht die Figur habe. Die Mitgliedschaft im Taubenzuchtverein kostet nur 3,- und als ich sie frage: und was wollen wir da drin, sagt sie, dass sie in letzter Zeit 3 tote Tauben gefunden habe und eine habe sie gestern beerdigt mit ihrem Handy. Sie reicht es mir und ich denke, ich bekomme ein krasses Foto zu sehen und dabei will sie mir zeigen, dass lauter Erde und Dreck tief zwischen den Tasten sitzt. Sie hat es offenbar als Schaufel benutzt. Zum Abschied sagt sie mir, ich werde verfolgt und sie weiß auch schon von wem und will Morgen zum Gericht gehen und das klären. Ich sage, Hauptsache sie klärt das mit ihrem Abo und der Umstellung auf die Mobil-S Monatskarte.  Das Gespräch hätte der Siebtklässlerin doch nur Angst gemacht.

Jim Jarmusch. Bitte sei wie früher und enttäusch mich nicht.

Auf dem Weg zum Sport fährt eine S-Bahn, altes grünes Modell, Linie 10 mit offener Fahrertür, Höhe Glocksee. Die Bahn fährt vermutlich in das Depot, weil die Tür klemmt, außerdem sind keine Fahrgäste drin, aber es sieht lustig aus, als würde die Fahrerin cruisen vor lauter guter Laune und gutem Wetter. Direkt hinter der Kabine hat sie quasi fährt sie open air.

Ich bin doch durch mit Jim. Am besten gefallen haben mir die Bilder aus Detroit. Die Prunktheater, die heute Parkgaragen sind, aber die kannte ich schon und zwar in besser von der Lumix. Die Geisternachbarschaften waren auch schön. Er kann gute Stimmungsbilder aus Amerika einfangen und diese fallen eben düster aus heutzutage. Es kamen wohl viele Fördermittel aus Deutschland für den Film und die Deutschen mögen auch die Vampirgeschichten. Ich finde die Geschichte vor allem unlogisch an so vielen Punkten. Nicht, dass ein Film logisch sein muss, auch die „Reise in Glück“ arbeitet durchaus mit Fiktion, aber es kommt ja darauf an, ob man dem Ganzen was abgewinnen kann. Wenn man lange genug lebt, kennt man auch wirklich alle Berühmtheiten von Newton über Shakespeare. Gut hat mir in dem Zusammenhang der Satz gefallen, den Adam sagt über die Nachtclubsängerin, die er so gut findet, dass er hingerissen ist von ihr als Eve meint, dass sie sehr talentiert sei und eine Berühmtheit wird, „hoffentlich nicht, dafür ist sie viel zu gut“. Von seinem ganzen Geld kauft sie ihm ein Instrument. Auch nicht so romantisch. Diese Vampire sind Nichtraucher und haben einen Haufen Geld, wie Verbrecher und verschiedene Pässe, wie Agenten und planen dabei für die Zukunft, wie kleine Bausparer der Unsterblichkeit. So kommt es mir vor. Die Liebesgeschichte berührt mich nicht. Es sind zwei Schauspieler, die verliebte Vampire spielen und Lederhandschuhe tragen und dunkle Sonnenbrillen. Er darf seine Instrumente nicht mitnehmen auf die Reise, weil es überall Instrumente gibt, aber sie darf sich die Taschen voller Bücher packen. Das ist ja wohl ungerecht. Die Nachbarn in der nordafrikanischen Heimatstadt hauen sie jeden Abend auf Drogen an. Das müssten sie doch langsam wissen, zumal die weißblonde Frau doch irgendwie auffällt in der Umgebung, aber sie scheinen sich das Gesicht nicht merken zu können. Ich könnte mir ein Leben nur bei Nacht eh nicht vorstellen, bin eher ein Tagmensch. Ach ja, was mir noch gefallen hat war das Stinktier.

28.03. Ich werde wach und habe doll Schmerzen am Brustbein. Es ist erst Viertel vor 6. Muss ich heute ins Krankenhaus und kann meinen Termin beim Gericht mit Gutachter nicht wahrnehmen oder mache ich das trotzdem. So etwas hatte ich noch nie. Im Gästebett schlafe ich noch mal ein und werde von Alpträumen geplagt. Lauter Katastrophen passieren. Auf einmal habe ich auch lauter Pusteln auf dem Rücken. Ich will den Arzt von unten das zeigen, der zu Besuch ist, lasse es aber lieber. Heißes Wasser, mit dem ich mich verbrühe. Sachbeschädigung, die ich am Eigentum anderer Menschen ausversehen begehe. Habe heimlich eine kleine Ratte oder schwarze Maus gehalten (Simpsons Folge mit Lisas Meerschweinchen hängt mir nach), ich vergesse immer sie zu füttern und sie beißt mich dann, ein Aquarium mit einer Riesengarnele, vor der ich auch ekele und nicht weiß, wie ich das sauber machen soll. Durchbruch zur Küche mit Kabelsalat (siehe Vampirfilm) und auf der Mehrfachsteckdose lauter Babymäuse. Scheiße, die haben sich vermehrt. Es gibt eine Plage und was soll ich tun.

Nach dem Erwachen bespreche ich kurz die Möglichkeit, dass es was Ernstes ist, weil ich finde, dass man Schmerzen in der Brust seinem Partner mitteilen sollte, im Bein muss man nicht, damit er mich beobachten kann, ob ich was Komisches mache. Schlussendlich tut es weh beim Anfassen oder tief einatmen, bei Bewegungen und beim Niesen besonders und fühlt sich an wie verlegen.

Ich hole meinen Betreuten aus dem Bett. The Voice, the Kids läuft im Fernsehen. Er zeigt sich viel mit nacktem Oberkörper und meint, dass er wieder trainieren muss. Ich sage, er soll sich anziehen, wir müssten los. Ich leihe ihm Geld für eine S-Card und ein Tagesticket. Er folgt mir gut, ist manchmal etwas langsam von Kapee, aber er merkt, dass wenn nur ein Sitzplatz frei ist in der Bahn, wir stehen, wenn am Kröpcke welche aussteigen und zwei gegenüber freiwerden, setzen wir uns und zwar ohne darüber zu reden. Den Gutachter mag er nicht und sagt ihm, dass er Haldol nicht empfehlen könne, davon komme man schlecht drauf und es dämpft sehr, wenn man eine Psychose hat und ich denke mir, dass kann sich der Mann mal anhören, der immer nur empfiehlt, dass sich andere das spitzen lassen, aber es sich nicht selber verabreichen würde. Er wird von der Richterin gefragt, wie die Zusammenarbeit mit mir klappt und er sagt, dass ich noch nicht so lange mit ihm zusammenarbeiten würde, aber es sei angenehm für ihn, jemanden zu haben und es helfe ihm auch besser zu träumen, weil er sich dann einen Menschen vorstellen kann. Leider sagt es mehrfach, dass er vor 2 Monaten bei der Spritze war (was gestern passierte) und in 2 Monaten wieder zur Spritze gehe, dabei ist der Termin in 2 Wochen, aber das sind Kleinigkeiten aus meiner Sicht. Er sagt selber, dass seine Konzentrationsfähigkeit nicht so gut sei. Die Betreuung wird für 3 Jahre eingerichtet (statt für eines). Er weiß, dass die Betreuer früher nach Aufwand abgerechnet haben. Ich sage ihm, dass es jetzt pauschaliert sei und ich viel machen würde zur Zeit, aber die Hoffnung hätte, dass sich das einspielt und weniger wird und das bestätigt er und meint, dass das ambulant betreute Wohnen viel übernehmen werde. Diese Einsicht beruhigt mich. Er will noch einen Kaffee mit mir trinken im Backshop, wo es nicht so teuer sei. Ich schlage mein Büro vor, wo es nichts kostet. Er mag den löslichen am liebsten mit Karamellgeschmack. Der sei so einfach, den müsse man nur in heißem Wasser auflösen. Der hat auch seine Zähne alle zerfressen wie kleine Milchzähne. Die Regio S Card hat er benutzt um Tips zu rollen für Joints. Das sei früher gewesen. Ich sage ihm, dass kiffen nichts für ihn sei bei seiner Erkrankung und das läge nicht daran, dass ich das Zeug verteufeln würde, aber er sei nicht für jeden geeignet. Das sei wie bei einem Epileptiker, der darf nicht in die Disko wegen des Stroboskops, was für uns total harmlos sei, könne hier einen Anfall auslösen und so sei das bei ihm und dem THC. Er solle die Finger lieber davon lassen. Er sei Computerfan und kenne sich aus, nur die alten bekomme er nicht zusammengeschraubt, die seien zu staubig und wenn er einen besten Freund hätte, wäre das ein Computer. Einen guten bekomme man schon für 200 €. Er ist mir wieder zu kompliziert, wie er es nicht schafft einen Briefumschlag ans Jobcenter zu adressieren. Ich sage, er merke doch, dass ich denen gerade ein Fax geschickt hätte wegen der Regio S Karte und nehme ihm das Anhörungsschreiben wegen der Kürzung der Leistungen weg zur weiteren Bearbeitung. Er will wissen, ob ich mein Fahrrad noch mit abhole was bei ihm vor der Tür steht. Ich lehne ab, das erledige ich später und mit dem Bus. Ich bin sehr faul bzw. wie ein Rollstuhlfahrercyborg, d.h. ohne Fahrrad ist für meine jede Fortbewegung sehr anstrengend. Das sieht er ein. Wir sehen uns wieder zum Spritzentermin. Ich entkoppele unsere Schlüsselbunde. Später fahre ich Bus und denke viel an Serdar. Eine junge Frau an der Bushaltestelle spricht fließend Türkisch und dann kommen einzelne akzentfreie Deutschbrocken in den Sätzen vor wie „Jugendamt Papendamm“. Sie kommt von der Arbeit und muss sich beim Arbeitsamt melden, heute sei der letzte Tag und scheiße, die haben nur bis 12:30 Uhr geöffnet. Ja, Alter, „die haben ihr sogar extra Post geschickt“. Dann geht es weiter auf Türkisch und das Wort „Brustwarze“ kommt darin vor und „Pilz stinkt normalerweise“. Ich muss nur eine Station fahren und bekomme ganz schön viel Unterhaltung dafür. Eine Frau aus einem Auto strahlt mich an. Ja, mein Delfinhütchen macht gute Laune. Ich muss dabei immer an Janine denken, die von ihren Rezept für Delfinsalat gesprochen hat, wenn es um einen Beitrag fürs Büffet ging.

Ich will die Kammermitteilungen erst gar nicht öffnen. Steht sowieso nichts drin was mich interessiert. Dann das, mein Ausbilder ist am 03.03.2014 verstorben nach kurzer, schwerer Krankheit. Er war im Vorstand. Er war damals Fan von mir und auch danach hatten wir beruflich noch die ein oder andere Überschneidung. Er war nicht bei allen beliebt, konnte aber gut einstehen für Mandanten und die Richter hatten Angst vor ihm. Er ist aufgestanden, wenn er was gesagt hat und das alleine hat bei 190 und großer Körperfülle, sowie sonorer Stimme Eindruck gemacht und dann hat er ganz bestimmt, langsam, ruhig, aber mit Nachdruck gesprochen.

Meine Mutter hat es einen Stich ins Herz versetzt, dass ich ihr sagte, meine Liebe gilt den psychisch Kranken, so wie ihr den geistig Behinderten oder statt den geistig Behinderten. Warum stört sie sich daran? Ist das nicht als würde man aus einer Hundeversessenen Familie stammen und jetzt Borderterrier züchten statt Pudel.

Claudia kommt Morgen vielleicht zu dem Fünfzigsten Geburtstag. Ich sage, sie kann ruhig spontan sein und muss weder rechtzeitige Ankündigungen beachten noch mit Stornogebühren rechnen. Wir kennen uns ja gut genug.

Nach dem Sport sehe ich das hässlichste Fahrrad der Welt, in lilametallic. Ach Du scheiße, meins ist auch lilametallic, aber dieses hat einen Namen und heißt „Supervisor“. Brauchen Fahrräder Namen?

Oliver Polak war so was von grottenschlecht, dass ich meinen Kollegen beneidet habe, der Kinderdienst hatte und seine Karte verfallen lassen musste. Gut, es war nett mit unserem Nachbarn am Tresen zu sitzen und Wasabi-Erdnüsse von Rewe zu essen, aber so ein unlustiges Programm habe ich noch nie gesehen. Kein einziges Mal gelacht, geärgert, dass man erst vor der Zugabe und nicht schon viel früher gegangen ist. Wahnsinn, wie schlecht das war. Schad ums Geld, noch mehr schade um die vertane Zeit und die an Körperverletzung grenzende Bezeugung des Auftritts. Das Aftershowessensprogramm von Serdar wiederholen wir bei Beckmanns und versuchen den früheren Abend zu vergessen. Der Nachbar ist jetzt auch nach Wien eingeladen. Das Pipilotti Rist Hotel soll sehr gut sein. Stephan zeigt mir die 40 cm Ratte, die unter einer Spüle in Australien gefunden wurde und das am Tag als ich morgens meinen Ratten/Maus-Traum hatte!

Ich beschwere mich, dass es keine Tanzveranstaltungen mehr gibt, bin aber zugleich zu müde um noch ins Broncos zu gehen. Der Nachbar nicht. Wir sagen Tschüss am Schwarzen Bären.

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