Wien – der Fortsetzungsroman

Ohh Gott, entgegen der BM-Regeln wird jetzt noch mal über den zweiten Wienbesuch im Februar berichtet, also entgegen der chronologischen Reihenfolge und eine weitere Gesetzesänderung, ich mache das Abschnittweise, quasi Fortsetzungsroman, damit der Text mit Fotos nicht so lang wird, weil es mir angenehmer ist und vielleicht auch dem geschätzten Leser.

Es ist der 21.02. und in meiner Küche hängen die Misteln.

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Ich arbeite nach einem Horrorvormittag nur bis 14 Uhr. Sunla schreibt eine SMS, dass wir Puschen mitbringen sollen, weil sonst die Socken staubig werden. 1. Was heißt staubig und 2. Kann man die Socken nicht im Zweifel besser waschen als die Hausschuhe. Papalapap, Socken müssen reichen. Da heute ein großer Tag der Unzufriedenheit ist bedingt durch meine dienstlichen Termine, überlege ich auf dem Weg zum Flughafen mit was ich an mir zufrieden bin und weiß es auch, mit meinem Mund. Er macht, geschminkt, einen geradezu vorbildlichen Kussmund auf Papier, wie es optimaler nicht sein könnte. Wenn ich auf Papier küsse, sieht das aus wie Bilderbuch. Wir haben Karten fürs Burgtheater, das Wetter soll sonnig werden und um 20 Uhr einen Tisch im Meixners. Meine Laune wird sich bessern. Jetzt ist Wunden lecken angesagt. Manchmal denke ich als Anwalt wird man dafür bezahlt, Schläge einzustecken für den Mandanten. Stephan hat die Tupper für die Strudelorgie vergessen. Das ist nun eindeutig seine Aufgabe. Er will mal mittags ins 11 A und zwar dann, wenn er will und nicht wenn wir mit einer Freundin dort ohnehin verabredet sind. Ist mein Mann in den Wechseljahren? Wir wollen Günter treffen, der am Flughafen arbeitet, allerdings nicht in der Abflughalle zu sehen ist. Mein Mann läuft mit versteinerter Miene hin und her. Ich rufe Günter an und er isst gerade was in Terminal B, backstage. Jetzt holt sich Stephan auch was zu Essen und ich hoffe, seine Laune wird besser. Wir gehen vor die Tür, weil Günter rauchen will. Er hat bald fast einen Monat Urlaub und fährt nach Asien. Er ist voller Vorfreude. Ich zähle die Seiten in meinem Wientagebuch. Es sind noch 50. Das reicht für viele Reisen, mindestens noch zwei, aber es wird immer dicker und enger. Am Flughafen ist immer so ein Shop mit Manna-Sachen, aber die Waffeln schmecken nicht. Ich hätte gerne einen Sport-BH in der Manna-Hautfarbe mit blauer Schrift. Das wäre cool. Wir landen und am Förderband ist es 18:38 Uhr. Ich denke, die Bahn geht um :48 Uhr, aber wenn Stephan anfängt zu laufen, muss ich das ernst nehmen. Sie fährt um :43 oder so, wir springen jedenfalls todesmutig und ohne Fahrkarten rein in die S-Bahn, die nur alle 30 Minuten fährt. Uns ist alles egal, Hauptsache wir sind pünktlich im Meixners. Wir steigen Geiselbergstraße aus und lösen vor der Weiterfahrt selbstverständlich unsere 72 Stunden Tickets. Ich will dieser geliebten Stadt nichts schuldig sein. und freuen uns, dass wir wieder superpünktlich sind und alles wie am Schnürchen klappt. Ich freue mich über die Tram mit den Holzdielen mit Profil und dem nostalgischen Aussehen, auf dem noch besonders herumgeritten wird und muss meiner Freude durch Fotografieren ein Ventil verschaffen.

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Mit den dicken Koffern erst mal zu Sunla. Die Gasleitungen im Haus werden ausgetauscht und Sunla zeigt mir stolz, die Katze, die ihr die Handwerker in die Wand geschlagen haben.

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Es werden Geschenke übergeben. Eine Kette von mir, das Edelweiß gefällt ihr, der Fimoanhänger und das kleine rosa Schweinchen ist nicht ganz ihre Sache. Ich sage ihr, die Kette gehöre aber so bzw. es sei der bewusste Stilbruch, quasi von der Macherin so gewollt. Die rote Totenkopfradiergummis aus Kopenhagen haben fast 1 Jahr auf ihre Übergabe gewartet. Dann auf zu Meixners, auf unseren Stammplatz im Raucher. Nebentisch Eltern + Sohn oder Tochter mit Anhang, älteres Pärchen und junges Paar. Der ältere Mann liest aus einem Brief vor. Für uns kommt’s ganz schlimm: die Spagetti mit Chili und Garnelen sind aus (darauf hatte ich mich im Vorfeld über Internetspeisekarte schon fixiert). Das ist ein Schlag, den ich erst mal verkraften muss. Stattdessen gibt es die Pasta in Lachs-Sahne mit Dille. Ja, der Österreicher nennt das Gewürz nicht Dill, sondern Dille, war ziemlich behindert klingt.  Ich nehme die Presskasknödelsuppe nach Beratung und das Viech, was unter der getrübten Oberfläche nach oben gehoben wird, beeindruckt schon durch seine Erscheinung sehr und der Geschmack noch mehr. Hammer!!!

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Stephan nimmt die Blattsalate mit Ziegenkäse im Speckmantel mit Kernöl. Auch eine gute Wahl.

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Andras nimmt den Wiener Suppentopf, der mich auch interessiert hätte, aber dann blass ausfällt im Vergleich zu meiner Suppe, deren Einlage ich einen Namen verpasse sollte. Das Vitello Tonnato hätte mich auch sehr interessiert, weil wenn die eines können, dann ist es Fleisch und Nachspeisen. Wie dem auch sei, ich bekomme ein Donnerwetter (leckerster Apfel-Birnen-Saft) und die Jungs trinken Chardonnay in der Tonflasche. Sehr urig. Sunla nimmt das schwere Ding als Vase mit. Als Hauptspeisen wähle ich Skreifilet gebacken mit Erdäpfelmayonnaisesalat, Sunli nimmt Fischgröstl und Andras Kutteln, Stephan den legendären Zwiebelrostbraten. Toll, toll.

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Zum Nachtisch gibt es Malakofnockerln, klingt nach Waffe, ist aber Löffelbiskuit oder Biskotten wie das hier genannt wird und Mohnpanacotta mit richtig viel Mohn, richtig lecker. Das können die hier. Andras nimmt die Dessertvariation und darauf ist das Tagesdessert, gebackener Palatschinken. Das will Stephan nachbestellen, ist aber 20 Minuten zu spät. Dafür nimmt er Marillenpalatschinken und danach noch eine Portion. Er teilt aber auch und füttert uns alle. Ich bin im 7. Himmel.

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Andras hat über Delinski bestellt du wir sparen wieder 30 % oder so. Dafür gibt es ein gutes Trinkgeld, aber ein bisschen schlechtes Gewissen habe ich auch. Ich stelle es mir total lustig vor, wenn ich an den Nachbartisch gehe, sie sitzen immer noch da und trinken und erzählen, der Vaterfigur auf die Wange küsse und sage: „danke, Herr Delinksi“, wie diese Tankstellenwerbung, bei der die Studentin sich als Tochter ausgibt beim Zahlen und dem Nachbar an der Zapfsäule unverhofft ein Küsschen aufdrängt von wegen “danke, Paps“. Was kein Spaß ist, ist unsere Liebe zu diesem Laden. Ich bin um 22 Uhr bereit den Rückflug anzutreten und es hätte sich alles gelohnt und zwar so was von.

Mein Ausgehdrang ist verflogen, ich hatte mir noch flache Schuhe angezogen und angekündigt mit meiner 72 Stunden Karte einen drauf machen zu wollen. „Ich gehe zu der Dance Hall Veranstaltung im siebten“ oder „ich fahre zum Steffel, einfach so, zum Schauen, ich will mal schauen, ob er noch steht, ich schaue mir das schöne Dachmosaik an“. Statt dessen nur nach Hause und etwas Tee in der Küche mit meiner Freundin. Ich habe einen kleinwüchsigen Hund mit grauer Schnauze in der Zeitung entdeckt, der ein neues Zuhause sucht und will da Morgen mal anrufen, also ab in die Gästebetten. Die Gastgeberin hatte sich angesichts meiner Kritik an frisch gewaschenen Bettbezügen in der airbnd Wohnung Gedanken gemacht, ob ich mich wohlfühlen würde und ich sage, dass alles gut, riecht nicht so doll nach Weichspüler, halt frisch, aber wenn sie es gut meinen würde, könnte sie nächstes Mal so rücksichtsvoll sein, bei sich die neuen Bezüge zu verwenden und uns ihre alten aufzuziehen. Dann fühle ich mich noch wohler….

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