03.03.2014 Mein Betreuer lebt über seine finanziellen Verhältnisse. 2 Autos, 1 Motorrad. Das sei Teil der Krankheit. In der Selbsthilfegruppe „bipolare Störung“ würden alle dasselbe erzählen. Er nimmt einen Hausfrauenkredit auf um mehrere andere Kredite abzulösen, die teilweise zinsfrei waren. Es ist alles wenig durchdacht. Ablauf im privaten Bereich: Freundin, engagiert sich ganz doll, ist mehrfach auch mit bei mir, er zieht nach Hameln zu ihr, Schluss, wurde ihm alles zu viel. Dann wieder Hannover. Jetzt die Neue, es wird geheiratet. Ich sage ihm, auch das wirke sehr chaotisch auf mich. Muss das denn sein, heiraten? Das kann so viele Probleme bringen und Schulden. Er will Verbindlichkeit und Stabilisierung und erhofft sich das durch die Heirat. Dann hat man ja den Schwur geleistet und dann ist da auch jemand, wenn man nach Hause kommt und man sorgt füreinander. Weiß nicht, ob das so klappt. Habe eher meine Zweifel. Ich denke umgekehrt, die Verbindlichkeit muss da sein und dann kann man es krönen mit Heirat und nicht hoffen, dass die Verbindlichkeit kommt durch die Heirat. Natürlich scheitern auch Ehen, bei denen die Paare schon 5 Jahre zusammen gelebt haben. Es gibt keine Garantie, aber so scheinen mir die Vorzeichen sehr ungewiss, durch das Probewohnen hat man immerhin schon mal ausprobiert, ob das klappt. Sie zieht her aus einem anderen Bundesland, man kennt sich erst einige Monate und hat noch nie zusammen gelebt. Sie braucht erst mal einen Job, ob ich da was weiß. Zur Hochzeit wünschen sie sich Geld. Ne, klar. Mir kommen die Unwägbarkeiten halt sehr groß vor und der Trauschein hält doch keinen…
Nachmittags fahre ich zu meiner dementen Betreuten. Der Perso ist fertig. Bürgeramt Ricklingen. Schön ist das nicht.
Im Gebäude drin und vor dem Amt ist die Bücherei. Das ist ein Paralleluniversum. Da arbeiten Frauen drin, die eine trägt Kopftuch. Alles ist schön dekoriert und hergerichtet, aber es wirkt wie aus einer anderen Zeit. Wer braucht das noch? Gut, meine Freundin Claudia ist Fürsprecherin der Bücherei. Sie leiht sich Filme und Bücher für den E-reader und die löschen sich selbsttätig und mal braucht sie nicht zurück bringen. Ich war verwundert, dass die Mitgliedschaft Geld kostet. Ich kenne so was nur als Studentin und da war das immer umsonst. Meiner Betreuten hatte sie die Zugangsdaten für die Internetfreischaltung des Ausweises geschickt. Das zerreiße ich vor Ort. Wir hatten „nein“ angekreuzt und die ist schlimm dement. Warum bekommt sie das dann zugeschickt, will ich wissen. Ja, Vollmacht liegt Bürgeramt Ricklingen vor. Ich habe das Theater mitgemacht, brauche aber keine Vollmacht als Betreuerin, bin gesetzliche Vertretung, auch egal. Wieder zurück zu meiner Betreuten, vorbei an so was:
Hier laufen die Karnevalsumzüge im Fernseher. Das Tierheim in Mainz stellt sich gerade vor. Wir schauen etwas zusammen fernsehen. Die Nachbarin will wieder putzen, aber meine sagt, es sei sauber genug und will das Geld lieber in der Kneipe ausgeben. Da kann die Betreuerin auch nichts machen. Wir sprechen vor der Nachbarin über den Schwerbehindertenausweis mit Wertmarke und Begleitperson. Ich sage meiner, sie kann auch mal jemanden, der gerade eine Fahrkarte kauft ansprechen und sagen: wenn ich mich mit einhaken darf, fahren Sie umsonst. Begleitperson kann jeder sein. Sie ist der Freifahrschein sozusagen.
Meine Betreute, der es so schlecht geht, dass sie sich in die Klinik einweisen lassen wollte und der ich einen Hausbesuch angeboten habe und die oft an Suizid denkt, wohnt gleich um die Ecke und direkt neben einem Tischler und Bestatter. Das ist mein nächster Termin. Die Wohnung ist klein und steckt voller Geschmacklosigkeiten und Esoterik, lila, dazu Kerzen und ein großer flacher Fernseher mit Spielekonsole daneben. „Ich, unverbesserlich Teil 2“ liegt auf dem kleinen Tisch auf einem Stapel mit DVDs. Der erste Teil sei besser gewesen.
Auf dem Rückweg wundere ich mich über die Zeitungsüberschrift: „Krieg in Europa“. Was wollen sie denn dann schreiben, wenn es so weit ist/kommt?
Beim Sport stelle ich in der Umkleide vor, dass es wohl eine neue Disse gibt, einen Klub, den ich nicht kenne. Die Balletttante, die mit ihrer Tochter gekünstelt Englisch spricht, sagt einer anderen Teilnehmerin, die jetzt zur Grace-Lehrerin avanciert ist, dass sie wohl beide im Kristallclub gewesen seien. Die Angesprochene hat das nicht bemerkt und stellt fest, dass das nicht für ihren Zustand sprechen würde. Sie hätte zu viele Bier getrunken und sei dann auch schon um 3 nach Hause gegangen. Die Tanzlehrerin daraufhin: was so früh und die Tochter, die bei ihr in der Klasse ist ergänzt, Mama ist erst gegen Viertel vor acht nach Hause gekommen. Ich dachte schon, die übernachtet woanders und verrollte die Augen. Ich will mal wieder tanzen gehen und bin nicht am Puls der Zeit. Blöd eigentlich. Jetzt versuche ich herauszufinden, wo dieser Club ist. Auf meine Recherchen schreibt mir der Nachbar, Scholvinstraße, aber Steintorviertel ist nun nicht meine Welt. Vielleicht würde ich edn Club dann auch doof finde, wenn ich ihn finde. Will eine freakige Glocksee für Erwachsene oder Ü-40 Glocksee halt. Das gibt es nicht.
Abends nach dem Essen (es gibt alten Broccoli mit Wiener Wurst, Knoblauch, Zwiebeln, Chili in Sahne, das Ganze setzt an, weil ich weggehe, schmeckt dann aber erstaunlich köstlich) und kurz vor 23 Uhr verkündet mir mein Mann, dass Mats gleich brennt. Ein Freund von uns macht japanische Keramik, in diesem Fall wohl Buchstaben, die sich auf Messen total gut verkaufen lassen, in einem Ofen, der im Freien mit Holz betrieben und auf 1000 Grad hochgeheizt wird und das die ganze Nacht durch. Stephan will sich das Spektakel ansehen. Ich bin zu müde, aber das ist bestimmt interessant.
04.03. Betreuter, der sich selten meldet hat Termin. Es geht um Verlängerung der Rente. Er trete auf der Stelle und es würde ihm so gehen, wie zur Zeit der Einrichtung der Betreuung, außer dass er nicht mehr spielt. Auf Nachfrage: besser ging es ihm nur als er den 1 Euro Job in der MHH hatte. Ich greife zum Hörer und er hat nächste Woche dort einen Termin. Die 1 Euro Jobs gibt es nicht mehr, aber er ist jetzt auch Rentner. Kurzes Telefonat, große Wirkung. Schlechtes Gewissen, weil ich nicht aktiv geworden bin trotz Gesundheitssorge. Er hätte sich auch rühren können. Ich rede da offen drüber und wir stellen fest, dass jetzt vielleicht auch genau die richtige Zeit war und es passte ja auch einfach alles. Es ist, wie es ist.
Mittags Kantine
und entspannte Runde mit meinem Mann in der Stadt bei schönem Wetter. Kalorienreduzierte Fudge-Torte und Karamell-Schoko-Shortbread von Balzac. Oh Man, der Zucker. Komme nicht los von dem Zeug. Stephan bekommt nach meinem Tod meine Oberschenkelknochen. Ich will das verfügen, dass sie entfernt und präpariert werden. So gekreuzt würden sie cool ausschauen. Meine Oma, der ich nachschlage, hatte 2 künstliche Hüftgelenke. Das würde die Knochen natürlich versauen. Solange der Schwabbel da ist, mag er mehrere Teile an mir, aber von dem was übrig bleibt, mag er die Oberschenkelknochen, allerdings mag er die auch lieber mit Stoff, also Haut bezogen. Da lassen sie sich besser streicheln als so Knochen.
Am Schwarzen Bären reitet mich die gute Laune und ich fahre Schuss herunter zum neu gestalteten Glocksee-Ufer. Es gefällt mir und die Menschen sitzen draußen, die Uferpromenade ist schön und es lässt sich herrlich Rad fahren. Als ich beim Tanzkurs in der Glocksee damals (die alten Szenehengste mit Frauen nahmen zu der Zeit Privattanzunterricht und wir waren dabei und haben Lindyhop und Tango und alles mögliche gemacht) gefragt habe, ob einer von der Dagegenfraktion sich denn die Umbaupläne mal angeschaut hat, gab es einen Aufschrei der Entrüstung. Ich reaktionäres Biest, dass ich überhaupt erwägen kann, da nicht dagegen zu sein. Es werden Bäume gefällt. Es wurde vor allem Gift aus der Erde rausgegraben (da kann ja wohl keiner was dagegen haben) und dann kann man anhand dieses Projekts schön feststellen, dass nicht alles Stuttgart 21 ist und der dortige Schloßgarten. Hier war es doch eher Gestrüpp was entfernt wurde (und keine alten, ehrwürdigen Platanen) und jetzt sieht es leider geil aus. Die neuen Terrassen und die Gestaltung machte einfach Sinn und ist viel schöner und auch nutzbarer als früher. Da haben die ewig Gestrigen sich wohl mal geirrt.
Nachmittags der Erbfall mit der schwierigen Schwester. Darlehen des Bruders, meines Mandanten, die nicht schriftlich waren und für die Topzinsen zugesagt wurden per SMS werden bestritten. Kurz vor Einigung bzw. mittendrin Anwaltswechsel. Die Anwältin ruft jetzt an und will ihr Geld und ich bin etwas hämisch. Jetzt kann sie mal sehen, wie es meinem Mandanten geht mit dem Biest. Wir bieten ihr noch etwas mehr Geld und hoffen sie aus der Reserve zu locken. Mein Mandant will die Sache abschließen. Sport, heute gibt es Wiener Würste und Kartoffel-Topinambur-Püree. Lecker. Nachtisch nur ein paar Grüne Tee Madelaines. Früh ins Bett. Morgen wird stressig.
Stephan beruhigt einen Freund, dass er keine Angst haben muss. Wir werden uns nie trennen. Ein gemeinsamer Freund hat sich wohl gerade getrennt und spricht auch nicht darüber. Das was er gerne anderen unterstellt. Der Freund, den Stephan beruhigt, überlegt sich auch Betreuungen zu machen. Ob ich dann die Klageverfahren machen könnte. Stephan sagt, eher nein, aber selber fragen. Das ist langwierig und macht sie in ihren eigenen Fällen, bei denen aber fortlaufend Geld rein kommt durch die Betreuung. Gute Antwort.
05.03. Werde schön früh wach. Die Betreute mit der ich mich treffe geht mir mit ihrer nörgelnden und unzufriedenen und zugleich fordernden Art auf die Nerven. Sie macht mir schlechte Laune. Sie hatte mich gestern angerufen, wann wir uns treffen würden. Das habe ich ihr geschrieben, welche Bahn, wo treffen usw. aber sie hat meine Post nicht aufgemacht. Ne, klar sage ich. Dann kann ich ihr meinen Brief ja auch vorlesen. Aber wäre grds. schon sinnvoll, wenn sie Briefe von mir zumindest aufmachen würde. Der Termin ist um 9 Uhr. Bahn fährt um 8:29 Uhr. Ob das nicht etwas spät sei, wandte sie ein. Ich hatte vorgeschlagen, dass wir uns um 8:20 Uhr treffen, am Gleis bei den Rolltreppen. Sie kommt von der anderen Seite. Ja, aber ich kaufe erst die Fahrtkarte, wenn sie da ist, weil ich sonst nicht fahren muss. Sie: wir müssten auf der anderen Seite aussteigen. Ich sage, nein. Da wo wir uns treffen ist auch das richtige Ende der Bahn beim Aussteigen. Die Bahn fährt an der Zielstation ein und wir müssen hinten raus.
So zur Vorgeschichte. Um 8:10 Uhr stehe ich am Gleis. Sie ist nicht da um 8:20, sondern kommt um 8:25. Ich kaufe das Ticket. Sie will trotzdem hinten einsteigen, weil vorne sei ihr zu voll. Ob ich mich nicht setzen wolle mit meinen Taschen. Nein, aber sie will sich setzen. Die Bahn hat 6 Minuten Verspätung. Ob es mich stört, wenn sie die Kopfhörer drin lässt. Nein (es ist eine Entlastung, das sage ich nicht). Wir kommen um 8:50 Uhr an und müssen erst mal den ganzen Bahnsteig entlang gehen. Sie bleibt zurück, dreht eine, muss eine rauchen. Wir kommen an und sitzen im Wartezimmer. Sie muss zum Fenster, das Fenster aufreißen. Nach weniger als 10 Minuten (es sind 2-3 Stunden für den Termin seitens der Klinik anberaumt) sagt sie den Satz, den ich nicht hören wollte: „Warum dauert das so lang und wir waren schon zu spät da“. Ich raste etwas was: wir waren um 9:03 Uhr da, die Bahn hatte 6 Minuten Verspätung und wären Sie um 8:20 Uhr dagewesen, hätten wir die Bahn davor nehmen können. Jetzt warten wir weniger als 10 Minuten und schon ist Ihre Geduld verbraucht? Die Ärztin kommt und will sich alleine mit der Betreuten unterhalten. Ich hinterlasse meine Handynummer und gehe auf eine andere Station zu einem Paralleltermin, den ich mir gelegt habe. Es geht um die Dauerpatientin und ihre Entlassung. Sie ist total gut drauf, wenn sie mehrere Male die Spritze bekommen hat und mag mich total gerne, fasst mich viel an. Die Dinge die sie sagt, wenn es um die Zeit nach der Entlassung geht, gefallen mir z.T. nicht. Manchmal würde die Klingel nicht gehen. Das hängt damit zusammen, dass die Müllmänner die Hoftür kaputt gemacht haben. Ich sage, hallo, sie wohnen im Erdgeschoss. Ich können Sie mich gar nicht überhören, wenn ich zu ihnen will, weil ich von der Straße aus gegen die Scheibe klopfen kann. Das sei ihr peinlich. Ich glaube, sie will uns dezent wieder darauf vorbereiten, dass sie Helfer nicht reinlassen wird. Nach dem Lückentermin gehe ich zurück ins ärztliche Sekretariat und bitte die Frau sich zu erkundigen, ob meine Anwesenheit noch erforderlich sei, weil ich dann sonst gehen würde. Ich soll bleiben, sie kämen gleich. Im Wartezimmer der psychiatrischen Klinik habe ich die Idee mit meiner einen Gymnastiklehrerin und mir eine kleine Choreographie einzustudieren. Ich übernehme den lustigen Teil und sie die Ballettmaus und wir machen so Hebeübungen, wie diese Männer, bei denen der eine doppelt so groß ist wie der anderen. Außerdem lese ich Fokus, einen Artikel über Hormone und Geo. Hier einen tollen Artikel über Nacktmulche. Die sind hässlich, haben aber die tollsten Körper, wie die Wissenschaft jetzt entdeckt hat. Er kommt mit 1/3 der Sauerstoffmenge aus gegenüber vergleichbaren Nagern, bekommt keinen Krebs, weil die Zellen zu locker sind, das das irgendwie nicht geht und das Rückgrat wächst während der Schwangerschaft. Einziges Säugetier was in Kolonien von 120-140 Tieren zusammenlebt mit einer Königin, die den gesamten Nachwuchs zeugt. Dann kommt meine mit der Ärztin. Jetzt muss der andere Arzt noch mal ran. Darf ich denn gehen? Sie sagt, ich soll bleiben. Sie wisse nicht, ob sie zur Station zurück findet und auch wegen der Straßenbahnfahrt. Das sei so schrecklich gewesen. Ich sage, wir hatten doch sogar Sitzplätze. Es habe so gewackelt, dass sie fast kotzen musste. Ich warte. Auf dem Weg zur Station korrigiert sie mich sogar als ich eine kleine Kurve laufen, einen Umweg von 2 Meter. Klar weiß sie wo es hingeht. Jetzt geht es um die Wohnung, die sich wechseln will. Die Hausverwaltung tut nichts, die Nachbarn sind asozial. Sie will sich aber nicht verschlechtern und irgendwo am Rande der Stadt landen. Ich sage, ich glaube sie würde sich verschlechtern. Sie wohnt in der List, in einer sehr beliebten, schicken Gegend mit Balkon, Nachbarn gibt es überall und es war immer leise als ich da war und das Treppenhaus war auch nicht dreckig, wie sie behauptet. Ja, der Müll würde auch zwei Mal die Woche abgeholt, aber sie wundere sich, dass das Ordnungsamt da noch nicht gekommen sei, weil da Mülltüten vor der Tür lagern würden. Sie schnippt die Zigarette weg, ist griesgrämig und es entstellt, so ein missmutiger, miesepetriger Gesichtsausdruck. Ich freue mich als sie in der Bahn wieder die Kopfhörer rein macht. Ich unterbreche sie nur kurz bevor sie sich die Dinger rein macht um ihr anzubieten, dass ich gleich ihre Fahrkarte mitnehmen und einreichen könne wegen Erstattung (weil das ist ihr super wichtig). Sie gibt sie mir und sagt, ich müsse sie aber vorzeigen, wenn jetzt noch eine Kontrolle stattfinden würde. Ne, die habe ich dann vorher gegessen, sage ich. Einmal muss sie schmunzeln. Sie bedankt sich und ich freue mich, dass ich gehen kann. Sie ist mit sich selber gestraft. Ich lese schön Tante Jolesch.
Richtig genervt bin ich von Auto mit Verstärkern im Motor, die gerade z.B. im Tunnel, der zum Gericht führt Vollgas geben müssen, dass mir fast die Ohren abfallen. Kriegen die dabei eine Erektion, frage ich mich, aber eher, kann das nicht einer verbieten.
Ich gönne mit einer Runde „Winter Tschüss Verkauf“ im Fairkaufhaus und werde fündig. Ostersachen für meine Schwiegermutter und Bücher und Nostalgiepapiereier zum Befüllen mit Motiven der Hasenschule für Freunde mit Kindern, Bast in metallic braun für die japanische Bindung und 30 % reduzierte Winterware bei den Damen. Einen spitzenmäßige Persianerhut in braun (Fellmützen gibt es ja wie Sand am Meer, aber das ist mal was anderes). Der Hammer. An der Kasse rätsele ich etwas, wo hinten ist, weil das Schrägband innen an ca. 20 Stellen aneinander genäht ist. Die blöde Kuh von Verkäuferin will mir erklären als sei ich ein Hutneugeborenes, wie man erkennt wo hinten ist in einem Hut, angeblich die Naht im Futter. So schlau wäre ich auch gewesen, aber das ist nicht die Lösung. Das würde bei diesem Modell gar keinen Sinn ergeben. Solche vermeintlichen Expertentipps kann ich besonders gut leiden. Dann finde ich noch ein magentafarbenes Wollkleid mit Ledergürtel, langärmelig sowie ein ganz herrliche, britisch anmutende Wollweste, die ich niemals waschen werde.
Ich stelle fest, es gibt zwei Sorten von Käufern im Fairkaufhaus, Hartz IV-Empfänger und reiche Schnäppchenjäger. Die einen kaufen Teller, Untertasse und Tasse (hässliches Dekor) für 50 Cent die Garnitur und der andere eine alte Kupfergießkanne, die dort unter nostalgisch fällt mit einer sehr langen, filigranen Tülle (schönes Teil) für 15,- €. Es ist wie auf Usedom damals. Man erkennt die Ossis und Wessis auf einen Blick. Von diesen ganzen Profieinkäufern hat aber kein einziger eine Tüte oder Tasche selber dabei. 9 vor mir, 10 vor mir, alle, alle in den diversen Schlangen brauchen eine Tüte. Geht doch nicht und ja bitte doch. Die muss aus politischen Gründen 50 Cent kosten oder besser 1 Euro. Es muss doch möglich sein, den Leuten das auszutreiben mit diesem Tütenwahn und sie zu erziehen, dass sie was dabei haben, wenn sie einkaufen gehen.
Mein Messie mit der Räumungsklage kommt. Er hatte mir erst auf Whats App geschrieben wegen einer Klage, die er bekommen hat mit Fristsetzung. Das mache ich kaum und es versaut mir die ganze Sache. Er ist plump vertraulich, Glockseeumfeld und will mir immer ein Fahrrad andrehen, schönes Klapprad, retro. Das wäre doch was. Ich halte ihn auf Abstand, aber merke heute deutlich, dass er mir 1000 mal lieber als Miss Schlechtgelaunt, die alles scheiße findet. Die nervt nur.
Der Wohnungswechsel wirkt therapeutisch. Lobe ihn, zeigt mir Fotos und bedankt sich, dass ich so viel für ihn tue und ihn so entlaste. Klage von Kabel Deutschland haben wir jetzt auch noch und Grundsicherung beantragen statt Wohngeld, aber er hilft mit, holt den Untermietvertrag zurück. Meldet sich um. Will mich einladen, wenn alles fertig ist. Die Mitbewohnerin im Haus, die alleinerziehend ist, ist sehr nett (das hatte er schon mehrfach lobend erwähnt). Sie habe ihm angeboten, dass er ihren Dachboden mit nutzen kann. Da haben sie gemeinsam das Gerümpel von dem Mietnomaden weggeworfen bzw. jetzt einen Sperrmülltermin und er darf dann dort Elektrosachen schrauben und Musik machen und vielleicht streicht er das auch noch. Er weiß jetzt wo es einen Eimer Farbe für 8,- € gibt. Nein, Postfahrrad kann ich nicht auch noch gebrauchen. Habe schon vier Fahrräder und Stress mit meinem Mann deswegen. Gibt mir Tipp wegen des Lackproblems mit dem Alder. Mit Terpentin abreiben und dann mit Klarlack versiegeln, das Fahrrad. 2 Schichten, dann rostet es nicht und die Patina bleibt erhalten.
Nach dem Termin und vor dem Sport muss ich noch ein Schokoladencroissant mir einverleiben. Zucker und Kohlehydrate haben mich fest im Griff.
Beim Sport stelle ich im Schulterstand fest, dass es ausschaut, als würde ich mit meinem Venushügel (so heißt das glaube ich, dieser Teil des weiblichen Körpers) atmen können. Der üppige und weiche Bauch hängt salopp in mehreren Rollen nach unten, aber ich kann immerhin mit allen Atmen. Außerdem stelle ich eine interessante Perspektive fest. „Kindposition“, die Entspannungsposition oder Blatt oder was das alles heißt, wenn ich mit dem Oberkörper auf den Oberschenkeln liege und die Beine sind angewinkelt und der Kopf liegt auf dem Boden und ich schaue nach hinten durch die Beine hindurch. Das sieht genauso aus wie der Blick aus einem Mäuseloch von innen. Hinten vor der Wand liegen meine Socken am dem Boden. Das gefällt mir, diese Perspektive.
Abends gibt es Pellkartoffel mit Graukäse und Kümmel aus Wien und saurer Sahne und scharfer Paprika und warme Käsebrote. Ich schaue der Bachelor und Stephan stellt fest, der Typ sollte mehr Fernsehabende mit den Frauen absolvieren statt Dates vor atemberaubender Kulisse. Das lenkt nur ab und beim ersteren lernt man sich besser kennen. Es geht bei uns um die Frage, welche Reise wir anlässlich des fünfzigsten Geburtstages meines Mannes ansteuern. London mal zu einer warmen Jahreszeit im Mai/Juni und bei Helligkeit, wäre verlockend, andererseits habe ich gesagt, wenn es jetzt vorbei ist haben wir deutlich zu viel London und zu wenig Paris in der Bilanz und denk doch nur an die Falafel, die wir dort gegessen haben und die Buttercroissants und überhaupt, es ist Dein Geburtstag, da will ich nicht die Bestimmerin sein, aber….Wir fahren jetzt 5 Nächte nach Paris. Juhu.
06.03. Ich liebe den Nebel. Alles sieht so schön geheimnisvoll aus. Ich habe einen Termin in der Hamburger Allee für Neuanträge. Meine Betreute bekommt jetzt Rente. Ich bekomme im Wartezimmer Komplimente auf mein Outfit. Die Begleiterin des Mannes sagt, ich sehe immer gut aus. Ich kenne sie vom Sehen aus Linden. Sie hat eine Zwillingsschwester. Ich lese zu meiner Freude, dass es einen neuen Wes Anderson Film gibt und freue mich total. Zu meinem Erstaunen taucht meine unvorteilhafte Betreute auch auf. Der Perso ist 2010 schon abgelaufen und ich muss mehrfach ihren Redefluss unterbrechen und bin auch genervt von ihr. Wieder im Büro wird mir klar, dass die Umstellung schwieriger wird als gedacht, weil die erste Rente erst Ende April eingeht und die Miete aber vorher gezahlt werden muss und auch Geld zum Leben.
Mit dem Insolvenzverfahren und dem Konto halten die Schwierigkeiten an. Die Freigabeerklärung, die vom Insolvenzverwalter abgegeben wurde, reicht der Sparkasse nicht. Das Konto muss aus dem Massebeschlag herausgenommen werden. Ich sehe das schon schief gehen und bin genervt.
Im Boca hatten sie einen Wasserschaden und wissen nicht, ob sie heute Abend öffnen können. Ich verzichte auf den Tisch (das sei ganz lieb, nächstes Mal geben sie einen aus). Wir schauen uns Schillers Räuber an im Ballhof 2.
In meiner Demenzsache wird wegen Untreue gegen die ehrenamtliche Vorbetreuerin ermittelt. Ich sage der Polizistin, dass ich mich normalerweise auf mein Aussageverweigerungsrecht berufen würde, aber in dieser Sache ein Verfolgungsinteresse hätte im Sinne meiner Betreuten, weil die ganz genervt ist von der Frau, die ihr als ehrenamtliche Betreuerin vermeintlich Geld sparen, sie dann aber gegen ihren Willen ins Heim stecken wollte. Immer wieder vergewissert sie sich, dass Frau M doch nichts mehr zu sagen hätte und sagte, dass Frau M sie deckeln wollte. Also ich fände es gut, wenn die blöde Kuh, die mir den Schlüssel für die Wohnung nicht geben wollte nach dem Betreuerwechsel und meine war im Krankenhaus und konnte nicht nach Hause, wenn die eins auf den Deckel bekommt.
Die Hauptmeldung des Nachmittags lautet, dass Herr Maßregelvollzug Morgen nach Mohringen verlegt wird. Sie werden nicht mehr mit ihm fertig und der bedroht das Personal und den Oberarzt. Ich sage, dass es durchaus sein kann, dass er mich und auch seinen Strafverteidiger dadurch verliert, aber das wusste er auch schon vorher. Ich wünsche ihm alles Gute. Mann, aber in der Überzeugung, dass es böse enden wird. Die Selbstzerstörung ist schmerzlich mitzuerleben.
Wir gehen ins Beckmanns Weinhaus und es ist wieder mal superlecker dort. Kalbszunge auf Balsamicolinsen. Ich könnte mich reinsetzen. Leider habe ich den Hauptgang, der die Krönung schlechthin war, Seeteufellasagne in Muschelsud nicht fotografiert. Ich sage zu Stephan, dass ist derselbe Grund warum Männer das mit dem Kondom vergessen. Das Essen kommt und ich bin so aufgeregt bzw. auch geil darauf, dass ich das Ablichten verpeile und dann auch schon die Frau schwanger bzw. ich ohne Nachweis. Die Nachspeise, einmal der Robiola mit Paprika und in süß genau wie das was Claudia in Strassburg hatte Meringen mit Himbeersorbet, aber hier sind Haselnüsse in der süßen Eimasse, noch leckererer dafür zu wenig Sahne. Ich sage nur Creme Chantilly.
Ich trinke einen Liter Sprudel (Theater macht ja durstig). Im Foyer treffen wir die Tochter einer Freundin, die um 15 Uhr Probe hatte und hängen geblieben ist. Sie war auch gerade, wahrscheinlich zeitlich mit uns, in Wien. Ein guter Freund von ihr ist am Burgtheater und sie hat sich dort ein Stück angeschaut und da sei schon eine ganz andere Wertschätzung für Theater vorhanden. Während man hier als Schauspieler schlechter gestellt sei als ein Student bei der Wohnungssuche, muss man in Wien nur das Wort Burgtheater fallen lassen und es macht jede Tür auf, „ach, Sie sind vom Burgtheater, dann können wir auch noch was am Preis machen“ heißt es dann bei der Wohnungssuche. Essen ist nicht so ihr Hobby, so dass wir uns unsere Tipps für Wien ersparen können. Ich spreche das Plakatproblem noch mal an und sie kann jedes Plakat des Schauspielhauses in dem kleineren Format besorgen. Das ist ja mal gut zu wissen.
Die Räuber wird genial umgesetzt mit Geräuschen und Musik, einer einfallsreichen, einfache Kulisse mit der sich sehr viele Szene unterschiedlicher Art darstellen lassen von Schloss des Grafen Moor mit Porträt vom Lieblingssohn im Inneren, über die Sprossenleiter nach oben für die Räuberszene bis hin zu aufgeklappt als Schattenspiel. Die Schauspieler machen fliegenden Wechsel zwischen ihren Rollen, die Kostüme sind genial und die Idee gesprochenes Wort auszukommen, erweist sich als gelungen. Es vereinfacht die Materie und das Wesentliche bleibt übrig und kommt gut rüber. Es ist erstaunlich, wie viel Inhalt man ohne das gesprochene Wort rüber bringen kann. Es wird doch überbewertet. Der kleine Teufel aus Black Rider ist wieder von der Partie und ich steh auf ihn. Er hat großes Talent im Ausdruck und der Bewegung. Oscar Olivo heißt der junge Mann, den ich allerdings nicht stalken werde. Das gehört sich nicht, obwohl ich ihn gerne in meinem Hofstab hätte, so toll wie er sich bewegt und wie er gucken kann. Vorstellen darf ich es mir ja. Offenbar ist Schillers Räuber auch heutzutage ein obligatorischer Schulstoff, alles voller Schüler im Publikum. So dumm wie die Sprüche sind könnte man meinen Hauptschule. Stephan geht noch aus mit einem Freund auf ein Konzert, ich in die Badewanne, es soll gegen meine kalten Füße helfen und vor 10 ins Bett. Bin müde und nicht mehr aufnahmefähig.
07.03. Schön vor 7 wach. Zeit fürs alles Mögliche und mobiles Büro zuhause. Dank google Kalender und der Einträge erledige ich meine ersten Aufträge. Dann fahre ich zu meinem Schützling, der schon wartet. Er isst noch einen Milchreis mit Zimt zum Frühstück. Sein Sohn ist beim Verhör stark geblieben und hat seinen Vater für 9 Gramm Marihuana nicht ans Messer geliefert, die er im Auftrag des leiblichen Vaters gekauft, z.T. schon geraucht und hinter einer Schreibtischschublade versteckt hatte. Der Stiefvater hat das Zimmer des Jugendlichen auseinandergenommen und Schränke auseinandergeschraubt, er hatte es gerochen. Der Jugendliche sperrt sich ins Klo. Nur das Wasserboarden ist ihm erspart geblieben beim Verhör. Der Ex-Junkie von Stiefvater hat meinen dann aufs Glatteis geführt, weil er den Vater gleich hinter dem Drogenkauf vermutet hat und hat einen Trick angewandt und ihm gesagt, sein Sohn habe gestanden und er sagte daraufhin zu seinem Sohn, warum hast Du geplappert, aber er hatte nicht und dann schön mit dem Sohn zur Polizei und jetzt Schöffengericht. Meiner ist schwerbehindert und hat Pflegestufe II, ist auf fremde Hilfe angewiesen und nimmt das THC gegen seine Muskelschmerzen und kann sich selber noch nicht mal einen Joint drehen wegen der Hemiparese. Erst mal dem Gericht klar machen, dass es kein schwerer Fall ist mit Mindeststrafe 1 Jahr. Angeklagt ist nämlich ein besonders schwerer Fall, vergleichbar mit großer Menge oder Abgabe an Minderjährige. Das macht er schon, der Profi, wenn einer es kann, dann er. Wir lassen uns dann vom Strafverteidiger erklären, wie man das straffrei machen kann mit dem Kiffen. Jemand kommt, dreht den Joint und den raucht man. Nichts befindet sich in der Wohnung. Nur Erwerb und Besitz sind unter Strafe gestellt. Ich sage zu meinem, das sei wie der andere Pflegedienst. Er hat Sonntag Geburtstag und wir wollen alle angrillen, ich und der Herr Verteidiger. Wir sehen uns zur Hauptverhandlung wieder. Er wird den Stiefvater ausbremsen, so dass der nicht auch noch mit einem Auftritt als Zeugen auftrumpfen kann.
Ich gehe zur Blutentnahme. Die warten schon auf mich. Eine neue Frau macht das und ich will aber lieber, dass die es macht, die ich schon kenne und bin anti. Sie will wissen, was ich wiege. Genauso viel wie letztes Mal, lautet meine Antwort, weil ich die Frage sinnlos finde. Ob mein Blutdruck immer so niedrig sei (90 zu 60). Nein, meistens ist er im Schulbuchbereich, aber niedriger Blutdruck sei ja nun mal keine Krankheit. Ich werde nach Kreislaufproblemen gefragt und die habe ich zur Zeit tatsächlich, Schwindel beim Yoga zum Beispiel, dass ich mich noch schlechter auf einem Bein halten kann oder das erste Mal in meinem Leben mir vorstellen kann auch mal ohnmächtig zu werden z.B. nach der Badewanne (aber das denke ich mir nur). Dann will sie wissen, wie ich es immer mache, ob ich anrufen würde wegen der Ergebnisse. Ich sage, nee, ich rufe nie an und gehe davon aus, dass man sich bei mir meldet, wenn ich nur noch wenige Wochen zu leben habe. Eine Ärztin in der Nebenkabine macht Ultraschall und widerspricht, dass sie sich nicht melden würden, kommt die Stimme aus dem Off. Ich lehne die Visitenkarte mit Handynummer des Arztes trotzdem ab, so wichtig sei es nicht. Dann werde ich es wohl nicht erfahren. Ich kann eine ganz schöne Arschkrampe sein.
Anschließend kurz ins Büro und dann zur Fachärztin mit der Frau , die wegen ihrer religiösen Eltern heiraten muss. Meine Betreute fragt mich, ob ich ein Taschentuch dabei hätte und will es nicht selber nutzen, sondern dass ich das tue. Ich sage, das sei nur etwas Wasser vom Radfahren und ich bräuchte das nicht. Sie ignoriert meine Worte und nimmt eines aus der Verpackung und will es mir geben. Ich sage, sie soll ihren Sohn erziehen und nicht mich. Vor der Ärztin mache ich viele Witze und sage, wir, die Fachärztin und ich seien die neuen Erziehungsberechtigen und meine solle mal das Bild zeigen. Wir bräuchten jetzt ihr Meinung, ob Hochzeit im Sommer, ja oder nein. Schlimmer als mit den Eltern kann es nicht werden. Der Bruder lebt schon mit einer Deutsch-Polin zusammen und die haben ein Haus gebaut und heiraten erst jetzt. Er darf das, aber bei Frauen müsse man vorsichtig sein. Wenn eine Frau unverheiratet mit einem Mann zusammen lebt, nennen sie es…. sie hält sich die Hand vor den Mund und habe das Wort nicht sagen wollen, aber statt Nutte oder ich überlege was noch Schlimmeres kommen kann für eine Frau, die unverheiratet mit einem Mann zusammen lebt, kommt „europäischer Lebenswandel“. Das ist das schlimmste Schimpfwort. Wahnsinn, wie können die hier leben in dem ganzen Dreck unserer freiheitlichen Kultur? Stattdessen mieten die einen Festsaal an und die ganze Familie und Gemeinde beschließt, wie es gemacht wird und sie ist die Spielpuppe in deren Programm. Wir beschließen, dass es am besten ist die Eltern eine Runde zu verarschen. Bis seine Papiere da sind, dauert es ca. 1 Jahr und in der Zeit macht sie Probebeziehung, so oft wie möglich. Man kann dann immer sagen, man ist ja so gut wie verheiratet, nur die Papiere dauern halt so lange… Er will nicht nur kein Geld und keinen Goldschmuck von ihren Eltern, er will auch keine neuen Kinder mit ihr, sondern ihre Kinder, die sie schon hat, seien dann seine .Das klingt sehr vernünftig und besser als der Primat, der erst mal den Nachwuchs des vorherigen Clanchefs tötet um ihn durch eigenen zu ersetzen. Ich sage zu ihr, es wäre echt mal an der Zeit Glück zu haben mit einem Mann. Morgen kommt der Verfahrensbeistand des ersten Sohnes, der beim leiblichen Vater in Frankfurt wohnt und schaut sich ihre Wohnsituation an. Die Eltern haben alle Möbel auf den Sperrmüll geworfen und durch neue ersetzt. Ich sage, dass sei das letzte was interessiert, ob ein Kratzer im Stuhl sei, aber so ist es nun mal und die Verfahrenspflegerin wünscht sich indisches Essen, vegetarisch. Das wird es geben. Ich wünsch ihr viel Glück und sie lässt meinen Mann grüßen.
Wir machen Mittagstisch und genießen das Wetter. Der Taz- und Stadtkindkolumenschreiber aus Braunschweig ist auch in der Bar und bestellt ein großes Frühstück mit schwarzem Kaffee und einen Getreidemilchkaffee mit Soja und einen Bagel mit Frischkäse und Kochschinken. Was ist für ihn und was für den anderen Typen frage ich mich.
Nachmittags mache ich meinen Schreibtisch leerer und spreche mit dem Kollegen über eine gemeinsame Kollegin, die gerade aus ihrer Kanzlei gemobbt wird und Festkosten von fast 5.000,- € pro Monat erwirtschaften muss. Da sind wir auf der rosa Wolke im Vergleich.
Ich faxe der üstra, wie es ist mit den Monatskartenabos und der Umstellung auf Mobil-S.
Die neue Bahn der üstra, zu der für eine kostenlose Probefahrt eingeladen wird sieht aus wie das uneheliche Kind einer grünen Stadtbahn mit meinem Silberpfeil.
Ich habe mir Kino überlegt für heute Abend, Grand Budapest Hotel oder so ähnlich. Leider läuft OmU zu spät 23:30 Uhr. Eigentlich müsste ich mich auch noch passend zum Film umziehen, etwas rosa mit etwas Zimmermädchen. Das tue ich nicht. Flohmarktbesuch Sonntag vor dem Angrillen bei meinen Schwiegereltern ist gerettet, weil wir am Fischerhof in die S-Bahn steigen können. Es ist Wochenende und meine Laune könnte nicht besser sein. Weil wir Sonntag bei meinen Schwiegereltern sind, auch um meine Schwägerin zu sehen, bin ich jetzt Samstag mit Steffi zum Nähen verabredet nachmittags. Ich schlage vor, nähen und Shoppingqueen gucken. Sie schreibt dann, auf dem Bett vor dem Fernseher Handnäharbeiten verrichten und in den Werbepausen an die Maschine. Klingt traumhaft.
Wie viele Tage wir uns kennen, will mein Mann von mir wissen. 1 Millionen ist mein Tipp, aber ich hatte ja noch nie ein Händchen mit Zahlen.
Am Königsworther Platz Quadrophonie der Feuerwehr. Von allen Seiten kommen die massiven und superlauten Fahrzeuge angebraust, aus Linden, aus der Innenstadt und der Nordstadt. Ich habe Schwierigkeiten den Lärm zu orten, d.h. die Richtung. Irgendwo muss richtig was passiert sein und ein Zweijährigen aus dem Puky-Laufrad ist außer sich vor Freude. Das ist auch ein bisschen wie in dem Stück aus Wien, die Geschichte vom Anfang von der Schauspielerin, die zu spät zum Auftritt kommt und völlig abgehetzt und außer sich gar nicht merkt, dass die Kollegen nicht auf der Bühne sind. Die Vorstellung ist wegen des Todes des Hauptdarstellers abgesagt worden und sie ist erst mal froh und erleichtert.
Ich esse eine Tüte Aschanti (gebrannte, dragierte Erdnüsse) aus einem Supermarkt in Wien und finde sie leckerer als die teure Zotter-Nuss-Pralinen, die das 5 fache kosten. Schon die Verpackung ist herrlich und meine gedanklichen Parispläne wanken wieder, weil ich denke, ich muss wieder nächsten Monat nach Wien, kleine Sardellendosen und Aschanti kaufen. Dazu gibt es Fritz ohne Zucker und etwas Ben und Jerrys Eis. Hinter uns einen Gruppe männlicher Studenten, die so tun als sei es ein Fernsehabend bei ihnen zuhause und ein Laberproblem haben, auch als der Film schon läuft. Bei so was könnte ich ausrasten. Der Film ist schön und das Staraufgebot beachtlich. Tilda Swinton als reiche Oma ist super, aber auch Jeff Goldblum als Notar mit einem sehr schönen, gefärbten grau-.schwarzen Brat und mit einer buschigen Katze wie meiner. Dann Willem Dafoe als Bösewicht mit einem alten Motorrad, ähnlich cool wie mein Adlerfahrrad. Die Kostüme sind toll und die Kulissen auch. Das alte Grandhotel früher mit Luxus, Hutkoffern und Liftboy und heute mit DDR Charme und vielen Verbotsschildern. Der Film ist weniger eine Liebesgeschichte wie Moonrise Kingdom, sondern eher ein politischer Film, der die Symbolik des dritten Reiches sehr schön einfängt und stilisiert zeigt, so dass jeder versteht, was gemeint ist. Dann die Anspielung auf Wien mit Meinls, die Konditorei. Die Hauptfigur, der jetzige Eigentümer des Hotels hat als Lobby Boy angefangen. Er sieht aus wie ein Inder und hat riesige, braune Augen. Von seinem Lehrmeister, Gustave, lernt er, was wichtig ist in so einer Stellung, unsichtbar sein, aber dennoch stets in Reichweite und vor allem Diskretion, weil die Gäste dem Personal ihre Geheimnisse anvertrauen. Er nennt ihn Zero, weil das bei der Einstellungsbefragung durch Gustave seinen beruflichen Erfahrungen, seiner Schulbildung und seiner Familie entspricht. Es wird viel in alpiner Kulisse gedreht. Die Gondeln sind kleine Spielzeuggondeln, mit Postkartenbildern drin. So eine habe ich mal beim Skifahren im Skigebiet St. Moritz vor Jahren gekauft und hole sie nach dem Film gleich heraus. Sie hängt jetzt zwischen der Tomatenpflanze in unserem Wintergarten. Der Film zeigt nicht nur den Untergang der mondänen Zeit, sondern auch den politischen Wandel, der alles umgekrempelt hat. Polizeiliche Kontrollen der Flüchtlings mit seinem Chef im Zug. Bei der ersten geht nach einer Runde verprügelt werden alles gut aus. Edward Norton, der Chef der Polizei kennt Gustave, weil er ihn unterhalten halt als Jungen im Hotel, während seine Eltern dort Urlaub gemacht haben und stellt eine Durchreiseerlaubnis für Zero aus, sagt aber auch schon, dass es zukünftige Probleme damit geben kann. Seine Männer müssen sich bei den beiden entschuldigen. Dann nach der Machtübernahme ohne Happy End. Gustave lässt die Mutter des Polizeichefs grüßen, die er sehr verehrt. Er ist überhaupt der Unterhalter der alten Damen im Hotel, der ihnen beisteht, ein Ohr für ihre Sorgen und Probleme hat und ihnen sagt, wenn der Nagellack nicht passt und sie auch glücklich macht. Über Tilda Swinton, die verstorben ist und ihn als Erben einsetzt, sagt er Zero, sie war ne Granate im Bett. Der ist geschockt. Sie war 84. Die Familie der Verstorbenen sieht Gustave als Erbschleicher an und schwul sei er auch noch, hoffentlich habe er die Mutter nicht angerührt. Er dazu: ich schlafe mit allen meinen Freunden. Edward Norton trägt übrigens einen ganzen tollen, grauen Persianermantel. Lustig ist der Orden der gekreuzten Schlüssel oder so ähnlich. Gustav bricht u.a. mit einem großartigen Harvey Keitel (viel nackter Oberkörper) aus dem Gefängnis aus und braucht Hilfe. Harvey Keitel hat den Fluchtplan gezeichnet und bekommt dafür Komplimente von Gustav für sein Zeichentalent. Diese kann er nicht nachvollziehen, was das soll. Er ist echter Gangster im Sinne der Räuber und bringt Menschen um als Beruf. Außerdem hat er ca. 20 sehr schlechte Tätowierungen, die seinen gesamten Oberkörper verzieren. Gustav hingegen setzt seine bisherigen Tätigkeiten fort und serviert den Brei im Gefängnis mit einem Rollwagen. Herrliche Sträflingskleidung, Etagenbetten. „Hey, Sie, der mit der großen Narbe im Gesicht. Etwas Brei gefällig?“ Den würzt er ihm dann liebevoll mit etwas Salz. Das rettet sie dann in einer späteren Situation. Von draußen bekommt er Meinl Süßigkeiten, die sie mit dem Rasiermesser untereinander teilen. Wie bei uns!! Nach der Flucht ruft Gustav den Concierge eines anderen Grandhotels an, gespielt von Bill Murray und es folgt eine Kette von Anrufen. Sie haben einen Geheimbund gegründet und sind untereinander organisiert. Ich wusste es immer schon, schon seit den Kaffeehäusern in Wien, das dem so ist. Die Ober in Wien folgen denselben Regeln und Lebensmaximen wie die Hotelangestellten, nur dass es nicht mit Übernachtungen ist und es gibt sie noch. Sie haben die Connections, wie man einen Ecktisch am Donnerstag in einem bestimmten, angesagten Restaurant bekommt oder Karten für ein ausverkauftes Bühnenstück. Sie haben die Macht. Die Liebesgeschichte von Zero und Agatha nur am Rande. Agatha, die in der Zuckerbäckerei Meinl arbeitet und die Feilen in die Küchlein hinein tut für den Gefängnisausbruch, die so schön dekoriert sind und unschuldig ausschauen, dass sie nicht zur Kontrolle durchgehackt werden. Sie und ihr Kind sind nach zwei Jahren Ehe an der preußischen Grippe gestorben, einer Krankheit, die heute in 6 Tagen zu behandeln ist, erzählt Zero und auch das ist ja viel Zeitgeschichte, nur dass der Name ein anderer war. Spanische Grippe oder so. Man fragt sich wie ein Mann aus Texas oder wo stammt der Wes Anderson her, so gut europäische Bilder zeichnen und Geschichten erzählen kann. Ganz schön viel Wien und K & K Monarchie für einen Amerikaner. Das ist als würde ich auf einmal gut Kabuki Theater spielen können.
Wir schauen kurz bei Gut e.V. vorbei, aber statt rauschender Party, ist es wie eine Privatparty der Betreiber. Zu viel Klientel vom Lindener Marktkaffee, die ich täglich sehe, Musik zu Funk, Räume schön, aber nach Tanzen ist mir nicht zumute. Gut gefallen mir die doppelt ausklappbaren, riesigen Flügeltüren, die irgendwie dick gepolstert sind und der abgesteppte Bezug ist weiß übermalt. Ehemalige Anwaltskanzlei? Vertraulichkeit? Nach einem Getränk gehen wir wieder. Immerhin haben wir es versucht. Zuhause hält gerade ein Bus vor unserer Tür. Der Fahrer sieht aus wie mein Zero. Auch sehr große Augen, aber größer, eher etwas türkisch, größer, mein Beuteschema also. Er steht auf und beugt sich nach vorne und ich denke, es ist ihm was runtergefallen im Fahrerhäuschen, dann macht er die Tür auf und steigt aus und ich denke: Fahrerwechsel an dieser Stelle. Ich schaue in fragend an und er sagt, ich muss Cola trinken und läuft zum Kiosk. Ich schließe das Hoftor auf. Als er wiederkommt sage ich, ich habe aufgepasst und mein Zero des Abends strahlt mich an.
Es gibt noch weitere Filme auf der Agenda. American Hustle, Dallas Buyers Club und Blue Jasmine. Mal schauen welcher Samstag an der Reihe ist.
Hier die herrlichen rosa Gerbera, die ausschauen wie Kraken und meinem Büro sowie unserem Zuhause Glanz verleihen: