Venedig

neulich lagen wir morgens noch eine Runde im Bett und ich wollte über Städte sprechen, die einen so dermaßen umgehauen haben als man dort war

Reisen im Kopf könnte man das nennen

Bei mir war es u.a. Barcelona, schon der Landeanflug direkt parallel zur Coastline, wie man auf Englisch sagen würde – man sah irgendwann nur noch das Meer und hatte das Gefühl auf dem Wasser zu landen

Die historische Markthalle mit der Pilz- und Muschelvielfalt, die Ramblas, die die Nacht zum Tag machen, die ganze Stadt, aber vor allem Gaudi, dessen Bauwerke mich so angerührt haben, dass ich weinen musste

Venedig kommt natürlich auch ins Spiel

Selbst nach 30 Jahren durch die Gegend reisen, kann man sich seiner außergewöhnlichen Stimmung nicht verschließen oder der Zauber wirkt immer noch – hasn’t lost its touch

Als wir vor wenigen Jahren wiederkehren und vom Flughafen mit dem Boot in die Stadt hineinfahren, der Canale Grande als Wasserstraße, die Palazzi stehen im Wasser, der Mond spiegelt sich auf dem dunklen Wasser und man sieht Umrisse von einzelnen Menschen, ob sie nun eine Karnevalmaske tragen oder man sich die automatisch dazu denkt, es macht eine Gänsehaut und erfasst einen komplett und unweigerlich, ohne dass man sich dem entziehen kann und das obwohl man es doch schon „kannte“

und ist schön und romantisch. Punkt.

Alle Städte sind gleich nur Venedig ist a bisserl anders sagte schon Tante Jolesch

Vorletztes Mal war mir aufgefallen, wie die Einheimischen sich erkennen zwischen den ganzen Touristen, auf einem der Plätze begegnen sie sich, interagieren und tauschen Blicke aus. Das muss sein, wie unter Aliens zu leben dachte ich mir, Du erkennst auf einen Blick Deine Nachbar in der Masse der wechselnden Touristen und Tagesbesucher, als hätten die Bewohner Tiermuster im Gesicht oder Schädel, die anders geformt sind. Gab es da nicht mal eine Serie?

Uns fallen diverse Begegnungen mit Menschen ein, die man sein ganzes Leben lang mit sich herumträgt, der Pfarrer, der mich wortlos in einer der Hauptkirchen an der Hand nimmt und mich zu einem Bild führt, mir Geld gibt, damit ich es in die Box schmeiße und es damit illuminiere. Es wird angestrahlt und wir stehen beide davor – davon erzählt Stephan. Das war 1994 und wir waren jung

Auch wenn Venedig schon Millionen von Touristen durchgenudelt hat oder umgekehrt, es ist immer noch genug für alle da, dass jeder seine besondere und individuelle Venedigerfahrung machen kann und als Souvenir mitnehmen

Venedig hat genug Liebe für alle – wie auch immer sie das machen

Da braucht man auch kein zweites Venedig bauen

Nedlin 11.02.21