25.11. Traum mit einem alten Freund, der ca. 20 Jahre älter ist und mit dem wir seit einigen Jahren nur noch sporadisch Kontakt haben. Der hat Krebs und ich kümmere mich um ihn, was vor allem darin besteht, dass ich alle Leute weg beiße, die was von ihm wollen. Ein Drogenhändler oder Geldeintreiber, der kommt und sein Geld will. Die gehen eine Treppe nach unten, wo er im Bett liegt und ich packe sie am Kragen und befördere sie im großen Bogen nach draußen. Dann kommt ein Kumpel bzw. der Bruder. Zu dem bin ich netter und sage aber, dass es ihm nicht gut geht und er schlafen muss. Der soll später wieder kommen. Dann passe ich einen Moment nicht auf und der Gerichtsvollzieher liegt neben ihm im Bett. Den nehme ich gleich mit raus und sage ihm, dass er jetzt mit mir verhandeln darf. Der bettlägerige Freund soll mir mündlich eine Vollmacht erteilen. Tja, wo ich das nur her habe.
Auf der Arbeit Außentermine beim Wohnungsamt mit Herrn PM. Im Büro wieder major problems mit dem Server, den Programmen. Ich lasse einen Teil des Sportprogramms ausfallen und schreibe ganz primitive Anschreiben in Word, die gar nicht nach Anwalt aussehen. Die Umschläge beschrifte ich von Hand. Was bleibt mir übrig? Post muss ja trotzdem raus.
Die Weihnachtsbeleuchtung in Linden hilft nicht bei meiner melancholischen Stimmung. Geht mir jedes Jahr so, wenn es auf Weihnachten zugeht. Steigert sich und findet seinen Höhepunkt in der Zeit zwischen den Jahren. Jedes Jahr heißt seit ein paar Jahren. Früher kannte ich keine Jahreszeiten, d.h. sie waren mir egal. Netzstrumpfhosen haben auch gewärmt, sagte zumindest meine Freundin Claudia und zwar solche mit großen Maschen, wie ein Fischernetz. Jetzt bin ich alt und bemerke Jahreszeiten. Früher war ich wie ein Hund, wie Cesar sagt: „he doesn’t care that he has to die, when and how, he’s just living in the moment“. Dass ich Anfang Dezember geheiratet habe, wäre heute vermutlich nicht mehr vorstellbar mit dem ganzen Deprigedönse. Damals war’s mir Wurscht. Claudia, die gute Trauzeugin hatte Feuerspucker aus der Glocksee organisiert, die mit Molotowcocktails die Stufen des alten Rathauses gesäumt hatten und die Girlanden des Weihnachtsmarkts fast abgefackelt haben. Meine Stimmung war bestens. Winter oder Nachdenklichkeit: Fehlanzeige.
Abends will ich eine heiße Schokolade machen zu stellen fest, dass unser Riesenzottervorrat voller Maden ist, Krümel und Würmchen in jeder Packung. Alles weg bis auf 6 Stück, die ich als sauber befinde. Ich muss bestimmt ¾ oder mehr entsorgen. Das tut richtig weh. Darf ich gar nicht dran denken was das gekostet hat. Sesam-Grüner Tee. Alles verseucht. War wohl schon drin, sonst sind die Lebensmittel in der Küche sauber. Hatte ich vor Jahren mit Pralinen von Lindt. Komische Streusel dachte ich und so unregelmäßig, unten in der Packung war dann der Salat und die dicken, weißen Freunde. Damals war ich junge Punkerin und hatte die Pralinen als Frühstück. Als ich gesehen habe, was ich gegessen habe, war das schon eklig. Ich habe die restliche Packung eingeschickt und Entschädigungspaket sowie einen tollen Brief von der Firma Lindt bekommen, darin wurde erklärt, dass nicht nur Menschen die Schokolade mögen, sondern eben auch die Lebensmittelmotte und dann der lateinische Name und sie sei harmlos bei Verzehr.
26.11. Im Zeichen der Frau Dauerklinik. Hat Depotspritze genommen und will wieder nach Hause. Bedankt sich weinend bei mir am Telefon. Langes Telefonat mit der zuständigen Mitarbeiterin der Krankenkasse, was man alles an den Start bringen kann, Soziotherapie, noch mal ambulante psychiatrisches Pflege für 4 Monate. Wohnheim in Schleswig-Holstein ruft mich an. Ich sage ab. Sie lehnt es dermaßen ab, dass es keinen Sinn habe. Sie beißt und spuckt und hat auch gedroht, sich was an zu tun. Die Klinik bevorzugt mittlerweile ein offenes Wohnheim. Auch das ist unvorstellbar, leider. Sicherlich wäre es auch mein Wunsch. Dann Telefonat mit den Pflegeeltern, die ca. 80 sind. Stellt sich heraus, dass Gas und Strom wieder abgestellt sind. Ich rufe bei den Stadtwerken an. Das war bereits Ende 2011 der Fall. Damals habe ich das aus der Schweiz heraus zu Ende geregelt, dass wieder angestellt wird nach einem Darlehen vom Amt. Erst mal Fax an die Stadtwerke, dass sie selber schuld sind, wenn sie bei einer Betreuung den Betreuer nicht involvieren und wie sie mir entgegen kommen wollen. Die Frau ist seit Frühjahr in der Klinik, hat nichts verbraucht und kann aber nicht nach Haus, wenn es dort dunkel und kalt ist. Dann Anruf bei Frau DK., ob sie sich vorstellen kann, warum sie nicht nach Hause kann. Ich bin sehr sauer, dass sie mir solche Details nicht anvertraut, ich sage, es sei keine Vertrauensbasis da und wie sie es geschafft habe im Schnitt 400,- € im Monat in der Geschlossenen zu verballern, wo sie lange Zeit in Separierung und Fixierung war, dass sie die 1.100,- € jetzt nicht zahlen kann und dann will sie sich noch mal heute Nachmittag melden und ich sage ihr, ich wolle heute nicht mehr mit ihr telefonieren, sie solle in sich gehen. Bedingung für Entlassung ist jetzt Vermögenssorge. Sie ist einverstanden, so wie sie sich mit allem einverstanden erklären würde, Leber spenden und beide Nieren, wie ich immer sage. Ich rufe die Richterin an. Wir machen Termin zur Anhörung für nach London. Ich erzähle ihr, wie ich ausgeflippt sei der Betreuten gegenüber und wie wir dann die Rollen tauschen und sie mich beruhigen und beschwichtigen müsse. Die Richterin sagt, ich wäre ein 6er im Lotto für meine Betreute, was ich da alles getan hätte und noch tun würde. Das tut gut.
Da der Rechner wieder nicht geht, gehe ich außerplanmäßig zum Yoga. Besser so als nur ausflippen.
27.11. Habe heute einen Termin bei meiner neuen Demenzfrau, die ausschaut wie Schauspieler mit Glubschaugen. Marty Feldman? Ich träume, dass ich eine Rentnerin beaufsichtigte und mich freue, als zwei betagte Nachbarinnen zum Schlafen hoch kommen zu ihr in die Wohnung, quasi Ablösung. Die Betten stehen an drei Wänden des Zimmers, geradeaus unter dem Fenster und dann links und rechts davon. Ein Nachbar ist misstrauisch, wer ich sei und will mich kennen lernen. Das ist ein junger Typ und es artet in einen Flirt aus. Als er wieder weg ist, fällt mir die hohe enercity-Nachzahlung meiner Betreuten ein und ich frage die Nachbarinnen, ob sie sich jeweils zu einem Drittel beteiligen könnten. Sie lehnen ab, weil sie eigene Wohnungen haben und ich sehe das ein und bin natürlich trotzdem dankbar, dass sie hier sind und die Beaufsichtigung übernehmen. Ich gehe durch das Treppenhaus und suche die Wohnung des Nachbarn, weil ich den Flirt fortsetzen möchte. Habe mir leider den Namen nicht gemerkt und es sieht aus wie in einem besetzten Haus in den 80ern, vollgesprühte Wände und plakatiert. Er kommt von sich aus raus. Statt Knutschen oder Sex, gibt es Rechtsberatung. Er hat einen Mitbewohner und sie haben die ganze Wohnung mit dünnem Blechen, die sie ausgeschnitten haben, in eine künstliche Landschaft verwandelt. Sie wollen das vermarkten und fragen, wie man es am bestem dem Vermieter beibringt. Ich frage, ob gewerbliche Nutzung der Wohnung gestattet sei. Sie erklären mir, dass die Blechobjekte, die sie beliebig ausschneiden und anmalen können auch als Heizungen funktionieren würden und das finde ich genial, weil Heizkörper immer so hässlich sind und so kann man eine blaue Wolken oder ein rosa Schwein nehmen und an die Wand machen. Nach dem Erwachen weiß ich, welche Betreuungsfälle ineinander gespielt haben.
Mein Fax an die Klinik ging gestern nicht raus wegen des Dauerproblems mit dem Server. Heute um 10 Uhr wurde neue Software geliefert. Ca. 11:30 Uhr fahre ich zu Marty Feldman. Sie hat eine offene Bierflasche auf dem Tisch stehen und hat heute wieder 500,- € abgehoben. Das dritte Mal diesen Monat. Sie weiß nichts von den anderen Malen. Ich bin mit einer Frau der Stadt Hannover vom Besuchsdienst dort verabredet. Wir unterhalten uns. Die wird jetzt immer dienstags von 16 – 18 Uhr was mit ihr unternehmen. Die Wohnung riecht nicht mehr nach Katzenpisse und das Katzenklo und der Kühlschrank sind sauber. Ich bin begeistert und muss den Pflegedienst unbedingt loben für die Arbeit.
Nachmittags bin ich mit meiner Betreuten der Frauennotunterkunft beim Insolvenzverwalter. Wir warten, er war im Stau und kommt mit Hackenporsche und ist jovial. Leider war zu viel auf dem Konto für eine Mietkaution, wir hätten es besser abräumen sollen. Ich sage, sie braucht es, weil kein Amt ihr ein Darlehen gibt für eine Mietkaution und sie nicht ewig im Mehrbettzimmer hausen wolle. Er weiß auch keine Lösung und will uns helfen, aber die Insolvenzordnung ist gnadenlos. Wieder was dazu gelernt. Das hätte ich besser machen sollen. Die Dame am Empfang wünscht uns einen schönen ersten Advent als wir die Grammophonfabrik verlassen.
28.11. Tag der Abreise. Morgens soll ich einen Zweizeiler an die Computerfirma schreiben, daraus werden 3 Seiten mit Fristsetzung, Ablehnungsandrohungen und angekündigtem Schadensersatz. Viel Post, das Gerichtsfach war voll und dann kurz vor Mittag bekomme ich einen riesigen, gelben Umschlag. Das kann nichts Gutes sein. Asylfolgeantrag abgelehnt bei Herrn A., der am 09.12. einen Therapieplatz hat (endlich), Abschiebungsandrohung innerhalb einer Woche soll er Deutschland verlassen. Muss noch Eilantrag und Klage machen und der Kollege, der mit meinem zum Mittag verabredet ist und viel Ausländerrecht macht, kommt wie gerufen. Erst mal die Klinik zusammen stauchen, von denen ich seit August ein Attest oder eine ärztliche Stellungnahme haben will. Meine Nerven liegen blank. Früher konnte ich so was besser. Der Kollege soll beim Gericht fragen, ob alles eingegangen ist oder sie noch was brauchen. Dann Flughafen, Stansted und auf ins Cay Tre, ein Vietnamese, wo wir Halina und ihren Freund. Sie hat unseren Schlüssel für das Apartment gegen Kaution abgeholt und trifft uns dort. Es ist voll und gerade war Aufregung, weil eine Frau gehen wollte ohne zu bezahlen und die Polizei trifft wenig später ein. Sie wartet schon mit metallic Schuhen von Doc Martens. Der Freund kommt nach. Wir zwingen ihnen etwas unseren Essensstil auf, der vorsieht, dass man tauscht und alles durchprobiert, aber sie sind jung und anpassungsfähig. Wir essen unter anderem Aubergine, gehäutet, die aussieht wie Vagina, wie ich mehrfach betone, mit Hackfleisch, süßliche Brühe, sehr lecker. Dazu gegrillte Häppchen und einen vietnamese pancake. Nach einer kurzen, gemeinsamen Busfahrt, wird Marmelade von Rewe und der Adventskalender von Niederegger auf der Straße aus dem Koffer gezerrt und übergeben und wir verabschieden uns und fahren nach Dalston. Das Apartment ist riesig, aber wir finden die Heizung nicht und sind zu müde. Zunächst herrscht noch Euphorie und ich sage, ich sei nicht müde und wolle ausgehen und Stephan macht einen Weißwein in das Gefrierfach, dann landen wir kurze Zeit danach im Bett. Der Wein wird vergessen und ist am nächsten Abend durchgefroren. Morgens bei Kunst und Krempel mit Versteigerung und einer Mischung aus Dating und perfekten Dinner Show verstehen wir die Heizung und es wird warm.