25.10. Bei der Ankunft in Frankfurt regnet es leicht. Wir laufen strategisch geschickt durch den Bahnhof zum hinteren Ausgang und haben so die Hälfte der Strecke überdacht zurück gelegt. So gut, mein Pfadfinderehemann. Der leichte Nieselregen trübt die Laune kaum. Einzige Probleme sind mein Dürer-Papierhütchen und das Loch in Stephans Chucks, aber es hört dann ziemlich gleich auf. Wir geben das Gepäck im Büro unserer Freundin ab. Die Kollegen gucken komisch, als ich zum Spaß das durchs Fenster Einsteig-Foto mache, was auch strumpfhosentechnisch schwierig ist. Das Büro erkenne ich an der Kunst an den Wände (Atelier Goldstein). Gepäck wird ins Auto verstaut und dann geht es auf nach Bornheim Mitte.
Auf dem Weg zur Frankfurter Messe.
Selbst die Plakatsäulen in Frankfurt sind cool und verheißungsvoll.
Ja, verdammt. Dürer. Da wollen wir heute hin.
Die Stationen haben herrlich Kacheln, farblich abgestimmt und Bornheim Mitte rules,
Der Koreaner ist eingerichtet wie eine finnische Sauna nur der rote Lack ist unverkennbar asiatisch. Schöne Beleuchtung und man taucht auch sehr konsequent in eine andere Welt ein durch die Komplettverkleidung des Raumes inklusive der Türrahmen.
Vor allem der Glasnudelsalat (lauwarm) ist sehr köstlich.
Das Holz wiederum ist tödlich für meine Strickstrumpfhose. An der Wand sitzt ein Typ mit einer jüngeren Frau, der er schwer beeindrucken will mit den ganzen toten Fliegen, die auf seiner Motorradlederjacke waren (toller Kerl). Peinlich ist das und sein Geburtsdatum wissen wir jetzt auch und er ist 1,5 Jahr jünger als ich, der alte Sack mit dem Haarkranz, der sich noch jung fühlt und fit für eine Eroberung bei der jüngeren Kollegin, die ihm vermutlich auf den Leim gehen wird. Wir essen zu viel und nehmen leider keinen Grüntee, der wirklich großartig aussieht, weil wir zu Wacker wollen, das Kaffeehaus ist wenige Meter entfernt. Die Getränkekarte ist gut und es gibt Dreßigacker Weinweine und Saftschorlen mit frischen Beeren dekoriert.
Wir laufen mit schmerzenden Bäuchen zu Wacker trinken nicht nur Kaffee, sondern kaufen auch Bohnen (1,5 Kilogramm sowie Schokolade), die den ganzen Tag herumgetragen werden müssen von meinem sportlichen Mann (Rucksack voll). Ein Typ meint mein Hütchen wäre eine interessante Interpretation einer jüdischen Kippa. Wenn er meint.
Wir schlendern Richtung Innenstadt und ich kaufe 4 Paar Strumpfhosen (u.a. schwarze Leggings mit Obama drauf, die jetzt konsequenterweise nur noch auf dem Grabbeltisch zu finden sind) und finde einen Oxfam, wo es sowohl einen Fisch aus Stoffresten, die mit einem passend geflochtenen Band eingenäht sind als auch eine Häkelmaus für die Katze des Hauses als Mitbringsel für je 1,- € gibt. Einheimische Sparkassenwerbung spricht mich an.
Es werden Läden verbessert von emsigen Handwerkern und es finden sich fragwürdige Schaufenster sowie Bastelangebote for free. Auch für die Ausgehlaune wäre ein passendes Angebot vorhanden.
Auch herrliche Parkanlagen werden von uns passiert. So gerne hätte ich ein Fahrrad zum durchbrausen.
Langsam tun mir die Füße weh. Wir sind beim Gericht angekommen. Daneben ein altes Knastgebäude, was leer steht. Im Gericht gibt es eine Ausstellung über die Verstrickungen der NS-Herrschaft und der Justiz, die allerdings erst am 30.10. beginnt (neue Erkenntnisse der Forschung aus Hessen). Was heißt hier Verstrickungen? Nach Mengenlehre war das fast deckungsgleich und seit wann ist das neu? Ich wundere mich immer wieder.
Wir sehen immer noch super aus.
Dann Zeil und in die Nebenstraße, weil man es dort nicht aushält. Erst besuche ich einen trashigen indischen Bekleidungsladen. Auf mehrere Etage gibt es grelle und nuttige Klamotten sowie Schuhe für 3,- €. Alles riecht nach Billigprodutkion und Tod. Hier könnte gut eine Shopping-Queen aus Frankfurt einkaufen gehen. Zumindest suchen die gerne solche Läden auf um ihr Budget zu schonen. Highheels für 19,- €, aber dafür dann gleich zwei Paar, weil man sich nicht entscheiden kann. Mich hatten Leggings mit Schädeln in braun angesprochen, aber ich kaufe nichts und staune nur.
Neben der Zeil ist ein respektabler Kurzwarenladen, den Charlotte uns empfohlen hatte. Kaufe bunte Elastikspitze und auf einmal ist es 16:15 Uhr. Schnell zum Taxi, weil wir um 16:30 Uhr im Städel verabredet sind. Rennen zum Taxi ist bei mir nur noch sehr eingeschränkt möglich. Der Taxifahrer ist sehr nett und die Fahrt angenehm. Das herrliche herbstliche Panorama, vor allem am Main, ist sehr eindrucksvoll und ich stelle fest, dass Herbst doch die schönste Jahrezeit ist, weil wirklich jeder Baum Hammer aussehen würde. Da können so ein paar Blüten im Frühjahr gar nicht mithalten. Ja, hier in Frankfurt sei das so, stimmt der Fahrer zu. Die großen Banner der Ausstellung und weiterer sind an den Pfeilern der Brücke gehisst, was auch eindrucksvoll ist.
Ich sage zu Stephan, hier ist gleich einer fällig. Fällig, fragt er und ich: ja, von uns beiden ein Foto zu machen. Der junge Mann, den ich damit ansprechen wollte, fühlte sich auch angesprochen und tut was von ihm gewollt ist und ich bedanke mich sehr bei ihm.
Wir spielen eine Runde im Außengelände
und gehen dann schon mal rein in die Ausstellung. Dann will ich doch den Audioguide. Stephan holt ihn und ich bleibe vor dem Bild des ertrunkenen Jünglings in Basel stehen. Ein Frühwerk des Meister in den Farben rot und hellblau, passend zu meinem Outfit gehalten und es gefällt mir sehr. Privatbesitz steht unter dem Bild. Mann haben die es gut. Das macht mich neugierig. Ich würde dem Besitzer gerne gratulieren und mir anschauen, wo es sonst hängt.
Über das Headset lernt man das ein oder andere. Das Porträt von Dürers Mutter, was wir schon in der Nürnberger Ausstellung gesehen haben, wurde erst von wenigen Jahren Dürer zugeordnet. Dafür zweifeln die Kunsthistoriker jetzt an der Urheberschaft des Porträts des Vaters. Ah hah. Vielleicht wollen die sich auch nur wichtig machen und ihre Jobs sichern. Vieles erscheint mir auch weit hergeholt von diesen Kunsthistorikern, die nichts tun, außer Herunterinterpretieren in anderer Leute Arbeit. Adam und Eva, der Schnitt von Dürer. Oben ist eine Gemse im Hintergrund zu sehen, die für die Unentschlossenheit Adams steht. Das Zögern in den angebotenen Apfel hineinzubeißen. Auch Adam steht vor einer schwierigen Entscheidung. Ähhh?. Warum steht die Gemse oben auf der Klippe vor einer schwierigen Entscheidung. Das wäre als könnte ich nicht mehr Schriftsätze schreiben oder Rad fahren. Vielleicht wollte Dürer einfach eine Landschaft malen, wie er sich kennt mit Felsen (Oberfranken) und Tiere hat er eh gerne abgebildet. Das Porträt von Frau Tucher vom 20 DM Schein ist auch vertreten. Davon habe ich auch eine Kette mit Spielgeld aus Plastik. Na ja, für die nächste Dürer-Ausstellung. Es war ein Doppelporträt. Ein Diptychon. Hey, jetzt kann ich auch schlau reden. Der Mann dazu ist verschollen. Dann ein Bild eines italienischen Kollegen von Dürer, Jacopo de Barbari, der den italienischen Mathematiker Pacioli porträtiert hat. Pacioli (phonetisch Pachouly) ist also mehr als das penetrante Duftöl, auf was die Hippies in den 80ern abgefahren sind. Ah hah. De Barbari war davon beeindruckt, wie Dürer in seinen Porträts die einzelnen Haare malen konnte und bat ihn, ihm einmal den Pinsel zu zeigen, mit dem er das gemalt habe. Dürer zeigte auf seine ganz normalen Pinsel mit der Bemerkung, das könne er mit jedem Pinsel malen (alter Angeber, aber auch zu Recht). Ich gehe noch mal nach vorne in den ersten Raum der Ausstellung. Hier erklärt eine Besucherin gerade ihrer englisch-sprachigen Begleitung, dass diese Frau auf dem German money war. Ich sage: “No, I’m sorry, I have to correct you. This lady is Dürer’s mother. The chick you mean is in the back of the exhibition on the right side.” Alter, jetzt werde ich auch zur Klugscheißerin.
Jörg und ich vor einer Dürer-Tapete.
Ich mache eine Auszeit mit Charlotte im Café und kaufe überteuertes Briefpapier mit Mustern aus dem 50er Jahren, wie von alten Kittelschürzen und aus den 30ern sowie ein hartgebundenes Buch über Dürer auf Englisch. Wenig Text, tolle Bilder, viel brillanter als im Ausstellungskatalog. Ich will das Buch einer japanischen Dürer-Verehrerin schicken, wenn ich mich davon trennen kann. In Nürnberg habe ich schon lauter Zeug für sie gekauft, was seitdem bei mir auf dem Schreibtisch herumfliegt (shame on me). Dann schauen wir uns noch den Neubau an und hey, der ist echt toll. Ich bin neidisch sage ich mehrfach und bringe die Aufpasser, die sonst nichts zu lachen haben zum Schmunzeln. Santiago Sierra und Helen Levit hängen hier. Wolfgang Tillmanns hat einen eigenen Raum. Was für eine tolle Beleuchtung. Was für ein schöner Raum. Da kann man reinhängen was man will und es sieht geil aus oder auch alles rausschmeißen. Das tut dem Raum keinen Abbruch. Warum kriegen wir so was nicht in Hannover? Warum reißen sie nicht das Sprengelmuseum ab und bauen uns was Vernünftiges an seiner Stelle? Was soll da ein Anbau? Stephan drängt darauf uns die Neuanschaffung zu zeigen. Den Schäferhund von Otto Dix und hetzt uns noch mal nach oben. Ja, das Bild ist auch toll.
Sonst gefällt mir eine junge Frau mit Ziege aus Marmor. Das Haarnetz und die Glöckchen an der Ziege. Kitschig, aber ich würde es gerne aufstellen bei mir zuhause.
Wir fahren ins Caracol und essen und trinken. Das ganze Auto riecht derart penetrant nach dem Wacker Kaffee, wie ich es noch nie erlebt habe. Wir machen Witze über eine Fahrzeugkontrolle. Wir essen lecker, ich Feigenfrischkäse mit Salat (im Hintergrund sieht man meiner Neuanschaffungen, den Fisch aus Stoffresten sowie unscharf die Häkelmaus für die Katze). Es gibt auch Kürbisravioli und Hirsch mit Sternanis sowie ein Fleur de Sel Caramel, Apfel Nachtisch.
Anschließend macht Charlotte eine Stadtrundfahrt mit uns. Vorbei an den Sehenswürdigkeiten der Stadt, Bauwerke und Straßenstrich, Bauwerke und Fixer. Ich schlafe dann fast im Auto ein, weil die Spätvorstellungen der Tage davor und der viele Alkohol ihren Tribut fordern. Zuhause lerne ich Socke, den Kater der Familie kennen, der das Spielzeug mit der Reizleine viel reizvoller findet als die tote Maus, den gehäkelten Klops. Wenn man ihn animiert, spielt er auch damit und steigert sich richtig rein. Das scheint normal zu sein bei Jungkatzen. Er wird von Herrchen und Frauchen geschult im harten Spielen und hat schon erfolgreich einen Kanarienvogel im Garten erlegt. Ich bekomme Ausstellungsbücher der Galerie Goldstein geschenkt und Samenbomben. Zu der Galerie wollen wir Morgen vielleicht hin. Es gibt Tee und Whisky und schließlich ist es fast 2 Uhr.
26.10. Es hat heftig regnet. Wir lassen es langsam angehen in der Hauptstadt der Erdbeere. Kriftel.
Jörg holt Brötchen und es gibt lecker Frühstück. Ich nähe den Aufhänger aus dem Kurzwarenladen aus geflochtenem Leder in seine Kunstlederjacke. Ich hoffe, das ist kein böses Zeichen. Es haben sich schon Paare getrennt, wenn ich angefangen habe Näharbeiten bei dem Typen zu verrichten. Das fällt mir auch gerade erst beim Schreiben ein.
Wir fahren auf Umwegen nach Frankfurt, damit was zu sehen kriegen. Höchst, Nied und Griesheim sowie die Adlerwerke.
Dann Innenstadt. Hier gibt es auch herrliche selbstgemalte und schwer verständliche Hinweisschilder.
Sowie einen Bembel und Streetart mit Büchern.
Erst zu Iimori schön Matcha Latte trinken
und dann Bitter und Zart wo ich für teures Geld Schokolade einkaufen. Die Schaufensterdeko von denen ist schon sehr toll.
Ca. 1,5 Stunden später und nach dem Dom und der Caricatura merke ich, dass ich die Tüte irgendwo habe liegen lassen. Das war entweder in dem Laden mit den Handschuhen oder im Dom, wo ich mich auf eine Bank gesetzt habe und das Iimorispeisekartengesangsbuch studiert habe. Das ist dekadent. Einkaufen und dann unterwegs einfach liegen lassen und vergessen. Ich bekomme sie zum Glück wieder in dem Laden in dem ich die petrolfarbenen Wollhandschuhe gekauft habe, liegt sie vor dem Tresen auf dem Boden und ist umgefallen und unbemerkt. Glück gehabt. Die Caricatura kostet keinen Eintritt. Eine tolle Rattelschneck-Ausstellung.
Ich lache mehrfach unangebracht laut und kaufe dann in dem gut sortierten Laden Postkarten für 30,- €. Ich hatte versprochen den Eintritt in Karten umzusetzen. Ich freue mich sehr an ihnen. Dürerkarten habe ich keine gekauft, weil ich 2,50 € Wucher finde und dann auch noch mit einem hässlichen weißen Rand. Das sollen andere, döövere Touristen kaufen. Das mache ich aus Prinzip nicht, aber diese tolle Auswahl gezeichneten Postkarten ist die Wucht, deshalb schlage ich zu und erfreue mich immer wieder daran. Im Café Metropol nehmen wir im Garten ein Getränk bei 20 °. Ich trinke Süßen. Das ist frischer Apfelsaft, der braun oxidiert ist und sehr lecker und wir essen Frankfurter Pflastersteine von Bitter und Zart und ich schreibe eine Runde Tagebuch.
Dann geht es weiter zu Galerie Goldstein. Hier stellt ein Künstler aus, der HipHop-Motive mit einem alten Zeichenprogramm am Rechner umsetzt. Es sind sehr lustige und gekonnte Sachen, die dabei heraus kommen und sie sprechen mich sehr an. Gegenüber ist Wagners sowie das bemalte Haus. Beides wird kurz in Augenschein genommen.
Daneben wieder toller Himmel, meist mit einem Flugzeug (weil wir sind in Frankfurt mit International Airport) und Schaufenster einer Apotheke sowie ein halbes Stellengesuch.
Dann fahren wir zu einem Shoppingmall bei Charlottes Arbeit in der Nähe wegen der Aussichtsplattform. Hier oben kann man sogar inmitten der Hochhausskyline Tischtennis spielen. Das wäre was für Sabine und Stephan und auch für Larissa und mich als Zuschauerinnen. Das hat schon was und ist als Kulisse spannender als die Rampenstraße in Linden, der sog. Kackstreifen. Das muss ich zugeben.
Dann fahren wir bequem im Auto die Stadt ab nach der Brasilian streetart und werden fündig.
Schließlich gibt es prämierte Cocktails im 22. Stock eines Hotels. Tolle Aussicht, leckere Drinks. Das Herbstlaub hat seinen Weg durch die Eingangsschiebetür gefunden und dekoriert die Lobby unten mit großen, stimmungsvollen Haufen auf dem Boden. Dann fahren wir nach Bornheim ins Solzer. Ich lerne neue Worte kennen. Hier gibt es Imbisse, die nennen sich „Döneria“. Solzer ist sehr urig. Ein älteres Paar zahlt gerade und wir wollen an den Tisch am Tresen. Das bemalte Haus sei für ältere Leute. Da gebe es außerdem nur gekochtes Fleisch und der Wagner sei Touristenfalle. Da würde jeder Taxifahrer der Stadt die Japaner und ausländischen Touristen, die nach Frankfurter Küche fragen hinfahren. Hier gibt es Schnitzel und grüne Sauce. Mehr als man essen kann ohne sich den Magen zu verrenken, zumindest wenn man auch Handkäse und diverse Vorspeisen bestellen musste. Ich trinke Rauscher, die anderen Apfelwein.
Die Bediengungen haben einen Konflikt, eine Frau aus dem Service und der Haupttyp am Zapfhahn bzw. Umfüller. An der Schrankwand hängt ein rotes Aufkleber: „Bevor isch misch uffresch is mer’s liewer egal“. Dieses Motto wird weniger praktiziert zwischen den beiden. Es geht sehr bodenständig zu und der Apfelwein wird aus großen weißen Plastikkanistern in die romantischen Tonkrüge umgefüllt und von großen Tonkrügen in kleinere und schließlich in die gerippten Gläser und dann erst in den Mund. Manche holen das Zeug auch als take-away und lassen es sich in mitgebrachte Cola-Flaschen umfüllen. Die Küche schließt um 23 Uhr, dann ist auch innen Raucher. Wie im Wagners ist hinten ein großer Baum in den Raum integriert und quasi eingebaut. Ich gehe gleich auf mein Zimmer und ins Bett mit Wärmflache und Ibuprofen. Unterleibsdings. Out of order.
27.10. Werde sehr früh wach und bastele eine Runde. Schaue die Goldsteinkataloge durch. Charlotte wird wach. Wir trinken Kaffee. Ihr ist aufgefallen, dass die Leute mich ganz schön anschauen würden und sie glaubt, das seien Touristen. Ich glaube, das sind genauso Frankfurter, zumal es oft die Ladenbesitzer waren und damit ist die Identität schon mal klar und einmal mehr überlege ich mir, warum sind die Hannoveraner derart cool. Kennen die mich vielleicht schon und sind abgehärtet?
Wieder gibt es total leckeres Frühstück mit leckerer Fleischwurst von der ich nicht genug kriegen kann und Honig aus dem Frankfurter Stadtwald.
Dann kaufe ich ein altes Fahrrad von Jörg für 600,- €.
Nein, nicht das. Ein herrlich restauriertes Adler-Fahrrad, Baujahr 1939 mit lauter Specials, die ich noch nie gesehen habe wie kleine rostige Ketten an den Ventilkappen und eine Klingel, die man über eine Handbremse betätigt, die wie ein Dynamo am Reifen funktioniert. Dann das Reifenschloss mit dem Metallstab. Dieses Teil muss ins Museum. Ein Typ, von dem Jörg das Rad gekauft hat, hat es restauriert und jeden Schritt minutiös dokumentiert und nur die Materialkosten in Rechnung gestellt. Ein Foto des Rahmens mit Spitzendecke aus seinem Wohnzimmer im Hintergrund ist auch mit dabei. Es ist so cool und leider fährt es auch richtig geil. Erst will ich es nach Wien liefern lassen, auch wenn die Jahreszahl hier problematisch sein könnte (Eroberungfahrrad). Dann entscheide ich mich um, weil ich so verknallt bin und will es als Sonntagsfahrrad hier in Hannover haben um damit anzugeben. Ich werde es jede Minute bewachen (zumindest beim ersten Ausflug).
Ich bekomme ein Glas Honig und Charlotte schenkt mir ein herrliches Seidentuch aus den 50ern, was aussieht wie die Muster des Geschenkpapiers, was wir unter uns aufgeteilt haben und was ich seitdem durchgehend trage. Jörg mag Manschettenknöpfe. Das muss ich mir merken.
Wir packen unser Zeug zusammen und fahren nach Bergen-Enkheim zum Flohmarkt. Dieser findet in einer Parkgarage statt und es herrscht schon Abbaustimmung als wir um 14 Uhr eintrudeln. Die Lichtverhältnisse sind auch schwierig. Die Gastgeber wollten meine Bedürfnisse befriedigen mit dem Zielort werden aber selber reichlich fündig. Jörg, der nach dem Fahrradverkauf in Ausgeberlaune ist kauft eine 70er Jahre Armbanduhr und einen grauen Ledermantel und Charlotte einen Blechschrank von Kaffee-Hag mit Innenbeschriftung über die Lagerung von Kaffee.
Ich nur Kleinkram und die Pfote eines Schneehuhns in Silber gefasst für 4,- €, die ich vergesse mit abzubilden.
Zum Abschied fahren wir ins Iimori und essen noch mal quer durch die Bank und geraten dabei in die Prosecco-Happyhour. Meine Flohmarktgiraffe mit der herausgestreckten Zunge liebt grünen Tee!
Man kann auch Backkurse machen. Im Hintergrund läuft gerade einer. Die Chefin trägt eine niedliche Schürze und hat eine Plastikschale in der Größe einer Kinderbadewanne in der die Backzutaten angemischt werden.
Die Gastgeber bringen uns zum Bahnhof. Der Zug hat dann 15 Minuten Verspätung. In knapp über 2 Stunden ist man in Hannover. Da kann man ruhig öfter hinfahren. Ist sogar näher als Köln, Stuttgart sowieso. Eine Frau mit Coffee to go in der Hand drängelt sich am Bahnsteig total dreist vor und schaut noch bescheuert als ich dagegen halte. Im Zug packt sie einen Marsriegel aus und wickelt den unteren Teil in ein Papiertaschentuch zum Essen. Das sieht genauso bescheuert aus wie sie ist isst und ist.