Ein gemütliche und gut beheizte fremde Wohnung in Berlin-Schöneberg, in der man die Cousine und Sohn mit Gepäck aufnehmen kann, Tee kochen und weltbestes Baklava essen und der Sohn entdeckt den Plattenspieler und legt Klassik für uns auf
Wenn Weihnachten immer die gleichen Rituale abgespielt werden, aber dann doch noch entspannter und vertrauter und liebevoller werden kann
Wenn Dinge von vor 30 Jahren einem vorkommen wie gestern, als die Jugendfreude ihren Nachwuchs auf einem Lammfell mit Geburtsanzeige vorgestellt haben, die in diesem Haus in der Wittekindstraße wohnten, im damals unbekannten Linden-Mitte
Wenn der Partner eine perfekte Ergänzung ist und die Dinge ausgleicht, die man selber immer weniger kann
Wenn er einen überredet bei den alten Jugendfreunden einfach zu klingeln und man selber beleidigt vorbei gegangen wäre und man dann merkt, auch wenn die Freundschaft Blessuren hat, funktioniert es noch ganz gut und ist schön
Alice Neels Porträts, die einen zu Tränen rühren
Der Nightjet-Zug ab Hamburg mit riesigen Sitzen und gefühlt einem Buttler statt normalem ICE-Personal, der Almdudler und Fleischgerichte mit Risotto in Euro und CFH im Angebot hat und man freut sich auf die erste Schlafwagenfahrt seines Lebens, die noch bevor steht
Ein merkwürdiger Mitreisender, ein verschrobener kleiner Mann, der Selbstgespräche führt und ewig an seinem Bagel mümmelt, der immer noch fast komplett ist und am Telefon von einem Turnier spricht und den Stephan googelt und er ist Backgammon-Meister
Kaltes Wetter und man ist warm eingepackt auf dem Fahrrad und die Wintersonne scheint
Neue Restaurants, auf die man sich freut und deren Erstbesuch noch bevorsteht und das in der eigenen Stadt, das Lenau hoch 3
Neue, karierte Wollhandschuhe, die die Sammlung vervollständigen beim Umbau-Sale von IG von der Linde und man hatte in Berlin und sonst wo danach gesucht
Eine Sozialarbeiterin, die auch Betreuerin ist und mit der es überraschend gut funktioniert und man zieht schön an einem Strang beim Ortstermin und fährt in ihrem Auto dorthin
Franzbrötchen, die man aufbacken kann und sie schmecken noch 2 Tage später gut zum Kaffee
Lustige Träume, in denen Venedig flache Kanäle hat und man siéht die großen Kieselsteine im Wasser, was nur 10 cm tief ist
Wenn man sich selber amüsieren kann durch verrückte Phantasien, jetzt ist es nicht mehr die neapolitanische Espressobar mit meinen Collagen in Ornellas Rahmen an den Wänden, sondern der Hutladen, den ich mit meinen Häkelmützenmodellen gleich neben dem eigentlichen Hutladen hier am Platz eröffne
Eine Betreute aus Srilanka, die mir nachträglich zu Weihnachten Essen vorbei bringen will, am besten nach Hause zur Haltestelle. Das klingt alles sehr verlockend und sie ruft zig mal an und stört mich bei der Arbeit und erzählt mir was sie alles für mich gekocht hat, gebackene Scampis, Bratreis und Dumplings mit Sauce, alles sehr heiß und im Korb, auch wenn ich am Ende absage, weil ich zum Sport will und mir das alles zu kompliziert ist mit den vielen Lieferterminen, die verschoben werden und ich dann nur das Tagesgericht vom Türken esse
(Knie und Schwindel müssen mir keine Angst machen, das hatte ich alles schon in meiner Jugend) Das gehört vielleicht weniger hier her
Ein Betreuter, der seit seiner Geburt hin und hergeschoben wird, Pflegefamilien, Heime, viel Psychiatrie (30 mal und mehr), jeder will ihn los werden. Hat eine Freundin in der Klinik kennen gelernt mit zierlichen warmen Händen, mit der er zusammen wohnt in einem Zimmer, sie redet von Seelenverwandten und hat sich von einem anderen Mann getrennt. Sie ist die Mieterin und kann sich sehr gut ausdrücken und die Sympathieträgerin, gut aussehend, lange Haare und der Vermieter will ihn los werden wie die anderen, weil seine Frau Angst vor ihm hat und die Nachbarn immer berichten, wenn was komisches passiert und er Autos umarmt (hier wohnen 4 Polizisten und ich: dann kennen die sich bestimmt mit Grundrechten aus) und der Krankenwagen schon mal da mit Polizei mit gezogenen Waffen, weil als er sich was antun wollte und das Dorf spricht darüber was bei ihnen los sei sagt, warum arbeitet der nicht, er ist der Mann und muss für sie sorgen (gemeint die Mieterin und Freundin) und sie sagt ganz ruhig: wir sorgen gegenseitig für einander. Mir geht das Herz auf und ich freue mich, dass er so was erleben darf. Liebe und Zuwendung verändert die Menschen mehr als Therapie und verwahrt werden. Dem Vermieter sage ich, dass meiner harmlos ist und nur schwarz fährt und echt krank und ich weiß, warum ich nicht auf dem Lande wohne und ob wir wetten wollen, dass wenn ich draußen um die Autos gehe und Zeichen mit dem Finger auf die Dächer male, dass er einen Bericht darüber bekommt. Ob er die Wette eingehen wolle….