MHH und die Verhinderung der modernen Medizin (Krankenhausposse die zweite)

Ich marschiere durch zu Platz 1. Eine Frau springt mir hinterher, wo ich hin will. Ich sei in der Anmeldung auf Platz 1 mit einer Frau Hongk verabredet lautet meine Ausrede. Da telefoniert eine Kollegin und die andere schickt mich raus, falls die privat telefoniere, weil das wäre doch verhängnisvoll. Äh, warum soll die privat telefonieren und was wäre da jetzt das Schlimme dran. Ich ziehe vorsichtshalber eine Nummer werde dann aber reingebeten, nur dass wir an den Platz 4 müssen. Es ist nicht ihr Rechner und sie kommt damit nicht zurecht. Ich höre, wie Frau Datenschutz sagt: „ja, aber bei dem Film, 50 shades of grey zu fragen: kommt noch der Eisverkäufer, ich will einen Flutschfinger, das finde ich schon gut“. Dann geht es um ihren Hund, einen Yorki, auf den irgendwas rauf gesprungen ist und mit dem noch niemand draußen war als sie um halb 2 nach Hause kommt. Wahnsinn was hier alles privat besprochen wird, auch ohne Telefon und ja, es ist schlimm aber eben auch nicht mit Hörer auflegen zu unterbrechen. Die am lautesten Datenschutz schreien sind nach meinen Erfahrungen, die es besonders nötig haben bzw. diesem am wenigsten beachten. Man soll auf einem kleinen Bildschirm unterschreiben, wie beim Bürgeramt für den Ausweis. Und was unterschreibt man da, will ich wissen, weil es ja so, blanko ist. Das was wir gerade besprochen haben und ich kriege es auch ausgedruckt. Es sind Fragen zur Weitergabe von Daten und ob sie Leuten Bescheid sagen dürfen, dass er da ist, wenn einer anruft und sich die Kliniken untereinander austauschen dürfen usw. und er hat sie Fragen schon selber beantwortet letztes Mal und wir gehen das durch und können alles so stehen lassen. Auf dem kleinen Bildschirm hat einer Krickelkrakel gemacht und meine Unterschrift sieht aus wie durchgestrichen. Sie fragt mich noch, ob meine Unterschrift so ausschauen würde und ich: nein. Immerhin haben sie meine Daten für die Rechnungsanschrift gespeichert.

Dann melde ich mich an und bin mit einer Ärztin verabredet, deren Namen ich Gott sei Dank aufsagen kann. Die weiß von nichts und wird angerufen, ich soll in den Warteraum. Nein, lieber zu Herrn Adoption. Da wird erst Pflege gemacht und dann das Zimmer sauber, so dass ich warten muss. Die Putzfrau soll sich beeilen, weil Familie wartet sagt die blonde Krankenschwester auf mich bezogen. Ich gehe rein als fertig ist und der Boden nass und merke mal wieder, dass man Menschen tot oder im Bett liegend nicht so gut erkennen kann, wenn das Gesicht nach hinten fällt oder überhaupt durch die geänderte Perspektive weist das Tücken auf (da hatte ich bei meinem eigenen Mann schon Probleme, damals im Krankenhaus). Gut, der Blonde ist es nicht, dann der mit dem bunten Gesicht. Ich frage ihn, wie es ihm geht und wie das passiert sei. Treppe runtergefallen, Operation verneint er. Die Besucher für den blonden Mitpatienten erklären diesem nach weniger als 1 Minute, dass sie jetzt wieder gehen müssten, ihn aber alle grüßen lassen. Ist das alles wieder deprimierend denke ich mir schon an dieser Stelle und gehe wieder zum Glaskasten um die Sache zu beschleunigen, wo ein Pärchen, etwas älter als ich, selber mittlerweile auch wartet. Die Schwester hinter der Glasscheibe telefoniert mit dem Handy und zwar mindestens 12 Minuten lang und lässt sich durch die Zuschauer nicht stören. Das Paar wendet sich an eine junge Schwester mit ihrem Anliegen, die ihnen aber kurze Zeit danach erklärt, dass ihre Kollegin das entscheiden müsse, die gerade telefoniert. Als sie das Handygespräch beendet und zur Scheibe tritt sagt sie als erstes, dass sie eigentlich noch Pause hätte. Die Frau erklärt ihr, dass ihr Vater heute Morgen gestorben sei und die Mutter bei ihnen Patientin ist und noch nichts davon weiß und sie ein ruhiges Zimmer bräuchten um ihr die Nachricht zu überbringen und vielleicht auch einen Arzt, weil sie nicht wüssten, wie die Mutter reagiert. Kurz darauf holt die Schwester eine Frau mit Kopfverband und lila Hausanzug aus dem Zimmer, die sie gleich fragt, ob was Schlimmes sei. Nein, nein, sie soll erst mal mitkommen. Das kommt einem alles so hinterrücks vor und wie kann das sein: Mann tot, Frau mit einem Mörderkopfverband im Krankenhaus. Unfall und ihn hat es schlimmer erwischt oder sie halt Krankenhaus und er stirbt zufällig zuhause? Das sind so meine Gedanken.

Der junge Arzt, der mit mir telefoniert hat kommt auf mich zu bzw. ich auf ihn, weil ich das Arztzimmer die ganze Zeit über im Blick habe. Auch wir suchen ein ruhiges Zimmer und platzen im Zimmer Todesnachricht rein und ich schlage dann doch den Gang hinten vor. Er klärt mich auf und hat auf der Musterzeichnung des Schädels auf dem Vordruck einige Striche eingefügt, wo Brüche sind. Ich frage ihn, ob mein Betreuter überhaupt einverstanden sei, weil mir gegenüber habe er abgelehnt und auch im Herbst sollte die Schulter operiert werden und mein Betreuter wollte nicht und hat Bewegungseinschränkungen in Kauf genommen und ist sehr zögerlich mit so was und heilt das nicht auch von alleine wieder zusammen. Das ist dem Arzt neu und er meint, nein, er sei ihm gegenüber einverstanden gewesen. Ohne OP kann es zu Fehlstellungen kommen, aber eben wohl auch mit. Dann Alarm in einem der Zimmer und richtig viel Hektik, der Arzt sagt mir erst, das sei alles unter Kontrolle und muss dann doch hin mit eingreifen und ein Pflegebett muss schnell in das Zimmer, aber der Flur steht voll mit lauter anderem Zeug, Betten usw. so wie schon die ganze Zeit und das Manöver ist mit viel hin- und her und Fluchen sowie Zeitverlust verbunden. Ich denke, die Frau, der die Nachricht übergeben wurde vom Tod ihres Mannes ist vielleicht zusammengebrochen. Ich nehme mir den für mich bestimmten Aufklärungsbogen und lese was da alles passieren kann, man kann die Sehkraft verlieren oder andere wichtige Nerven im Gesicht können verletzt werden. Hinter den für mich bestimmten Seiten sind ausgedruckte Daten aller Patienten auf der Station mit Diagnosen und Behandlung, teils in Kürzel. Geil mal wieder. Ich überlege kurz den Zettel zu klauen als Rache oder Demonstration, tue es aber nicht und sage auch nichts dazu. Datenschutz sage ich nur, aber eben nur zu mir als Fazit. Der Arzt kommt zurück und ich sage, da ist ja ganz schön viel geplant. Wie viele Platten sollen es denn werden. Ja, so 20 oder wie viele es halt braucht, das sei doch egal und man operiert über den Mund und über das Augeninnenlid und bei der Nase, wenn man da nicht rankommt, weil die Nase im Weg ist, dann schneidet man hinten am Haaransatz und klappt alles nach vorne. Könne man nicht nur ein Minimalprogramm machen, was wirklich wichtig sei für die Funktionen, weil auf Schönheit komme es nicht an. Das sei schon minimal und man macht eine Antenne auf den Schädel, (diese zeichnet er dann auch ein), so dass man sieht, wo die Nerven entlang führen und das vorher testen kann bevor man schneidet und die möglichst nicht verletzt, also das passiere viel seltener als früher noch. Gut, wollen wir zu Herrn Adoption und es mit ihm besprechen. 20 Platten, nein, er lehnt es ab und hat Angst vor Operationen. Er will es nicht sagt er klar und deutlich. Ich frage ihn, ob er Schmerzen habe. Das wird verneint und ob er essen könne. Ja, das könne er und der Arzt ergänzt, flüssige Nahrung und erklärt ihm, dass sich das entzünden könne und dann der Knochen auch und dann Sepsis und Tod und er sagt: ist mir egal und ich sage, das kann passieren, muss aber nicht, in der OP können auch Sachen passieren und vor der Sepsis kommt krank und Fieber und dann kann man darauf reagieren. Er hat einen Pflegedienst. Herrn Adoption ist die Fernbedienung für den Fernseher runtergefallen und daran stört er sich und der Arzt soll sie ihm wieder geben. Der ist entsprechend beleidigt und will ihn heute noch entlassen, das muss man organisiert bekommen mit dem Pflegedienst und so sage ich und außerdem hätte ich Grund sauer zu sein, weil er meine Zeit verschwendet hat und ich extra einen Termin verschoben habe und angereist bin (aber auch das behalte ich wie meine Meinung zum Datenschutz für mich). Ich habe ihm am Telefon gesagt, dass es eine OP gegen den Willen des Betreuten nicht gibt und es nicht darauf ankommt, wie ich das für mich entscheiden würde, sondern ich an den Willen des Betreuten gebunden bin. Das versteht dieser junge Spring-ins-Feld von einem Arzt offenbar nicht, es ist nicht bei ihm angekommen, sondern: medizinisch indiziert, dann machen wir das. Manchmal bin ich offenbar auch dazu da, zu verhindern, dass die Medizin sich durchsetzt ohne Rücksicht auf eine Einwilligung. Er will nicht operiert werden und das wusste ich schon vorher bzw. habe es geahnt, aber die fragen eben nicht richtig und ich unterstelle ihnen sogar, dass sie ihn ohne Betreuerin einfach operiert hätten so nach dem Motto: alles klar, Herr Adoption oder eben dachten, ich mache es trotzdem und unterschreibe es ihnen und dann wird es einfach durchgezogen, Betäubung rein und fertig. Das Paar mit der Mutter und der Todesnachricht sitzt im allgemeinen Wartebereich und trinkt Wasser aus kleinen Trinkflaschen zusammen. Immerhin ist da Entwarnung. Ich fahre wieder ins Büro. Auf dem AB die Aufnahme der MHH, Zahnklinik, dass ich mich melden und möglichst heute reinkommen soll. Haha. Später heißt es im Arztbericht, dass die Betreuerin die OP trotz vollumfänglicher Aufklärung abgelehnt hätte.

Mein Betreuter wurde schon am nächsten Tag, Samstag, nach Hause entlassen ohne das Antibiotikum. Das musste der Pflegedienst besorgen. Er bekommt Essen auf Rädern püriert und ihm geht es gut.