Wahlwochenende

Der Freitag nach der Arbeit gehört schon zum Wochenende. Nach dem Sport gehe ich erst mal eine Runde zu Rossmann und Denns und kaufe ein wie im Drogenrausch: Mottenpapiere, Müsliriegel, bunte Haargummis, Ingwerkekse, 3 Tüten Chips, also nur Grundnahrungsmittel….Die Donnerstagsrunde kommt zu uns und einer davon hat Geburtstag. Wir trinken viel Wein und ich verziehe mich vor dem Käsegang zum Basteln von Jahreskalendern 2014 auf den Wohnzimmerfußboden. Das gehört zu meinen Lieblingsbeschäftigungen des Jahres und nachdem ich nachmittags 5 Blankokalender erstanden habe, kann es los gehen. Ich suche Fotos der Personen oder Familien aus für die ich den jeweiligen Kalender bastele und dann lasse ich meinen freien Assoziationen ihren Lauf und such passend Collagematerial aus meinem Fundus aus und kann die ganze Zeit eine Kopfreise machen. Die Gäste und mein Mann denken, dass ich mich schon ins Bett verpisst hätte, aber ich komme wieder und halte durch bis 2 Uhr. Immerhin. Der Frotteemeister aus Hamburg ist sehr reizend und hat meinen Morgenmantel auch schon mal verarbeitet. Er steht auf Istanbul und lernt gerade türkisch und wir haben das ein oder andere gemeinsame Thema. Das Geburtstaskind läßt sich feiern und bastelt sich immer wieder eine Krone aus der Geschenkverpackung und einen Umhang aus dem neuen Handtuch und posiert als König mit Weinglas in der Hand. Was ist bemerkenswert finde ist, dass wir bei 7 Gästen 7 Jahrgänge sind, wie sich herausstellt und keiner doppelt. 1963, 1964, 1965, 1966, 1967, 1968 und der Frotteemeister ist der jüngste mit 1969.

21.09. Bin wieder manisch. Werde um 8 Uhr wach und bastele weiter. Das Malen geht nur bei Tageslicht. Wenn ich in die Küche gehe, sehe den Riesenberg  Altglas und irgendwie tun meine Organe hinten am unteren Rücken weh und ich denke an den Prospekt in der MHH über die Leber, die still vor sich hin leidet bis es zu spät ist. Der Prospekt verdeutlichte das als Karikatur, die Leber als weinrote Frau gezeichnet, der wahlweise Vorräte einlagert (Fettleber). In einer anderen Zeichnung sagt das Gehirn zu ihr: „Mensch, Du bist ja völlig am Ende. Ich wusste gar nicht, dass es Dir so schlecht geht“. Nachmittags tun mir die Beine weh und die ersten 2 Kalender sind fertig. Um 15 Uhr rufen die Frankfurter an, die ich ab Mittag unterschwellig schon erwarte, dass sie noch zuhause sind und erst gegen 20 Uhr kommen. Das Basteln ist gegen 17 Uhr beendet und ich nehme ein Vollbad. Seit morgens denke ich an meinen Paps, der heute an einem Samstag (!) operiert wird. Langsam werde ich nervös, weil ich nichts höre und mein Paps quasi eine Krankenhausjungfrau ist, der zuletzt vor 50 Jahren am Blindarm operiert wurde. Schließlich kommt der Rückruf meiner Mutter, dass es umfangreicher war, aber alles gut überstanden ist soweit und er eine Schmerzkanüle hat, mit der er selber die Schmerzmedikation dosieren kann. Die Gäste treffen ein und wir steigen ins Taxi. Ich lobe den Fahrer, der trotz Haltestelle vor der Tür die Seite der Straße gefunden hat mit dem „Anlieger frei“  Zeichen und dieses auch verstanden hat und zu nutzen wusste. Oft werden wir nicht vor der Tür abgeholt, sondern müssen zum Taxi laufen. Er sagt so schön: wenn ich einen Auftrag habe, also er nimmt seinen Job ernst. Das finde ich gut. Wir fahren durch die Stadt. Überall sind die Gäste heute schon gewesen als sie durch Hannover geirrt sind. Anhand der Wahlplakate erkläre ich die Hannoverschen Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl. Der Kandidat der Grünen sieht aus wie ein Hund, ein Setter ist dann meine genauere Angabe. Wir essen leckere Speisen im Tropeano und treten die Heimfahrt an. Diesmal entschuldigt sich der Taxifahrer, dass er so lange nach hinten geschaut hatte. Er dachte, meine blaue Schleife sei ein Verband. Er hatte unlängst einen Motoradunfall und hat sich den Ellbogen gebrochen. Gemeinsames Thema mit Stephan, der seine Armnarbe vorzeigt. Beim Aussteigen sage zu dem Fahrer, ich hätte auch nichts vollgeblutet in seinem Wagen, zumindest nicht oben rum. Ich merke, dass ich angefangen habe zu menstruieren (wie immer total überraschend, wie beim ersten Mal). Die Schrauber bei der Kaffee Pause im Hinterhof machen Wahlparty oder sonst eine und einer steht gegenüber um zu testen, wie laut die Anlage auf die Straße schallt und stellt fest: könnte auch eine private Anlage sei. Ich sage: „ich finde es klingt wie ein Handy“. Die Gäste fragen nach Oropax und wir haben sogar noch welches. Wir gehen früh ins Bett, weil ich auch um 7 Uhr wach werden werde ohne Aufwandsentschädigung von 25,- €.

22.09. Werde wach und fühle mich ausgeschlafen und denke, komisch, dass Stephan neben mir liegt, weil er doch um 7:30 Uhr im Wahlbüro sein musste und anrufen kann uns keiner. Gut, die hätten vielleicht jemanden vorbei geschickt. Die Neugierde siegt und ich stehe auf und gehe um das Bett zum Wecker und Stephan fragt: willst Du den jetzt und ich sage. Es ist Viertel vor 9 und er sagt: zweite Schicht. Er war schon da, hat kaum geschlafen und brauchte daher auch keinen Wecker und sie waren vollständig und hoch motiviert mit zwei Ersatzleuten, so dass 10 da waren und die Kassenführerin hatte nur für 9 Geld da. Kaum hatten sie den einen weg geschickt, kam der 11te. Um Viertel vor 1 muss er wieder drüben sein um seine Schicht anzutreten. Wir frühstücken. Charlotte schaut die Ketten durch. Es werden 12 oder 13 Stück (weiß ich nicht mehr) und ein Buch und eine Tasche (Trachtenstil). Später drehe ich ihnen noch eine maritime Collage für die Ferienwohnung auf Amrum an. Sie kennen die Vermieter und sind mit denen befreundet und ich sage, ist doch lustig, erst mal die Bilder anhängen und gegen neue tauschen. Außerdem noch ein Buch von Wolf Haas als Urlaubslektüre.

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Die Gäste wollen fahren, stellen aber fest, dass das Motorproblem des Vortages sich nicht über Nacht gelöst hat (das Rütteln und die blickende Lampe), quasi Selbstheilungskräfte des Autos. Sie rufen ihren Klub, den ACE. Das sagte sie bereits am Vortag, dass die hier Mitglieder seien. Ich kenne es nur vom Saft. Kommen tut ein Berliner vom ADAC. Das wäre dasselbe, erklärt er uns und das Auto muss in die Werkstatt. Mit mir will er immer wieder technische Dinge besprechen, auch wenn ich mehrfach sage, dass ich Radfahrer sei und ich das schwarze Auto meiner Freunde hässlich finden würde und er es für 15,- € haben könne, dann seien wir das Problem los. Er versteht das offenbar nicht, auch nicht, als ich vor die geöffneten Motorhaube trete mit dem Worten, mal schauen, ob ich noch was machen kann.

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Ich gehe eine Runde nähen zu einer Freundin. Sie sitzt mit ihrer Freundin am Rechner und sucht ein Appartement für New York. 7 Übernachtungen, die Flüge schon gebucht. Da kann man neidisch werden, aber ich gönne es ihnen. Sie werden richtig Spaß haben, das weiß ich jetzt schon. Die Freundin der Freundin ist DJ und legte gestern in einem Szeneladen auf und wer sei dort aufgeschlagen, fragt sie uns? „Edelgard Buhlmann herself“ mit Leuchtstäbchen, die sie unter dem Diskopublikum an die jungen Leute verteilt habe. Wahnsinn. Wahlkampf amerikanisch, voller Einsatz. Ich werde bei dieser Gelegenheit meine braune Umhängetasche mit silberner Schnalle los. Irgendwann sind wir nach einer Runde Plaudern total ins Nähen vertieft, dann kommt der Anruf, dass die Gäste noch eine Nacht bleiben, weil sie jetzt erst den Leihwagen bekommen haben. Ich bastele an einem Moustache-Hütchen für London.  Zuhause Chips, leichte Speisen, Sekt, Wein, Wahlparty. Hessen hatte Landtagswahl. Ich weiß gar nicht, wie dieser Bouffier ausschaut. Schlimm, höre ich nur. Dann stellt sich heraus, dass die FDP raus ist auf Bundesebene. Ich muss vorsichtig sein mit meinen Wünschen, wenn die so leicht in Erfüllung gehen. Rösler sieht versteinert und richtig fertig und geschockt aus. Jetzt tut es mir fast leid, was ich mir gewünscht habe.

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