Die Pflaumenernte als Sturzgeburt

26.09. Ich habe herrlich in der neuen Wohnung unserer Freundin Claudia geschlafen. Die Matratze ist fest und es ist superruhig, selbst bei gekipptem Fenster. Erfrischt werde ich wach und es gibt gleich einen großen Humpen Sojamilchkaffee.

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Die Taxifahrerin kommt ewig nicht. Nervosität- War ein Müllwagen vor ihr. Man hört ganz nah das Horn (?) eines Schiffes. Hafen muss ganz in der Nähe sein als würde das Schiff in einer Querstraße gerade vorbei fahren.

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Sie empfiehlt My Taxi als App, obwohl es problematisch sei mit Vor- und Zuname im Internet zu stehen und da könnte auch jeder alles reinschreiben z.B. die Fahrerin hatte dreckige Fingernägel. Grds. ist sie der Auffassung, die Technik versaut die Menschheit, die Menschlichkeit gehe flöten. Durch die moderne Technik wegen die Menschen in den Niedriglohnsektor getrieben. Dann wird der Altbundeskanzler Schmidt zitiert, der gesagt haben soll, dass jeder schon mal eine Tafel Schokolade im Supermarkt geklaut habe, aber diese Hegdebonds….sie verstehe nichts davon.

Ich liebe den Himmel zwischen Hamburg und Hannover und Stephan sagt, ich stehe auf schlechte Fotos aus dem Zug heraus machen.

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Die Ankunft erfolgt so, dass ich mit leichter, aber unmerklicher Verspätung im Büro ankomme. Mittags kurz nach Hause. Der Maissalat von Migros ist leider nicht mehr genießbar. Ich habe von Claudia ein Stück Pflaumenstreuselkuchen mitgenommen und gegessen, ohne jetzt schon zu ahnen, dass dies die nächsten 2 Wochen mein Hauptnahrungsmittel sein würde.

Nachmittags kommt eine Wohnbetreuerin mit einer Mandantin, die Probleme mit dem Amt hat wegen eines Umzuges. Sie hatte sich wegen zu teurer Wohnkosten zum Auszug drängen lassen und war in eine Wohnung gezogen in der sie sich nicht wohl fühlt. Hat vorher mit dem Sohn zusammen gewohnt. Jetzt nach einem Jahr wieder Umzug, lauter fachärztliche Atteste. Der Sachbearbeiter spricht wie Tamme Hanken und ich sage, wäre sie gleich zu mir gekommen, hätten wir uns wegen der ersten Wohnung auf die Hinterbeine gestellt und dann wäre uns wechselseitig viel Kosten und Mühen erspart geblieben, vor allem der Mandantin. Ich glaube, dass das Amt formal einen Fehler gemacht hat und keine Chancen hat. Der Umzug an sich wurde genehmigt, die Folgekosten sollen abgeblockt werden. Wer A sagt, muss auch B sagen….

Ich erhalte die Stellungnahme einer Bezirksrevisorin des Landgerichts Hannover im Fall einer verstorbenen Lehrerin/Betreuten von mir. Die Geschwister haben nach und nach das Erbe ausgeschlagen. Der Fall war aufwendig, die Betreute hatte Krebs und war beihilfeberechtigt – viel Papierkram. Sie war Selbstzahlerin. Beim Tod habe ich noch knapp 1.400,- € zu bekommen (unverzinst) und auf den Konten waren ca. 8.000,- €, aber Mieten gingen noch runter ca. 9 Monate lang. Die Oberfinanzdirektion wird Erbe und statt zu zahlen auf meine Titel, erzählt mir der Typ was von Aufgebotsverfahren falls das Geld nicht ausreicht und Ansprüche des Vermieters. Ich sage, der hat doch monatelang weiter kassiert und ich bin vom Staat bestellt und habe hart gearbeitet. Jetzt die neue Post, ich soll das irgendwo anmelden meine Forderung sonst verwirkt für den Fall, dass es am Ende nicht reicht (hatte hilfsweise Mittellosigkeit und Zahlung aus der Staatskasse beantragt). Habe ich doch schon gemacht, überall angemeldet, noch lauter schreien? Werde unsicher und telefoniere herum. Weder die Bezirksrevisorin noch die Nachlassrechtspflegerin haben so einen Fall je gehabt oder davon gehört (!), bei dem der Stadt das macht – Aufgebotsverfahren. Ende des Liedes ist, außer mir hat nur eine Arztpraxis eine Forderung angemeldet. Ich sage, warum Arztforderung, die hatte doch prima Krankenversicherung und Beihilfe. Hätte man doch nur dort einreichen müssen als Erbe bzw. Rechtsnachfolger. Die waren auch immer großzügig mit Verspätung, war immer alles kei Problem. Was macht dieser Typ von der Oberfinanzdirektion? Ja, das versteht das Nachlasspflegerin auch nicht und will mal schriftlich bei ihm nachfragen. Ich kenne die Arztpraxis und suche den kurzen Dienstweg. Es sind laut Nachlassgericht 2.500,- € im Topf. Die Arztpraxis hat eine Forderung i.H.v. 571,- €. Am Ende des Tages gibt es hoffentlich für alle ein Happy End.

Die von Stephan frei Haus gelieferte Gerichtspost lässt mich einen Freudenschrei ausbringen. Ein ätzender Rechtsstreit mit Beweisaufnahme (Mietsache) war zu unseren Gunsten beim Amtsgericht ausgegangen und die uneinsichtige Mieterin legte Berufung ein. Mit der Berufungsbegründung bekomme ich einen 5-seitigen Beschluss des Landgerichts. Die Kammer beabsichtigt die Berufung als offensichtlich unbegründet zurück zu weisen. Sehr ausführlich wird der Sachverhalt gewürdigt. Aus dem ganzen Schriftverkehr ginge hervor, dass keine verbindliche Vereinbarung getroffen worden sei. Außerdem wird das Ansinnen der Mieterin ohne Kostenbeteiligung einen Anspruch auf Bau eines zweiten Balkons gegen den Vermieter zu haben als lebensfremd bezeichnet. Das ist eine Genugtuung für mich, aber vor allem für die Vermieter es so deutlich bestätigt zu bekommen. Manchmal sind halt auch Mieter total frech und glauben, sie hätten sonst was für Ansprüche. Bei solchen ist es schlecht nett zu sein, weil sie sofort einen Rechtsanspruch für sich aus allem her leiten. Bestellen sich Nostalgiehaustürklingeln aus England mit anderen Anschlüssen und wenn der Vermieter aus Kulanz sagt, das könne sich ein befremdeten Elektriker vielleicht mal anschauen, schon einen Rechtsanspruch auf Installation meinen zu haben und sonst Mietminderung schreien.

Abends erfahre ich, dass wir Morgen WEG-Versammlung haben

27.09. Morgens werde ich wach und denke, scheiße der Pflaumenbaum ist leer. Haben wir die Ernte wieder verpasst. Im Treppenhaus stehen Körbe mit Pflaumen. Zum Amtsgericht, Betreuungsverlängerung, die nur 3 Minuten dauert, danach einen kurzes Frühstückspause bei Kreipe, wo ich seit Jahrzehnten nicht mehr war. Bilde mir ein, dass ein Pärchen aus unserer Jugendzeit vor der Tür sitzt, es waren damals Freunde von Freunden. Der Typ schaut auch so wie: kennen wir uns nicht von früher. Er sieht aber ca. 10 Jahre zu jung aus. Dann Hamburger Allee in einer Mandatssache, die aber eigentlich eine Betreuung sein könnte. Die Mandantin hat immer wieder Mietschulden, weil das System des Sozialamtes, Mieten doch nicht direkt zahlt und dann Stadtwerke wieder nicht, weil es aus dem System wieder rausfliegt. Die Mandantin kommt nicht und ich sage der Sachbearbeiterin, dass ich bei dem Chaos der Meinung bin, dass sie selber schuld sind, wenn Schulden i.H.v. über 4.000,- € entstehen, das sei unverantwortlich bei so einem minderbemittelten Frau. Sie hat einen Flyer ausliegen mit für mich neuen Stöbertreff im Rehhagen und das nennen sie Social Department Store. Dieses fragwürdige Direktübersetzen erinnert mich an das Plakat mit Oliver Kahn an dem ich immer vom Sport zurück vorbei fahre. Er versucht eine Emotion auszudrücken, das seht aber so falsch aus wie dritte Zähne und ist heißt in einem vermeintlichen Siegel: „Your bet in safe hands“. Das ist wohl Pigeonenglish denke ich, wie eine Freundin von früher immer sagte: this is where the rabbit runs oder die Karte von Heike aus Berlin I am so simply knitted…

Um 16 Uhr kommt eine Frau ins Zimmer und ich frage, wer sie ist und zu wem sie wolle. Sie nennt ihren Namen und will zu mir. Wir hätten miteinander telefoniert. Ich bestreite alles und will sie wegbeißen, weil ich gleich zur Versammlung muss bis sie anfängt den Sachverhalt zu schildern und ich gestehen muss, stimmt alles, wir haben telefoniert, ich habe den Termin mit mir ausgemacht und ich bin auch ich. Es geht um einen alten Mann, der ein gemeinschaftliches Testament widerrufen wollte, was nicht mehr geht, weil zwischen den Entwurf und dem Vollzug (genau 2 Monate) die Ehefrau gestorben ist. Leibliche Kinder werden enterbt und jeweils eine Pflegeperson soll Erbe werden, jetzt aber nicht bei A, sondern meine Mandantin B. Auch für den betagten Mann ist eine Betreuung angeregt. Alles schwierig, handelt es sich um Erbschleicherei? Sie Frau geht 6 mal die Woche hin, hat aber auch geldliche Interessen und wird bezahlt für die Betreuung.  Ich hetze zur Versammlung, deren Mitglieder, unsere Miteigentümer schon vollständig anwesend sind außer Stephan und die neue Verwalterin. Es sind zwei Damen, die meinem Mann beim Chutneyeinkochen in der Küche zusehen. Die Wohnung sieht explodiert aus und die Koffer von mehreren Reisen sind nicht ausgepackt. Überall große Haufen Wäsche. Ich treibe sie nach oben. Die Pflaumenmasse kocht unten weiter vor sich hin. Die Versammlung läuft humorvoll ab. Zu Schluss bedanke ich mich, dass sie uns übernehmen. Wir seien wie der Problemhund aus dem Tierheim, der schon 3 mal zurück gegeben wurde. Sie lachen. Ich meine es auch nur als Spaß, weil wir tatsächlich so was von pflegeleicht sind, dass wir uns jahrelang nicht bei der Hausverwaltung melden bis sie uns kündigen, weil wir zu klein seien und damit uninteressant und nicht ihrem Profil entsprechend. Die Pflaumenmasse, die 5 Stunden kochen soll (dann ist aber die Gasflasche leer) wird ausgestellt und Stephan und ich gehen erst mal zum Sport. Ich habe dabei die gedankliche Eingabe es einmal mit einem Pflaumencrumble zu versuchen, den ich nach Rückkehr aus 1 kg mache, weil das auch als Backlegasteniker geht. Schmeckt sogar lecker. Muss ins Bett. Stephan kocht weiter ein bis 1 Uhr nachts. Morgens sind die Gläser gefüllt und stehen auf dem Kopf.

28.09. Wo bekommen wir Weckgläser her? Die Pflaumenernte ist wie eine Sturzgeburt und ich kann doch einfach welche Einmachen und dann gibt es die auf Milchreis und Grießbrei. Morgens kommt ein Dauermandant, der gerade arbeitslos geworden ist. Der lässt hier viel arbeiten von Stromanbieter bis Einbürgerung. Stephan fährt zum Zollamt und kommt mit dem Überraschungspaket wieder. „They swalloded it“ sagt er und ich verstehe zunächst nicht, dann schon. Es sind neue Mützen aus den USA und ich freue mich wahnsinnig. Eine Faschingsmütze ist dabei zum Thema Brain Eating Zombies. Ich muss an den Sohn von Heike denken und das Computerspiel bei dem die Zombies immer „brains, brains, brains“ sagen. Mein Mann hat auch die Gerichtspost dabei und es gibt erneut eine gute Nachricht vom Landgericht. Das langersehnte psychiatrische Gutachten liegt vor und meine Mandantin war geschäftsunfähig (ein klare Moment der Geschäftsfähigkeit kann sicher ausgeschlossen werden) als sie in einer manischen Phase mit einem Morgenmantel bekleidet in der Altstadt für über 8.000,- € Klamotten gekauft hat. Die Tochter hatte der Verkäuferin noch gesagt, dass ihre Mutter krank sei und sie der nichts verkaufen dürfe, aber das Geld lockte dann wohl doch. Zuerst wurde eine Umtausch auch zugesagt und dann nicht mehr. Mein Mitleid geht gegen null und ich freue mich. Ich werde der Mandantin später auf einen Anruf sagen, noch nie hat man so gerne gelesen, wie unzurechnungsfähig man war, stimmt’s. Zeitgleich scheint eine anstrengende Scheidungssache aus dem Jahr 2008 (Horrorakte) zu Ende zu gehen.

Nachmittags kommt u.a. die anstrengende Elisabeth Taylor und heute bin ich sehr schlecht drauf. Die Monatskarten der üstra, die mir geschickt werden sollten, wobei die falsche Adresse angegeben wurde, sind nicht angekommen. Ich rufe bei der üstra an, wo nur bis 16 Uhr gearbeitet wird und um 15:50 Uhr schon keiner mehr zu erreichen ist, dann doch. In der Warteschleife frage ich sie, warum bei ihr immer alles schief geht und es bei allen anderen klappt. Sie will eine Hausratversicherung um ihre Sachen zu schützen. Ich sage nein, Haftpflicht. Sie sagt, sie sei doch kein Kind mehr und die Autos der anderen würden sie nicht interessieren. Die Araber stehen auf so Frauen wie mich, mit meiner Figur und meinem Status. Sie überlegt eine Gruppenreise mit einem Sozialladen nach Paris zu machen oder Juist, weil bei mir sei es auch nicht immer so erholsam (heute muss ich ihr so was von Recht geben) und sie wolle mal irgendwo hin, wo es ein Schwimmbad gibt. Ich sage, dass klappt doch nicht mit Gruppenreise. Zum Schluss kriegen wir noch mal die Kurve.

Abends mache ich Doppelyogastunde mit meiner eigenen Matte, kommt müde nach Hause. Einmachgläser stehen in der Küche. Das Einmachen klappt nicht, ich nehme zu viel Wasser. Kann ja nicht alles klappen. Telefonat mit einer Freundin, deren Ex-Freund die Flüge storniert hatte aufgrund eines Missverständnisses und die neu buchen musste für kommenden Sonntag und weil alles schon anderweitig geplant war für den Urlaub. Auch hier wieder, kann ja nicht alles klappen. Gehe ins Bett.

29.09. Träume verrückt, aber unbefriedigend. Habe mir was eingefangen und soll operiert werden. Davor Schau mit Hunden, z.T. ausgestopft. Es sind zwei kleine Eiterabzesse in meinem Bauch zu sehen. Gruppe von 50 jungen Menschen steht bei der Untersuchung im Kreis drum herum und ich frage den Arzt, was die Schulklasse soll. Man glaubt, dass ich einen Pflegedienst betreiben würde, weil ich sagte, dass ich mit dem zweiten Pflegedienstauto komme. Stephan hat Traum, dass er auf einem Kinderstuhl in der Oper sitzt (geht nach vorne in die erste Reihe und sieht dann erst, dass es Kinderstühle sind) mit einer großen Robe bekleidet. Will gerade Ode an die Freude mitsingen, dann klingelt der Wecker und er denkt, scheiße, den findet er nicht so schnell in seiner aufwendigen, großen Robe. Lustiger der Traum. Sammele morgens selber mal eine Runde Pflaumen. In der Mittagspause Pflaumenmus auf den Weg bringen. Ich kann 3 kg Pflaumen in 15 Minuten waschen, entkernen und klein schneiden. Stephan macht den Rest. Das Ergebnis kann sich echt sehen lassen. Leckerer noch als das Chutney.

Ich rufe meine Schwiegermutter an nachdem ich über meinen Mann eine email erhalte mit der Info, dass Familienmitglieder teilweise im Krankenhaus sind und andere demnächst operiert werden. Ich liebe meine Schwiegermutter, wie sie neben den ernsten Themen den Sinn fürs praktische im Auge behält und natürlich immer an mich denkt und womit sie mir und anderen eine Freude machen kann. Ein guter Freund der Familie ist sehr krank, Lungenfibrose, aber seine Schwägerin, die jetzt schon tot ist, konnte echt gut stricken und da muss ich mir demnächst mal ein paar Strickjacken anschauen. Das Gespräch pendelt zwischen Krankheiten und einem Sack mit Blumenerde, in dem total viele Ameiseneier waren und ähnlichen Amplituden. Ich liebe sie einfach.

Nachmittags Fragebogen für movenyo, weil ich mit durchschnittlich 3 Besuchen pro Woche zu den Sportkanonen zähle. Ratschläge Ernährung mindestens 1 x zu Woche 6-Gänge Menü mit Weinbegleitung und dazwischen viel Butter. Ich meine, Leute, die in meinem Alter eine sportliche Figur aufweisen, legen andere Schwerpunkte im Leben und sind meist spaßfrei, weil das geht dann nur mit viel Disziplin und das macht unlustig. Ich sage Freitag zu meinem Kollegen, nach der abendlichen Weinprobe noch in Mitleidenschaft gezogen, ich fühle mich so was von menschlich – wabbelig, fehleranfällig und auslaufend – in Bezug auf Science Fiction und es stellt sich am Ende der Geschichte heraus, wir sind doch Avatare oder Halbmaschinen. Das kann ich bei mir ausschließen.

Abends Weinprobe Dreissigacker. Wir sehen unterwegs eine Mischung aus Dackel und französischer Bulldogge und sind beide hingerissen und als ich denke, das geht nicht zu toppen begegnen wir einem Exemplar Rottweiler-Dackel mit Stummelschwanz, gedrungen und breit und kurz. Es ist der schönste Hund der vergangenen Jahre, Stephan und ich sind uns einig. „Schöne Südstadt“, „schönes Döhren“:

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Wir biegen in die Wiehbergstraße ab (Baustelle). Die anderen Gäste sehen uns und gehen rein. Ich sage beim Fahrrad abschließen zu Stephan, ob wir heute nette Leute kennen lernen und meine das ironisch. In der Vergangenheit war es immer schlimm vom Publikum her. Der Winzer stellt sich vor, man siezt sich und alles ist steif wie immer. Dann taucht ein junges Pärchen auf und alles verändert sich plötzlich. Sie haben 3 Töchter und wollen noch ein Kind, gehen gerne essen und wir haben viel Spaß miteinander. Es sind genau die hedonistischen Begleiter, die wir gebrauchen können. Der Abend fängt an mit hand shaking und siezen und endet mit Mehrfachumarmungen. Sie lockern alles auf, den Winzer duzen wir auch. Die Bedienung des Ladens trinkt mit und lässt zum Finale einen Stapel schmutzige Teller herunter fallen, überall Splitter und Essensreste. Der Abend war kurzweilig, die Fischgerichte wie gewohnt der Hammer und ich dachte nicht, dass mir so etwas noch mal passieren würde, quasi neue Leute kennen lernen in Hannover. Ich liebe das Gazpacho mit Maki sowie das Lachstartar mit schwarzem Sesam, den Zackenbarsch mit Bärlauchcrumble, Hauptgericht muss auch sein wegen Rotwein….

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Wir radeln um 2:30 Uhr nach Hause und fragen uns am nächsten Morgen, ob wir gezahlt haben. Das kann wohl keiner mehr feststellen.

30.08. Heute kann das Outfit nicht dokumentiert werden, weil der Fotograf zerstört im Bett liegt. Ich hole Unterlagen bei Methadonarzt ab und werde interessiert gemustert. Dann fahre ich in ein Wohnheim. Ich bin von einem Rechtspfleger als Verfahrenspflegerin bestellt worden und soll schauen, ob die Wohnung einer Frau von ihrem Betreuer zu Recht gekündigt wurde. Ich unterhalt mich 1 Stunde mit der Frau und verstehe die Welt nicht mehr. Ihr Mann ist verstorben im Dezember 2011, 2 Tage nachdem der große Fernseher geliefert wurde. Sie war überfordert mit der Post und hat in die Betreuung eingewilligt. Sie war dann im Krankenhaus und der Schlüssel wie immer bei der Nachbarin über ihr. Der Betreuer ist dann mit deren Hilfe in die Wohnung und hat ihr Sparbuch aus ihrer Handtasche genommen und ihre Rentenunterlagen und das Sicherheitsschloss was innen mit Kette an der Tür befestigt war abgeschraubt. So was macht man doch nicht. Ich muss ihr Recht geben. Sie hat den Heimvertrag gekündigt und will sich am 15.09. von der Schwägerin mit dem Auto abholen lassen, ist aber sehr unsicher wegen der rechtlichen Lage. Ich gebe ihr wieder Recht. Ist auch schwierig, zumal das Gericht dem Betreuer mit Beschluss vom 08.08. einen Einwilligungsvorbehalt eingerichtet hat für Vermögenssorge und Wohnungsangelegenheiten, d.h. er entscheidet für sie, entmündigt. Ich sage ihr, dass ich dagegen Beschwerde einlegen werde. Sie lebt schon seit 39 Jahren in ihrer Wohnung und hängt daran und „einen alten Baum verpflanzt man doch nicht.“ Ins Büro zurückgekehrt telefoniere ich mit dem Betreuer, den das Heim schon vorgewarnt hat. Er sagt, klar, ich muss das machen. Ich sage nein, oft genug bin ich auch einverstanden mit Wohnungskündigungen. Hier könne ich es nachvollziehen. Ich frage, was ambulant probiert worden sei. Er sagt, alles und sie sei Alkoholikerin und er habe den Einwilligungsvorbehalt beantragt, als sie das Sparbuch mit 2.000,- € darauf wieder zurück haben wollte. Wenn sie angeblich Geld verschleudert und Schulden macht, passt das nicht mit den Ersparnissen zusammen. Ich sage, auch Alkoholiker habe das Recht in ihrer Wohnung zu bleiben. Er soll sie gefälligst unterstützen und ihr Wille sei Maßstab. Wenn das weit käme, würde ich meinen Vertrag mit Deutschland bald kündigen. Dann rufe ich den Pflegedienst an, der mir Auskunft gibt, dass die Frau sogar Pflegestufe II hat und genau gar nichts ambulant probiert wurde. Ich bin mal wieder entsetzt, wie andere „Kollegen“ ihren Besuch ausüben.

Ich schreibe unseren neu gefundenen Freunden, dem blind date bei der Weinprobe über die Firma des Mannes, die ich im Internet finde. Mein Kollege spottet, dass sei die wechselseitige Anziehung von Jugend und Alter, so wie bei seinen Freunden, die von ihrer neuen Freundin auch sagen, die studiere bald, wenn sie noch Abitur schreibt. So viele Minderwertigkeitskomplexe habe ich nicht, ist meine Antwort. Man wird sehen, ob es nur der Alkoholrausch dieser Nacht war, aber schön war ist in jedem Fall.

Das Sportprogramm ist anstrengend und soll mich vom Restalkohol befreien. Zuhause besucht uns ein befreundeter Künstler, der mir eine Raumschifflampe baut. Ich mache nebenbei doppelten Pflaumencrumble, ein mal mit Haselnüssen, weil mir die Mandeln ausgehen. Ich bin müde und will heute früh ins Bett, damit ich wieder fit bin. Die nächste Weinprobe steht Morgen an. Der Gast hat keinen Kontakt zur leiblichen Tochter und den Enkeln und Stephan sucht erfolgreich bei Gesichtsbuch. Manche Menschen sind sozial echt behindert denke ich, weil er vorschlägt ihr einmal heimlich aufzulauern oder sie heimlich zu beobachten, aber nicht anzusprechen und ich sage, warum er will doch Kontakt, dann halte ich das nicht für so eine gute Idee und sage, vielleicht sei sie auch nicht begeistert, weil er seine Vaterschaft immer abgestritten habe und biete mich für ein Vermittlungsgespräch an. Er hat eine große Tüte Modeschmuck für mich dabei und probiert unsere Pflaumenprodukte und nimmt gottseidank auch welche mit. Ich schaue eine Folge Cesar Milan, the dog whisperer mit Stephan und falle ins Bett.

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