Butterfahrt zu Niederegger

22.08. Nicht, dass einige aufmerksame Leser denken, die sind ja dauernd unterwegs, obwohl man hier an den Tatsachen wenig rütteln kann, handelt es sich hierbei um ein von langer Hand vereinbartes Treffen mit meiner Tante und Cousine in Travemünde, welches aus Koordinationsgründe zeitlich nur gleich nach der Schweizreise ging. Es gibt Schlimmeres. Wir verbinden das noch etwas mit dem Besuch von Freunden und fahren erst mal am späten Nachmittag nach Lübeck zu Martin, der uns vom Bahnhof abholt und gleich zu einem Kaffee einlädt.

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Wir steigen diesmal in Lüneburg um und man merkt direkt, dass man in einer wirtschaftlich unterentwickelten Gegend unterwegs ist, wie mein Vater sagen würde. Wo man in Baden-Baden mit Kurbepflanzung protzt, hat man hier gleich den Gärtner gespart, auch am HBH Lübeck wächst der vertrocknete Dschungel gleich an den Gleisen. Ich sehe das immer positiv, wenn der Mensch weniger tun, kommt die Natur mehr zum Zug und so ist das hier wohl auch im Norden, ganz viel Natur. Bei der Ankunft zuhause kommt uns die studiogebräunte Maklerin entgegen mit einem jungen Pärchen. Die Wohnung darunter steht zum Verkauf und gleich kapiert man die Rollenverteilung und wer Kunde ist. Stephan wollte fragen, „na, wollt ihr Kinder?“ Das finde ich nachhaltig lustig. Martin hat Röhrchen im Wagen, irgendwelche Fliegen, die Kleidermotten den Garaus machen und dann selber sterben. Die haben nämlich Maden in meine Wollsachen gelegt. Die kann man im Internet bestellen, die natürlichen Feinde. Ich komme irgendwie darüber hinweg und bestelle nicht.

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Gleich am Abend am Hafen schauen wir uns die Möglichkeiten an per Fähre von Lübeck nach Travemünde zu fahren, weil das haben wir noch nie gemacht und Urlaub ist auch immer Abenteuer. Die Fähre fährt nicht einmal die Stunde, sondern nur 2 mal am Tag und die eine Fahrt geht um 9:30 Uhr von der Drehbrücke. Mal schauen, ob das hin haut. Über der Altstadt von Lübeck der schönste Vollmond vor Wolkenpanorama, aber zum Foto kommt es nicht mehr.

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23.08. Ich schlafe schlecht und werde kurz nach 7 Uhr wach, weil ich denke, dass es schon viel später ist, als die Herrin des Hauses gerade die Tür zu zieht und muss mir morgens die Haare föhnen, weil sie nass geschwitzt sind und irgendwas mit der Verdauung nicht stimmte und mein Körper offenbar recht heftig reagiert hat mit dem Naßschwitzen. Das ist recht unangenehm, zumal ich in einem fremden Bett bin und das Bettzeug entsprechend beansprucht habe. Martin macht wie immer ein liebevolles Frühstück mit Ziegenkäse Tee und Kaffee und ich bewundere seine Neuzugänge. Wie immer gibt es neue Kunst oder schöne alte Möbel, die von ihm gefunden wurden und die Sammlung vervollständigen in der Altbauwohnung zu entdecken. Diesmal lerne ich auch was über persische Herrscher, größerer Bart ist auch stärker, wie man es vermutet hat. Ich habe selber Kunst im Gepäck nämlich 17 Buchcollagen, die ein neues Zuhause finden sollen. Martin hat die erste Wahl und nimmt 2.

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Außerdem bestärkt er unseren Entschluss zur Hochzeitsreise im Dezember wieder nach London zu fahren. Westminster Abbey sei toll und das kennen wir noch gar nicht, obwohl wir 6 mal oder so schon da waren und Big Ben dito. Das ist doch Grund genug neben den indischen Restaurants und High Tea und Triyoga. Wir packen, d.h. haben gar nicht ausgepackt, außer die Collagen und Silke fährt uns zum Hafen.

Wir besteigen die Fähre und ich denke sofort an Butterfahrt. Es ist eine Mischung aus Rentnern und Frührentnern. Wir fallen unangenehm mit Gepäck auf. Es ist eine Speisekarte wie vor 30 Jahren, draußen nur Kännchen Kaffee und ich bin auch sonst davon genervt und bestelle nichts und trinke aus meiner Sigg-Flasche, wobei der Verzehr von mitgebrachten Speisen und Getränken untersagt ist. Mir egal. Dafür gibt es Lumunba! Das Wetter ist herrlich und ich mache viele langweilige Fotos, wie Stephan feststellte. Bitte schnell durchschauen und entschuldigen…..

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Mit an Bord sind zwei Männer, denen man Alkohol- und Nikotinabhängigkeit von weitem ansieht und die offenbar gute EU-Renten bekommen. Es wird ein gezapftes Bier nach dem nächsten bestellt und eine Kippe nach der nächsten gedreht und das morgens um 9:30 Uhr und trotz des schlimmen Raucherhustens. Beide sehen deutlich nach Krebs aus und es macht keinen Spaß zuzusehen.

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Der Kapitän labert fast durchgehend irgendwelche Quartettzahlen und lobt die Produkte der Firma Bruggen als würde er sich damit was dazu verdienen. Leckeres für Zwischendurch. Ne, ist klar. „Die Fa. Bruggen gehört laut eigenen Angaben zu den größten Cerealienherstellern der Welt“. Na, dann. Er erzählt Seemannsgarn bzw. redet gekünstelt wie Hein Blöd und das geht so. Backbordseite sehen wir die Finnlandia, das Schiff fährt unter finnischer Flagge, 100 Meter lang, 27 Meter breit, 19 Knoten, 35 km/h, im Jahr 1995 zu Wasser gelassen usw. Das bei jedem Schiff. Das meine ich mit Quartett.

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Dazwischen geht es um die Lübecker Kaufleute, die ihr Kontor dort unten hatten und darüber die Speicher.  Die Ladung wird gelöscht, irgendwas verklappt, Teer in die Ritzen geschmiert. Wir überholen noch mal das Schiff Mathilde und ich wunderte mich, warum da Eimer an Stricken mitgezogen werden. Jetzt muss die Mannschaft, es kommt mir total überbesetzt vor, Wasser mit den Eimern hochholen und alle Holzteile nass machen und ggfls. mit einem alten Wischmopp abstreichen. Was das soll? Ob es dreckig oder staubig war, glaube ich nicht mal und das Holz mag Wasser normalerweise nicht so.

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Dann folgt Vogelschutzgebiet und der Captain hält mal die Klappe. Auch schön. Erst denke ich, was sind das für lustige Felsen und hey, die bewegen sich. Dann sehe ich auch die beiden Hütehunde, die sich viel schneller den Hang hoch und runter bewegen. Die Schafe werden zum Wasser getrieben und trinken aus der Trave.

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Dann meldet sich vorne wieder das Mikrophon hinter der Scheibe mit dem Bärchen aus Window Colors. Weichbedachungen, Flotte, Fischereirechte, Transsonoro, Zellulose, Papierbrei, rollende Güter, Papier aus Mittelschweden, vom Schnürsenkel bis zum gefrorenem Brathähnchen alle Produkte der Fa. Lidl, Massengut umschlagen, Splitt aus Norwegen für den Straßenbau, Mindestwassertiefe 10 Meter, Grenze zur DDR, Priwall mit Campingplätzen, Bausünde in Travemünde. Jetzt sind wir gleich da, sehe ich dann auch daran.

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9 Schiffsanleger, 2 mit Gleisanschluss, Doppelstockrampen zum Entladen, fahrplanmäßig, 125 Abfahrten pro Woche, nach Berlin zweitgrößter Sportboothafen, Takelage, Tiefgang 7 Meter, höchster Mast 56 Meter und schwups sind wir bei Niederegger dem vorläufigen Ziel unserer Reise angekommen. Wichtig ist erst mal, dass Stephan eine Marzipan-Sahne-Torte bekommt, sage ich der Bedienung oder sagt er es ihr selber und ich habe meinen Kaffeedurst auch aufgespart. Ich nehme die Ostseestulle mit Krabben, Ei, Schwarzbrot und Butter.

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Die Bedienung will wissen, ob wir noch weit reisen würden, ob des umfangreichen Gepäcks und wir verneinen. Während wir das zweite Frühstück einnehmen, findet sich die Gesellschaft einer Seebestattung am Steg gegenüber ein. Das merkt man daran, dass lauter schwarz gekleidete Menschen zum Steg kommen und einsteigen und dass das dann auch irgendwo dran steht. Als das Boot schon abgelegt hat kommen 2 Männer hinterher gelaufen und winken mit den Armen und rufen. Sie schauen noch etwas nach und pfeffern dann die Blumen in Travemünder Hafenbecken und drehen um. So ist es, wenn man zu spät kommt im Leben. Der Verstorbene kannte es vermutlich nicht anders.

Wir ziehen die Koffer zum Hotel. Hier ist auch Wahlkampf, aber es werden eher Plakate der Linken abgerissen.

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Ich muss daran denken, wie wir 1999 auf Usedom Gregor Gysi gesehen haben. Das war nach meiner Lähmung und ist wieder eine andere Geschichte. Das Hotel ist schön, vor allem der kleinere Barbereich gefällt mir (ganz unten, auch wieder zu viele Deko-Fotos).

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Das Zimmer ist erst um 15 Uhr fertig, aber Stephan weiß, was er fragen muss, quasi Zauberwort: dürfen wir dann schon in den Spa-Bereich. Das wird bejaht. Stephan im Glück. Ich mehr in der Umkleide, ziehe mich gleich beim Spind um (ist wohl auch falsch). Ich gehe dann schon etwas ins geheizte Salzwasseraußenbecken, aber ziehe mich bald wieder an, weil ich ausversehen quer schwimme und dann denke, dass alle mich anstarren wie ein Fremdling. Ich gehöre hier nicht her und sie spüren es alle. Die reinste Psychose stellt sich ein. Aus dem Büro bekomme ich SMS, dass Beratungshilfemandanten von früher da waren völlig aufgelöst, weil das Jugendamt eine Tochter weggenommen habe. Wichtig ist jetzt: Flugmodus. Die Welt muss sich auch ohne mich weiter drehen. Was soll ich von hier aus machen? Wieder angezogen schneide ich Zeitung aus im Strandkorb bis mir die Fußrücken brennt und ich denke: genug Sonne. Dann weiß ein Mitarbeiter auch, dass das Zimmer fertig ist und ich gehe hoch. Es läuft Werbefernsehen für die Hotelkette. Das kann man aber ignorieren. Der herrliche Blick auf ein Wäldchen vor dem Balkon und das Rascheln des Laubes sind toll und Balsam für meine Seele.

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Wasserkocher und Teekanne stehen bereit.

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Wir machen erst mal eine Siesta und dann will ich duschen. Das wäre ja total verkehrt gewesen. Wellness. Ab in den Bademantel und wieder runter und diesmal zeigt mir Stephan das 35 ° warme Salzwasserbecken („Bewegungsbecken“) und wir erkunden die Saunalandschaft. Erst Dampfsauna, dann etwas kneipen im Freien und dann Bio-Sauna und in den herrlichen Ruheraum auf die gekachelten ergonomisch geformten Liegen, die beheizt sind und von hinten die Nieren wärmen. Das ist herrlich. Als ich mir vergegenwärtige, dass auf den Chipkarten, die in den Bademänteln in den Taschen verbleiben keine Zimmernummer drauf stehen entspanne ich auch besser, während wir auf textilfrei mit Handtuch machen. Daran zeigt sich auch meine Unerfahrenheit. Dann zeigt mir Stephan die Schwalldusche, wo einem von oben Wasser wie aus Eimern auf den Kopf fällt. Das ist noch mit am tollsten. Ich mache es immer wieder. Ja, ich hatte meinen Spaß.

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Zum Abendprogramm will ich sagen, dass ich nicht bereit bin jeden Restaurantbesuch ausführlich zu schildern, wenn ich dafür kein Geld bekomme. Hier war die Aussicht spektakulär in dem Wintergarten (das Treppenhaus fand ich offenbar auch ganz putzig).

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Das Besteck ist sehr glänzig und ich konnte nicht aufhören damit zu spielen, weil ich mich immer selber fotografieren wollte.

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Das Geschirr sieht oft aus wie umgedrehte Vasen, buntes Glas.

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Ansonsten hat der Typ entdeckt wie man gefrorene Perlen herstellt (Stickstoffbad?) und macht das jetzt ganz viel.

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Das wenigste schmeckte überzeugend. Dekonstruktion vom Wiener Schnitzel und was haben Preiselbeeren da zu suchen? Hat Kevin schon mal Wiener Schnitzel gegessen? Ich verstehe das Gericht nicht und schmecken tut es auch nicht.

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Die Gänseleber Strauß ist durchgefallen, bitterer Beigeschmack, unlecker. Da hilft es mir auch nichts, dass der Typ sie in ein lustiges Förmchen presst. Hallo? Kindergarten nach meinem Geschmack. Die 4 Jährigen können die Förmchen z.T. auch sehr hingebungsvoll. Der Inhalt muss stimmen, gerade bei so einem Produkt, sonst bitte Sand nehmen.

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Es ist sehr gekühlt per Klimaanlage in dem Laden und Stephan sagt ausnahmsweise der Bedienung mal Bescheid, die offenbar nichts merken. Alle Frauen tragen Stickjacken oder die Sakkos der Männer und frieren ganz offensichtlich, aber es war denen nicht aufgefallen. Das was ich abgewählt hätte, Auster und Aal mit gefrorenem Wasabi gerieben, schmeckt am besten und der Nachtisch ist lecker und ganz lieb gebastelt.

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Der grüne Nachtisch sieht schlimm aus, schmeckt aber, auch das Ayran-Sorbet und der japanische Kirschgarten ist auch gut gemacht, handwerklich, aber schmeckt auch.

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Dafür warten wir auf die letzten beiden Gänge fast 1,5 Stunden. Ist irgendwie Zeitverschwendung, weil sooo gut gefällt es mir in ihrem Wintergarten mit den anderen Spießergästen dann auch wieder nicht und ich bin müde und unleidig, außerdem bin ich mir sicher, dass es keine Pärchen sind, sondern zwei Schwulenmuttis mit Begleitung am Nachbartisch.

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Der Mond geht knallrot auf über dem Horizont, wie ich es nur von der untergehenden Sonne am Meer kenne. Das entschädigt etwas, wenn hier tatsächlich eine Entschädigung überhaupt vonnöten war.

24.08. Aufstehen und erst mal eine kleine Runde Wellness, nein vorher Fahrräder sichern, first come, first serve. In unserem neuen Hausdress gekleidet treffen wir eine Rentnerin am Fahrstuhl, die sich schon frühstücksfein gemacht hat. Sie erklärt uns, dass ihr Zimmer ganz hinten an Ende des Ganges sei und der Fluchtweg ganz vorne. Hätten wir uns das auch angeschaut, den Fluchtplan? Nee. Ich wollte schon sagen, na dann Krematorium, aber ist irgendwie Quatsch, im Flugzeug sind ja auch nicht nur am einen Ende die Notausgänge. Um was die Deutschen sich so Gedanken machen im Urlaub. Ein Saunagang genügt, dann Frühstücksbüffet (mit Kinderecke)

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und mit den wirklich tollen Nostalgierädern mit saubequemen, breiten Sätteln auf zum Familientreffen. Die Fotocollagen zeige ich nachmittags. Auch Jutta, eine Freundin meiner Tante, wird wieder dabei sein. Ich mag sie sehr. Wir trennen uns kurz und Stephan nutzt jede 30-Minuten Pause für Wellness. Dann Fischereihafenfest mit Seil selber machen zwischen Köstritzer – und Fischbrötchenbuden, schnell weg. Ich darf kein Nostalgieklapprad kaufen, weil ich Fahrradmessie werde und ich darf keine Fahrräder sammeln. Fähre zum Priwall und etwas Rad fahren mit meiner Cousine und dem Sohn. Herrlicher Himmel. so weit. Die Kühe misstrauen mir wieder und ich komme wieder mit meiner Mäuschen-Locknummer nicht gut an.

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Collagen aus dem Hotel holen und Kaffee trinken bei meiner Tante. Weitere 7 finden ein neues Zuhause.

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Ich bin glücklich 9 weniger und nur 8 wieder zurück nehmen. Das ist ein großer Erfolg. Stephan balanciert zwar den Koffer auf dem Rad ruft mir aber zu, dass er ein Reh auf der Straße gesehen habe und was für ein süßes. Ich drehe um und berge es. Es ist mein neuer Lieblingsfotostar.

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Vor dem Abendprogramm noch einen Waschgang für meinen Mann, dann noch mal mit der Familie treffen.

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Mein Cousin ist auch dabei: Er findet die Speisekarte zu klein, zu wenig Auswahl. das sei doch nix. Wir hingegen sehen es als Zeichen guter Küche, wenn die Karte keine 800 Gerichte aufweist. So verschieden kann das sein. Das Thema Politik. Lübeck ist verschuldet wegen der SPD und der Flughafen funktioniert nicht und dann bauen sie solche Bespaßungs- und Trim-Dich-anlagen überall hin. Dafür haben sie Geld. Wir probieren das gleich mal aus und hat sich gelohnt. Gute Steuergeldinvestition. Bin ich dafür.

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Heute geht uns der Mond nicht durch die Lappen. Ein Schiff kreuzt. Man bräuchte eine Profi-Kamera mit richtig guten Objektiv. Festgehalten werden muss es trotzdem…

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Stephan will einen Absacker an der Hotelbar nehmen, aber da sitzt nur ein Gast und ein Hammondorgelspieler und in der großen Bar singt eine schlimme Sängerin, hier lief gestern live Musik von Großleinwand. Ich bin absolut abgeschreckt und will nur schnell aufs Zimmer. Eine sehr langweilige Begleitung, die schon um 21 Uhr im Bett liegt. Später ist wohl noch Feuerwerk, aber davon bekomme ich nichts mit.

25.08. Ich werde viel zu früh wach und schreibe eine Runde Tagebuch am Rechner und denke, dass Stephan schläft, aber ich nerve ihn in Wirklichkeit. Dann gehe ich in den Flur und tippe weiter und es kommt eine Frau mit bett-verwuschelten Haaren und kurzer Pyjama-Hose, die mich sieht und erst mal „Entschuldigung“ sagt. Ich sage nichts und sie dann. „War das große Schiff schon da?“ Wir haben kein einziges Mal die Dusche im Zimmer benutzt darf ich zu unserer Verteidigung sagen. Stephan macht wieder Sport und Schwimmen. Ich nicht. Ich bin sauber genug und habe auch genug davon. Es langweilt mich dann doch schnell. Außerdem ist die Stimmung zwischen uns schlecht, weil ich so unruhig bin und asozial. Martin kommt noch mal vorbei seine Jacke abholen, die in Stephans Rucksack verblieben war. Cousine will fahren bzw. der Sohn, Stephan will Wellness. Ich bin zwischen allen Stühlen, will es allen recht machen und mache es keinem Recht. Frust. Dann rufen noch meine Eltern an, dass ich bei Niederegger für die goldene Hochzeit von Freunden von ihnen eine Torte aussuchen soll. Ich bin bedient. Ich will auch mal raus zum echten Wasser und nicht alles nur geklärt und gefiltert und hinten der Hecke. Ich will mich dreckig machen und gehe zum Strand.

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Dann diese Torte zur goldenen Hochzeit für Dritte auswählen. Irgendwas mit Rosen. Ja, das nehmen wir. Ach ja, welche Größe. Scheiße, was darf ich noch alles im Kurzurlaub hier machen. Ich bin genervt von der spießigen, ausländerfreien Ostsee und den Typen hier mit ihren rosa Polohemden á la Sylt. Ich kotze im Strahl. Wir fahren noch mal zu meiner Tante, Stephan kommt mit und sitzen etwas auf dem Balkon. Der Hund ist alt.

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Sie erzählt von früher. Kinderkrankheiten und Isolation von den Eltern. Wie sie ihren Mann kennengelernt hat. Schaffner haben Pakete mitgenommen für die Geschäfte und der eine nimmt kein Trinkgeld, hat ihre Mutter lobend erwähnt und das war dann ihr späterer Mann. Erst mal nach dem Krieg mit insgesamt 5 Geschwistern, einer Tante und einer Oma auf 2 Haushalte verteilt, eine Gärtnerei. Die Lehre im Arzneimittelgroßhandel, flüssige Stoffe, Drogen waren Tees. Sie hat eine Abschlussarbeit darüber gemacht in einen Schaukasten aus Holz. Der Abschied ist harmonisch. Stephan macht noch mal…. drei Mal dürft ihr Raten…. Wellness. Etwas Sport und Salzwasserbecken. Ich denke, wenn wir den Zug verpassen, dann müssen wir Claudia in Hamburg halt absagen, bin aber natürlich trotzdem total angespannt und lauere vor dem Eingang. Zuerst hatte mein Mann mich gesucht. Innerhalb der ersten 10 Minuten musste ich nicht dabei rechnen und ich hatte mich in einem Strandkorb „versteckt“ und das Hotelpersonal suchte mich schon um mir zu sagen: „Ihr Mann sucht sie“.

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Travemünde Strandbahnhof. Ein Mann mit Plastiktüte und Jogginghose spricht uns am Automaten an, wo wir hin wollten. Hamburg-Altona. Er könne eine Person mitnehmen für 10,- €. Kostet sonst 13,20 €, aber mich lockt das Abenteuer. Er hat einen Schwerbehindertenausweis mit Merkzeichen „B“. Vielen sagt das nichts, erklärt er uns. Mir schon. Ich finde es ist nicht die feine Art das so zu vermarkten und wusste es auch nicht bei Abschluss des Gesprächs, dachte an eine gute Tat, Niedersachsen Ticket. Er fährt viel rum. Mittwoch will er nach Westerland. In Hamburg hat er ein Haus mit 500 qm. Er muss aber wieder in die Tagesklinik. Sonst wäre er immer 2-3 Monate nach Thailand geflogen, aber die ganzen Anzüge, die er sich dort schneidern lässt, trägt er doch nicht und die Depression nimmt man ja mit. Warum die Menschen nach Thailand fliegen, „das weiß ihr Mann“, stellt er fest und ich sage: Sex. Er hat Arzneimittelgroßhandelskaufmann gelernt (ich frage) und war dann bei einer Bank oder Versicherung. Das weiß ich nicht mehr. Helmut Schmidt war früher sein Kunde. Er hört schlecht, das Rauschen, er muss zum Arzt. Er versteht Bundesgartenschau und sagt, die wäre schlecht, da habe er schönere Blumen in Sierksdorf im Stadtpark gesehen. Ich frage nach seinem Garten von dem Haus in Hamburg, den macht er nicht selber, er habe einen Verrückten, der das mache würde. Verrückt, weil er kein Geld dafür nimmt und darauf besteht nackt zu gärtnern. Ihm sei das ja egal. Es wäre einmal ein schwarzes Auto mit vier jungen Männern langsam vorgefahren. Die wollten wissen, ob er einen Nudistenklub betreibe und er sagte, „ja, aber wenn Du seinen Schwanz anfassen willst, musst Du mir 100,- € dafür zahlen“. Dann hätten die gelacht, weil das sonst ihr Job wäre, Leuten dafür Geld abzunehmen und seien weitergefahren.

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Unser Begleiter ist Insider und weiß, welches Gleis, welche S-Bahn, vorne oder hinten einsteigen. Bei der Station St. Pauli flüstert er zu mir: „die sündige Meile“. Ah-haa, denke ich mir. Originell oder echt?? Zum Schluss wird er anhänglich und will wissen, ob unsere Freundin schon da ist und ich denke, ist er jetzt mein Begleiter und ich schwerbehindert oder was. Er will zu Lidl, die haben hier sonntags geöffnet im Bahnhof und dann zurück fahren nach Blankenese. Claudia holt uns vom Gleis. Neuer Stadtteil, neues Gefühl. Vor der Tür des Bahnhofs ist afrikanisches Straßenfest mit Zuckerrohr, gegrillten Maiskolben, Hähnchenspießen, Haare flechten, Trommeln und wir mit dem Megagepäck dazwischen. Das macht kein Spaß und Stephans Laune mit den beiden Koffern ist unten. Ansonsten ist ihre neue Wohnung und die zu besichtigen war da letzte Etappenziel sehr schön und ganz hell. Dort gibt  es erst mal Rosé und Mineralwasser und ein Stück Zwetschenstreusel für den Mann um ihn wieder her zu stellen. Mir gefällt das steile Treppenhaus und der Fußboden dort mit dem interessanten Muster und es sind nur 6 Parteien im Haus. Mittendrin, aber ruhig. Unten ist ein Grieche, der Kultstatus haben soll, aber gerade Sommerpause hat. Hier gibt an jeder Ecke einen Grieche, aber auch sonst viele schöne Cafés, Eisdielen, Schuhläden, Treibgut und Feinkost. Sieht alles sehr positiv aus für den gelungenen Neuanfang unserer Freundin.

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Ich schlafe so gut, dass ich morgens aufwache und nicht weiß, wo ich bin. Das Ende einer Kurzreise.

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Beim Aussuchen der Fotos ist was Merkwürdiges, nie Dagewesenes passiert. Es gibt ein Foto auf unserer Kamera, jetzt Rechner, was weder ich noch Stephan gemacht haben und es datiert vom 14.06.2014. Ein schöner Abschluss dieser Reise, so dass ich es nicht vorenthalten möchte.

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