Party und Heimreise

17.08. Heute werde ich um 6 Uhr wach und denke zuerst ich höre Geräusche von anderen und kann schon mal auf einen Kaffee runtergehen. Es sind aber nur die meiner Nichte und Neffe und Katalin begegnet mir im Flur und zeigt mir ein „Psssst“ durch Finger auf die Lippen legen. Ich verstehe und gehe wieder in unser Quartier, aber schlafen kann ich nicht mehr. Ich will mir Tuschwasser holen und wieder aufs Zimmer und sie fängt mich ab und fragt, ob wir zusammen was basteln können, was ich bejahe. Sie tuscht mit mir und der ältere Bruder will ihr immer erklären, wie man was nicht macht und mir am besten auch. Bei Pinseln knicken die Borsten ab, wenn man sie im Wasser stehen lässt. Aha, passiert aber nicht und das gilt insbesondere nicht, wenn man den Pinsel gerade in Gebrauch hat, aber danke für die Tipps reagiere ich auf die kluge Verbesserungsvorschläge der jüngeren Generation. Von Frederik habe ich was ausgeschnitten aus dem Altpapier, wo er ein Foto in der Zeitung mit Kuli modifiziert hat und es durch die Kugelschreiberstiftzeichnungen auf dem Foto wirklich ausschaut, als würde er Mann sich in der Nase bohren. Genial gemacht.

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Er sagt, „hey das ist von mir“, bietet dann aber an noch mehr für mich zu machen. Katalin erzählt mir auf Nachfrage, dass sie in der Schule (2. Klasse) gerade alles über Bienen lernen und einen Film geschaut haben mit Willi will’s wissen und die Drohnen, die sterben sobald sie die Königin begattet haben, das sei so traurig, erst finden sie die Frau und dann müssen sie sterben und sie glaubt ja, dass die Drohnen das vorher wissen und daher ganz traurig sind. Wir räumen dann auf, weil die Erwachsenen sagen, dass der Frühstücktisch gedeckt werden soll. Passend zum heutigen Tag erscheint am Himmel:

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Die letzten Vorbereitungen laufen auf Hochtouren:

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Mein Bruder hat den ganzen Tag über open house und es kommen Nachbarn und Freude z.T. mit Kindern und gehen dann auch wieder nach 2 Stunden. Ich kann nicht mit allen Gästen was anfangen und tusche noch eine Runde. 3 Schweizer Buben sind da und einer davon bleibt immer ca. 5 Meter von mir entfernt stehen und schaut sich das alles interessiert und ungläubig an als hätte er noch nie einen Menschen basteln sehen bis ich ihn frage, ob er sich die fertigen Postkarten einmal anschauen wolle. Er bejaht. Dann basteln die heimischen und die 2 Besucherjungs bei mir, während die Kinder sich von Frederik zeigen lassen, wie man die Fotos aus der Zeitung manipuliert. Er sucht eine Wettervorhersage und will das Granathagel und Tornados und so was einzeichnen. Katalin malt an einer Art Madonna herum. Weil es um die Volksabstimmung zu dem Bratwurstverkaufverbot geht, fragt sie: woran denkt die Frau? An lauter Bratwürste und was hat sie im Herzen auch lauter Bratwürste. Das Bild wird sehr schön. Ich nehme es mit für einen Bastelkalender, den die Familie Weihnachten von mir bekommt und dann wird es verwertet und quasi zurückgeschenkt. Dann bebastelt sie eine Postkarte für meine Collage Volksabstimmung, quasi als Hintergrund. Die konkurrierenden Würste schauen sich böse an.

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Frederik fragt mich, ob ich Mursi-Anhänger sei und ich frage mich, wie er da nun wieder drauf kommt. Später wird es mir klar.

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Ich mache noch eine Gemeinschaftsarbeit mit Frederik.

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Mitten im Basteln müssen die Jungs aufbrechen. Eine Frau aus der Nachbarschaft bringt einen leckeren Rahmkuchen mit getrocknetem Birnenmus drin noch lauwarm, den ich lobe. Für Smalltalk sage ich, wie nah Zürich sei und so gut erreichbar mit dem Nahverkehr. Ich merke an ihrem Gesichtsausdruck, dass sie mir nicht zustimmen will und sie erklärt es mir auch. Für die Schweizer seien die kleinsten Wege schon weit und ich treffe den Nagel auf den Kopf als ich sage, außer beim Wandern. Hier kein Weg zu weit, richtig? In der Tat war sie gerade mit ihrem Mann nach Italien gelaufen zu Fuß. Bei mir sei es genau umgekehrt, dass beim Wandern der Wald hinten dem Haus schon zu weit sei. Der Mann zu der Frau kommt ein wenig später auch und bleibt an meinem Basteltisch stehen und guckt ungläubig und leicht angewidert, was ich hier machen würde bis er die Logos der Absinth-Werbung entdeckt. Mit den Kindern hatte ich mich noch darüber lustig gemacht über die Gebrauchsanweisung, dass man das Wasser sehr langsam (tropfenweise) und zwar sehr sauberes Wasser über den Zucker laufen lassen sollte und ich frage, was ist denn für die Schweizer sehr sauberes Wasser. Er ist wie ausgewechselt und will wissen, wo ich das her habe. Aus Zürich aus dem Welschland beantworte ich sein Frage und er daraufhin: den Mann (gemeint war der Inhaber), den kennt er und den Absinthbrunnen hat er zuhause genau wie die Flasche mit der Katze.

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Ich sage: Wahnsinn und dann na ja, der eine hat einen Schokoladenbrunnen und der andere einen Schnapsbrunnen. Ich will dann aber wissen, wie oft man den verwendet und mein Tipp ist nicht so oft, ein Mal im Jahr und er widerspricht mir und sagt schon öfter, wenn Freunde zu Besuch seien auf einen Apero, oder. Dann spreche ich ihn noch auf die Piktogramme der Sex-Boxen in Zürich an, quasi Gebrauchsanweisung. Über 18 erlaubt, unter 18 verboten. Im Auto grünes Häkchen, Mofa und Fahrrad rot durchgestrichen. Ich frage den Nachbar, wie sportlich die Schweizer denn seien, ob es in der Schweiz üblich sei auf dem Fahrrad Sex zu haben. Gemeint ist aber das Einfahren in den Parcours. Das Paar verabschiedet sich und will noch zum Bodensee, schwimmen. Es ist nur ein Kollege meines Bruders eingeladen. Dieser hat eine sehr nette und hübsche Frau mit riesigen Augen. Als wir erzählen, dass wir Käse mögen und Stephan vergeblich in die Stadt gefahren ist um welchen auf dem Wochenmarkt zu kaufen, weil er zugunsten eines Stadtfestes ausgefallen ist, weil überall Bierbänke aufgestellt waren, gibt sie uns ein Tipp für einen Käseladen für das nächste Mal und ihre Familie sei in der Landwirtschaft tätig und sie könnte uns auch mal einen halben Laib Käse besorgen (am besten so groß wie auf der Wiget-Werbepstkarte). Die Tochter hat die großen Augen der Mutter, ist aber weißblond und sehr schüchtern. Sie redet nicht, hält nur den Stoffhund, der angeleint ist und für den sie Trockenfutter dabei hat. Auf Nachfrage zeige ich Mutter und Tochter meine Hütchenauswahl, die ich dabei habe. Von der Mutter erfahre ich, dass sie in Hannover zur Expo waren auf dem Weg nach Dänemark und dieses Jahr waren sie in Sylt. Ich denke, lustig, wir machen wechselseitig im Heimatland Urlaub und während wir mit dem Zug durch die Schweiz fahren, fahren sie regelmäßig nach Berlin und leihen dort auch Fahrräder. Auch diese Familie hat noch weitere Programmpunkte und verabschiedet sich nach ca. 2 Stunden. Eine Nachbarin kommt mit einem jungen Appenzeller-Sennenhund. Die haben einen Ringelschwanz und einen Emmentaler-Sennenhund gibt es auch. Neue Hunderassenkunde für mich. Der Nachbarshund ist schlecht erzogen und drangsaliert die Kinder und schnappt auch. So was wird ja gerne verharmlost von den Besitzern.

Irgendwann wird es voller, weil Gäste aus der alten Heimat angereist sind, die dann auch bleiben. Die alten Volleyballfreude meines Bruders, die jetzt zum Teil Väter sind und erst die Sau rauslassen können, wenn Frau und Kind abgezogen sind, vorher sollen sie immer sich um ein Getränk für die Gattin und die Bespaßung des Nachwuchses kümmern, diese modernen Väter. In der Nacht werden die sportlichen Heldentaten der Jugend noch mal nacherzählt. Ich finde das sehr süß. Abends kommen Schweizer Freunde, ein Ehepaar, die einen Mojito-Stand machen. Das war schon groß angekündigt worden und ich hatte in Erwartung Wasser statt Wein getrunken. Als der Mojito alle ist kommt der Nachbar noch mal vorbei mit seinem Absinthbrunnen und sagt: „jetzt wird Franziska ausflippen“ und er hat Recht.

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Es ist ein Glaskolben aus mundgeblasenem Glas mit einem Glasdeckel, der oben eine sehr filigrane Zwiebelturmform aufweist. Es wird mit Eiswasser gefüllt, dann muss die Nachbarin von zuhause noch mal Zuckerwürfel holen gehen, weil meine Schwägerin keine hat (wer hat das schon?). In die Gläser wird Schnaps mit 65 % aus der Katzenflasche, die ich aus dem Prospekt schon kenne gefüllt und dann die Löffel mit dem durchbrochenen Muster darauf gelegt und den Würfelzucker und dann die winzigen Hähne wie Spielzeug aufgedreht und so tropft das Eiswasser darauf. Ich trinke einen, den ich mir allerdings teile und der schmeckt extrem nach Anis und ist gewöhnungsbedürftig und macht betrunken, so dass ich denke davon einen Apero und die Gäste baden nackt im Gartenteich. Freunde aus Süddeutschland, sie betreibt einen Boutique und lässt sich Ware vom Lindener Marktplatz liefern, die Lieferantin hat sie neulich erst besucht. Er ist schmal und redet viel. Sie erzählen von dem Hotel, wo man alles aus Automaten ziehen kann gegen Geld, 7 Erdnüssen für 2,50 Franken oder ein winzige Toblerone. Ich sehe, wie er einer Teenagerin vermeintlich ein didoartiges Gerät, was er in seiner Hosentasche trägt zeigt und ihr sagt: wenn sie es noch mal brauche, solle sie Bescheid sagen. Ich frage was das war. Es sieht bei näherer Betrachtung aus wie eine elektrische Zahnbürste mit einem schmalen gebogenen Kopf. Man hält es sich auf die Haut und drückt einen Knopf, dann wird die Stelle, die so groß ist wie ein Centstück erhitzt und das soll die Struktur des Mückengiftes zerstören, so dass der Mückenstich nicht mehr juckt. Wir probieren das dann alle aus, auch ohne Stich um zu schauen, wie warm es wird und ob das weh tut oder nur unangenehm ist. Mein Bruder hat seine Boxen, die er 10 Jahre lang nicht mehr benutzt hat in den Wintergarten gestellt und tanzt irgendwann. Wir lassen ihn das nicht alleine machen und beteiligen uns am freien Ausdruckstanz. Die Kinder (2 eigenen, 2 Gastkinder) sollen im Garten zelten, weil die Kinderzimmer als Gästezimmer gebraucht werden. Die Mädchen streichen früh die Segel und gehen ins Haus. Dann um ca. 2 Uhr morgens gibt Frederik auf. Jetzt ist nur noch der eine Gastjunge im Zelt. Kann man den alleine draußen lassen, frage ich mich angetrunken, aber noch mit einem Restverantwortungsbewusstsein? Andererseits was hilft es wenn man einen betrunkenen mittelalten Volleyballspieler dazu legt. Morgens gratuliere ich dem Gastjungen zu seinem Heldentum und er hat es gar nicht gemerkt, weil Frederik morgens um 7 Uhr wach geworden war und sich dann wieder ins Zelt dazu gelegt hatte. Auch gut.

18.08. Es ist der Tag der Abreise. Morgens eine Runde mit die Spuren der vergangenen Nacht beseitigen. Die passende Schürze hatte ich schon vorher gefunden.

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18.08. Frühstücken, packen, weitere Gespräche. Ich will früh zum Flughafen. Stephan bedankt sich bei den Gastgebern, dass er ihre Joggingstrecke hat nutzen dürfen. Mein Mann hat das Laufen in freier Wildbahn und außerhalb des Laufbandes entdeckt und auch ich bin ganz begeistert. Drei Tage läuft er die Strecke um den See, die auch eine Steigung beinhaltet. Beim letzten Mal berichtet er, dass er auf den letzten Metern noch mal den Berg hoch laufen muss mit letzter Kraft und oben bei den Bahngleisen mit puterrotem Kopf ankommt und ihm drei Frauen entgegen kommen und eine davon ihre große weiße Handtasche an sich presst bei seinem Anblick und er denkt, nichts läge mir ferner als noch mehr Gewicht oder so von wegen, die interessiert mich nur, wenn da Wasser drin ist. Zuvor verabschieden wir andere Gäste an der Straße vor dem Haus stehend und auch die Busfahrerin lässt sich zu einem Zurückwinken hinreißen, was ich sehr lustig finde. Mein Bruder bringt uns zum Bahnhof in St. Gallen und hier kann man zu den Gleisen vor fahren als Kurzparker erzählt er uns auf dem Weg dorthin. Ich wundere mich trotzdem, warum er vermeintlich in die Tiefgarage fährt. Dort ist man hinten an den Gleisen, so dass man Gäste sogar bei Regen trocken zum Bahnhof fahren kann. Personenverladung nennt das der Schweizer. Genial.

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Wir fahren zum Flughafen begleitet von einem jungen Schweizer Satanistenpärchen, die man nicht versteht, die aber schon zwei Mal in Wacken waren, einmal 2013. Die gehen dann in den Handyladen am Flughafen etwas shoppen. Auch ein anderen Fahrgast, vermutlich ein Moslem mit gehäkelter weißer Mütze treffen bei Migros, der den Sonntag zum Einkaufen im Flughafen nutzt. Wir machen Großeinkauf dort, 6 Salate eingeschweißt, 6 Kalbsbratwürste, 3 Stücke Käse, Creme Fraiche, Gebäck, Schokolade, Schinken, Mostbröckli, eine großen Schokoladenjoghurt…. Das Nötigste für zuhause.

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Wir treffen meine Schwägerin zur Übergabe des Ladegerätes bzw. Gefangenenaustausch gegen Fahrtkarten der Stadtbahn Zürich.

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Davor werfe ich meine Postkarten ein. Die eine an meine Schwägerin in den Briefkasten direkt an der Stelle, wo wir sie gleich treffen werden, hihi heimlich. Auch eine für einen weiblichen Dave Gahan-Fan aus Hannover. Ein Beweisfoto, dass Dave in Wirklichkeit bei der Stadtpolizei in Zürich arbeitet.

Ich bin Polizist

Später wird hier allerdings die Ähnlichkeit von der Kartenempfängerin vehement bestritten. Wir trinken noch zu dritt einen Flughafenkaffee. Dazu essen wir ein letztes Birchermüsli von Sprüngli, ein weiteres Beerenmüsli wird nachgekauft vor lauter den Hals nicht voll kriegen und mit dem anderen Einkauf einfach in den Koffer gedonnert. Bei der Sicherheitskontrolle in Zürich bekomme ich Komplimente noch und nöcher, als würde man die Buskontrolle wieder ausgleichen wollen und doch um einen weiteren Besuch meinerseits werben. Der Haarschmuck, aber auch die Omatasche finden großen Gefallen.

Zuhause völlig übermüdet bekommen wir die Quittung. Das Müsli ist im Koffer explodiert und hat sich über das Innenfutter des selbigen sowie die Wäsche u.a. das weiße Leinenhemd von Stephan ergossen. Der Crevettensalat sowie der Siedfleischsalat, die zumindest eingeschweißt waren, haben den Druckunterschied auch nicht vertragen und sind aufgeplatzt, aber mit weniger Schaden. Den Crevettensalat mit Majo esse ich sofort ohne Brot. Beim Birchermüsli komme ich mir recht dämlich vor, dass ich den Becher, der einfach primitiv mit einem Deckel verschlossen ist so achtlos in den Koffer verfrachtet habe, ziemlich gedankenlos. Die Lektion sitzt allerdings.

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