Zu Fuß ins Apartment und ich freue mich erst und sammele Müll ein und freue mich über die Madonnenschreine auf der Straße und die hellblaue Schleife, die wohl die Geburt eines Kindes im Haus anzeigt und fluche dann viel, so dass Stephan völlig durchgeschwitzt bei den Gastgebern ankommt mit den Worten: „I made a mistake“. Sie sind entgeistert und bieten uns kaltes Wasser und Caffe an. Wir fragen unterwegs Rentner, die praktisch auf der Straße wohnen. Man blickt direkt in ihr Wohnzimmer, wo sie neben der Schrankwand am Esstisch sitzen, er im Feinripp. Mit Handzeichen zeigt er die Via, die wir suchen und will dann eine Zigarette. So will ich auch enden. Das Apartment ist eine Oase in der heißen und hektischen Stadt, direkt an die Mauer des Domes gebaut mit einem Innenhof und Dachgarten. Die Gastgeber sprechen nur italienisch, sind aber sehr nett und bemüht. Er ist Fotograf und war schon überall auf der Welt. Sie schlafen bei offener Tür. Wir sind eine entspannte WG. Er empfiehlt die Kirche Misericordia (die 7 Wohltaten des Körpers und des Geistes) mit Caravaggio Bildern und gleich treffen wir ihn unten vor der Tür und er gibt bei seinem Kumpel, einem Antiquitätenhändler ein Zitronen-Granité aus, bei dem man ein Stück Zitrone als Löffel verwendet. Heute ist Pride Napoli. Das passt ja wie Arsch auf Eimer. Ich dachte zuerst, es seien Marshmellows auf der Pizza, aber es ist der weiße Käse…. Am Platz Bellini gibt es arabischen Tee und überall häkele ich Darm für Karin. Zum Abendessen folgen wir seiner Empfehlung und essen typisch neapolitanische Küche. Pasta mit Meeresfrüchten und eine Flasche Rotwein. Die Kirche, die ich aus dem Film kenne ist gleich in unserer Nähe und wir sehen sie schon mal von außen. Im Innenhof neben unserem Apartment lebt ein Mädchen, die selbstbewusst auf mich zugekommen ist und eine Frage zu meinem Katzenhütchen hatte. Bis tief in die Nacht hört man sie auf dem Innenhof rufen. Es ist praktisch ihr Kinderzimmer.
Die Backwaren sind herrlich und Kirchen gibt es so viele, dass manche auch einfach vor sich hin verfallen mit Taubenkot den man als Dünger abbauen könnte. Ich liebe die Bodenmosaike. Bei Caravaggio gibt es Headsets und eine obere Etage voller Kunst und toller Möbel. Ich kaufe eine gehäkelte Schnecke auf Drogen. Es ist ein Projekt zur Unterstützung von Behinderten. Das muss mir keiner groß erklären. Sie eignet sich sehr gut für Fotos aller Art und ich setze sie als Reisemotiv ein. Es gibt neben den Kirchen den ein oder anderen Klostergarten. 3 Ableger nehme ich mit nach Hause. Ich verstehe jetzt den Neapel-Film besser, die Mutter von Don Domenico hat eine Krippe und die Figuren stehen nicht richtig und Filumena muss den Esel woanders hinstellen. Auch Balotelli als Krippenfigur. Da werde ich fast schwach, aber die sehen nur in der Gruppe gut aus. Ein Behinderter verkauft Lose und hat einen dicken blauen Wellensittich, der weiß was er zu tun hat und Fremden auf die Hand springt als Beitrag zum Lebensunterhalt. Als Stephan ihn bei sich auf dem Arm hat, weil er an mich nicht rankam, dreht er sich um und sagt Ciao. Die Hitze verändert den Geist und das Lebensgefühl. Viel Männer mit dickem Bauch und nacktem Oberkörper auf den Balkonen und ich laufe auch ohne Schmuck mit dem langen T-Shirt durch die Wohnung des Gastgebers, quasi nackt. Es gibt Meeresfrüchte auf der Straße. Die Muscheln spitzen Wasser im Strahl wie Männeken Pis. Die Holzdecke in unserem Zimmer ist bemalt und ich sehe überall nur italienische Nachspeisen, Tiramisu und Profiterol. Ich entdecke Lindt Fruchtgelees, die ich nicht für echt halte und Stephan freut sich, dass der Zebrastreifen gepflastert und nicht gemalt ist, was mir nicht aufgefallen wäre.
Archäologisches Nationalmuseum am Nachmittag. Marmorfiguren 5 Meter hoch. Vorhaut aus Marmor sage ich immer. Pompei hat unglaublich moderne Möbel und Schmuck, alles könnte von 2015 sein, ist aber 2000 Jahre alt, hat aber auch viel mit Penis, auch schlecht gemalt, zu tun. Fliegende Penisse mit Glöckchen. Stephan entdeckt eine Latte aus Marmor. Ich verstehe ihn erst als ich sie sehe. Es ist ein Gewand bei dem der Faltenwurf, der an dieser Stelle eine Ausbeulung zeigt. Die Barbaren aus Marmor, aber auch die Hunde, haben es mir besonders angetan. Außerdem das charmante Müllhäuschen aus Marmor und natürlich die Mosaike. Immer wieder Kaltgetränke. Ein Typ um die 70 mit seinem Vater, um die 100 (die Abstammung ist unverkennbar), der Anzug trägt, alles sehr abgewetzt und Alki ist, ohne Zähne, aber Hemd, Kragen ausgefranst und Weste, Anzughose und braune Lederschuhe Größe 34.
Second Hand kann man woanders besser, zum Beispiel in Wien. Wir fahren Bus zum Hafen schwarz und landen zufällig beim angesagten Pizzabäcker der Stadt, wo immer eine Schlange vor der Tür ist in der Altstadt, der hier eine Filiale unterhält. Hier gibt es Mozarella satt. 1 kg auf Pizzabrot mit frischen Tomaten für 4 Personen, sehr eindrucksvoll. Es sind Italiener aus NY da. Abends gibt es Baba bei dem Don um die Ecke. Er scharrt die Männer um sich und lässt sie verschiedene Botengänge und Erledigungen für ihn machen, alle vorbei kommenden grüßen ihn unterwürfig und seine dicke 11-jährige Tochter hat das Selbstbewusstsein einer Königin. Sie macht Tanzmoves und drückt die Speckfalte raus, an der Stelle wo bald ein Busen wachsen wird. Er ist dick und hat Speckfalten im Nacken. Alles klar. Stephan isst Baba und Strega. Nachts wieder die Kleine, deren Stimmen uns schon vertraut ist, die mit der Familie auf dem Hof lebt. Die Eltern betreiben bestimmt eine der Gastronomien am Platz. Dann die Müllabfuhr und die randalieren wirklich.
Morgens kaufe ich Waschlappen und es gibt üppiges Frühstück beim Don an der Ecke. Die Bedienung von nachts arbeitet wieder und erinnert mich an Eileen aus Berlin. Ich hatte das erste Mal dienstlich eine mail zu schreiben. Ein Stadtstreicher wäscht sich am öffentlichen Brunnen und man sieht den nackten Arsch. Das haben schon die anderen alle fotografiert. Der Puppenspieler ist auch köstlich und erinnert mich an Being John Malkowich. Museum für moderne Kunst, heute ohne Eintritt. Ich finde wieder Kunst für das Büro im Müll, ein kaputter Spiegel. Der Gastgeber hat alles nass gespitzt, vor allem die Steinböden wegen Abkühlung und ich rutsche auf dem Boden aus und rette die Wasserflasche und den Verschluss, beides aus Glas. Große Aufregung, aber ich will lieber Eis essen. Mein Knie blitzt und auch der Don schaut. Auf den Weg mit dem Funicolare. Lesben schocken die Italiener, d.h. 2 Frauen die sich küssen. Ich glaube, die halten sich für so unwiderstehlich, dass das nicht ins Weltbild reinpasst. Wir laufen zu Fuß runter. Einige Streuner, ein Hund, der harte Kugeln auskackt und schnell wieder frisst und zurück läuft ins Haus. So sieht Gassi gehen hier aus. Enge Gassen, in die die Sonne nicht vor dringt, Menschen essen an großen Tischen draußen. Überall hängt Wäsche. Abschied von Neapel. Noch mal Platz Bellini zu unserem Lieblingscafe, betrieben von einem Araber, der ausschaut wie der Klischeearaber aus einer Karikatur von Charlie Hebdo. Er ist immer im Dienst und emsig bemüht um das Wohl der Gäste. Daneben gibt es Studenten, die ihn unterstützen. Es gibt leckere Getränke. Stephan entdeckt San Bitter Bianco. An jedem Tisch wird geraucht und auf dem Platz daneben gelimmert. Entgegen der Empfehlungen von Steffi haben wir den Touristenbus zur Orientierung nicht genommen und auch keine U-Bahn benutzt, nur mal eine Station betreten. Es hat irgendwie nicht geklappt und wir waren so zentral, dass Altstadt erkunden für die 2,5 Tage ausreichte. In der U-Bahn sollen große Züge fahren und es gibt viel moderne Kunst und wohl auch Führungen, so dass ein Programm für den nächsten Besuch praktisch schon fest steht.
Zuhause trinken wir Karins Limoncello mit dem Gastgeber. Er lobt ihn. Seine Katze ist verknallt in mich. Frauen in den Wechseljahren müssen unwiderstehlich riechen für Katzen. Das ist meine Theorie, weil früher war das nicht so extrem. Er hat noch eine schwarze Katze, bellisimo, die er aber vermisst und sucht und nicht finden kann erklärt er uns pantomimisch.
Traum Claudia macht modernes Ballett, Improtanz auf spitzen Zehen wie Balletttänzerin mit weißem Hemd bekleidet und will testen, wie das beim Publikum ankommt. Es ist Paartanz mit einem Typen und die Bühne ist zufällig aufgebaut und so legt sie los. Die Frauen neben mir sagen bewundernd, dass man mal auf die spitzen Zehen achten solle. C erklärt mir, dass sei so herrlich und wirklich ihr Ding.
Wir müssen raus. Es klingt wie kaputtes Spielzeug, schwarze Katze der Gastgeber, die vermisst war, liegt unter unserem Bett, geht kurz raus und dann verschanzt sie sich wieder. Luciano macht Caffe und es gibt Zwieback mit Marmelade. Ohne Butter esse ich das nicht, danke. Gegenüber ist nicht nur das Hotel Caravaggio sondern auch ein Stundenhotel. Das ist ganz eindeutig für mich, was ich hier beobachte. Luciano schenkt mir ein Foto vom Vesuv mit Vögeln und Rauch zum Abschied, küsst meine Hand, begleitet uns nach unten zum Taxi wie ein Freund und winkt. Ich glaube, er mochte uns sehr. Ich schenke ihm ein Erdbeerhandtuch von dem Laden gegenüber. Es waren 3 mit verschiedenen Fruchtmotiven (Blaubeeren und Weintrauben), die sind leider aus Kunststoff und nicht zu gebrauchen, was mir beim Kauf nicht aufgefallen war bzw. habe ich mich von der Optik, kariert, gleich Geschirrhandtuch gleich Baumwolle, lenken lassen. Das Frotteehandtuch mit Pasta für 1,- € können wir aber gebrauchen. Das war für Stephans Sport gedacht. Am Flughafen einen letzten Crema di Caffè und Burro di Buffalo. Jetzt heißt es alles kaufen, was da ist, festhalten. Abschied von Süditalien. Was für ein toller Urlaub! Ich komme wieder. Auch Catania steht jetzt oben auf der Wunschliste. Der Spiegel ist leider im Koffer kaputt gegangen, aber das war meine Schuld. Ich arbeite einen halben Tag und es kommt mir vor wie Jetlag. Ich war ganz weit weg von allem.










































































































































