Archiv für den Monat: Januar 2020

Reklamation nach Eindhoven

                Hannover, den 15.11.2019

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir hatten eine Gruppenreise von Hannover in die Niederlande mit der Bahn geplant für 4 Personen. Die Tickets hatte ich als Supersparpreis mit Zugbindung im Vorfeld gekauft (siehe Anlage) in Kopie. Dann entstand die Idee die Fahrräder mitzunehmen und ich war mit meiner Frau am Schalter der Bahn in Hannover mit den kompletten Verbindungen, Rückweg über Hertogenbosch mit Fahrtunterbrechung und wir haben uns beraten lassen. Die Bahnmitarbeiterin hat die Fahrradplätze reservieren können.

Auf der Rückfahrt waren wir mit den 4 Rädern bereits eingestiegen in Hertogenbosch  in den Intercity um 16:54 Uhr. Da kam eine Mitarbeiterin der Bahn (NS). Es war die Zugbegleiterin für diesen Zug und schrie uns an, dass wir die Fahrräder rausnehmen müssten, wir hätten nur noch eine Minute Zeit. Wir erklärten ihr auf Englisch und Deutsch, dass wir eine Zugbindung haben und Reservierung und das war ihr egal und sie sagte: Rush Hour 16-18:30 Uhr keine Fietsen. Wir sollten früher los fahren bzw. zur Information. Der Zug fuhr ab und wir gingen zum Reisezentrum des Bahnhofs und die Frau dort meinte, wir hätten noch eine Chance die Reise fortzusetzen um 18:24 mit dem IC 3664 und seien hier aber auf die Kulanz der Zugführers angewiesen, weil dies wieder 6 Minuten vor Ablauf der Fahrradsperre sei, aber wir sollten es probieren. Weil die Umsteigezeit für die Anschlüsse knapp war, beschlossen wir den nächsten IC zu nehmen und unser Glück zu versuchen. Dieser IC 303663 hatte eine Signalstörung im Streckenabschnitt und ist in Oss zurück gefahren. Der Zugführer schrieb und einen handschriftlichen Vermerk darüber. Wir sollten dann um 18:25 über Venlo nach Düsseldorf aber vorher unbedingt die Telefonnummer 0031302300023 wegen der Reservierung der Fahrräder anrufen. Das tat ich und hier sagte man mir wieder, ich müsse am Bahnhof zur Information. Ich ging erneut in Hertogenbosch an den Schalter und hier wiederum entschied man, dass wir über Utrecht fahren sollten (siehe handschriftlichen Verkehr NS 862). Das taten wir sind dann, aber aus Utrecht sind wir nicht mehr weitergekommen, weil nur ICEs fuhren und wir die Fahrräder nicht mitnehmen konnten. Dort am Schalter hat man uns umgebucht für den 13.11. um 7:37 über Hengelo und Rhein nach Hannover mit Ankunft um 12:50. Wir mussten uns 2 Hotelzimmer nehmen in Bahnhofnähe über jeweils 99,17 € für ein Doppelzimmer und unsere dienstlichen Termine für den nächsten Vormittag absagen. Einer der Mitreisenden hatte bereits eine Zugfahrt nach Bremen gekauft, die verfallen ist und mindestens 2, die selbständig sind, hatten Verdienstausfall, einer hatte einen weiteren Urlaubstag, aber auch vertane Urlaubszeit.

Wir sind alle Bahnvielfahrer (ich mit Bahncomfort Card mittlerweile), aber dies war wirklich sehr viel Stress und hat den Urlaubseffekt komplett überdeckt und wir haben das Vertrauen in Bahnreisen etwas verloren. Wir machen die Erstattung der Fahrtkosten plus Hotel plus Zug nach Bremen geltend i.H.v. insgesamt mindestens 336,94 €. Weitere Ansprüche u.a. wegen Verdienstausfall bleiben vorbehalten. Es handelt sich um einen Beratungsfehler, wenn die Verbindungen vorliegen und man aber mit 4 Fahrrädern nicht so losfahren kann, dass man um 18:58 in Hengelo ankommt, weil man in der Zeit bis 18:30 mit Fahrrädern gesperrt ist. Das muss die DB wissen, wenn sie einem Fahrradtickets verkauft.

Ich setze Ihnen eine Frist zur Erstattung der Ansprüche auf mein Konto IBAN DE0518050180 0018199054 bis zum 03.12.2019.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Arnhold

Glow 2019 9.11. -13.11.2019

Architektenwohnung und die Schiebetür ist offen. Man schließt unten die Eingangstür ab und wohnt in dem ausgebauten Dachgeschoss auf 2 Etagen mit Dachterrasse und einer großen offenen Küche. Die freundlichen, aber zurückhaltenden Eltern darunter, nur der Hund macht sich bemerkbar. Sie haben schöne Vitrinen voller Sachen und durchaus die ein oder andere Kunst/Bastelsache, die mir gefällt und mich anregt.

Ich lasse die Jungs vorfahren zum Fischladen (Kibbeling und so) und halte mit Stephan bei Second Floor und kaufe die AOK-Regenjacke in Grün (aus Finnland), die mir noch sehr gut Dienste über zu kurzen Wollmänteln, die Feuchtigkeit aufsaugen, leisten wird und den langen Schal, der aus 3 Polyesterstädtetüchern zusammen genäht ist (London, Schwarzwald und Salzburg, ein Abriss meines Lebens) und das mit dem Schweinelogo des Ladens. Geniale Idee außerdem. Das macht man also mit diesen Dingern, die sonst echt nur rumfliegen und gut, dass ich es jetzt gleich gemacht habe, der andere große Laden bleibt mir dieses Mal verschlossen. 

Das Stadium am ersten Abend ist eine Enttäuschung, man zahlt Einritt und es ist wie eine brachiale Werbeshow im Fußballstadion für Philips, viel zu laut, mit Laserstrahlen und Bombast, nur die Bürgermeisterin, die kaum was anhat außer die dicke goldene Kette der Stadt, die sie stolz trägt und sie erinnert an eine Mischung aus Kölner Karneval und Drag-Queen, ist noch ein Highlight. Der Regenbogenplatz, an dem wir auf dem Weg vorbei gefahren sind und alles wird bunt, die Bäume, die Häuser, die Autos, man selber, war hingegen schon mal großartig. Wir essen koreanisch in einem sehr stylischen Laden, in den alle möglichen Sitzecke eingebaut sind, erhöht und separiert wie in einem Baumhaus, größere Tafeln mit Laternen wie auf der Straße (also für jede Gelegenheit) und dem auch eine Galerie angeschlossen ist und vor dem Fenster in einer Gasse pilgern die Glow-Besucher draußen vorbei, weil in diesem Gang auch bewegte Bilder projiziert werden und wir essen den besten Kimchi-Pfannkuchen aller Zeit. Die Kneipe bei uns an der Ecke, eine Nachbarschaftskneipe, die an England erinnert, schaffen wir nicht mehr. Hier spielte eine Dolly Parton Coverband.

Abends gehen wir eigentlich immer Glow schauen und fahren durch die Stadt, dann was essen und aufwärmen und dann noch eine Runde Lichterzauber. Unsere Fotos zeigen immer dieselben Installationen. Markus hat mehr gefilmt und damit andere Highlights z.B. die Achterbahn aus Licht und Klang durch den Park und das Haus auf dem Schauspieler im -vermutlichen Unterwasserbalett aber auf schwarzem Grund – sich räckeln und um das Giebelfenster herum schweben. Manche Lieblingssachen wollen wir noch mal schauen. Am zweiten Abend gehen wir zu dem Thai nebenan. Sind das Pfefferminzbonbons oder so dehydrierte Handtücher? Das sollte ich wissen, bevor ich eines esse. Ich habe diese Pfefferminzbonbons richtig lieb gewonnen sowie meine Bastelkonsole in der Wohnung. Der gläserne Aufsatz ist nicht nur hell, sondern schön warm. Morgens der Ausblick über die Stadt und der Himmel. Beim Frühstücken probieren wir Neues, hätten aber lieber mehr zu unserem Café in Philipsdorp fahren sollen, was nicht weit weg ist. Das ist unerreicht und das Neue enttäuschend im Vergleich. Das ehemalige Gelände einer Glühbirnenfabrik ist hingegen eine gute Neuentdeckung und wir sitzen in der Sonne wie beim Aprés Ski. Auch der ein oder andere Fahrradtunnel mit Street Art ist neu. Im Van Abbe Museum ist das Thema Klamottenverteilung weltweit und Mikrowellenwerbung der 50 oder 60er. Die erste Mikrowelle. Ich überlege eine Tasche für Stefanie und Kai oder ein Buch als Mitbringsel für Silvester, aber beides ist teuer und nicht richtig überzeugend. Kaufe mir ein Klappbrillenetui in Holzoptik und Michi kauft sich ein Stickerbuch. Das Shopping kommt nicht zu kurz und Markus kauft sich an seinem Geburtstag Hestra-Handschuhe in Orange von einem Herrenausstatter. Wir wollen es tun, aber er will nicht. Wir haben Geschenke dabei, die wir beim letzten Mal in Eindhoven gekauft haben und zurück gebracht u.a. eine Knoblauchvase aus dem Blumenladen, der Jetzt direkt nebenan ist. Ich kaufe gelbe Partnerhandschuhe in dem nächsten Laden nach ohne Geburtstag zu haben und ein langärmeliges Unterhemd, was mein Favorit wird (gerade unter den Polyesterblusen) und ich entdecke Dille und Kamille (hatte mich jahrelang über die Tasche u.a. in London gewundert, wenn ich sie an jungen Trägerinnen sah und konnte damit nichts anfangen) und hier gibt es Sachen für Stefanie und Kai und eine kleine Teeschaufel aus Blech für mich sowie Pfefferminzbonbons in großen Paketen. Abends irgendwann nur mit Michi machen wir einen Abstecher zu AH (Albert Hein) bei uns im Viertel, wo ich Nüsse kaufe wie ein Eichhörnchen und eine Werbebroschüre für Spielzeug mitnehme, auch mit Stickerbuch hinten drin. Es gibt keine Centstücke mehr. Das haben unser Nachbarn abgeschafft.

Am letzten Abend hat Markus Geburtstag und wir essen auf dem Stryp S im Radio Royaal in einer ehemaligen Fabrikhalle mit gekacheltem Fußboden in schwarz-weiß und einer offenen Küche, in der man den Köchen bei der Arbeit zusehen kann und ich denke unweigerlich an mein erstes holländisches Restaurant, das Paris-Brest in Amsterdam, damals mit Claudia und Gerrit. Wir fahren als letzte Station morgens zu einem großartigen Second Hand Laden, der eher Chartiy-Shop ist in eine Richtung, die wir noch nicht kannten und ich kaufe dort eine Tasche für Hilda und tolle Ringe für 1 € u.a. Frankenstein. Überall mögen sie meinen Look und ich mag sie. Der Abschied fällt wieder schwer.

Hertzogenbosch ist überraschend schwul und schön. Die Van Gogh Ausstellung ist sehr gut gemacht, weil sie ihn in den Kontext seiner Familie und Kollegen stellen und man ist immer wieder erstaunt, wie igrnedwelche mittelmäßig begabten Maler seiner Zeit meinen an seinen Arbeit was kritisieren zu wollen oder zu können, wo ich denke, war das nicht gleich erkennbar was er für eine Überflieger war und deren Arbeiten im Vergleich klein und unbegabt? Seine Schaffensperiode war sehr kurz und sein geliebter Bruder ist ein halbes Jahr nach ihm verstorben und seine Schwägerin und der Neffe haben sich um seine Werke und deren Vermarktung und Verbreitung gekümmert. Die haben große Museen, einen Käseladen und einen Antikladen direkt gegenüber, in dem ich 2 alte Holzpuzzle für Kinder mit herrlichen Motiven (altes Spielzeug und ein maritimes Setting) auf die Schnelle kaufe, die dann auch mitgeschleppt werden müssen auf dem Rad. Wir essen noch was in einem sehr netten, englisch angehauchten Laden mit Pie und High Tea, der leicht ans Sketch in London erinnert, aber nicht so posch. Eine Empfehlung aus dem Käseladen von einer älteren Dame. Vor der Tür des Ladens gibt uns ein älterer Mann (hier sind überhaupt viele Rentner unterwegs, aber gut aussehend und gut gekleidet, das Museum war schon voll) einen Hinweis auf eine Fahrradgarage gleich da vorne und will sich damit selber einen Gefallen tun und allen anderen, weil nicht nur Autos verschandeln die Stadt und man sieht hier in der Tat kaum geparkte Räder auf der Straße. Wir sind zu faul mit unseren Fahrradtaschen (aber nächstes Mal bestimmt, macht Sinn) und parken am Bauzaun bei der großen Kathedrale, die sie hier auch haben. Dann stehen wir am Bahnsteig und er ist busy, aber wir haben unsere Räder schon verstaut. Kommt eine große, sehr dominante Gouvernante und schreit uns an. Jetzt ist Stoßzeit in der Bahn, 16-19 Uhr Fahrrädermitnahme verboten und: raus mit den Fietsen, aber hopp, hopp. Wir haben nur noch eine Minute. Wir argumentieren und zeigen ihr unsere Zugtickets mit fixer Zugreservierung und sie schaut etwas doof, aber fährt dann auch schon weiter. Das war’s. Viel zur Zuginformation rennen (ja, da ist Fahrradmitnahme verboten, aber sie hätte kulanter sein können). Viel: unsere letzte Chance ist… und von einem Bahnsteig zum anderen rennen. Stranden. ICE Personal suchen und dort hinrennen und die anbetteln und lange dagegen ankämpfen bis ich mich ergebe, dass es nicht mehr klappen wird. Nette ältere Raucherinnen von der Bahninformation in Utrecht, die unsere Fahrkarten erst mal freigeben für den nächsten Tag und dann ein Hotel suchen. Fahrräder hier ins die Fahrradtiefgarage? Die macht erst um 6:30 auf und das ist uns zu heikel, wenn da wieder was schief geht, dann doch auf der Straße parken wie zuhause und das tun auch genügend und wir sortieren unsere in den Fahrradberg mit dazu. Den Käse auf den Balkon und ich gehe ins Bett mit meinen Klamotten an und stehe nicht mehr auf. Die Jungs gehen noch was essen und es gab offenbar ganz kleine Gassen, wo nicht mal ein Fahrrad durchpasst und einen Fluss und nicht nur die Einkaufsstraße mit JFC und Starbucks. Am nächsten Morgen im Dunkeln raus. Irgendwer hat Stephans Fahrrad angekettet. Mein Herz rast, die nächste Katastrophe und wir schaffen es wieder nicht, ich bin wieder im Panikmodus, aber das ist ein anderes rosa Fahrrad daneben. Dann erlebe ich echt die Zukunft und die Verkehrswende. Utrecht ist eine Morgenstadt. Es ist dunkel, die Straßen sind regennass. Es verkehren zwei Busse, null Pkw und tausende von Rädern auf einer Stadtautobahn für Fahrräder. Man wird ständig überholt und weiß nicht, wie man sich hier einordnen soll um abzubiegen. So, wie die Autofahrer die Kreisel in Paris beschreiben…. Am Bahnhof alles voller Menschen und es gibt ein Pret a Manger, was wir aus England kennen und ich kaufe Sandwichs für die Gruppe für die Fahrt. Es spielt einer auf dem öffentlichen Klavier, ein Klavierspieler, der das als Morgengymnastik betrachtet, musikalisches Joggen so wirkt es und diese Klaviere gibt es an vielen Bahnhöfen hier und das finde ich richtig genial. Da haben alle was von. Die Stimmung in so einer Bahnhofshalle ist einfach viel besser, wenn einer live Klavier spielt. Lauter Pendler und wieder schauen die Menschen etwas unwillig als wir uns mit den Rädern reinzwängen (4 Stück auch noch) und sie sich umsetzen müssen und es sind tatsächlich auch Klappräder zu sehen, wie mir jetzt auffällt. Der Kontrolleur will wieder meckern, aber wir zeigen mit Bestimmtheit die handschriftlich umgewidmeten Tickets und erzählen von dem Trauma gestern und dieser Schaffner kennt sich aus und sagt internationale Tickets seien bei der Rush Hour Sperre ausgenommen und so geht es los, vorbei an den ganzen tollen Städten auf dem Weg und wir überlegen nächstes Mal ab Niymegen gleich mit dem Rad zu fahren, aber nach Hertzogenbosch und auch nach Eindhoven will ich wieder. Ich bin also versöhnt.